Protokoll der Sitzung vom 18.05.2006

Schauen wir einmal nach Hessen oder ins Saarland:

In Hessen gibt es Ausbildungskostenzuschüsse für Lern- und Leistungsbeeinträchtigte. Sogar die betriebliche Ausbildung Alleinerziehender wird mit einem eigenen Programm gefördert. Dann gibt es in Hessen noch das Landesprogramm „Ausbildung statt Arbeitslosengeld II“.

Im Saarland schließlich gibt es ein Ausbildungsplatzförderprogramm, ebenfalls ein Landesprogramm, mit dem mittels zinsloser Kredite in Höhe eines Pauschalbetrages von 20 000 Euro pro Ausbildungsverhältnis für maximal zwei Ausbildungsplätze gefördert wird. Es geht also, wenn man will.

Nur mit einer qualifizierten Berufsausbildung gelingt der Einstieg in das Berufsleben. Gerade für junge Hilfebedürftige sind berufliche Grundlagen von großer Bedeutung. Sie helfen eine Dauerexistenz im Arbeitslosengeld II zu vermeiden, den Sprung aus der Abhängigkeit von staatlicher Unterstützung zu schaffen, und darüber hinaus die jungen Menschen im Lande zu halten. Daher müssen gezielt diejenigen unterstützt werden, die bisher wenig Chancen auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz hatten, weil sie zum Abschluss einer anerkannten Berufsausbildung umfassende begleitende Hilfe benötigen. Die ausbildungsbegleitenden Hilfen der Arbeitsagentur reichen da nicht aus.

Meine Damen und Herren! Die jungen Menschen hier in Brandenburg brauchen eine Chance. Geben wir sie ihnen durch ein Landesprogramm zur schnelleren Eingliederung von Schulabgängern in betriebliche, oder, wo dies nicht möglich ist, außerbetriebliche Ausbildungsverhältnisse.

Ich fordere Sie daher auf: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Wenn Sie Schwierigkeiten haben, unserem Antrag zuzustimmen, dann stimmen Sie einfach der von uns beantragten Ausschussüberweisung zu. - Zunächst bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Der Abgeordnete Schulze hat für die Koalition Verzicht signalisiert. - Deshalb erteile ich das Wort jetzt dem Abgeordneten Görke. Er spricht für die Fraktion der Linkspartei.PDS.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor ich zu Ihnen, Frau Fechner, komme, eine grundsätzliche Bemerkung: Wir als Linkspartei sind für ein solidarisches Umlagemodell, um a) die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen zu fördern und b) einen Lastenausgleich zwischen den Unternehmen, die nicht ausbilden und denen, die ausbilden, zu schaffen.

Aber - das sagen wir auch - solange hierfür die notwendigen Weichenstellungen auf der Bundesebene fehlen, müssen Ausbildungsprogramme, die wir ausdrücklich unterstützen, die seit Jahren angespannte Lehrstellensituation abmildern.

Nun zu Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der DVU. Vielleicht ist es Ihren Anträge- und Redenschreibern in München entgangen, dass wir seit dem Jahre 2000 bis 2005 - zu 2006 komme ich noch - mehr als 361 Millionen Euro für Förderprogramme der betrieblichen und überbetrieblichen Ausbildung bereitgestellt haben?

Wenn Sie in Ihrem Antrag sogar behaupten, dass Bundesprogramme nicht oder nur sehr zögerlich umgesetzt würden und ein eigenes Landesprogramm fehle, dann verschlägt es einem, wenn man dahinten sitzt, fast die Sprache.

(Zuruf von der DVU)

Ich möchte Folgendes feststellen: Erstens - das sage ich Ihnen auch als Teil der Opposition - verfügt das Land seit Jahren über ein Landesprogramm, das so genannte LAPRO, Qualifizierung in Arbeit. Da gibt es ein Programm mit über 12 Schwerpunktsetzungen für Ausbildung, und zwar für die Verbundausbildung, die überbetriebliche Ausbildung und die Berufsvorbereitung. Frau Fechner, wir können uns die anderen Punkte gern zusammen ansehen. Zwölf sind es insgesamt.

Sind Sie bereit, zwischendurch eine Frage zu beantworten?

Bitte schön.

Herr Görke, ist Ihnen bekannt, dass es mehrere Bundesprogramme gibt, aber lediglich ein Bundesprogramm hier im Land Brandenburg kofinanziert wird?

(Bochow [SPD]: Na und?!)

So viel zur Aussage, dass es nicht stimmt.

Liebe Kollegin Fechner, ich nenne Ihnen nur zwei: Das INNOPUNKT-Programm wird von uns kofinanziert und das größte Programm, das Ausbildungsprogramm Ost, haben wir im Jahr 2005 mit Landesgeldern und EU-Mitteln in Höhe von 45 Millionen Euro kofinanziert, um ein Landesprogramm hinzubekommen. Ich meine, diese Zahl ist eine Antwort auf Ihre Frage.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Zweitens: Am 3. Mai hat das MASGF dem zuständigen Landtagsausschuss - Frau Fechner, wie ich dem Protokoll entnehme, waren Sie in dieser Sitzung anwesend - eine Unterrichtungs

vorlage zukommen lassen, in der eine Auswertung des Landesprogrammes der letzten Jahre erfolgte und ein Ausblick für 2006 gegeben wurde.

