Protokoll der Sitzung vom 22.05.2006

Eine andere Zahl unterstreicht diesen Trend. Während bundesweit 35 % aller Promotionen zwischen 1999 und 2003 von Frauen abgelegt wurden, waren es in Brandenburg nur knapp 30 %. Ebenso entfiel nur knapp ein Viertel aller Habilitationen im Jahre 2005 auf Frauen. Bezüglich der Habilitationen in mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern liegt Brandenburg im bundesweiten Vergleich auf dem letzten Platz.

Die Anzahl der Professorinnen in Brandenburg liegt über dem Bundesdurchschnitt, auch die der Professorinnen mit C4-Besoldung, trotzdem ist das bei weitem nicht zufrieden stellend. Es gilt, die Ursachen dafür zu hinterfragen. Angesichts dieser Zahlen können wir die Hochschulen mit der Frauenförderung nicht allein lassen. Das Land hat hier eine wichtige Aufgabe zu erfüllen. Dieser Aufgabe muss es sich stellen. Die von uns vorgeschlagenen Maßnahmen können dazu einen Beitrag leisten. Stimmen Sie unserem Antrag zu. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank. Das Wort erhält die Abgeordnete Geywitz von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Manchmal bedauere ich es sehr, dass Ausschusssitzungen nicht öffentlich sind. Die SPD-Fraktion hatte in der Diskussion über die Geschäftsordnung deutlich gemacht, dass sie sich es anders vorstellen könnte,

(Zuruf von der Linkspartei.PDS: Wir auch!)

- die Kollegen von der Linkspartei.PDS auch, die CDU-Fraktion aber nicht. So erleben wir manchmal, dass wir Diskussionen, die wir im Ausschuss bereits geführt haben, mit einem Antrag versehen hier im Plenum wiederholen. Herr Jürgens ist bekannt dafür, ein engagierter Hochschulpolitiker zu sein. Dafür bin ich ihm auch sehr dankbar.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Wir erleben hier, was wir in der Ausschusssitzung am 6. September 2006 unter Tagesordnungspunkt 2 „Information der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur zur Frauenförderung an Brandenburger Hochschulen“ diskutiert haben.

(Jürgens [Die Linkspartei.PDS]: Sie haben mich durch- schaut!)

- Genau! Interessanterweise war damals die Sprecherin der Landesfrauenkonferenz geladen. Wir haben uns relativ lange über den Zustand unterhalten. In der Tat stellt sich bei Statistiken nicht nur die Frage, wer sie aufstellt, sondern auch, wie man sie interpretiert.

Herr Jürgens, Sie haben gesagt, es gebe deutlich mehr Männer als Frauen, die eine Professur innehaben. Man muss allerdings auch sagen, dass wir in Brandenburg diesbezüglich schon ein Stück weiter sind als die übrigen Länder der Bundesrepublik. Es ist klar, dass es auf einem niedrigen Niveau ist, aber bei uns sind immerhin 17 % aller Professoren weiblich, im Bundesdurchschnitt sind es nur 13 %.

Im Länderranking „Frauen in Wissenschaft und Forschung“ des Informationszentrums Sozialwissenschaften der Universität Köln belegt Brandenburg den vierten Platz. Man könnte auch noch auf die sehr gute Kompetenzausstattung unserer Gleichstellungsbeauftragten und auf die Tatsache verweisen, dass wir aufgrund unserer landesweit sehr guten Infrastruktur im Kita-Bereich, aber auch speziell an den Hochschulen eine Einrichtung haben. Die Einrichtung in Potsdam wurde qualitativ mehrfach ausgezeichnet.

Herr Jürgens, Sie haben das Hochschulwissenschaftsprogramm des Bundes angesprochen. Es gibt eine Diskussion über die Fortführung. Ich möchte einmal einen Bereich im Landeshaushalt sehen, in dem das Bundesprogramm wegfällt und trotzdem gesagt wird, der Eigenanteil bleibe stabil. Wer das nicht als Erfolg und deutliches Zeichen wertet, muss sich schon viel Mühe geben, seinen Oppositionsgeist durchscheinen zu lassen.

Sie haben angesprochen, dass das Steuerungsmodell, das wir für unsere Hochschulen vorsehen, nämlich die leistungsorientierte Mittelzuweisung, zum einen garantieren soll, dass Hochschulen ihre Strukturen autonom ausgestalten und wir nicht Einzeleingriffe vornehmen, was wir alle im Hochschulbereich

nicht wollen, und dass wir zum anderen Steuerungsanreize setzen. Dass diese innerhalb von zwei Jahren nicht dazu führen, dass sich die Welt verändert, ist auch klar.

