Protokoll der Sitzung vom 13.12.2006

Achtens liegt Ihnen der Änderungsantrag in Drucksache 4/3915, eingebracht von der Fraktion der Linkspartei.PDS, vor. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen ist dieser Antrag mit Mehrheit abgelehnt worden.

Neuntens liegt Ihnen der Änderungsantrag in Drucksache 4/3838, eingebracht von der DVU-Fraktion, vor. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Mit großer Mehrheit ist gegen diesen Änderungsantrag gestimmt worden, er ist nicht bestätigt.

Zehntens liegt Ihnen der Änderungsantrag in Drucksache 4/3839, eingebracht von der DVU-Fraktion, vor. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Mit großer Mehrheit ist gegen diesen Änderungsantrag gestimmt worden.

Ich rufe elftens den Änderungsantrag in Drucksache 4/3840, eingebracht von der DVU-Fraktion, zur Abstimmung auf. Wer diesem Antrag stattgeben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dieser Änderungsantrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt worden.

Zwölftens liegt Ihnen die Beschlussempfehlung zum Einzelplan 03 in Drucksache 4/3803 vor. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Der Beschlussempfehlung zum Einzelplan 03 ist mit Mehrheit gefolgt worden.

Ich schließe die Aussprache zum Einzelplan 03, wir sind aber immer noch beim Tagesordnungspunkt 3.

Ich rufe auf:

Einzelplan 04 - Ministerium der Justiz

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushalt und Finanzen

Drucksache 4/3804

Bevor wir in die Aussprache eintreten, möchte ich als kleine Dienstleistung von hier oben noch einmal die Zeiten angeben, die bisher in Anspruch genommen worden sind. Die Fraktion der Linkspartei.PDS hat bisher 38 Minuten der Redezeit in Anspruch genommen, die SPD-Fraktion 19 Minuten, die CDUFraktion 36 Minuten, die DVU-Fraktion 32 Minuten und die Landesregierung 18 Minuten. Sie können also selbst ausrechnen, wie viel Redezeit Sie noch haben.

Wir treten in die Aussprache ein. Das Wort erhält die DVUFraktion. Herr Abgeordneter Schuldt, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit diesem Haushaltsplan 2007, Einzelplan 04, würden wir - bildlich gesprochen - mit dem Hintern kaputt machen, was wir zuvor seit 1990 - mit den Händen aufgebaut haben. Gerade in der Justiz sind wir zumindest bis 2002 recht weit gekommen. Andere Bereiche konnten davon nur träumen. Wir waren auf einem guten Weg, bei uns im Land Brandenburg eine Justiz zu schaffen, die der Schlüsselfunktion und der Bedeutung unseres Staatswesens gewachsen ist. Das wird aber mit diesem Haushaltsentwurf 2007, Einzelplan 04, abermals nachhaltig infrage gestellt.

Die Zahl der Justizbediensteten wird seit Jahren rapide abgebaut, und zwar nicht nur infolge des technischen Fortschritts wie das elektronische Grundbuch oder das Mahnverfahren -, den wir als DVU-Fraktion ausdrücklich unterstützen, sondern in Schlüsselfunktionen, im richterlichen Dienst, bei den Staatsanwaltschaften und im Justizvollzug. Der Haushaltsentwurf steht augenscheinlich unter dem Motto „Nach uns die Sintflut!“, ob Gerichte, Staatsanwaltschaften oder JVAs, vor nichts und niemandem macht der Rotstift halt, nur vor irgendwelchen politisch-ideologisch motivierten Experimenten offenbar nicht. Anders ist nicht zu erklären, was nach diesem Haushaltsentwurf 2007 - wie folgt - im Einzelnen passieren soll.

Erstens: In den kommenden Jahren sollen, obwohl Gerichte und Staatsanwaltschaften ohnehin teilweise völlig überlastet sind, nochmals 47 Stellen gestrichen werden.

Zweitens: Zudem soll die Zahl der Beamten im Vorbereitungsdienst von 130 auf 60, also um mehr als die Hälfte, reduziert werden.

Drittens: Im Bereich des Strafvollzugs sollen 66 Stellen der Besoldungsgruppen A 7 und A 8 bis 2009 gestrichen werden, nicht etwa Stellen mit reinen Verwaltungsfunktionen, nein, im Schließdienst.

Viertens: Die Ausbildung der Justizvollzugsanwärter ist völlig eingestellt worden, und das bei fortschreitender Überalterung des Personals.

Fünftens: Davon abgesehen kursieren seit längerer Zeit Pläne von Ihnen, Frau Ministerin Blechinger, in Brandenburg die Zahl der Amtsgerichte erheblich zu reduzieren, ohne dass - abgesehen von der haushälterischen Wirtschaftlichkeit - die wirtschaftlichen und strukturellen Folgen für unser Land, seine Bürgerinnen und Bürger, - zum Beispiel die Erreichbarkeit der Amtsgerichte mit dem öffentlichen Nahverkehr -, einschließlich der mittelständischen Wirtschaft, hinreichend evaluiert worden sind.

