Herr Lunacek, machen Sie, wenn Sie die Linkspartei.PDSFraktion und die rechtsextreme Opposition in diesem Landtag aufzählen, eine Atempause!
Denn Sie wissen selbst, dass zwischen deren Vorstellungen und denen meiner Fraktion nicht nur inhaltlich, sondern auch in Bezug auf die Vorstellung von Politik und Verfassung in diesem Land grundsätzliche Unterschiede bestehen.
Ich will kurz belegen, warum Sie Ihre eigenen Vorschläge und Strategien nicht ernst nehmen. Das unterstelle ich nicht nur, sondern belege es auch. Der erste Punkt ist Ihre Priorität Bildung. Anstatt weiter in Köpfe zu investieren - wie es von Ihrem Ministerpräsidenten immer wieder formuliert wird -, planen Sie die Streichung von 899 Lehrerstellen. Unseren Vorschlag, zumindest 300 Stellen im System zu erhalten - wie es auch die Bosch-Stiftung empfiehlt -, lehnen Sie ab.
Ihre Kollegen auf Bundesebene - Nahles und Böhning - sind diesbezüglich anderer Meinung. Sie sagen, es reiche nicht aus, den Wert von Bildung zu betonen. Notwendig seien Reformen des sozial-selektiven Bildungssystems.
Ihre zweite Priorität, die Sie selbst nicht zielgerichtet verfolgen, ist die Priorität Hochschule und Forschung. In diesem Bereich haben Sie zugelegt. Das finden wir völlig in Ordnung.
Dennoch denken wir, es reicht nicht aus. Frau Ministerin Wanka ist zwar stolz auf den mittleren Platz des Landes - wir haben uns erst gestern darüber verständigt -, wir denken aber, es reicht nicht aus, die Kienbaum-Studie positiv zurechtzubiegen. Wir setzen dauerhaft auf das Ziel eines Spitzenplatzes. Wir müssen mit dem Rohstoff Hochschule und Forschungslandschaft in Brandenburg umgehen und uns auf dauerhafte Spitzenplätze orientieren. Wir müssen aus den durchaus guten Voraussetzungen mehr machen. Aufgrund dessen denken wir, der von Ihnen beschlossene Aufwuchs ist nicht ausreichend. Deshalb fällt es mir sachlich und fachpolitisch sehr schwer, zu verstehen, warum Sie unseren Vorschlag abgelehnt haben.
Der dritte Punkt, in dem Sie sich nicht treu bleiben, betrifft Wirtschaft und Technologie. Diese wollen Sie weiter stärken. Dafür gibt es extra ein neues Förderkonzept. Dies hat jedoch mit dem Haushalt nichts zu tun. Sie wissen, dass Sie mit dem Haushalt 2007 die Schlüsselbranchen nicht stärken. Wie bei so vielem gehen Sie damit halbherzig um. Wir hätten gern mit Ihnen darüber diskutiert. Wir haben mit der Unterbreitung von Vorschlägen - unter anderem die Schlüsselbranchen mit 20 Millionen Euro auszustatten - nachgeholfen, die von Ihnen aber abgelehnt wurden. Ich habe den leisen Verdacht, Sie selbst glauben nicht an Ihr eigenes Konzept. Das wäre die einzige Erklärung für die Ablehnung.
Bedauerlicherweise wird auch die Wirtschaft im Land die Quittung dafür erhalten. Auch in diesem Jahr sind wieder
Sie wissen, wir kommen in den letzten drei Jahren auf 1,3 Milliarden Euro. Das haben wir durchgerechnet; das ist richtig, auch wenn Sie das Gegenteil behaupten.
Für diese Art der Wirtschaftspolitik könnten Sie ja Ihren Wirtschaftsminister zur Verantwortung ziehen. Eventuell versuchen Sie es auch einmal mit der sachlichen Prüfung, und zwar mit den Vorschlägen von Herrn Christoffers bzw. meiner Fraktion in diesen Debatten.
Der Ministerpräsident kann heute leider nicht mehr anwesend sein, weil er die Langzeitarbeitslosigkeit bekämpfen will. In der Aktuellen Stunde - damit bin ich bei Ihrem vierten Schwerpunkt, den Sie nicht ernsthaft verfolgen - im November hat der Ministerpräsident angekündigt, in den nächsten Monaten die Möglichkeiten der Arbeitsmarktpolitik zu überprüfen.
