Als ich kürzlich zur Beerdigung von Heinz Sielmann in Niedersachsen war, sagte mir ein niedersächsischer Kollege, als wir über Bürokratieabbau sprachen, dass es in Niedersachsen vier Rechtsverordnungen gibt, die nichts anderes regeln als die Jagdhundeausbildung an der lebenden Ente. Dass man vier Rechtsverordnungen braucht, um einen Sachverhalt zu regeln, ist schon beachtlich.
Wir hier sind ausgekommen mit dem Lacher der Rechtsverordnung über die Pioniereisenbahn. Es ist alles sehr im Rahmen dessen, was normal ist. Wir haben den richtigen Weg beschritten.
strapazierter Begriff. Insbesondere wird er dann zum Problem, wenn man sich nicht genau im Klaren darüber ist, was sich eigentlich dahinter verbirgt. Sehr oft wird die Aufgabenkritik in den Reihen der Verwaltung als bedrohliches Mittel des Personalabbaus angesehen und weckt darum Befindlichkeiten und Ängste.
Man muss jedoch klar und sauber zwischen zwei Grundformen aufgabenkritischer Zielstellungen trennen: Zweckkritik und Vollzugskritik.
Die Zweckkritik hinterfragt die grundsätzliche Notwendigkeit der jeweiligen Aufgabe. Also: Muss diese Aufgabe wahrgenommen werden oder nicht? Dies kann in der Tat zu einem Verzicht auf Aufgaben und damit zu einem sinkenden Personalbedarf führen.
Vollzugskritik zielt unterdessen darauf, die praktizierte Aufgabenwahrnehmung zu optimieren oder zu verbessern. Die Frage lautet hier: Ist die Art der Aufgabenwahrnehmung sinnvoll und wirtschaftlich? Dabei geht es um den bestmöglichen Einsatz von Personal- und Sachmitteln. Diese Unterscheidung findet sich übrigens im § 2 Abs. 5 des Verwaltungsmodernisierungsgesetzes, welches ja Grundlage für den hier in Rede stehenden Bericht des Finanzministers ist.
Eines geht aus dem Bericht deutlich hervor: Was wir in Brandenburg bislang getan haben, waren vorrangig vollzugskritische Maßnahmen, und das auch eher zurückhaltend. Sicherlich gibt es einige Ansatzpunkte, die in die richtige Richtung weisen, zum Beispiel die Ausgliederung der Landeskliniken. Es gibt auch Entwicklungen, die nicht den Zielvorgaben der Ausgliederung entsprechen, die sogar in die entgegengesetzte Richtung gelaufen sind.
Ein Beispiel sei hier die Eingliederung der Landesanstalt für Großschutzgebiete des Landesumweltamtes. Auch andere wären zu nennen.
Leider liefert der Bericht keine klare Differenzierung zwischen Zweck- und Vollzugskritik. Zwar werden ressortspezifisch die einzelnen Aktivitäten sowie die Begrenzung durch bundesoder europarechtliche Vorgaben dargestellt, jedoch bleibt dem geneigten Leser weitgehend verborgen, unter welchen Kriterien die Wahrnehmung einer Aufgabe infrage gestellt oder auf Optimierungspotenziale hin überprüft wurde.
Auch der eigentlich im Verwaltungsmodernisierungsgesetz geforderte Vergleich mit anderen Bundesländern sowie die klare Bestimmung von staatlichen Kernkompetenzen kommt nicht oder nur andeutungsweise zur Sprache.
Ich denke, ich spreche kein Geheimnis aus, wenn ich an dieser Stelle noch einmal betone, dass uns bei der Aufstellung des Haushalts in den kommenden Jahren äußerst schwierige finanzielle Bedingungen erwarten, Herr Finanzminister. Wir werden uns viel stärker als bisher fragen müssen, was wir uns überhaupt noch als staatliche Aufgabe leisten können. Ich sage mit Blick auf die Linkspartei.PDS auch ganz bewusst: leisten können - und nicht, was wir uns deklamatorisch leisten wollen.
Wenn wir über zukünftige staatliche Aufgaben diskutieren, müssen wir den Fokus auf die Ergebnisse, also die Produkte der Verwaltung konzentrieren, egal ob dies ein Steuerbescheid,
die Erstellung eines Passes, einer Wirtschaftsstatistik oder eines Fördermittelbescheides ist. All dies sind Produkte, welche systematisch den jeweiligen Verwaltungsbereichen und -behörden zuzuordnen sind. Eine erfolgreiche Aufgabenkritik ist deshalb besonders mit einer funktionierenden Kosten- und Leistungsrechnung wirkungsvoll, wenn die Produktorientierung durchbricht. Routineblick verlangt eine alternative Beurteilungsweise der Tätigkeiten - sowohl des Ob als auch des Wie.
Das Finanzministerium hat im Rahmen des Sonderausschusses dargestellt, dass die Kosten- und Leistungsrechnung zu Beginn des Jahres 2008 für alle Ministerien und nachgeordneten Bereiche eingeführt werden soll. Dies ist begrüßenswert und absolut notwendig.