Sechstens: Stattdessen ist anscheinend Geld für irgendwelche Experimente wie einen externen Jugendstrafvollzug, dessen Erfolg und dessen Rechtsgrundlage zumindest unsicher sind, und für die Förderung solcher politisch-ideologisch zweifelhaften Vereine wie den Verein „Opferperspektive“ da.

(Unmut bei der SPD)

Die Sinnhaftigkeit einer Erhöhung der Mittel für Aufwandsentschädigungen oder Vergütungen für Vormunde, Pfleger und Betreuer ist aus unserer Sicht nicht nachgewiesen.

Frau Ministerin Blechinger! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Es bedarf wohl keiner Erörterung, dass wir von der DVU-Fraktion diese Sachen nicht mitmachen werden. Der Zug fährt hier eindeutig in die falsche Richtung. Wenn wir ihn nicht stoppen, ist er plötzlich für immer abgefahren.

(Beifall bei der DVU)

Dann haben wir das Justizwesen in Brandenburg kaputtgespart. Darüber täuschen auch die von uns grundsätzlich begrüßten Ausgabensteigerungen von knapp 27,5 Millionen Euro im Justizbereich nicht hinweg. Nach dem soeben Gesagten wird hier nämlich das Pferd von hinten aufgezäumt. Um das zu verhindern, haben wir Ihnen zum Haushaltsentwurf 2007 Einzelplan 04 eine ganze Anzahl von Änderungsanträgen vorgelegt, die allesamt zum Ziel haben, ein funktionstüchtiges Justizwesen im Land Brandenburg für die Zukunft zu sichern. Wenn Sie dies ablehnen, müssen wir natürlich den gesamten Haushaltsplan 2007 Einzelplan 04 ablehnen; dies bedarf keiner weiteren Erörterung.

Nun aber zu unseren Änderungsanträgen. Eine personell wie sachlich gut ausgestattete Justiz hat eine Schlüsselfunktion für unser Land, weil es sich nicht nur um eine staatliche Kernaufgabe, sondern auch um einen Standortfaktor handelt. Moderne Technik in der Justiz sowie zügige Verfahren sind für die Wirtschaft von ganz großer Bedeutung und bestimmen die Attraktivität unseres Landes für ansiedlungsbereite Unternehmen maßgeblich. Das habe ich hier im Übrigen schon mehrfach gesagt, als wir noch einen Justizminister namens Schelter hatten. Für die DVU-Fraktion hat sich an dieser Einschätzung bis heute nichts geändert.

Wenn Finanzminister Speer vor diesem Hintergrund dann sagt: Kommen Sie mir nicht mit angeblicher Nichtfinanzierbarkeit -, wenn der Finanzminister sparen will, ist das angesichts der desolaten Haushaltslage sicherlich richtig. Aber er muss es an der richtigen Stelle tun und Prioritäten, vor allen Dingen bei im Kernbereich liegenden staatlichen Aufgaben, setzen, anstatt das Geld für irgendwelche Hirngespinste auszugeben.

(Beifall bei der DVU)

Ideologischen Schnickschnack sollten Sie, meine Damen und Herren Koalitionäre und meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, lieber abbauen, denn davon gibt es bei uns in Brandenburg wahrlich genug. Herr Bischoff hat vorhin einige Beispiele aufgezählt.

Zu den Einzelheiten - Erstens: Wir fordern, bei den Richtern der Amts-, Landes- und Verwaltungsgerichte in den Besoldungsgruppen R 2 und R 1 den Personalstand zu halten. Die

kw-Vermerke und Stellenstreichungen in diesen Bereichen sind samt und sonders aufzuheben. Dazu soll der Zuwachs von 1 Million Euro dienen. Der Grund, die Problematik zu langer Verfahren in diesen Bereichen, besteht nach wie vor. Angesichts der auch Ihnen, Frau Ministerin Blechinger, bekannten Überlastung der Verwaltungsgerichte ist eine Streichung von sechs Richterstellen bis 2009 wirklich unverantwortlich.

Zweitens: Dasselbe gilt für die Streichung der kw-Vermerke bei den Staatsanwaltschaften. Grund: Die Kriminalität in Brandenburg wird nicht weniger. Die nach der EU-Osterweiterung im Bereich der organisierten Kriminalität eingetretene Entwicklung lässt hier auch keine Änderung erwarten.

