Protokoll der Sitzung vom 24.01.2007

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Dann geht es um die wesentliche Nuance. Wir sagen nämlich: kein Börsengang. Die Risiken sind zu groß. Sie wurden gerade beschrieben, und auch Sie haben zum Teil darauf hingewiesen. Wir wollen keinen Börsengang. Das ist der wesentliche Unterschied. Wir sagen, die Bahn AG soll in öffentlicher Hand bleiben, und befinden uns damit bei der Mehrheit der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Im November vergangenen Jahres gab es eine Emnid-Umfrage, die deutlich machte, dass 71 % der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger die Deutsche Bahn in öffentlicher Hand haben wollen. Tippen Sie einmal, wie viele es in Ostdeutschland waren! - Mehr noch, 79 %.

(Zuruf des Abgeordneten Klein [SPD])

- Herrn Klein befragen wir nicht zur Bahnpolitik; der weiß gar nicht, wo der Bahnhof ist.

(Beifall und Heiterkeit bei der Linkspartei.PDS)

- Ich kenne Herrn Klein schon lange und weiß, dass er wunderbar und gerne Auto fährt. - Ich denke aber, dass es für uns ein Anspruch ist. Der Landesregierung und der Bundesregierung sage ich: Es macht keinen Sinn, in Ewigkeit gegen die Mehrheit regieren zu wollen. Das wird Ihnen, wenn Sie sich nicht anders entscheiden, letztendlich auf die Füße fallen.

Ich will abschließend noch einmal deutlich sagen, dass wir vier Schritte sehen, die im Zusammenhang mit der Eisenbahnpolitik gegangen werden sollten, um die DB AG für die Zukunft flottzumachen, und zwar ohne einen Rückzug aus der öffentlichen Daseinsfürsorge. Erster Schritt ist die Reorganisation der DB-Töchter. Die Flughafengesellschaft, die Holding, hat vorgemacht, wie es geht. Als zweiter Schritt muss die Infrastruktur zusammengeführt und in einem bundeseigenen Unternehmen geführt werden. Ein dritter Schritt ist, den Eisenbahnverkehr im Nah- und Fernverkehr effektiver zu machen. Dazu gibt es viele gute Vorschläge. Einen letzten Punkt, den auch der Verkehrsminister deutlich angesprochen hat, möchte ich noch einmal unterstreichen: Die DB-Güterbahn und das Schienennetz sind leistungsfähiger zu machen.

Da wird die Frage nach dem Geld natürlich gestellt. Wir werden darauf antworten, dass 40 % der DB AG inzwischen Unternehmen der Logistik, der Hochseeschifffahrt und des Luftverkehrs gehören. Es stellt sich die Frage, was das mit Daseinsvorsorge durch die Eisenbahn zu tun hat. Die Antwort auf diese Frage lautet: Nichts. Durch den Verkauf dieser 40 % käme eine Menge Geld herein, mit dem der Bahnverkehr effektiver gestaltet werden könnte. Das wäre sinnvoll.

Wir gehen also davon aus, dass die Bahn in Zukunft aus zwei Unternehmen bestehen sollte, einem für die Infrastruktur und einem für den rollenden Betrieb. Von Ihnen, Herr Minister, er

warten wir, dass Sie die Position des Landes zum Börsengang noch einmal überdenken. Wir meinen, dass das Risiko hierbei zu groß ist, und fordern Sie deshalb auf, im Bundesrat dahin gehend aktiv zu werden, dass es zu keinem Ausverkauf der Bahn kommt und die Fahrgäste nicht auf der Strecke bleiben. Vielen Dank.

