Zum Komplex II: Standpunkte zu wesentlichen Ergebnissen des Gutachtens. Es war das Gutachten zur Bewertung der fünf Varianten des Börsengangs. Ich zitiere die Antwort der Landesregierung zu Frage 6:
„Die Privatisierung des Unternehmens entsprechend dem Bahnreformkonzept mit Wettbewerb und diskriminierungsfreiem Zugang zu einer neutralen Infrastruktur bietet nach hiesiger Ansicht“
Darauf entgegnen wir: Das Gutachten sagt ganz deutlich - ich denke, das haben auch Sie zur Kenntnis genommen -, dass die Privatisierung eben nicht mehr Verkehr auf die Schiene bringen
wird, sondern dass es nur um einen ordnungspolitischen Rahmen geht. Das ist eindeutig die Aussage und das Fazit des Gutachtens. Deshalb ist Ihre Antwort, Herr Minister, aus unserer Sicht ein bisschen daneben.
Zum Komplex III: Chancen und Risiken für Brandenburg im Rahmen der Fortführung der Bahnreform und des Börsengangs. Ich zitiere die Antwort der Landesregierung auf die Frage 2. Diese lautet folgendermaßen:
„Aus Sicht des Landes ist die entscheidende Frage nicht der Börsengang, sondern welche Unternehmenspolitik betrieben wird, wie sich die Verkehrsnachfrage räumlich strukturiert und wie diese effizient und wirtschaftlich bedient werden kann.“
Darauf sagen wir deutlich, und das hat das Gutachten noch einmal unterstrichen: Der Börsengang ist die entscheidende Weichenstellung für die Zukunft der Bahn und hat große Relevanz für die Unternehmenspolitik; denn je nachdem, ob künftig der Kapitalmarkt oder Fahrgastinteressen im Blickfeld der Unternehmensführung stehen, wird die Unternehmensführung ihre Entscheidungen treffen. Wir sagen also: Der Börsengang ist die entscheidende Frage und damit das entscheidende Risiko für die Zukunft der Bahn.
Es gäbe hier die Notwendigkeit, noch über mehrere Antworten zu diskutieren, aber ich denke, dass wir dafür keine Zeit haben. Das ließe sich also noch beliebig fortsetzen.
Ich will aber noch einmal deutlich sagen, dass wir mit der Großen Anfrage Ihre Position, Herr Minister, also die Position der Landesregierung, kennenlernen wollten, und zwar in der Form einer ehrlichen Analyse der Chancen und der Risiken für die Bahn AG im Nahverkehr. Das wollten wir öffentlich diskutieren. Sie aber - so sehen wir es -, haben sich einer entsprechenden Aussage verweigert, weil sie ganz offensichtlich die öffentliche und transparente Darlegung ihrer Position scheuen. Vielleicht versteckt sich dahinter auch ein bisschen, dass sie keine eigene Position haben. Andere Landesregierungen wie die sächsische haben sich öffentlich auch kritisch zum beabsichtigten Börsengang positioniert. Das unterstreichen wir.
Ich will zum Schluss meines ersten Teils der Rede ein Fazit ziehen: Zu der Beantwortung der Großen Anfrage müssen wir leider feststellen, dass die Landesregierung keine kritische Haltung zum Börsengang und zum Fortgang der Bahnreform hat. Wir schlussfolgern daraus, dass sie auch künftig den wachsenden Verkehr im Land Brandenburg nur verwalten und nicht, wie wir es für dringend notwendig halten, gestalten will. Das kritisieren wir sehr. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe die Freude und die Ehre, auf Frau Kollegin Tack als Erster antwor
ten zu dürfen. Ich habe, Frau Tack, weder Zeit noch Mühe gespart, die Kleine Anfrage - Sie haben es erwähnt: 50 Fragen zu studieren.
(Frau Tack [Die Linkspartei.PDS]: Das war eine Große Anfrage! - Weiterer Zuruf von der Linkspartei.PDS: Des- wegen dürfen es auch 50 Fragen sein!)
50 Fragen, das ist eine Fleißarbeit. Respekt. Dank auch an das Ministerium, das sicherlich einige Arbeitskraft hat binden müssen. Gleichwohl muss ich gestehen, dass ich mich, als ich die Große Anfrage gelesen hatte und bei Frage 50 angekommen war, gefragt habe, was die Frage und was der Sinn der Fragen ist.