Meine Damen und Herren, Ihre Sozialministerin hat gesagt, das Instrumentarium reiche aus. Frau Kollegin Lehmann - ich danke für die Anregung - kann sich immerhin dem Gedanken eines dritten Arbeitsmarktes öffnen, jedoch nicht unserem Vorschlag. Sie hoffen diesbezüglich auf den Vizekanzler Müntefering.
Meine Erfahrungen im Leben mit dem Segen von oben sind nur sehr begrenzt. Ich weiß, dass auch Herr Baaske zu unserem Vorschlag eines arbeitsmarktpolitischen Programms hier gesagt hat, das sei ein alter Zopf.
Ich habe damit nicht gesagt, dass Sie wie ein Friseur reden. Unser Vorschlag bleibt deshalb auf dem Tisch, Herr Kollege. Wir werden ihn im nächsten Jahr besprechen.
Gestatten Sie mir noch zu sagen, dass ich vom Ministerpräsidenten erwarte, dass er etwas unternimmt und dass er eventuell auf Herrn Rüttgers, seinen Ministerpräsidentenkollegen - er muss nicht auf Oskar Lafontaine hören -, hört, der sagte:
„Wer Reformen will, die anfangs noch keine Mehrheit im Volk haben, der muss bei der Konzeption und Durchsetzung der Reformen die Menschen mitnehmen. Wer das nicht versteht,“
„versteht auch nicht, in welcher Situation sich ,normale‘ Menschen befinden. Sie leben von ihrer Hände Arbeit. Sie leben vom monatlichen Lohn und sind darauf angewiesen, dass sie das notwendige Maß an Sicherheit ha
Herr Lunacek, uns geht es - das betone ich zum Abschluss dieser Haushaltsverhandlungen noch einmal, und es ist durch die Anträge, die wir eingebracht haben, belegt - nicht um eine weitere Schuldenaufnahme, sondern darum, den Haushalt durch eine Politik von mehr Einnahmen wesentlich zu konsolidieren.
Dies soll nicht auf Kosten der Ärmsten im Land geschehen und nicht durch Mehrwertsteuererhöhung, sondern durch eine sozial gerechte Steuerreform.
Ihr fünftes Ziel: Sie wollten die Räume nicht abhängen. Um das glaubhaft zu untersetzen, kürzen Sie nun die Mittel für den ÖPNV und stärken damit die Schwächen, anstatt diese Schwächen zu verringern. Die Mittel für den öffentlichen Personennahverkehr sind immer heftig mit Debatten um Bundesfinanzierungen verbunden. Heute konstituiert sich die Arbeitsgruppe, die die Umgestaltung der Finanzbeziehungen zwischen den Ländern erarbeiten und besprechen soll.
Mich enttäuscht - ich spreche für meine Fraktion, aber auch für viele Brandenburgerinnen und Brandenburger -, dass der Ministerpräsident in diesem Zusammenhang bereits jetzt die Hände hebt und Ihre mittelfristige Finanzplanung davon ausgeht, es werde alles immer schlechter. Sie selbst setzen nicht auf Einnahmen und auch nicht auf den solidarischen...
(Bischoff [SPD]: Wir haben Landessteuern, Frau Kolle- gin! Das wissen Sie doch! - Schippel [SPD]: Sollen wir welche erfinden?)
Dann gehen wir über die Bundespolitik. Machen Sie den Rücken auch gegenüber der Bundesregierung gerade.
- Einer gegen 16 stimmt nicht, weil die Mehrheit der Bundesländer auf diesen solidarischen Ausgleich angewiesen ist. Deshalb sollte man den wenigen - ich glaube, es sind vier - Geberländern verdeutlichen,
(Schippel [SPD]: Sie wollen die Steuererhöhung! - Bi- schoff [SPD]: Hier hat nicht jeder eine Stimme!)
(Frau Funck [CDU]: Das ist ein typisch kommunistisches Prinzip! - Zuruf des Abgeordneten Bischoff [SPD])
Andere ostdeutsche Ministerpräsidenten machen den Rücken gerade. Das verlange ich von meinem Ministerpräsidenten auch.
Wir sind nicht für mehr Schulden, sondern für eine seriöse Einnahmepolitik und einen solidarischen Ausgleich zwischen den Bundesländern.