(Beifall bei der Linkspartei.PDS)

Herzlichen Dank. - Damit ist die Aussprache beendet und die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 19 in der Drucksache 4/3984 zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Stärkung der Wachstumskräfte durch räumliche und sektorale Fokussierung von Landesmitteln Stärkung der regionalen Wachstumskerne

Bericht der Landesregierung

Drucksache 4/3887 (einschließlich Korrekturblatt)

Es wurde vereinbart, zu diesem Tagesordnungspunkt keine Debatte zu führen. - Ich stelle fest, dass der Bericht der Landesregierung in der Drucksache 4/3887, einschließlich Korrekturblatt, damit zur Kenntnis genommen worden ist.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Fortschrittsbericht über die Zusammenarbeit zwischen den Ländern Brandenburg und Berlin sowie die weitere Zusammenlegung von Behörden und Sonderbehörden

Bericht der Landesregierung

Drucksache 4/3773

Außerdem liegt hierzu ein Entschließungsantrag der Fraktion der Linkspartei.PDS vor.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält der Chef der Staatskanzlei Appel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Heute legt die Landesregierung den ersten - ich betone: gemeinsamen - Fortschrittsbericht der Länder Berlin und Brandenburg vor. Damit dokumentieren wir die Resultate der engen Kooperation zwischen Berlin und Brandenburg. Das geschieht transparent, und die Ergebnisse werden in den kommenden Jahren aufgrund dieses Berichts weiter fortgeschrieben.

In Entgegnung auf manche öffentlichen Darstellungen, in denen die Differenzen zwischen den Ländern über die gemeinsa

men Ideen der Region immer wieder als überwiegend angesehen werden, sagt die Landesregierung: Nehmen Sie Einblick in diesen Fortschrittsbericht, und bilden Sie sich eine eigene Meinung über diese enge Partnerschaft!

Was tut einer Partnerschaft eigentlich gut? - Es sind die vielen kleinen Erlebnisse, die maßgeblicher Teil der gemeinsamen Beziehungen sind, die das Ganze prägen. Anregende Unterschiede, gelebte Toleranz, ständige Kommunikation, viele Gemeinsamkeiten und Lernprozesse - das sind die Dinge, die den Erfolg in einer funktionierenden Partnerschaft bringen. Mit anderen Worten: Nicht der Schwur hält beide zusammen, sondern eine Kombination aus gemeinsamen Zielen und Bodenständigkeit macht eher das gute Miteinander aus. Das gilt in gleichem Maße auch für Berlin und Brandenburg.

Wo stehen wir denn nun als gemeinsame Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg? - Zunächst eine ganz nüchterne Bestandsaufnahme: Die politische Zusammenarbeit zwischen den Ländern Berlin und Brandenburg ist deutschlandweit beispiellos. Die zahlreichen besonders engen Kooperationen sind eine Botschaft. Wir begreifen die Hauptstadtregion als einen ich betone: einen - Lebens- und Wirtschaftsraum. Für uns alle ist es eine Selbstverständlichkeit geworden, dass Berlin ein Teil Brandenburgs und Brandenburg ein Teil Berlins geworden ist.

Der gesetzliche Handlungsauftrag, sozusagen die erste Säule für die Zusammenarbeit zwischen Berlin und Brandenburg, fußt für uns in Brandenburg auf dem Verwaltungsmodernisierungsgesetz 2003. Darin ist eine Fülle von Kooperationsmöglichkeiten aufgeführt.

Eine weitere Säule ist das gemeinsam formulierte Leitbild unserer Region, das wir im vergangenen Jahr verabschiedet haben. Dieses Leitbild gibt uns eine Vision davon, wie wir die Zusammenarbeit in der Region langfristig weiter vorantreiben. Die Region Berlin-Brandenburg ist die erste, in der sich zwei Bundesländer auf ein gemeinsames Leitbild für ihre zukünftige Entwicklung verständigt haben.

Die deutsche Hauptstadtregion ist das politische Zentrum Deutschlands. Diese Stärke können wir nur gemeinsam mit Berlin wirklich ausspielen. Das heißt: Wir müssen unsere enge Zusammenarbeit weiter intensivieren, wenn wir in der großen Liga der Metropolregionen tatsächlich mitspielen wollen. Mit denen stehen Brandenburg und Berlin im Wettbewerb, und ausschließlich dort können wir gemeinsam erfolgreich sein. Entscheidend ist also: Wir müssen uns bewegen, damit wir nicht ins Abseits geraten.

