Ausgerechnet die Vertreter der rechtsextremen DVU machen sich ans Werk, die Verschwendung öffentlicher Mittel durch Amtsträger beseitigen zu wollen, indem die Ergänzung des Strafgesetzbuchtatbestandes „Untreue“ angetragen wird.
Meine Verwunderung hat ihren Grund in den einschlägigen „Erfahrungen mit Rechtsextremen in Landtagen“ - so der Titel eines Hintergrundartikels in der „Frankfurter Rundschau“ vom 21. September dieses Jahres. Im Zusammenhang mit der DVU kommen in diesem Artikel die Worte „veruntreut“ und „Untreue“ dreimal vor. Daneben stehen „Verleumdung“, „Waffenbesitz“ und „Diebstahl“. Gegen den ehemaligen Chef der sachsen- anhaltinischen DVU- Fraktion, Dieter Kannegießer, wird demnächst vor einem Gericht wegen Untreue verhandelt. Interessanterweise ist in einem Fall - Schleswig- Holstein - sogar von staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen Veruntreuung von Landtagsmitteln die Rede. Ergo: Verschwendung öffentlicher Mittel.
Nun wäre es wohl verfehlt, von Läuterung und sensibilisiertem Unrechtsbewusstsein bei der DVU auszugehen. Vielmehr ergreift sie in gewohnt populistischer Manier die Gelegenheit zu Anprangerung und eilfertiger Symbolpolitik zum Schutz von Volk und Staat. Dabei wetzen Sie das Messer und stechen sich selber!
Das Anliegen selbst, die Einführung eines eigenen Tatbestandes der so genannten Amtsuntreue, ist ein Daueranliegen des Bundes der Steuerzahler. Sogar die bayerischen Grünen hatten es 1993 schon auf dem Tapet und sind damit gescheitert.
Das ist aus rechtspolitischer Sicht auch richtig; denn schon jetzt ist rechtsdogmatisch auch die Bewältigung von Amtsuntreuedelikten möglich. Das Problem ist - wie so oft - nicht etwa das Fehlen einer ausreichenden Rechtsgrundlage, sondern der Fehler liegt im grundsätzlichen Mangel an Bereitschaft bzw. in einer fragwürdigen Anwendungspraxis der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte. Defizite gibt es also vor allem bei der Rechtsanwendung.
Wie Professor Wolf von der Europa- Universität „Viadrina“ 1997 in einem Rechtsgutachten nachgewiesen hat, würde eine neue Bestimmung, zumal wie in der vorliegenden Antrags
fassung, statt das Problem der angeblichen Nichtverfolgung zu beseitigen vielmehr eine falsche Illusion erzeugen; denn die Auslegungsdefizite blieben auch bei Verwirklichung dieses Vorschlags bestehen.
Überdies krankt der Vorschlag an unzureichender rechtstechnischer Reife. Beispielhaft sei darauf hingewiesen, dass er strukturwidrig unsystematisch angebracht wird. Amtsdelikte sind Gegenstand von §§ 331 ff. Strafgesetzbuch. Die Wortlautfassung „Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ stellt bezüglich des Merkmals „Sparsamkeit“ einen ungenauen und damit unbestimmten Sprachgebrauch dar; denn „Sparsamkeit“ beschreibt die Lebensführung umfassend, nicht aber Einzelentscheidungen, um die es bei strafrechtlicher Beurteilung von Erfolgsunrecht zu gehen hat. Diese Formulierung führt zu einer extremen Weite des Tatbestandes, sodass die Abgrenzung strafwürdigen Handelns von sozialadäquatem Handeln von vornherein eine weitere Korrekturmöglichkeit im Sinne eines Tatbestandskorrektivs erfordern würde.
Fazit: Da nicht einmal die vorhandenen Möglichkeiten genutzt werden, ist auch ein - allenfalls bedenkenswerter - Qualifikationstatbestand mit höherem Strafmaß nicht vordringlich und aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit abzulehnen. - Ich danke Ihnen.