Ein Punkt, der uns interessiert, ist die Frage, was die Universitäten machen, um für weibliche Studierende und weibliche Doktorandinnen attraktiver zu werden. Wenn sich da etwas Positives tut, gibt es dafür extra Geld. Gleiches gilt für die Studierenden aus dem Ausland, weil wir das für ein Qualitätsmerkmal halten. Wir haben es in unser zentrales Steuerungsmodell aufgenommen. Zum ersten Mal gehen Mittel aus dem ESF-Fonds an das MWFK. Die Ministerin hat in jener Ausschusssitzung Sie waren dabei und hören immer aufmerksam zu - zugesagt, dass das Geld auch für die Frauenförderung an den Hochschulen eingesetzt werde.

Es bleibt mir nur noch zu danken, dass wir dies alles noch einmal in der Öffentlichkeit kundtun durften. Sie werden verstehen, dass wir Ihren Antrag ablehnen werden, weil die Landesregierung gezeigt hat und es die Situation an den Hochschulen auch belegt, dass wir hier schon eine ganze Weile unterwegs sind. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Frau Abgeordnete Geywitz. - Das Wort erhält Herr Abgeordneter Nonninger.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Auf Dauer kann es sich eine wissensbasierte Dienstleistungsgesellschaft nicht leisten, dass die Studenten von heute nicht mehr die Eltern von morgen sind“, stellte unlängst die hessische Sozialministerin fest.

Wir alle wissen doch, dass es heute leider zunehmend so ist und der Trend ist nicht gebrochen -, dass gerade Personen mit einem hohen Bildungsstand ohne Kinder bleiben. Die demografische Entwicklung gerade in den neuen Ländern, einschließlich Brandenburg, ist nach wie vor verheerend. Eine Ausnahme bildet hier vielleicht der so genannte Speckgürtel um Berlin. Generell kennzeichnet die Abwanderung junger Menschen - Schwerpunkt: junge Frauen - die Lage.

Die Brandenburger Hochschulen bieten einen kleinen Mosaikstein, sich diesem Trend entgegenzustellen. Die Hochschulen bieten die Chance, gerade in den Problemregionen, junge Menschen zu halten bzw. anzulocken. Dabei muss das Studieren, auch mit einem Kind, an jedem Studienort problemlos möglich sein. Aufgabe der Landesregierung ist es, die Hochschulen dahingehend zu unterstützen, familiengerechte Arbeits- und Studienbedingungen zu schaffen.

Wie sieht es an den Brandenburger Hochschulen aus? An der Universität Potsdam beträgt der Anteil weiblicher Studierender immerhin 58 %, bei Studienanfängerinnen im ersten Semester sogar 61 %. An der Europa-Universität Viadrina liegt der Anteil bei 63 bzw. 64 %. Anders sieht es hingegen bei den Hochschulen aus, an denen ingenieurtechnische Fächer dominieren. An der Technischen Fachhochschule Wildau beträgt der Anteil weiblicher Studierender 41 % und an der Fachhochschule

Brandenburg nur 26 %. Zurzeit besteht in der Wirtschaft eine steigende Nachfrage an Fach- und Führungskräften in technischen Bereichen.

Will man mehr Frauen auch für die technischen Bereiche der Hochschulen gewinnen, sind vielschichtige, gesamtgesellschaftliche Probleme zu lösen, die sich hier nur kurz anreißen lassen: Als Beispiele nenne ich das frühe Vertrautmachen mit technischen Berufen in der Schule und eine verbesserte Schulausbildung, siehe PISA-Studie, insbesondere in den naturwissenschaftlichen und technischen Fächern. Natürlich müssen auch die Hochschulen noch aktiver und frühzeitiger werben, zum Beispiel mit Vorträgen für Schülerinnen und Schüler, Praktika oder einem Schnupperstudium.

Es wird jedoch nicht möglich sein, junge Frauen gegen ihre Interessen für ein naturwissenschaftliches Studium zu gewinnen, auch wenn es politisch gewollt ist. Akzeptieren wir die unterschiedlichen Interessenlagen von Frauen und Männern! Wichtig ist nicht, was Frauen oder Männer studieren, sondern dass jeder Studienplatz geschlechterneutral vergeben wird. Das ist bereits heute der Fall.

