Protokoll der Sitzung vom 22.05.2006

Ich möchte meinen Redebeitrag mit einem Zitat von Robert Walser beenden, der da sagte:

„Die Natur braucht sich nicht anzustrengen, bedeutend zu sein, sie ist es.“

In diesem Sinne würden wir in der Lausitz sagen: Glück auf dem Nationalpark Unteres Odertal!

(Beifall bei SPD und CDU)

Schönen Dank. - Wir setzen mit dem Beitrag der DVU-Fraktion fort. Es spricht der Abgeordnete Schulze.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung ist eine längst überfällige Novellierung des seit dem 27. Juni 1995 geltenden Nationalparkgesetzes Unteres Odertal, welches seinerzeit mit dem zukunftweisenden Untertitel „Gesetz zur Errichtung eines Nationalparks“ versehen war.

Natürlich gibt es bei jedem Gesetzentwurf ein Für und Wider und Nachbesserungen waren auch hier unvermeidbar. Aus diesem Grunde gab es verschiedene Beratungen und eine Anhörung des Ausschusses für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz vor Ort. Bei dieser Anhörung kamen alle Akteure zu Wort, wobei vom überwiegenden Teil Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf signalisiert wurde.

Wie der Presse zu entnehmen war, hält der Naturschutzbund das Nationalparkgesetz für einen Etikettenschwindel und bringt Beispiele des Gesetzentwurfs, die den nationalen und internationalen Ansprüchen an den optimalen Schutz der Kernbereiche des Nationalparks nicht entsprechen.

In diesem Zusammenhang nennen die Naturschutzverbände konkret das Aufgeben des ursprünglichen Zieles, bis zum Jahre 2010 rund 5 000 Hektar als Totalreservat auszuweisen.

(Bischoff [SPD]: Mindestens!)

- Ich vermute, Herr Bischoff, man hatte damals in der Euphorie an einen grenzüberschreitenden Nationalpark gedacht.

(Bischoff [SPD]: Kann ich nicht sagen!)

Unabhängig davon werden von unserer Fraktion die im Gesetzentwurf vorgesehenen erweiterten Nutzungsmöglichkeiten unter anderem für Wassersportler, Jäger und Angler begrüßt.

(Beifall bei der DVU)

Unsere DVU-Fraktion war auch bei diesem Gesetzentwurf der Meinung, dass viele durchaus ernst zu nehmende Einwendungen gründlich geprüft werden müssen, um zu einer Entscheidung zu gelangen. Wichtig für uns war, dass der Mensch als Bestandteil integriert ist und nicht ausgeschlossen wird.

Der Nationalpark ist einfach nur eine Chance und die Verpflichtung, vor allem für die Nachwelt etwas Besonderes zu erhalten. Dem widerspricht der vorliegende Gesetzentwurf nicht und findet deshalb unsere Zustimmung.

(Beifall bei der DVU)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Dombrowski.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Vorredner, die ich aus engagierter Arbeit im Fachausschuss kenne, haben den vorliegenden Gesetzentwurf, der heute in 2. Lesung zu verabschieden ist, bereits inhaltlich gewürdigt.

Das Thema Nationalpark begleitet diesen Landtag über Legislaturperioden hinweg, sodass die meisten, diejenigen, die schon länger diesem Parlament angehören, sowie diejenigen, die hinzugekommen sind, viele Eindrücke haben. Allen ist wohl auch klar, dass es im Grunde genommen nicht nur darum geht, ein Gesetz zu verabschieden. Ich halte es für einen positiven Meilenstein und Wendepunkt - das ist vielleicht falsch formuliert -, aber es ist wohl ein gutes Beispiel dafür, wie die Interessenkollisionen, die wir zwischen Naturschutz und verschiedenen Nutzergruppen seit der Wende in Brandenburg hatten, aufgelöst werden können. Das geschah nicht in einem Einheitsbrei, sondern in einem sehr weitgehenden Konsens, an dessen Erarbeitung sich alle diszipliniert eingebracht und sich auch nicht unter Druck haben setzen lassen. Sie haben sich nicht von Interessengruppen für den einen oder anderen Zweck gebrauchen lassen, sondern versucht, den Nationalparkgedanken hochzuhalten und mit Leben zu erfüllen. Ich denke, es ist gelungen.

Das ist das eigentlich Wichtige, weil man daraus lernen kann, wie man Naturschutz mehrheitsfähig macht, nicht nur bei einer Lobby oder bei einem Teil der Bevölkerung, sondern auch im Verbund mit Unternehmen, mit Wirtschaftenden, mit Fischern und Landwirten. Alle haben ihre berechtigten Interessen an der Nutzung der Natur.

