Protokoll der Sitzung vom 13.12.2006

im Prinzip auch begrüßt, aber ich frage Sie: Warum beschäftigt der Landtag bislang keine Auszubildenden? Sind Ihnen Ausbildung und Zukunft unserer Jugend nicht mehr wert als popelige 3 800 Euro im Jahr 2007? Warum soll es 2007 eigentlich nur ein Auszubildender sein? Gibt es bei uns nicht genügend Perspektivlosigkeit unter Jugendlichen? Kennen Sie die Ausbildungssituation im Land wirklich nicht? Wäre es nicht möglich, hier im Haus mit seinen unterschiedlichen Arbeitsbereichen mindestens fünf bis zehn Auszubildende einzustellen? Natürlich wäre dies möglich. Die DVU-Fraktion würde sich selbstverständlich daran beteiligen. Doch offenbar ist man unfähig oder gar nicht gewillt, das alles in die Wege zu leiten. Also bleibt es wohl - immerhin noch besser als in den Vorjahren - bei diesem einen Tropfen auf den heißen Stein. Traurig, aber wahr.

Ein trauriges Thema ist auch die, mit Verlaub, geradezu lausige Entlohnung des privaten Wachpersonals, das hier bei uns auf dem Landtagsgelände in unser aller Interesse seinen Dienst tut. Diese Männer leisten hier anstrengende und mit Nachtschicht verbundene Arbeit für den niedrigen Stundenlohn von gerade einmal 4,90 Euro, der nicht zum Leben und nicht zum Sterben reicht. Das ist schlicht und ergreifend ein Skandal.

(Beifall bei der DVU)

Der Hauptausschuss beschloss - übrigens einstimmig -, dass geprüft werden soll, auf welche Weise eine angemessene Entlohnung des Wachpersonals sichergestellt werden kann. Im Finanzausschuss kam sodann die Aussage, es bestünden hier feste Verträge mit der derzeitigen Wachfirma, die eben diese Tariflöhne - fragt sich nur, nach welchem Tarifvertrag - zahlt. Das ist doch kein Argument, meine Damen und Herren. Hier kann wohl Abhilfe geschaffen werden. Man kann den Wachdienst durchaus neu ausschreiben, unter anderem mit der Bedingung angemessener Löhne für die Bediensteten. Außerdem kann man mit der derzeitigen Wachfirma mit Sicherheit eine vertragliche Nachverhandlung dergestalt führen, dass diese, wenn sie vom Landtag mehr Geld erhält, ihre Bediensteten angemessen bezahlt. Das, meine Damen und Herren, wäre ein Stück soziale Gerechtigkeit.

Doch nun zum Einzelplan 02 der Staatskanzlei. Auch hier sollen die Ausgaben um knapp 1,6 Millionen Euro steigen, bei 196 Mitarbeitern und nur zwei Auszubildenden. Ja, so geht der Ministerpräsident Platzeck mit den Geldern unserer Bürgerinnen und Bürger um und mit „gutem Beispiel“ voran. Abermals lässt der Sonnenkönig grüßen.

(Beifall der Abgeordneten Hesselbarth [DVU])

Es wäre doch für ihn ein Leichtes, von seinen knapp 12 000 Euro Ministerpräsidentenbezüge monatlich 500 Euro abzugeben, um wenigstens einen Ausbildungsplatz zu schaffen. Aber nein, während unter seiner Verantwortung den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes zunehmend Wasser und Brot verordnet wird, verköstigt er sich selbst sprichwörtlich mit Kaviar und Champagner. Schauen wir uns nur einige Einzelpositionen des Einzelplanes 02 an.

(Frau Alter [SPD]: Schlimm ist das! Muss man sich so et- was anhören?)

