Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

Zweitens empfiehlt das Präsidium die Überweisung der Drucksache 4/3351 an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen - federführend - und an alle Fachausschüsse. Wer dieser Überweisung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen ist dieser Überweisung mehrheitlich zugestimmt.

Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Erstes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/3299

1. Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Minister Speer das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben Ihnen die Novelle zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes vorgelegt, das im Jahr 2007 wirksam werden soll. Das geht zurück auf die Verpflichtung aus dem bestehenden Gesetz, regelmäßig die Wirksamkeit des Gesetzes gutachtlich zu überprüfen und mit dem Beirat zur Begleitung dieser Überprüfung zur Weiterentwicklung des Gesetzes abzustimmen.

Dieser Beirat hat gearbeitet. Wir haben ein Gutachten in Zusammenarbeit mit dem Beirat erstellen lassen. Dieses Gutachten kommt zu verschiedenen Empfehlungen, von denen wir die wesentlichen umsetzen, einige jedoch nicht zur Umsetzung empfehlen. Wesentlich sind die Änderung der Hauptansatzstaffel und die Änderung der Zuweisungen aufgrund des ZentraleOrte-Ansatzes.

Wir schlagen in dem Gesetzentwurf vor, lediglich für die Mittelzentren und zwei Kreisstädte, die keine Mittelzentren sind, Sonderzuweisungen in Höhe eines Betrages von 800 000 Euro für Zentrenfunktionen bzw. der Hälfte, wenn

sich die Zentren die Aufgaben teilen, vorzusehen. Demgegenüber hat der Gutachter überlegt, die so genannte Mantelbevölkerung, also die Bevölkerung um die Zentren herum, ins Auge zu fassen, die von der Zentralität in Form von vorgehaltenen Dienstleistungen profitieren. Da dies schwer zu definieren ist und wir die Aufgaben, welche die Zentren wahrnehmen, als relativ vergleichbar einschätzen, sind wir zu der Entscheidung gekommen, Ihnen vorzuschlagen, einen Festbetrag zuzuweisen.

Wir schlagen außerdem vor, die Hauptansatzstaffel in ihrer Wirkung etwas anzuheben. Wir bleiben mit dem Vorschlag bei einem Einsetzen der Einwohnerveredelung bei 2 500 Einwohnern. Der Gutachter hatte vorgeschlagen, erst bei 5 000 Einwohnern anzusetzen. Die Proberechnungen, die wir durchgeführt haben, haben zu Verwerfungen bei kleineren Gemeinden geführt, die wir für nicht kompensierbar und für nicht hinnehmbar erachten. Insofern bleiben wir bei 2 500 Einwohnern, heben die Veredelungsstufen aber stärker an. Wesentlich ist, dass die kreisfreien Städte im Land Brandenburg nach diesem Vorschlag mit 145 % statt wie im geltenden Gesetz mit 140 % ausgestattet werden. Das folgt der Logik und der Einschätzung, wonach die betreffenden Kommunen viele Aufgaben für das jeweilige Umland wie für das gesamte Land wahrnehmen und dieser Finanzausstattungen bedürfen.

Wir sind nicht der Überlegung gefolgt, den Ausgleichsbetrag zu senken. Nach dem bestehenden Gesetz haben wir bereits eine Senkung von 80 auf 75 % vorgenommen. Der Gutachter schlägt vor, den Ausgleichsbetrag auf 70 % zu senken. Wir folgen diesem Vorschlag nicht, weil das zu dramatischen Einbußen speziell bei den kleineren Gemeinden im äußeren Entwicklungsraum führen würde.

Wir sind auch nicht dem Vorschlag des Gutachters gefolgt, wonach keine investive Zweckbindung mehr bei einem Teil der Schlüsselzuweisungen vorgenommen werden soll. Wir sind auch aufgrund der vorhin von mir genannten Zahlen der Auffassung, dass die Personalausstattung zu groß und die Sachausgaben der Kommunen zu hoch sind. Im ostdeutschen Vergleich sehen wir bei Befolgung dieses Weges die Gefahr, dass zu viele Mittel konsumiert werden. Deswegen wollen wir zur Aufrechterhaltung einer Investitionstätigkeit im Land den Mechanismus, den wir derzeit im Gesetz haben, beibehalten.

Auf die Nachsteuerung über den Nachtragshaushalt kommen wir noch gesondert zu sprechen.

Aus meiner Sicht wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf das Ziel, Stärken zu stärken und Zentren im Land als Ankerstädte zu unterstützen, befördert. In den Beratungen werden wir uns sicherlich mit vielfältigen Vorschlägen und mit den Forderungen der kommunalen Spitzenverbände auseinanderzusetzen haben. Alles läuft auf mehr Geld hinaus. Hier ist festzustellen: Der Gutachter ist bei seiner Betrachtung des Verhältnisses von Einnahmen und Ausgaben des Landes zu der Auffassung gekommen, dass der derzeitige Verteilungsmechanismus, auch was die Absenkung von 50 Millionen Euro im Jahr 2006 betrifft, in Ordnung geht.

Wie ich bereits in der Antwort auf die mündliche Anfrage gesagt habe, haben sich die Steuereinnahmen der Kommunen in Deutschland am besten entwickelt. Zweitbeste sind die Länder, und am schlechtesten in dem Ranking bleibt der Bund. Des

wegen halten wir die Finanzausstattung bezüglich des prozentualen Anteils am Landeshaushalt für angemessen.

Ich wünsche uns gute Beratungen in den Ausschüssen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Das Wort geht an Herrn Abgeordneten Theel, der für die Fraktion der Linkspartei.PDS spricht.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Minister, mit dem vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes will uns die Landesregierung sagen, dass wir künftig auf Gutachten und auf die Wahrung des Gleichmäßigkeitsprinzips im kommunalen Finanzausgleich verzichten sollten; denn die darin enthaltenen Schlussfolgerungen und Empfehlungen werden ohnehin ignoriert.