Um Ziele stückweise umzusetzen, ist es klug, Etappenziele anzustreben, die realistisch sind. Deswegen haben Berlin und Brandenburg im vergangenen Jahr sehr viele gemeinsame Projekte abgeschlossen und weitere ins Leben gerufen. Mit Recht kann Brandenburg sagen: Wir sind wieder ein Stück enger mit Berlin zusammengewachsen.

Was haben wir nun innerhalb des vergangenen Jahres hier wirklich geschafft? - Da ist zunächst einmal der Bereich der Wirtschaft. Der erste Spatenstich für den Flughafen Berlin Brandenburg International, das derzeit größte Infrastrukturprojekt Deutschlands, steht schon fast symbolisch für das, was wir als Hauptstadtregion im Bereich der Wirtschaft gemeinsam

unternehmen. Also: Nicht nur reden, sondern auch handeln, und zwar gut aufeinander abgestimmt.

Wir haben die Zusammenarbeit im Bereich der Wirtschaftsförderung intensiviert und koordinieren die Vermarktung der Region noch besser als zuvor. Trotz der in Berlin und Brandenburg unterschiedlichen Fördersätze konnten wir uns darauf verständigen, potenzielle Investoren grundsätzlich gemeinsam anzuwerben. Damit werden sich Unternehmen noch gezielter ansiedeln, die auch tatsächlich Wachstumschancen haben.

Die ZukunftsAgentur Brandenburg wird bei der gemeinsamen Investorenwerbung Dreh- und Angelpunkt sein. Seit Mai 2006 hat diese Agentur, natürlich zusammen mit Berlin Partner, eine Wirtschaftsrepräsentanz in Brüssel eingerichtet. Wir ziehen also auch insoweit an einem Strang und verdeutlichen ausländischen Unternehmen damit, dass wir nicht gegeneinander konkurrieren, sondern Partner sind, die sich ergänzen.

Dazu gehört natürlich auch eine einheitliche Innovationspolitik. Wir haben uns mit Berlin darauf verständigt, dass unter anderem Biotechnologie, Medizin- und Luftfahrttechnik sowie Automotive gemeinsame wirtschaftliche Kompetenzfelder sind. Das schärft unser Profil als technologieorientierter Standort.

Wenn wir uns um ausländische Investoren intensiv kümmern wollen, müssen wir die Zusammenarbeit mit Berlin in europäischen Angelegenheiten ebenfalls im Blick haben. Diese Kooperation haben wir im Laufe des vergangenen Jahres ausgebaut. Im Rahmen des trilateralen Arbeitsprogramms zwischen Berlin und Brandenburg sowie der Woiwodschaft Großpolen gab es Treffen und ausführliche Gespräche insbesondere zu Infrastrukturplanungen und Vereinbarungen über Wirtschaftskooperationen in der Oderregion. Zudem verzahnen Berlin und Brandenburg ihre Interessen bei der Europäischen Union immer besser.

Zum Thema Europa gehört ein weiterer Aspekt, nämlich die Über- bzw. Erarbeitung einer gemeinsamen Landesplanung. Diese hat ebenfalls europäische Dimensionen, weil wir als Region mit Metropolen wie Paris, London und Madrid auf der gleichen Augenhöhe auftreten und auftreten wollen. Das war auch der Grund dafür, dass wir im vergangenen Jahr dem internationalen Netzwerk der Metropolregionen beigetreten sind.

Lassen Sie mich jetzt noch einige andere Punkte nennen, bei denen die Zusammenarbeit mit dem Land Berlin sehr weit gediehen ist. Da ist zum einen das Justizwesen, bei dem wir schon sehr weit fortgeschritten sind. Es sind einige bildungspolitische Vorhaben auf den Weg gebracht worden, und die Planungen für eine gemeinsame Gesundheitsregion schreiten zügig voran.