Ein Aspekt der Berufswahl junger Frauen ist, wie sie später Beruf und Familie vereinbaren können. Hier ist die gesamte Gesellschaft gefordert, insbesondere auch die Unternehmen, um Familien und Kindern eine höhere Priorität einzuräumen. Bezüglich der Realisierung sind in der durch die Globalisierung geprägten Arbeitswelt von heute allerdings erhebliche Zweifel angebracht.

Die DVU-Fraktion hält einen Antrag der Linkspartei.PDSFraktion für überflüssig, der unter Punkt 1 feststellt, dass Brandenburg in einigen Bereichen Erfolge verzeichnet hat und sich die Hochschulen sehr engagiert haben. Auch bei Punkt 2 bleibt es schwammig, und man vermeidet eindeutige Aussagen. Dafür, dass sich die Landesregierung gegenüber Bund und Ländern einsetzt, das Hochschulwissenschaftsprogramm ab 2007 weiterzuführen, bedarf es sicherlich keines Extralandtagsbeschlusses. Klare Aussagen fehlen auch für die zu erarbeitenden Zielvereinbarungen mit den Hochschulen bezüglich Familien- und Frauenförderung. Das Gleiche trifft bezüglich des Abschnitts zur Anregung der brandenburgischen Landeskonfe-renz zu. Auch hier bleibt völlig im Dunkeln, was die Linkspartei.PDS eigentlich will. Die DVUFraktion kann diesen unausgereiften Antrag nur ablehnen. Ich bedanke mich.

Ich erteile jetzt der Landesregierung das Wort. Frau Prof. Dr. Wanka, bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Förderung von Frauen, Mädchen, Familie in Wissenschaft und Forschung ist schon seit vielen Jahren ein zentrales Thema, über das sehr viel geredet wird. Wenn man sich bundesweit die Erfolge vor Augen führt, erscheint es einem jedoch eher schmal.

Wie steht Brandenburg da? Wie ist der Status quo? - Wir stehen gut da. Wir stehen richtig gut da.

Das erstellte Gleichstellungsranking aller Bundesländer 2004 ist erwähnt worden. Es wurde untersucht, wie die deutschen Hochschulen in diesen Bereichen sind. Das Land Brandenburg hat den vierten Platz eingenommen. Wir könnten sogar den zweiten haben. Aber sehr schön.

(Beifall bei CDU und SPD - Zuruf: Aber?)

- Kein Aber. Ist völlig okay.

Sieht man sich die einzelnen Indikatoren an - Herr Jürgens sagte das mit einem leidenden Ausdruck; ich weiß gar nicht, was es da zu leiden gibt -, stellt man fest: Wir haben, was den Anteil der weiblichen Studenten angeht, den Spitzenplatz erreicht. In den technischen Fächern hat nur Sachsen-Anhalt einen größeren Anteil junger Frauen als wir.

Auch bezüglich des Anteils der weiblichen Professuren - in Brandenburg beträgt er 17 %, bundesweit sind es 13 % - liegen wir im Spitzenfeld. Im letzten Jahr - das sind die aktuellen Zahlen - ist bundesweit untersucht worden, wie hoch der Frauenanteil 2005 bei Berufungen war. - Erster Platz für Brandenburg.

Oder bei Habilitationen - das haben Sie auch irgendwie leidend erwähnt - haben wir einen Spitzenplatz. An dieser Stelle muss man einfach einmal akzeptieren, dass wir in diesem Bereich gut sind.

Sie haben die Promotionen angesprochen. Bei den Promotionen haben wir leider keinen Spitzenplatz. Das wird sich auch nicht groß ändern, weil wir da strukturell ein Problem haben. Wenn Sie sich einmal die Fächer anschauen, in denen promoviert wird, stellen Sie fest, dass die Promotionsquote von Frauen in der Humanmedizin - über 50 %; da promovieren fast alle - und bei der Veterinärmedizin - über 70 % Frauen - ganz hoch ist. Diese Fächer lehren Brandenburger Hochschulen nicht. Das macht sich bemerkbar, denn in diesen Fächern erfolgt die Masse der Promotionen. Tut mir leid, das ist ein strukturelles Problem. Wenn wir das nicht hätten, lägen wir auf dem zweiten oder dem ersten Platz. Aber das können wir nicht ändern.

Die Ergebnisse sind gut. Die Ergebnisse fallen nicht vom Himmel, sondern sie sind ein Erfolg unserer Anstrengungen, insbesondere auch der Anstrengungen der Landesregierung.

Ich will einige Bereiche nennen, in denen die Landesregierung aktiv war bzw. ist.