Von daher sind auch solche Dinge wichtig, wie man zum Beispiel mit dem PCK Schwedt umgeht, das zwar nicht mittendrin, sondern am Rand liegt, aber auch seine Interessen hat. Das alles ist sehr ordentlich gelöst worden, ohne dass man immer gleich gesagt hat: Genau so wie ihr das wollt, machen wir das. Es ist vielmehr um Kompromisse gerungen worden.

Wenn dann seitens dieser Nutzergruppen das Signal kommt - das kam ja in der Anhörung Anfang September in Gartz -, dass es so als gut empfunden wird und man damit gut leben kann, dann ist das eine sehr positive Sache. Wenn wir diesen Ruf bekommen, ist das ein Markenzeichen für Brandenburg. Es kann nicht so sein, dass - wie wir heute in der Aktuellen Stunde hörten - bei einer Bioethanol-Anlage zeitweise zumin

dest im Raum stand, dass die Ersatzzahlungen höher wären als die Investitionen. Das alles muss man vorher begradigen.

Von daher ist es ein sehr schöner Anlass heute im Landtag, dieses Vorhaben mit diesem Schritt erst einmal zum Abschluss zu bringen. Der Landtag ist auch in das weitere Verfahren parlamentarisch eingebunden. Das haben wir als Fachausschuss als Antrag in das Gesetz geschrieben. Sie werden es hoffentlich beschließen. Es geht darum, dass der Fachausschuss einmal im Jahr über den Fortschritt, den der Nationalpark nimmt, informiert wird. Die beiden noch folgenden Rechtsverordnungen - für die Fischerei und die Jagd - werden auch noch durch den Ausschuss gehen. Sie werden kurz nach der Gesetzesverabschiedung veröffentlicht. Weitere Rechtsverordnungen sind im Benehmen mit dem Ausschuss zu erstellen. „Im Benehmen“ heißt in diesem Fall und nach der Tradition unseres Ausschusses, seit ich ihn begleiten darf, dass wir dazu Einvernehmen mit dem Minister herstellen, nicht nur etwas vorgelegt bekommen, sondern uns in die Erarbeitung einbringen können.

Mein herzlicher Dank deshalb an diejenigen, die mitgewirkt haben, auch an den Minister und seine Mitarbeiter, an Herrn Treichel von der Verwaltung des Nationalparks, an die örtlichen Abgeordneten, an den Kollegen Mike Bischoff, der sich eingebracht hat, natürlich auch an andere, zum Beispiel an den Kollegen von Arnim und an den Kollegen Koeppen. Viele haben mitgetan. Ich danke allen, die Verständnis entgegenbrachten, die eigene Interessen zurückstellten, um diesen Nationalpark nunmehr in einem guten Licht erscheinen zu lassen.

Sie haben den Anmerkungen der Vorredner aus unserem Ausschuss entnommen, dass es eine breite Zustimmung zum Gesetz geben wird. Ich denke, es ist auch ein positives Signal, dass man in den Fachausschüssen fachorientiert zusammenarbeitet. Der eine Punkt, wo wir der Linkspartei.PDS nicht entgegenkommen konnten, betrifft die Frage, ob die Nationalparkverwaltung sozusagen eine eigene untere Landesbehörde werden sollte. Es will gut bedacht sein, ob man das tut oder nicht. Hier gibt es noch viele Möglichkeiten, die im Rahmen der Standardöffnungsklausel probiert werden könnten, wenn man denn vor Ort will. Von daher denke ich, dass die große Arbeit getan ist.

Ich darf noch einmal zum Abschluss meines Beitrags allen herzlich danken. Es war eine Freude, an diesem Projekt zu arbeiten und zu sehen, wie es wächst und gedeiht. Nun freuen wir uns, dass wir in Brandenburg einen Nationalpark haben, der über das Land ausstrahlt. - Danke schön.

(Beifall bei CDU und SPD)

Für die Landesregierung spricht Minister Woidke zu uns.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt Leute, die denken, wenn man dort oben auf der Bank sitzt, hat man einige Vorteile. Man hat aber auch Nachteile, weil man bei den Reden immer als Letzter drankommt.

Ich kann mich ganz kurz fassen; es wurde vieles gesagt. Dieter

Dombrowski hat indirekt von einem Wendepunkt gesprochen. Ich sage einmal, es ist nicht einmal annähernd ein Wendepunkt, an dem wir heute stehen, es ist eigentlich der Eintritt in eine neue Etappe der von Martina Gregor erwähnten Erfolgsstory Nationalpark.

Ich habe einmal in einer Veranstaltung zum Nationalpark und zur Nationalparkgesetzesnovelle unvorsichtigerweise gesagt: Eigentlich könnten wir uns die Novelle jetzt fast sparen, weil in der Region schon zu großen Teilen seit 12 bzw. 18 Monaten Konsens hergestellt ist. - Das war die Basis, auf der wir an diese Gesetzesnovelle herangegangen sind. Es war in der Tat ein völliger Unterschied zu dem ersten Entwurf des Nationalparkgesetzes und zu den weiteren Diskussionen in den letzten zehn Jahren.