Zunächst aber ein paar Worte zum Justizwesen. Im vergangenen Jahr vollendeten wir den Aufbau einer gemeinsamen Landesarbeits- und Finanzgerichtsbarkeit und haben das Richterrecht angeglichen. Außerdem haben sich unsere beiden Länder auf eine Kooperation im Justizvollzug geeinigt. Die Ausbildung im Justizvollzugsdienst erfolgt nun gemeinsam, und zwar, was ich für fast noch wichtiger halte, einheitlich. Sicherlich gab es hier Widerstände. Aber für uns war immer das Ergebnis entscheidend, dass das unserem Land guttut und dass hierdurch auch Kosten gespart werden.

Zweitens: Im Bildungsbereich hat sich sehr viel getan. Berlin und Brandenburg haben ihre Zusammenarbeit im Bildungsbereich weiter verstärkt. Seit dem 1. Januar 2007 gibt es ein gemeinsames Landesinstitut für Schule und Medien Berlin-Brandenburg - mit Sitz in Ludwigsfelde - und ein gemeinsames Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg. Beide Einrichtungen sind bundesweit die ersten Institute ihrer Art, die für zwei Länder zuständig sind.

Nach der Gründung des gemeinsamen Instituts für Schulqualität zu Beginn des letzten Jahres haben Brandenburg und Berlin mit der Zusammenführung weiterer Einrichtungen ihren Weg einer aufeinander abgestimmten Bildungspolitik damit konsequent fortgesetzt. Wir begreifen uns als eine Bildungsregion; denn das ist es auch, was unsere Bürger von uns verlangen.

Der dritte Punkt ist die Entwicklung einer Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg. Wir arbeiten an einem gemeinsamen Masterplan, um die Nummer 1 der Gesundheitsregion in Brandenburg zu werden. In zwölf paritätisch besetzten Handlungsfeldern werden die Kompetenzen gebündelt und Projekte entwickelt. Im März 2007 sollen sie der Öffentlichkeit vorgelegt werden. Dies sind drei Beispiele, die zeigen, wie intensiv die Zusammenarbeit mit Berlin ist.

Meine Damen und Herren, wo wollen wir in den nächsten Jahren stehen? - Einige Kooperationen haben gut begonnen; andere müssen sicherlich noch weiter ausgebaut werden. Dazu gehören die Hochschulen. Die Kooperation zwischen den Universitäten und Fachhochschulen ist punktuell gut. Unsere Region braucht jedoch eine gemeinsame, umfassende Hochschulplanung. Nur so können wir Doppelstrukturen vermeiden sowie Konkurrenzen zwischen Berlin und Brandenburg abbauen. Daraus sollte sich zugleich eine verstärkte Vernetzung ergeben. Der Austausch von Wissen und ein beschleunigter Technologietransfer werden Berlin-Brandenburg guttun.

Darüber hinaus werden im Jahr 2008 die Wirtschaftsfördergesellschaften zusammengeführt bzw. richtig zusammengelegt. Damit gehen wir in diesem entscheidenden Sektor praktisch noch vereinter in die Zukunft. Das Schöne an dieser Zusammenführung ist im Übrigen, dass die ZAB dabei einen bedeutenden Beitrag leisten wird.

Meine Damen und Herren, die enge Kooperation zwischen Berlin und Brandenburg wird immer bedeutender für unsere Region. Sie ist ein wichtiger Motor bei der Entwicklung Brandenburgs und wird in den kommenden Jahren auch nachhaltige fiskalische Wirkungen entfalten. Wir werden die Ausgaben unseres Landes senken können und gleichzeitig mehr wirtschaftliche Dynamik erzielen. Ich bin der Meinung, entscheidend ist, was bei dem Prozess des Zusammenwachsens mit Berlin herauskommt. Viele kleine und vor allem tatsächlich durchgeführte Schritte bringen uns weiter als ein abstrakter Trauschein. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)