Sie können ja rausgehen, wenn Sie es nicht hören wollen. - So soll das Land für die Durchführung eines Benefizkonzerts des

Bundespräsidenten 50 000 Euro zur Verfügung stellen. Wofür eigentlich? Bei normalen Benefizveranstaltungen beteiligen sich Künstler wie auch die Veranstalter, welche die Infrastruktur zur Verfügung stellen, in der Regel kostenlos, und Sponsoren wenn man in der Lage ist, diese zu akquirieren - beteiligen sich für nichts, für Werbung. Sie stellen etwas zur Verfügung und garantieren den finanziellen Erfolg. Deshalb können dann die Einnahmen grundsätzlich für gute Zwecke ausgegeben werden. Daher hat die DVU-Fraktion den Antrag gestellt, diese 50 000 Euro zu streichen.

Auch ansonsten gehen in diesem Einzelplan die Geldverschwendungen munter weiter. Stiegen die Repräsentationskosten bereits in den Jahren 2005 bis 2007 um 25 000 Euro, sollen für Ordensverleihungen und sonstige offizielle Glückwünsche im kommenden Jahr weitere 22 800 Euro gegenüber 3 000 Euro in diesem Jahr eingestellt werden. - Selbstverständlich haben wir nichts gegen offizielle Auszeichnungen oder Glückwünsche, aber diese müssen nicht unbedingt vom Ministerpräsidenten oder anderen Mitgliedern der Landesregierung überbracht werden. Das geht viel bürgernäher und damit zugleich kostengünstiger, zum Beispiel in den Kommunen des Landes durch die örtlichen Repräsentanten. So könnten hier unserer Meinung nach durchaus 10 000 Euro eingespart werden. Aber auf solche Ideen kommen Sie mit Ihrem Drang zur Selbstdarstellung offenbar gar nicht.

Entsprechendes gilt auch für den Titel Veranstaltungen, Besucherbetreuung bei der Vertretung des Landes beim Bund mit einem Aufwuchs von 59 000 Euro gegenüber 2005 auf nunmehr 68 000 Euro. Abgesehen von der Frage, wofür Brandenburg bei der räumlichen Nähe zu Berlin dort eine eigene Ländervertretung braucht, ist es überhaupt nicht einsehbar, dass hier so horrende Mittel für Repräsentationsveranstaltungen eingestellt werden.

Ich kann Ihnen, meine Damen und Herren von der Regierungsbank, nur raten, beim Sparen endlich bei sich selbst anzufangen, anstatt hier große Töne zu spucken.

(Beifall bei der DVU)

Kleinunternehmer und Freiberufler werden in Brandenburg steuerlich in den Ruin getrieben, bedauernswerte Hartz-IVOpfer weiter geschröpft und Familien mit Kindern mit Abgaben an die Armutsgrenze gebracht. Dafür braucht sich der Ministerpräsident nicht feiern zu lassen und schon gar nicht auf Repräsentationsveranstaltungen.

Die DVU-Fraktion wird die Einzelpläne 01 und 02 - des Landtags sowie des Ministerpräsidenten und der Staatskanzlei - aus den genannten Gründen selbstverständlich ablehnen. Den soliden Haushalten der Einzelpläne des Landesverfassungsgerichts und des Landesrechnungshofes werden wir unsere Zustimmung selbstverständlich nicht verweigern. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Herzlichen Dank. - Nun erhält der Abgeordnete Bischoff das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnetenkollegen! Ich gebe ehrlich zu, dass es mir nicht ganz leichtfällt, nach diesem Redebeitrag zur ganz normalen Tagesordnung überzugehen.

(Unmutsäußerungen bei der DVU)

Herr Kollege Schuldt, glauben Sie es uns: Dass Sie das neue Parlament in Potsdams Mitte nicht unterstützen, ist für uns Demokraten nicht das Problem. Das viel größere Problem ist für uns Demokraten, das Ziel umzusetzen, dass Sie in diesem neuen Landtag nicht mehr vertreten sein werden.

(Beifall bei der SPD und der Linkspartei.PDS - Zuruf des Abgeordneten Schuldt [DVU])

- Wer schreit, hat Unrecht.

(Schuldt [DVU]: Noch in zehn Jahren wird unsere Frak- tion dort sein!)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor uns liegt eine 13-stündige Haushaltsdebatte. Die Debatte betrifft üppige 2 000 Seiten und fünf Kilogramm eng beschriebenes Zahlenmaterial. Lassen Sie mich zu Beginn einige grundsätzliche Bemerkungen zur 2. Lesung des Etats 2007 machen. Fünf Kernpunkte für den Haushalt 2007 sind wichtig.