(Minister Speer: Falsch!)

Es bleibt dabei: Wenn die Landesregierung über die Notwendigkeit zu sparen spricht, dann meint sie nachdrücklich, dass sie in den Kommunen sparen lässt und auch künftig dort sparen lassen will.

Theodor Fontane hat zum Thema „Sparen“ einmal gesagt - früher hatten Sie übrigens in jedem Jahr Sprüche von Fontane parat, in diesem jedoch nicht -:

„Eine richtige Sparsamkeit vergisst nie, dass nicht immer gespart werden kann. Wer immer sparen will, ist verloren, auch moralisch!“

Wäre er heute hier, würde er vielleicht hinzufügen: besonders dann, wenn er an der falschen Stelle spart und wenn er das Sparen anderen überlässt.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Nach Berechnungen des Städte- und Gemeindebundes hat das Land Brandenburg - insoweit Kontinuität zum Ausdruck bringend - seinen Kommunen seit 1991 ca. 1,7 Milliarden Euro vorenthalten. Dass die Verschuldung der Kommunen ablesbar an der Höhe der Kassenkredite - heute genau diese Größenordnung erreicht hat, spricht für sich und für den moralischen Anspruch, mit dem die Kommunen vonseiten der Landesregierung rechnen durften und künftig rechnen müssen.

Trotz dieser Fakten gibt es aus dem Lager der koalitionstragenden Parteien Stimmen - gestern haben wir sie wieder gehört -, die behaupten, die Kommunen bekämen 2007 wieder einmal mehr Geld. Die Großzügigkeit des Finanzministers scheint grenzenlos zu sein. Wenn man die blanken Zahlen überfliegt, könnte man dieser Einschätzung vielleicht zustimmen. An dieser Stelle setzt aber die jährlich wiederkehrende Rechenkunst eines Mannes ein, der, so lobte ihn seine Koalitionskollegin Melior gestern, in Mathe eine Eins hatte. Das gleicht sich dann

mit der Vier in Betragen wieder aus. Ich füge hinzu: Die Eins halte ich für richtig.

(Minister Speer: In Staatsbürgerkunde hatte ich eine Vier!)

- Auch gut. - Man muss kein Finanzexperte sein, um zu erkennen, was tatsächlich hinter den Zahlen steckt.

Erstens: Ab 2007 ist die Kommunalisierung der Eingliederungshilfe nach SGB XII in Höhe von 312 Millionen Euro Bestandteil des kommunalen Finanzausgleichs. Wird dieser Betrag - weil mit dem Vorjahr nicht vergleichbar - aus der Gesamtsumme für die Kommunen herausgerechnet, so zeigt sich, dass das Niveau der Zuweisungen für das nächste Jahr sogar unter das Niveau des Jahres 2006 sinkt.

(Minister Speer: Das stimmt nicht!)

- Herr Minister, das sind Ihre eigenen Zahlen. Soll ich sie holen? Ich habe die Zahlen mitgebracht, sie liegen auf meinem Tisch.

(Klein [SPD]: Es ist immer besser, man hat sie dabei!)

- Ich bringe sie ihm gleich; aber es sind seine eigenen.

Davon abgesehen, ist der finanzielle Bedarf zur Erfüllung dieser Aufgabe noch höher. Das hat die gestrige Diskussion gezeigt. Wenn keine Möglichkeit zur Nachsteuerung gefunden wird, werden die Kommunen auf dem daraus entstehenden Defizit sitzen bleiben. Nach dem Gesetz soll eine Überprüfung erst 2009 erfolgen.

Ich komme zu einem zweiten Aspekt der Rechenkunst des Finanzministers. 40 Millionen Euro vom Sozial- und Jugendhilfelastenausgleich im Gesamtvolumen von 230 Millionen Euro verschwinden in den allgemeinen Schlüsselzuweisungen, wohin sie nicht gehören. Die Verbundmasse und auch die Verbundquote werden dadurch künstlich erhöht und optisch geschönt.

Drittens: Wir wiederholen unsere Kritik der letzten Jahre. Der Vorwegabzug der 50 Millionen Euro aus der kommunalen Verbundmasse, und dies ohne nachvollziehbare Begründung, muss rückgängig gemacht werden.

(Vereinzelt Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Allein die Absicht, den Haushalt des Landes zu konsolidieren, reicht als Begründung nicht aus. Schon gar nicht nachvollziehbar ist die Behauptung, den Kommunen gehe es besser als dem Land. In den Kommunen gelten andere Regeln. Die Kommunen müssen ausgeglichene Haushalte vorlegen; sonst werden sie nicht genehmigt.

(Zuruf von Minister Speer)

- Richtig. Das ist für den Wirtschaftsminister sicherlich ein Grund zu sagen, dass das dauerhaft nicht so bleiben darf. In den Kommunen wurde bisher nie ins Blaue hinein oder für die Halde investiert. Dort ist immer etwas entstanden. Das bringt heute den Vorteil, dass wir dort Steuereinnahmen erzielen, die sonst nicht möglich wären.

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist schon seit längerem abgelaufen.

Dann mache ich Schluss.

(Heiterkeit)

Ich füge nur noch hinzu: Wir freuen uns auf die Diskussion und werden weitere Punkte zu Ihrem Thema machen. Wir gehen davon aus, dass sich die anzuhörenden Vertreter der Kommunen und Verbände mit dem vorliegenden Papier nicht einverstanden erklären werden.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank. - Das Wort geht an Frau Abgeordnete Melior. Sie spricht für die SPD-Fraktion.