Wenn Sie eine Diskussion über die Zukunft der DB führen wollen, dann sind Sie sicherlich zu Recht gefragt, nicht nur als Opposition, sondern auch als verantwortliche Partei in diesem Land. Aber dann, Frau Tack, sollte man vielleicht auch darüber nachdenken, ob es klug ist, eine Landesregierung innerhalb eines dynamischen Prozesses abzufragen. Wir haben doch nicht die Absicht, über parlamentarische Anfragen angereichertes Zeitungsleserwissen in Drucksachenform zu erhalten.
Nun gereicht dies der Landesregierung nicht zum Vorwurf. Warum nicht? - Weil, wie Sie wissen, die Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag im Herbst des vergangenen Jahres einen Prüfauftrag an den Bundesverkehrsminister gestellt haben. Es gibt einige Kautelen, die auch öffentlich zugänglich sind. Danach soll ein Referentenentwurf erstellt werden, der Anfang März - also in einigen Wochen - in die Ressortabstimmung geht und danach in etwa vier bis sechs Wochen der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Das ist das Verfahren. In diesem Zwischenstadium zu fragen, wie sich die Landesregierung positioniert und wie das im Einzelnen aussieht, fällt angesichts dessen ein bisschen schwer.
Im Übrigen kann ich Ihnen namens der SPD und der verkehrspolitischen Sprecher unserer Partei sagen, dass es in den Bundesländern insgesamt seit vielen Jahren eine kritische Begleitung dessen gibt, was da passiert. Sie wissen, dass die Bahnreform seit 1993/1994 eine Mehrstufigkeit vorsieht. Dazu gehört auch das Thema Regionalisierungsmittel, über das wir hier verschiedentlich diskutiert haben, bei dem im Übrigen auch dabei haben wir eigentlich übereingestimmt - der Bund seinerseits den Stufenprozess verlassen hat, weil er die Regionalisierungsmittel einseitig abgesenkt hat. Diese Mittel sind ja keine Ländersubventionen, sondern Ausstattungshilfen für die Länder im Sinne des Subsidiaritätsprinzips zur Selbstorganisation der Bestellung des Schienennahverkehrs.
Wir haben heute eine Situation, in der wir unsere Interessen wahren sollten. Das haben Sie anzudeuten versucht. Das betrifft nicht die Sturmschäden am Berliner Hauptbahnhof oder die allgemeine Wetterlage. Im Übrigen schließen Sie aber an das an, was auch in der „Bild“-Zeitung zu lesen ist, ob das zutreffend ist oder nicht. Das bekommt dann immer diesen geringschätzigen Ton der Deutschen Bahn AG gegenüber - Kollege Bischoff wird mir dabei sicherlich zustimmen -, und zwar in einer Art und Weise, bei der immer verlangt wird, die Bahn müsse alles machen und pünktlich sein, sie müsse Anforderungen erfüllen, egal, unter welchen Bedingungen. Dass sie als Wettbewerber im Transport auf der Schiene und auf der Straße, im Pkw oder im Lkw Konkurrenten hat, die steuerliche Begüns
- Ich bitte Sie, an dieser Stelle eine Zwischenfrage zu stellen. Das würde doch helfen, die Sache aufzuklären. Wollen Sie das noch einmal formulieren?
- Ja, aber Sie können es doch nicht einfach in den Raum stellen, eine Behauptung aufstellen, auf die so nicht reagiert werden kann. Ich finde das einfach ungehörig.
- Ich stelle den Antrag, dass Sie eine Zwischenfrage stellen. Im Übrigen werde ich darüber nachdenken, okay.
Wir werden uns auf vielfachen Wunsch von Herrn Dr. Klocksin die Geschäftsordnung noch einmal genau ansehen.
Frau Präsidentin, ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie hierbei in der Tat hilfreich sein könnten.
Vielleicht noch eine grundsätzliche Bemerkung. Wir haben natürlich gerade in den ostdeutschen Ländern ein großes Interesse am Erhalt der Bahn in der Fläche. Wenn wir im Rahmen dieses Prozesses, den wir jetzt sehen, über eine Privatisierung diskutieren, dann wissen wir auch, dass wir, wenn es zu einer Privatisierung käme, was ich im Moment noch nicht für eine ausgemachte Sache halte, immer eine Trennung von Netz und Betrieb haben werden. Der Bereich der Infrastruktur wird aus meiner Sicht und nach meiner Überzeugung in der öffentlichen Hand bleiben, nicht nur aufgrund der grundgesetzlichen Verpflichtung, nach der eine Komplettprivatisierung nicht möglich ist - auch das sollte man der Ehrlichkeit wegen dazusagen -, sondern weil wir natürlich auch ein Interesse daran haben, ein hohes Maß an öffentlichem Einfluss auf diese öffentliche Infrastruktur zu nehmen. Vor diesem Hintergrund darf ich ankündigen, auch wenn Sie nicht überrascht sein werden: Es liegt hier leider kein Antrag vor, den wir ablehnen könnten, aber wenn das so wäre, würden wir dies gern tun. - Vielen Dank.