Erstens: Der Landeshaushalt 2007 ist verfassungskonform. Die Investitionen liegen über der Kreditaufnahme.

Zweitens: Wir machen weniger Schulden als noch vor Jahren.

Drittens: Dabei geben wir Jahr für Jahr weniger Geld für die Verwaltung aus, obwohl die Preise ständig steigen, ein Problem, das übrigens auch unsere Bürger kennen - von der Tankstelle oder bei der Energierechnung.

Viertens: Die Steuereinnahmen haben sich spürbar erhöht und liegen erstmals wieder auf dem Niveau des Jahres 2000, übrigens kurz vor dem 11. September.

Fünftens: Städte, Dörfer, Ämter und Landkreise bekommen 2007 mehr Geld in die kommunalen Kassen. Auch die Gemeindesteuern haben, was sehr gut ist, fundamental eine deutlich positive Entwicklung genommen.

Ich warne trotz all dieser positiven Trends ganz vehement vor zu hohen Erwartungen; denn die Mehreinnahmen sind kein Urknall, der alle Haushaltsprobleme im Land Brandenburg lösen wird. Wahr ist nämlich, dass Brandenburg 2007 zum wiederholten Male mehr Geld ausgeben wird, als es einnimmt. Wenn auch verlangsamt, wächst der Schuldenberg des Landes stetig von Jahr zu Jahr weiter an. Auch 2007 wird das der Fall sein. Unser jährliches Minus umfasst rund 500 Millionen Euro. Wir geben 5 % mehr aus, als in der Kasse liegt. Damit werden 2007 trotz massivster Sparanstrengungen Tag für Tag 1,5 Millionen Euro mehr ausgegeben als eingenommen - auf Pump.

Zeitgleich muss das Land Brandenburg täglich 2,5 Millionen Euro an nationale und auch internationale Banken überweisen reine Zinskosten. Wir überweisen täglich 2,5 Millionen Euro

Zinsen an Bankhäuser. Weil das Geld aber nicht da ist, nimmt Brandenburg täglich bei denselben Banken 1,5 Millionen Euro an neuen Krediten auf, nur um Zinsen zu zahlen.

Wir als Große Koalition haben das Ziel - und übrigens keine Alternative -, diese Schuldenspirale zu stoppen. In 13 Jahren - Kollegin Funck hat vorhin schon darauf hingewiesen - müssen wir finanziell auf eigenen Beinen stehen. Ab 2009 kommen zum derzeitigen strukturellen Defizit von 0,5 Milliarden Euro Jahr für Jahr noch 100 Millionen Euro strukturelles Defizit hinzu. Die Solidarpaktmittel gehen dann jährlich zurück. Der Solidarpakt II endet im Jahre 2019 mit einem Landeshaushalt, der über 20 % weniger Einnahmen haben wird als der heutige, statt 10 Milliarden weniger als 8 Milliarden Euro.

Unsere Landesausgaben für Pensionen von Beamten übrigens verzehnfachen sich schrittweise von heute 30 Millionen Euro auf dann 300 Millionen Euro allein in den kommenden zehn Jahren. 2020 werden 450 Millionen Euro jährliche Pensionslasten im Haushaltsplan stehen. Rückstellungen bislang? - Keine.

Mit anziehender Konjunktur wird sich das Zinsniveau erhöhen. Die Europäische Zentralbank hat neben der Anhebung in der letzten Woche weitere Schritte nicht ausgeschlossen. Nur ein Prozentpunkt, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wird uns über die Laufzeit der vielen Jahre der Kreditaufnahme mehrere hundert Millionen Euro kosten.

Im Übrigen - das ist die letzte Anmerkung zu diesem Themengebiet - weist keine Ausgabeposition im Landeshaushalt eine derart hohe Zuwachsrate auf wie die Zinsausgaben. Seit 2001 betrug die jährliche Ausgabensteigerung allein für die Zinsausgaben im Durchschnitt 11 % pro Jahr. 2010 werden die Kosten für Zinsausgaben bei 1 Milliarde Euro liegen. 20 % der gesamten Landessteuern sind 1 Milliarde Euro.

