Protokoll der Sitzung vom 05.07.2007

Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Es spricht die Abgeordnete Gregor.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Brandenburger Wald und die Forstreform - Traum oder Albtraum? Ist der Brandenburger Wald eher Schatz oder eher Last? Führt die Forstreform eher zu Frust oder zu Lust? - Die aktuelle Debatte, die wir heute - durchaus zu Recht - führen, weckt eher alle negativen Assoziationen als Motivation, Engagement und Mut zu Neuem.

Seit der 2001 begonnenen Forstreform ist vieles passiert, was gut und richtig war, ist und bleibt. Die Brandenburger Forstverwaltung braucht ihr Licht unter keinen Scheffel - auch nicht unter den der Haushälter - zu stellen. Sicherlich sind mehr Dynamik und Fortentwicklung immer richtig. Aber ein Blick auf das Erreichte sowie die Bewertung der vorhandenen und noch zu hebenden Potenziale ist dabei ebenso wichtig und darf nicht aufgegeben werden.

Die Brandenburger Forstverwaltung ist nicht so schlecht, wie sie in der Öffentlichkeit - zum Teil auch von den eigenen Führungskräften - oft dargestellt wird. Deutlich wird das anhand des Wirtschaftsberichts der Landesforst von 2006. Ich zitiere daraus:

„... die Wirtschaftstätigkeit und Beschäftigung rund ums Holz im ländlichen Raum wächst, die Versorgung des Clusters ,Forst und Holz‘ mit dem Rohstoff wächst, die Stabilität und Qualität des Landeswaldes als Vermögen des Landes wächst, und nicht zuletzt die Einnahmen für den Haushalt des Landes wachsen.“

Kurz und gut: Wald schafft Wachstum. Neben diesem Wachstum auf der einen Seite ist gleichzeitig die Forstreform auf der anderen Seite zu betrachten; denn auch dort sind alle wesentlichen Maßnahmen - das waren Kürzungsmaßnahmen - umgesetzt worden. Die Zuweisungen und Zuschüsse wurden im Zeitraum von 2001 bis 2005 von 81,8 auf 55,9 Millionen Euro gesenkt, das Personal von 3 267 auf unter 2 500, die Zahl der Ämter für Forstwirtschaft von 18 auf 10, die der Oberförstereien von 111 auf 72 und die der Reviere von 656 auf 504 reduziert. Die Einführung der Vollkostenrechnung und der Kostenund Leistungsrechnung plus der jetzt produktbezogenen Zeiterfassung dienen dabei als Steuerungsinstrumente. Es gilt, diese weiterzuentwickeln und an ihnen festzuhalten.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wie Sie daraus ersehen können, befindet sich die Landesforst in einem ehrgeizigen und umfangreichen Reformprozess. Diesen gilt es fortzuschreiben, sicherlich auch zu optimieren und weiterzuentwickeln, um - an dieser Stelle begebe ich mich in einen Dissens mit Frau Wehlan - die Vorgaben der Kabinettsvorlage zu erfüllen.

So weit, so gut und so richtig. Fortschreibung der Forstreform ja. Weitere Strukturanpassungen - ja. Aber neben Strukturauch Rechtsformwechsel - warum und wie zu begründen?

Die Projektgruppe hat sich anhand der für sie fixierten Prämissen mit den Stärken und Schwächen der bisherigen Reform und der Landesforst insgesamt gründlich auseinandergesetzt und dabei festgestellt: Nur eine wirtschaftlich leistungsfähige und behördlich erfolgreiche Forstverwaltung ist zukunftsfähig. Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit lassen sich aber nur mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, nicht gegen sie erreichen.

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die ins Spiel gebrachte Anstalt öffentlichen Rechts wird als Bedrohung empfunden und wirft mehr Fragen auf, als sie zurzeit Antworten bietet.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Wie in allen Bereichen des Lebens sind auch hier Kommunikation, Vertrauen und Motivation Basis des Erfolgs. Davon sind wir allerdings noch weit entfernt.

Die Ausschussmitglieder haben sich deshalb auf einen gemeinsamen Antrag verständigt, in dem ein Mindestmaß an nachvollziehbaren Entscheidungskriterien gefordert wird, um notwendige Entscheidungen für uns gemeinsam nachvollziehbar und vor allen Dingen tragfähig darzustellen.