Erster Punkt: Sie haben das Modell der leistungsorientierten Mittelvergabe erwähnt. Das heißt, es gibt einen Globalhaushalt, Geld wird nach Leistung vergeben. Einer der fünf Leistungsindikatoren ist Frauenförderung. Wie gut sind wir in diesen Bereichen?

Sie müssen sich einmal entscheiden. Globalhaushalt heißt, den einzelnen Titeln wird kein Geld separat zugewiesen. Es wird nicht mehr Geld, wenn wir wieder vom Globalhaushalt abgehen. Das ist eine irrige Annahme.

Zweiter Punkt: Frauenförderrichtlinien. Sie fordern es in Ihrem Antrag. Wir haben sie an allen Hochschulen. Das ist ein sehr schönes Paket.

Dritter Punkt: In allen Hochschulen - es steht im Hochschulgesetz und in den entsprechenden Regelungen, speziell in den Studien- und Prüfungsordnungen - gibt es Festlegungen zur Flexibilisierung des Studiums für Familien, für Frauen.

Vierter Punkt - ein wichtiger Punkt -: Flexibles Studium. Ortsunabhängige Lernformen und Lehrformen, BA/MA - wir haben in Brandenburg einen Umstellungsgrad von über 70 %. Bundesdurchschnitt 29 %. Das heißt, wir haben in den letzten Jahren eine Menge geleistet. Das Ergebnis sind die entsprechenden Ranking-Positionen.

In Ihrem Antrag waren einige konkrete Forderungen aufgelistet. Eine Forderung war, wir sollten uns für das Hochschulwissenschaftsprogramm einsetzen. Wir haben uns dafür eingesetzt. In den letzten Jahren gab es jedes Jahr 800 000 Euro nur für diesen Bereich. Es steht - als Landesanteil - im Landeshaushalt 2007. Wir engagieren uns beim Bund, bei Anette Schavan, dass es eventuell fortgesetzt oder in geeigneter Form verstetigt wird. Das läuft also auch ohne Extraantrag.

Zweite Forderung: Zielvereinbarungen. Die Hochschulen erfüllen ihre Zielvorgaben durch unterschiedliche Maßnahmen. In den Zielvereinbarungen findet sich die Frauenförderung, vor allem dann, wenn die Hochschulen das wollten. Beispiele sind Mentoring-Programm, Kofinanzierung, Teilfinanzierung über die Zielvereinbarungen. Die Ergebnisse sind gut. Die Universität Potsdam ist eine von fünf Universitäten in der Bundesrepublik, die den Titel „TOTAL E-QUALITY“, das Prädikat für Familienfreundlichkeit, zum zweiten Mal bekommen hat.

Als letzter Punkt - weil die Lampe blinkt -: Evaluierung des Hochschulstandortes unter Gleichstellungsaspekten. Wir bringen wahrscheinlich Anfang nächsten Jahres einen Gesetzentwurf, eine kleine Novelle ein. Darin geht es um Berufungen, darum, wie man das in Brandenburg gestaltet, wie man das an die Hochschulen gibt. In dieser Novelle - das wissen Sie - finden sich neue Regeln zur Gleichstellung von Männern und Frauen bei Berufungen, und zwar Maßnahmen, um der Unterrepräsentanz von Frauen bei Professuren entgegenzuwirken. Kein anderes Bundesland hat solch eindeutige Regelung, wie wir sie in diesem Gesetz haben; sie wird uns vielleicht noch Ärger einbringen.

Wenn wir das brandenburgische Hochschulgesetz novellieren die Diskussionsrunden laufen, zum Beispiel auch mit den Gleichstellungsbeauftragten -, muss gefragt werden, wie man noch etwas verändern bzw. besser ausgestalten kann.

Das heißt, all das, was Sie aufgelistet haben, wird schon getan. Wir sind auf einem guten Weg. Wir werden kein eigenes Landesförderprogramm auflegen. Aber wir werden die Möglichkeiten, die wir haben, zum Beispiel die Förderung über ESFMittel - da sind wir als MWFK partiell nicht schlechtgestellt -, nutzen. Was wir brauchen, sind gute Ideen, wie man dieses Geld wirklich effektiv einsetzen kann. Es gab Unmengen von Programmen in der Bundesrepublik. Es sind Millionen ausgegeben worden - ohne große Effekte. Das möchte ich nicht. Deswegen diskutieren wir über das Wie des Geldausgebens intensiv. Da bin ich auf kluge Vorschläge auch von Ihnen von der PDS-Fraktion, gespannt. - Schönen Dank.