Grundlage aller Aufgabenkritik - damit schlage ich wieder den Bogen zum vorliegenden Bericht und komme damit auch zum Schluss - ist jedoch ein genauer Überblick über den Aufgabenbestand im Land Brandenburg. Diesen gibt es bislang nicht, denn der Bericht zeigt lediglich die Aktivitäten und den aktuellen Stand ausgewählter Einzelprojekte der Landesregierung.
Wenn es wirklich unser Ziel ist, die Kernaufgaben des Landes klar zu bestimmen und eine fundierte Aufgabenkritik zu betreiben, müssen wir eine solide, umfassende und verlässliche Aufgabenanalyse betreiben. Insbesondere das Finanzministerium hat hier eine große Verantwortung und auch große Möglichkeiten. Ich bitte daher den Finanzminister von dieser Stelle aus, sich in diesen Prozess lenkend und herzhaft einzubringen. Danke schön.
Damit ist die Rednerliste zu diesem Tagesordnungspunkt abgearbeitet. Sie haben den Bericht der Landesregierung in der Drucksache 4/3410 zur Kenntnis genommen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Tagesordnungspunkt 7, als es um das Gedenkstättengesetz ging, haben viele der Kollegen dieses Thema schon einmal angerissen. Ich möchte mich an dieser Stelle für die ehrlichen und bewegenden Worte unseres Abgeordneten Siegwart Schippel herzlich bedanken. Er hat das, glaube ich, sehr gut vermittelt.
Landtagspräsidenten herzlich zu bedanken. Er hat die Initiative ergriffen, damit eine Veranstaltung stattfinden wird, die den Nazis dort entsprechend Paroli bieten kann. Ich möchte auch Sylvia Lehmann, die bereits seit Wochen gemeinsam mit einer kleinen Arbeitsgruppe diesen Tag seitens der Demokraten vorbereitet, danken. An sie und an den Landtagspräsidenten von hier aus für den Aufruf und die Initiative ein herzliches Dankeschön.
Der 18. November, meine sehr verehrten Damen und Herren, der Tag vor dem Volkstrauertag, wird ein sehr wichtiger Tag für Brandenburg sein. Die Nazis, Neonazis, Jungnazis werden wieder einmal versuchen, an diesem Tag Halbe für einen fragwürdigen Aufmarsch des fragwürdigen Heldengedenkens zu missbrauchen.
Ich glaube, es kommt auf uns alle an, ihnen an dieser Stelle und an diesem Tag entsprechend Paroli zu bieten und ihnen keine Chance zu geben, die historischen Ereignisse, die sich in Halbe ereignet haben, umzudeuten.
Der Kollege Abgeordnete Schuldt hat uns beim letzten Mal hier weismachen wollen, dass dorthin Leute gezogen sind, weil sie für das Vaterland oder für Deutschland kämpfen wollten. Herr Schuldt, 15- oder 16jährige Bengel sind mit Knüppeln und Pistolen in den Krieg getrieben worden. Wenn sie das nicht gemacht haben, wurden sie erschossen. Das ist die Realität dieses Krieges, das ist die Realität dieser letzten großen schlimmen Schlacht, die die Nazis dort ausgefochten haben, eines der größten Verbrechen, die sich in der Geschichte der Menschheit jemals ereignet haben. Und Sie wollten uns weismachen, dass man das gutheißen kann und dass man das verteidigen muss. Das ist eine Sauerei.
Brandenburg, meine Damen und Herren, ist nicht braun. Aber Brandenburg hat - das müssen wir ehrlich zugeben - eben doch ein gewisses braunes Problem. Dieses Problem gehen wir an, und wir werden das auch in Zukunft tun. Natürlich kann man mit Aufklärung viel erreichen. Das machen wir auch, das tun wir an Schulen, das tun wir auf vielen Veranstaltungen. Natürlich kann man mit polizeilicher Repression eine ganze Menge erreichen. Natürlich kann man auch mit der öffentlichen Zivilgesellschaft, wenn sie sich denn zeigt, wenn sie sich auch stark zeigt, viel erreichen.
Aber - auch das muss deutlich sein - das Wichtigste, glaube ich, was wir dem entgegensetzen müssen und auch können, ist eine gute Bildung. Ich glaube, dass gute Bildung bei unseren jungen Menschen eine Immunität erzeugen kann gegen solche Anwürfe, gegen solche Repressalien, gegen solche Dinge, wie sie sich 1933 bis 1945 in Deutschland ereignet haben.
Ich möchte darum diese Gelegenheit nutzen - über Halbe ist beim Tagesordnungspunkt 7 vieles gesagt worden, das brauche ich jetzt nicht weiter zu vertiefen -, einen Appell an unsere Schulen, an die Schulleiter und Lehrer zu richten, diesen Tag zu nutzen und gemeinsam mit der Aufklärung einen Aufruf zu verbinden. Es geht darum, den jungen Menschen nicht nur zu sagen, dass sie am 18. November nach Halbe gehen sollen, sondern auch, warum sie das tun sollen.