Das alles hat natürlich seine Ursachen. Da möchte ich einen Herrn nennen, der hier im Saal sitzt, es ist Dirk Treichel, Chef der Nationalparkverwaltung, der einen immensen Aufwand betrieben hat, um Konsens in der Region herzustellen.

Heute ist es so, dass wir bezüglich der Novelle des Nationalparkgesetzes nicht etwa sagen können, wir können auf sie verzichten, weil wir vor Ort gute Leute haben - das haben wir in der Tat -, sondern die Novelle ist für die Weiterentwicklung des Nationalparks und der gesamten Region wichtig.

Was bei dieser Gesetzesnovellierung vielleicht nicht nur im Naturschutzbereich bemerkenswert war - vielleicht sollten auch andere Bereiche hin und wieder daraus lernen -, war die einmalig breite Beteiligung und Einbeziehung der Öffentlichkeit in dieses Vorhaben. Diese Arbeit war nicht nur von der Nationalparkverwaltung zu leisten, sondern da haben viele Leute aus dem Ministerium und viele Abgeordnete, die sich aus diesem Hohen Haus in die Diskussion - teilweise vermittelnd - eingebracht haben, dabeigesessen. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal erwähnen und mich bei allen bedanken, speziell bei den Abgeordneten aus der Uckermark, die vor Ort ihre Arbeit geleistet haben - einer, Mike Bischoff, sitzt direkt vor mir, ein anderer sitzt rechts von mir, es ist Alard von Arnim -, die dazu beigetragen haben, dass gemeinsam mit den Abgeordneten des Ausschusses eine solche Novelle zustande gekommen ist.

Eines möchte ich noch anmerken: Bei allen Diskussionen, die wir hatten, gab es immer die Befürchtung, dass der Status Nationalpark abgeschafft, gefährdet, über Bord geworfen wird. Der Nationalpark wird - das war die schlimmste Schlagzeile, die ich gelesen habe - durch eine Art Disneyland in der Uckermark ersetzt. - Dies ist nicht der Fall.

Wenn Sie sich einmal vor Augen führen, was in dem Gesetzentwurf tatsächlich geändert worden ist und was meine Vorredner hier auch schon ausgeführt haben, dann werden Sie feststellen, dass es sich dabei eigentlich nicht um große, bahnbrechende Dinge handelt, sodass man sich fast fragen muss, ob es sich bei der Novelle wirklich um etwas ganz Neues handelt.

Durch einen Teil der Änderungen wird es so sein, dass die Menschen und die Wirtschaft in der Region mit dem vorgegebenen Rahmen besser werden leben können. Dies ist auch darauf zurückzuführen, dass wir Regelungen eingebaut haben, die regelrecht zu mehr Kommunikation auffordern. Eine dieser

Regelungen, die Dieter Dombrowski eben auch genannt hat, ist die, dass ich im Ausschuss regelmäßig über den Fortgang der Dinge zu berichten habe.

Die eigentliche Grundlage der vorliegenden Novelle ist meiner Meinung nach ein Vertrauen, das in der Region geschaffen werden konnte, ein Vertrauen, das bis in den Landtag hier trägt. Dafür möchte ich mich bei allen Beteiligten noch einmal herzlich bedanken. Mein Dank gilt vor allem denjenigen, die hierbei an vorderster Front gestanden haben, nämlich den Mitgliedern des Ausschusses für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz, sowie natürlich allen anderen Landtagsabgeordneten.

Ich denke, dass mit dem heutigen Tage ein neues Kapitel in der Geschichte des Nationalparks aufgeschlagen wird, sofern Sie auch nach meiner Rede Ihre Ankündigung wahr machen und dem Gesetzentwurf zustimmen.

Ich meine, dass wir bezüglich des Miteinanders von Naturschutz und Wirtschaft auch bei dieser Gesetzesnovellierung nicht nur viel gelernt haben, sondern auch ein ganzes Stück vorangekommen sind. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister, auch für Ihre Bescheidenheit, die Sie mit einem Satz zu Beginn Ihrer Rede ausgedrückt haben; denn die meisten drängen sich doch geradezu danach, das letzte Wort haben zu dürfen.

Meine Damen und Herren, Ihnen liegt die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz - Drucksache 4/3552 - zu dem Entwurf für ein Gesetz über den Nationalpark Unteres Odertal vor, die lautet, der Landtag möge das Gesetz in der in der Beschlussempfehlung vorliegenden Fassung annehmen. Wer das tun möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist das Gesetz in 2. Lesung einstimmig angenommen.

(Allgemeiner Beifall)

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Wirkungen der Arbeitsmarktreformen in Brandenburg

Große Anfrage 21 der Fraktion der Linkspartei.PDS