Kollegin Funck hat vorhin auch Folgendes angesprochen: Populären - Sie haben gesagt: populistischen - Aussagen, es könne nicht immer nur am Geld hängen; wir müssten auch mehr an die Menschen denken, halte ich entgegen: Schuldenpolitik macht den normalen Steuerzahler immer ärmer und die nationalen und internationalen Großbanken - leider - immer reicher.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [Die Linkspartei.PDS])

- Entschuldigung, wir haben Brandenburg 1989/90 - Frau Tack, das wissen Sie besser als alle anderen hier im Saal - als Land vorgefunden, in dem Krankenhäuser saniert werden mussten, Schulen in einem erbärmlichen Zustand, Kitas baufällig waren. Sie wissen ganz genau, dass hier einige Anstrengungen nötig waren, um den Menschen bessere Bedingungen zu bieten.

Unser junges Bundesland, verehrte Kolleginnen und Kollegen, hat im Vergleich mit dem Bund - diesbezüglich sorgt derzeit gerade der Verkauf von Telekom-Anteilen etc. für Diskussionen - oder auch mit westdeutschen Ländern allerdings kaum nennenswertes Landesvermögen oder Beteiligungen, sogenanntes Tafelsilber, das veräußert werden könnte. Deshalb das ist unser Rückschluss aus den recht nüchternen Tatsachen gibt es keine ehrliche Alternative zur konsequenten Haushaltspolitik, und zwar, so füge ich als Sozialdemokrat hinzu, mit sozialem Augenmaß. Wir müssen dem süßen Gift der schleichenden Verschuldung widerstehen.

Zur Erinnerung: Wir nehmen im Jahre 2007 560 Millionen Euro an neuen Krediten auf, um einzig und allein die Zinsen für Kredite zu bedienen. Allerdings fallen ab 2008 allein dafür zusätzlich neue Zinsen in Höhe von 15 Millionen Euro Jahr für Jahr an, für die weitere Kredite drohen.

Wir setzen den Tatsachen und Risiken im Kern fünf Punkte entgegen.

Erster Punkt: Die Zahl der Landesbediensteten wird in der neuen Personalplanung noch stärker, aber eben auch sozialverträglich reduziert.

Zweiter Punkt: Wir nehmen keine Verbeamtungen mehr vor, außer in streng hoheitlichen Bereichen.

Dritter Punkt: Investitionen müssen Arbeit sichern und schaffen. Das war ja auch Thema der heutigen Regierungserklärung. Statt mit der Gießkanne zu tröpfeln, werden Wachstumskerne im Land gestärkt.

Vierter Punkt: Die Landesverwaltung wird Schritt für Schritt weiter modernisiert. Dabei ist es auch verständlich, dass es bei Zusammenlegungen oder dem Bürokratieabbau Widerstände gibt, was auch immer wieder zu Unsicherheiten in der Diskussion führt. Dem müssen wir allerdings auch parlamentarisch geschlossen entgegentreten.

Fünfter Punkt: Zusammenarbeit mit Berlin. Mit konkreten Schritten - wie gemeinsame Obergerichte oder auch gemeinsame Ausbildungszentren - wird bares Geld gespart, und das jedes Jahr.

Der Haushalt 2007 setzt damit den Konsolidierungskurs fort. Das bedeutet konkret Folgendes:

Erstens: Die Personalbedarfsplanung wird bis 2010 fortgeschrieben. Bei erfolgreicher Umsetzung wird Brandenburg innerhalb eines Jahrzehnts ein Viertel der Stellen sozialverträglich und ohne Kündigungen abgebaut und die Zahl der Stellen auf dann 49 300 reduziert haben.

Zweitens: Der Ende Januar 2007 auslaufende Sozialtarifvertrag muss neu verhandelt werden. Dazu gehört auch die Frage der Sonderzahlung für Beamtinnen und Beamte.