Meine Damen und Herren, in jeder Woche besuche ich mindestens eine Schule und rede dort jedes Mal zumindest mit den Schülerinnen und Schülern einer Klasse oder auch mehrerer Klassen über das Thema Rechtsextremismus. Im Allgemeinen stelle ich zu Beginn des Gesprächs die Frage: Gibt es an eurer Schule Rechtsextremismus? - Meist wird darauf geantwortet, dass es das dort nicht gebe. Daraufhin frage ich: Sagt bei euch denn niemand, dass uns die Ausländer die Arbeitsplätze wegnehmen? - Als Reaktion darauf höre ich leider allzu oft: Darf man das denn nicht sagen? Ist das nicht auch so? - Manchmal frage ich auch: Was sagt ihr dazu, wenn jemand ankommt und erklärt, dass Adolf Hitler doch gar nicht so schlecht gewesen ist, dass er die Arbeitslosigkeit bekämpft und eine Autobahn gebaut hat. - Dann sagt der eine oder andere: Ja, das hat er doch auch, und das war gut so.
Wenn man den jungen Leuten entgegensetzt: „Ihr würdet doch wohl nicht, wenn ein Nachbar daherkäme und euren besten Kumpel erschlagen würde, sagen, dass dieser Nachbar trotzdem ein prima Kerl ist, weil er euch einmal die Tür aufgehalten hat, und entsprechend würdet ihr bezogen auf Adolf Hitler doch wohl auch nicht sagen, dass er zwar 60 Millionen Menschen in den Tod getrieben hat, aber gleichwohl ein prima Kerl war, weil er ein paar Menschen einen Arbeitsplatz gegeben hat“, dann sagen sie: „Ach so war das!“
Bei den Gesprächen in den Schulen stelle ich den Schülerinnen und Schülern auch immer wieder die Frage, ob sie wissen, wie viele Ausländer bei uns im Lande eigentlich leben. Auf diese Frage kommen dann als Antwort Zahlen wie 18 %, 20 %, 30 %. Auf meine weitere Frage an die Schülerinnen und Schüler, wie weit sie denn laufen müssen, ehe sie in ihrer Stadt auf einen Ausländer treffen - abgesehen einmal von dem Fall, dass sie zum Beispiel gerade vor einer Döner-Bude oder vor einem italienischen Restaurant stehen -, dann antworten sie darauf, dass das schon eine Weile dauert. - Das ist ja auch klar, weil der Ausländeranteil nur 2 % beträgt. Wenn man den Schülerinnen und Schülern dann noch erklärt, dass Ausländer eine Bereicherung für unser Land sind, dass durch ausländische Investitionen 40 000 Arbeitsplätze in diesem Land geschaffen und gesichert wurden, dann fällt bei ihnen der Groschen.
Ich frage mich allerdings, warum ich in den Schulen sein muss und Schülerinnen und Schülern der 9. und 10. Klassen erzählen muss, wie es ist, das heißt, warum die das nicht schon längst wissen. Deshalb, wie gesagt, mein dringender Appell, meine Bitte an die Kollegen in den Schulen, entsprechende Vorkommnisse an diesem Tag mit einem Aufruf und durch Aufklärung zu verhindern. Ich bin mir sicher - meine Zeit ist abgelaufen,
jedenfalls die Redezeit -, dass dann, wenn uns das gelingt, dieser Tag ein Tag der Demokraten wird und dass viele Demokraten aus Brandenburg wieder den Weg nach Halbe finden werden. Ich freue mich darauf, wenn wir uns dann an diesem Tag dort wiedersehen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Danke schön, Herr Schippel, vor allem dafür, dass Sie schon vor zwei Monaten eine solch engagierte Rede zu diesem Thema gehalten und dies heute wiederholt haben. Danke schön aber auch dafür, dass Sie eingefordert haben, dass alle demokratischen Parteien dieses Hauses gemeinsam für Halbe mobilisieren sollten.
Wie schon gesagt: In der vergangenen Woche ist es gelungen, dass der Landtagspräsident, die Landtagsvizepräsidentin, der Ministerpräsident, die Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur und der Chef des Aktionsbündnisses gemeinsam zum Tag der Demokraten aufgerufen haben. Leider ist es noch nicht gelungen, dass die PDS den Aufruf unterschreiben konnte, obwohl wir vollinhaltlich zu diesem Aufruf stehen und obwohl wir natürlich auch wissen - das möchte ich der Vollständigkeit halber sagen -, dass sowohl Frau Weber als auch Herr Dr. Bernig sich nicht nur in dem Gremium, das von Frau Lehmann geleitet wird, sondern darüber hinaus auch tagtäglich in die organisatorische Vorbereitung dieses Tages mit einbringen. Dafür auch an dieser Stelle ein Dankeschön.