Ich danke dem Abgeordneten Sarrach. - Die Landesregierung hat Verzicht auf einen Redebeitrag signalisiert.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Sarrach, Sie haben soeben aus einem anderen Bundesland zitiert. Wir sind hier in Brandenburg. Ich halte Ihnen doch auch nicht jedes Mal vor, dass die damalige Vorsitzende der PDS- Fraktion im Landtag von SachsenAnhalt wegen Diebstahls von Kosmetika überführt wurde.
Nicht deswegen, weil mit unserem Antrag etwas faul wäre, sondern weil deutlich zutage getreten ist, wie weit sich einige Politiker vom rechtstreuen und steuerzahlenden Bürger entfernt haben und die allgemeine Politikverdrossenheit ignorieren.
Dazu, wie gravierend die Realität allerdings ist, nur zwei Fälle aus den letzten Jahren, Herr Schulze: Verbraucherschutzministerin
Umweltminister Jürgen Trittin - Bündnis 90 und selbst ernannte größte Umweltfanatiker aller Zeiten - forderten während einer Brasilienreise aus Deutschland einen Jet der Bundeswehr für ihre Termine vor Ort an. Nachdem die
Schaden durch den überflüssigen Flug: 25 000 Euro! Eine Strafanzeige des Bundes der Steuerzahler lief ins Leere. Grund: Eine nur fahrlässige Untreue ist nicht strafbar, beschied die Berliner Staatsanwaltschaft.
Ein anderes Beispiel: Der Bundesrechnungshof hatte schwere Mängel bei der Auftragsvergabe für das Software- Projekt „Automatisiertes
Zollabwicklungssystem“, bekannt auch unter dem Namen „ATLAS“, kritisiert, welche die Projektkosten von 127 Millionen Euro auf 850 Millionen Euro hochtrieben. Eine Anzeige dagegen lief ins Leere. Es wurde nicht einmal ein Ermittlungsverfahren aufgenommen.
Verschwendet wird auf allen Ebenen. So schloss der Bund Beratungsverträge in Millionenhöhe ab, von denen, denke ich, die Hälfte ungelesen in der Schublade verschwand.
Verschwendungspolitik als enormen politischen Sprengstoff an. Es ist nicht einzusehen, dass Renten gekürzt werden, dass die sozialen Leistungen für Langzeitarbeitslose gekürzt werden und auf der anderen Seite das Haushaltsgesetz mit Füßen getreten wird.
Dass unsere rechtliche Einschätzung der bestehenden Lückenhaftigkeit des Strafrechts nur zu begründet ist, zeigt indes schon die Tatsache, dass der Bund der Steuerzahler bei diesen Verschwendungsquellen regelmäßig Musteranzeigen bei der Staatsanwaltschaft erstattet. Pro Haushaltsjahr sind das Hunderte von Einzelfällen, die aber bislang alle ins Leere liefen.
Am 28.09.2004 legte der Bund der Steuerzahler die 32. Ausgabe seines Schwarzbuches vor, auf 67 Seiten 111 extreme Verschwendungsfälle, die überwiegend bereits der Bundesrechnungshof und die Landesrechnungshöfe in ihren jährlichen Berichten kritisiert hatten.
Dass immer mehr Staatsanwälte beklagen, dass es keine Rechtsgrundlage gibt, aufgrund derer Steuerverschwendung verfolgt werden kann, ist ein Skandal. Ich appelliere daher noch einmal, die rechtspolitische Brisanz des ungeahnten Steuergeldmissbrauchs endlich in das Blickfeld der Politik zu rücken
Deshalb, meine Damen und Herren, überlegen Sie es sich bitte noch einmal und stimmen Sie vielleicht doch unserem Antrag zu! Ihre Wähler werden es Ihnen danken.
Meine Damen und Herren, die DVU- Fraktion beantragt die Überweisung ihres Antrags in der Drucksache 4/113 an den Rechtsausschuss. Wer diesem Ansinnen Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? Keine
Damit komme ich zur Abstimmung über den Antrag der DVU- Fraktion in der Sache. Wer ihm folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Ohne Stimmenthaltungen, mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.
Meine Damen und Herren, damit schließe ich die 4. Sitzung des Landtags Brandenburg und freue mich auf ein Wiedersehen zur 5. Sitzung morgen früh um 10 Uhr in alter Frische.