Drittens: Besonders desolat ist die personelle Situation in den Justizvollzugsanstalten. Die geplanten weiteren Kürzungen von 66 Stellen bei den Besoldungsgruppen A 7 und A 8 bis 2009 müssen unbedingt verhindert werden. Hier handelt es sich um Beamte im sogenannten Schließdienst. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass auch in Zukunft weiter Justizvollzugsbeamte ausgebildet werden. Deshalb müssen die 20 Stellen erhalten bleiben. Dazu sind im Haushaltsplan 2007 insgesamt 2,5 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung zu stellen. Die Gründe: Einmal wird, wie gesagt, die Kriminalität nicht weniger. Ein geregelter Strafvollzug muss aber im Interesse der Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger gewährleistet sein. Die absehbare Überalterung des Personals kann und muss durch die kontinuierliche Ausbildung junger Kräfte verhindert werden. Und schließlich: Der bereits eingetretene Zustand, dass in einer Justizvollzugsanstalt am Wochenende zwei Beamte ungefähr 100 dort Einsitzende bewachen, ist ein unmöglicher Umstand und kein geregelter Strafvollzug. Daher fordern wir mit den von uns vorgelegten Anträgen, die Stellenkürzungen in den Besoldungsgruppen A 7 und A 8 rückgängig zu machen und dazu 2,5 Millionen Euro im Haushaltsplan 2007 zusätzlich zur Verfügung zu stellen sowie 2007 mindestens wieder 20 Beamtenanwärter zur Ausbildung einzustellen.

Viertens: Das rechtlich wie sachlich diffuse Projekt „externer Jugendstrafvollzug“ ist hingegen einzustellen.

Fünftens: Die Beschaffung neuer Dienstuniformen ist mit Sicherheit nicht so wichtig wie eine ordentliche Personalplanung. Berlin hat die Mittel dafür gestrichen. Wir von der DVUFraktion wollen den Ansatz halbieren, Frau Ministerin. Damit soll dann der Austausch zerschlissener Uniformen gewährleistet bleiben.

Was im Übrigen unsere Haushaltsdeckungsquelle, die Personalverstärkungsmittel betrifft, so sind diese im Jahr 2007 im Einzelplan 20 wieder in einem zahlenmäßig sehr hohen Umfang eingestellt. Durch einen Änderungsantrag zum Einzelplan 20 der Koalitionsfraktionen sollen diese sogar noch erhöht werden. Die von uns geforderten Umschichtungen im Justizbereich von 3,975 Millionen Euro sind in diesem Rahmen dagegen buchstäblich Peanuts. Ich hoffe, Sie werden unseren Änderungsanträgen zustimmen und nicht auf das hören, was Herr Bischoff hier von sich gegeben hat. - Danke.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Ziel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben eine gut funktionierende Justiz im Lande Brandenburg. Das ist den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in allen Fachbereichen dieses Ressorts zu danken, nicht zuletzt aber auch der Führung dieses Ressorts.

(Beifall bei SPD und CDU)

Am Gesamthaushalt hat der Justizhaushalt einen Anteil von 3 %. Das ist nicht sehr viel, aber es ist sehr bedeutsam, weil er Bereiche des Lebens im Land Brandenburg angeht, die uns und vor allen Dingen den Bürgerinnen und Bürgern sehr am Herzen liegen. Es geht um das Sicherheitsgefühl der Menschen. Insofern gibt es immer wieder Verbindungen zwischen den Haushalten 03 und 04 - dem Haushalt des Innenressorts und dem des Justizressorts.

Ich gebe zu, dass ich, als wir diese Fragen im Rechtsausschuss - ich glaube, in zwei wesentlichen Ausschusssitzungen - diskutiert haben, dem einen oder anderen Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS ganz gern zugestimmt hätte. Allerdings haben wir nach genauer Prüfung festgestellt, dass leider keine Deckungsgrundlagen vorhanden waren.

(Sarrach [Die Linkspartei.PDS]: Das müssen Sie sagen!)

- Ja, wir haben es im Einzelnen diskutiert, und es lässt sich auch nachlesen. Ich möchte das alles jetzt nicht aufführen.

Die von Ihnen angegebenen Deckungsgrundlagen konnten wir nicht akzeptieren.

Dennoch haben wir Akzente gesetzt. Ich möchte besonders auf ein Beispiel eingehen, das im Kapitel 04 080 - Zuwendungen im Projektfeld Opferberatung und Täter-Opfer-Ausgleich - verankert ist. Die Zuwendungen wurden mehr als verdoppelt. Aus ganz bestimmten Gründen möchte ich noch einmal deutlich machen: Die Mittel sind insbesondere für die Beratung und die Betreuung von Kriminalitätsopfern, Opfern von Gewaltkriminalität, zum Beispiel Gewalt gegen Kinder, Opfern von Sexualstraftaten und von politischer Gewalt vorgesehen. Jetzt wundert es mich gar nicht, dass die DVU-Fraktion dagegen etwas einzuwenden hat. Aber ich finde es unerträglich, wenn dies als „politischer Schnickschnack“ abgetan wird.

(Beifall bei der SPD)

Ähnliches gilt auch für Modellversuche im Justizbereich. Wenn man bestimmte Entwicklungen vorausschauend erkennen will, ist es angezeigt, einen Modellversuch auf den Weg zu bringen. Beispiel Jugendstrafvollzug: Wollen wir in denselben Spuren bleiben wie in den Jahren und Jahrzehnten zuvor?

(Nein! bei der CDU)

Ich denke, es ist notwendig, zu neuen Ideen zu kommen und diese auch auszuprobieren. Wir jedenfalls unterstützen das.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)