Es ist kaum zu glauben: Am 8. Mai, also fünf Tage später, reichen Sie einen Antrag ein, in dem Sie ein Förderprogramm fordern und behaupten, dass es ein solches Förderprogramm in Brandenburg nicht gebe bzw. inzwischen völlig fehle.

Wissen Sie, was fehlt? Ihnen scheint es an der nötigen Aufmerksamkeit zu fehlen, um parlamentarische Prozesse zu begreifen.

(Zuruf des Abgeordneten Sarrach [Die Linkspartei.PDS])

Denn sonst hätten Sie gemerkt, dass wir in dieser Frage wirklich schon weiter sind, als Sie hier behaupten. In diesem Sinne lehnen wir Ihren Antrag ab.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS und vereinzelt bei der SPD)

Frau Abgeordnete Fechner, Sie haben noch einmal das Wort, weil auch die Landesregierung verzichtet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Görke, es gibt hier im Land Brandenburg kein Landesprogramm, das unseren Ansprüchen genügt. Wir möchten, dass die Ausbildung gerade von lernbehinderten Jugendlichen verbessert wird, Herr Görke. Da nützen auch die vielen Bundesprogramme, die es zwar gibt, vom Land aber nicht kofinanziert werden, überhaupt nichts.

(Beifall bei der DVU)

Herr Görke, Sie wissen doch ganz genau, wie es hier im Land Brandenburg aussieht. Sie selbst haben doch mehrfach bemängelt, dass es viele Jugendliche gibt, die in einer Warteschleife parken. Wir wollen ein eigenes Landesprogramm haben, wie es sie in Hessen und im Saarland gibt.

Da reicht das, was das Land Brandenburg an eigenen Programmen hat - sprich die Förderung der Verbundausbildung -, nicht. Auch das Bundesprogramm reicht nicht. Wir möchten ein eigenes Landesprogramm haben.

Meine Damen und Herren! Dass Herr Schulze heute auf seinen Redebeitrag verzichtet hat, wundert mich doch. Wahrscheinlich konnten Sie nichts Negatives finden. Deshalb gehe ich davon aus, dass Sie unseren Antrag gut finden und ihm zustimmen werden. Dafür bedanke ich mich schon einmal recht herzlich.

(Schulze [SPD]: Träumen Sie einmal weiter!)

Nichtsdestotrotz möchte ich noch einmal kurz begründen, worum es uns in unserem Antrag geht. Wir sind eben nicht der Meinung wie die Mitglieder der Koalitionsfraktionen, dass es in absehbarer Zeit einen Lehrlingsmangel hier in Brandenburg geben wird. Denn mit den Menschen, das sagte ich vorhin, gehen die Arbeitsplätze und damit auch die Ausbildungsplätze.

Es nützt gar nichts, wenn die Brandenburger immer wieder auf „später“ vertröstet werden.

Erinnern möchte ich nur an die Äußerung des damaligen Arbeitsministers Herrn Ziel im Jahr 2000. Im Oktober 2000 äußerte er sich gegenüber der „MAZ“:

„Wir sehen Licht am Ende des Tunnels. Von 2005 an werden selbst hierzulande Arbeitskräfte knapp.“

Wir schreiben mittlerweile das Jahr 2006 und registrieren offiziell fast eine Viertelmillion Arbeitslose hier im Land Brandenburg. Es bringt also nichts, die Leute auf „später“ zu vertrösten. Aber ich habe den Eindruck, die Koalitionsfraktionen möchten das Problem wieder einmal aussitzen. Wenn man nur lange genug wartet, wird sich ihrer Ansicht nach das Problem von allein lösen. Denn dann sind die ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen in benachbarte Bundesländer oder sogar ins Ausland abgewandert. Dann hat sich das Ausbildungsplatzproblem für Brandenburg wirklich gelohnt; gelöst. Doch wir als DVU-Fraktion möchten eine solche Lösung nicht. Wir wollen, dass die Jugend in Brandenburg bleibt und hier eine Zukunft hat.

Aus diesem Grunde haben wir diesen Antrag konzipiert, um dessen Zustimmung ich Sie noch einmal bitte.

(Beifall bei der DVU)

Die Aussprache ist damit beendet. Die Fraktion der DVU beantragt die Überweisung des Antrags in Drucksache 4/2884 an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie federführend sowie mitberatend an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport, an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen und an den Ausschuss für Wirtschaft. Wer dieser Überweisung zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Mit großer Mehrheit ist gegen die Überweisung gestimmt worden.

Wir kommen zur direkten Ablehnung.

(Lachen des Abgeordneten Schulze [SPD])

- Entschuldigung, das war ein freudscher Versprecher. Wir kommen zur direkten Abstimmung des Antrages der DVU in der Drucksache 4/2884. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Mit großer Mehrheit ist dieser Antrag abgelehnt worden.

Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Bundesratsinitiative zur Änderung des Gesetzes über die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (Stasi- Unterlagen-Gesetz)

Antrag der Fraktion der DVU