Bevor ich der Abgeordneten Hesselbarth das Wort erteile, begrüße ich Schülerinnen und Schüler des Einstein-Gymnasiums Angermünde in unserem Saal. - Herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der Linkspartei.PDS geht in ihrer Fragestellung weitgehend an den wirklich wichtigen Problemen vorbei und verliert sich immer wieder in sinnlosen Fragen, wie zum Beispiel nach den Folgen von Plänen der Deutschen Bahn AG, künftig das meiste Geld auf der Straße oder auf dem Wasser verdienen zu wollen, oder inwieweit im Falle des Börsenganges mit der Abbestellung von SPNV-Leistungen im ländlichen Raum zu rechnen ist oder gar inwieweit Strukturmodellvarianten Einnahmeausfälle für den Landeshaushalt bewirken. Die Qualität der Fragestellung spricht meiner Ansicht nach für sich.
Gravierender ist, dass die Landesregierung auf die wenigen problembezogenen Fragen nur mit Rat- und Konzeptlosigkeit reagieren konnte. Herr Minister, es ist schon bezeichnend, dass Sie auf die Frage, inwieweit die fünf Strukturmodellvarianten im Einklang mit den Zielen des IVK 2002 stehen, lediglich mit der bloßen Wiederholung der Ziele eines diskriminierungsfreien Netzzuganges und einer effizienten Infrastruktur reagieren, ohne auf die verlangte Evaluation einzugehen.
Dass sich die Landesregierung offensichtlich mit den Strukturmodellvarianten inhaltlich nur oberflächlich befasst hat, zeigt ihre Antwort auf die Frage III. 3 im Hinblick auf die finanziellen Folgen einer wettbewerbsverstärkenden Ausschreibungsintensität in Brandenburg. Sie antworten lediglich damit, dass solches nicht einschätzbar sei.
Traurig ist auch, dass der Landesregierung nicht einmal Informationen zu den Simulationsrechnungen der bahninternen Projektgruppe „Blue Chip“ vorliegen. So bleibt es letztlich bei einer mehr oder weniger substanziierten Wiedergabe des Zustandes der Schieneninfrastruktur unter Nr. IV der Anfrage - mehr oder minder. Ich kann zum Beispiel mit der Aussage nicht viel anfangen, der Zustand der Strecken nach Bernau, StrausbergNord, Erkner, Königs Wusterhausen sei weniger gut. Tatsächlich ist der dort vorhandene Zustand als mangelhaft zu bezeichnen.
Aufgrund all der verkehrspolitischen Konzeptlosigkeit der Landesregierung wundert es mich nicht, dass bisher noch keine für den Güterverkehr relevanten Probleme, Konflikte und Mängel laut VDV-Umfrage vom November 2004 erheblich beseitigt werden konnten.
Ich hätte von der an sich notwendigen Großen Anfrage mehr Substanz erwartet - sowohl von der fragestellenden Fraktion als auch von der Landesregierung. Gerade der Zustand des DBSchienennetzes gibt genügend Grund zur Besorgnis. In Brandenburg gibt es immer mehr sogenannte Langsamfahrstellen, an denen Züge nur mit gedrosselter Geschwindigkeit fahren dürfen und die mit erheblichen Mängeln bei der Infrastruktur
begründet sind. Insofern war die Frage im Hinblick auf die Sanktionsmöglichkeiten der Aufgabenträger des SPNV bzw. der Landesregierung bei Unterlassen der notwendigen Instandhaltungsmaßnahmen durchaus wichtig. Offensichtlich funktioniert das hoch bejubelte Controlling mit Bonus-Malus-System doch nicht so gut, wie es uns die Landesregierung weismachen will. Hier hätte die Landesregierung ihre Hausarbeiten machen müssen, denn die Bahn erfasst beispielsweise alle so genannten Langsamfahrstellen in Deutschland in so genannten LA-Büchern, die sogar wöchentlich aktualisiert werden.
Von der Landesregierung kann man meines Erachtens erwarten, dass derartige Informationen zumindest aufgrund der allgemeinen vertraglichen Nebenpflichten abgefragt und ausgewertet werden. Dem Controlling kommt für die Qualitätssicherung, insbesondere im Zuge der Privatisierung der Deutschen Bahn AG in Zukunft tatsächlich eine immer größer werdende Bedeutung zu. Genau das mahnen wir als DVU-Fraktion an.