Auf der Grundlage von Benchmarking, Wirtschaftlichkeitsberechnungen, Aufgabenkritik und Rechtsformvergleich müssen wir mit den Beschäftigten eine tragfähige Struktur und eine Organisationsform finden, die die Umsetzung des Kabinettsbeschlusses bis 2015 sichern. Die Rahmenbedingungen - Gemeinschaftsforstverwaltung, kein Zuschuss mehr für die Bewirtschaftung, 42,4 Millionen Euro Zuschuss für den übrigen Bereich und die Personalzielzahl von 1 500 - gelten dabei als gesetzt. Auch unter diesen Rahmenbedingungen gilt es heute mehr denn je, unser Brandenburger Waldprogramm als Leitschnur unseres Handelns nicht aus dem Blick zu verlieren. Wir haben uns ein Leitbild gegeben; ich erlaube mir, daraus zu zitieren:

„Rund 1,1 Millionen Hektar Wald prägen den Charakter des Landes Brandenburg in besonderem Maße. Über 100 000 Waldbesitzer aller Eigentumsarten erhalten den Wald in einem vitalen und stabilen Zustand. Als Produzent unseres wichtigsten nachwachsenden Rohstoffes bietet er ein Potenzial an Arbeitsplätzen in der Forst- und Holzwirtschaft und trägt damit zur Entwicklung der ländlichen Räume bei.

Das Forstrecht soll die Entwicklung von der nachhaltigen Forstwirtschaft hin zu einer Waldwirtschaft für nachhaltige Entwicklung unterstützen. An diesem Ziel ist der gesetzliche Rahmen auszurichten; Normen und Standards sind dabei auf das erforderliche Maß zu beschränken, müssen jedoch nachvollziehbar sein.

Die Landesforstverwaltung muss mit qualifiziertem Personalbestand im besonderen Maße zum Erhalt bisheriger und zur Schaffung neuer Arbeitsplätze beitragen. Hierzu

gehören eine langfristige und offensive Personalpolitik sowie die wirksame Unterstützung der Personalentwicklung für andere Forstbereiche.“

In diesem Sinne und entlang dieses Leitbildes lassen Sie uns gemeinsam arbeiten - gemeinsam mit der Verwaltung, gemeinsam mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir als Ausschuss haben unsere Hand ausgestreckt und wollen den Prozess begleiten, wollen ihn auch mitgestalten. Wir werden ihn nicht nur zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort erhält die DVU-Fraktion. Es spricht der Abgeordnete Norbert Schulze.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Weiterführung der Forstreform ist ein Thema, welches die Beschäftigten in der Forstwirtschaft zweifellos bewegt und die Gemüter erregt. Um es jedoch gleich vorwegzunehmen: Unsere Fraktion tritt vehement und mit aller Konsequenz für eine allseitig fortschreitende Weiterentwicklung der Wirtschaft ein. Weiterentwicklung und Fortschritt sind nun einmal nur mittels Reformen zu erreichen. Man sollte auch berücksichtigen, dass Reformen oftmals unter dem Damoklesschwert der Geldknappheit zwingend notwendig sind. Wer davor die Augen verschließt, lebt in einer falschen Welt. Das sollte sich jeder Abgeordnete und jeder Bürger ins Stammbuch schreiben.

Es muss an dieser Stelle allerdings auch deutlich zum Ausdruck gebracht werden, dass nicht jede Reformidee gut sein und sich positiv auf die Entwicklung auswirken muss. Genau das gilt es im Zusammenhang mit der Forstreform zu ergründen und zu diskutieren. Dafür gibt es die entsprechenden Fachgremien im Ministerium und den Fachausschuss des Landtages.

Letztlich sollte eine Reform, in diesem Fall die Forstreform, auf eine gewisse Langlebigkeit ausgelegt sein. Das Gesamtpaket Forstreform gleich zu zerreden und zu verdammen, wie es DIE LINKE tut, ist wenig hilfreich.

(Beifall bei der DVU)

Eine solche Verhaltensweise ist rein populistisch und missachtet wirtschaftliche und finanzpolitische Aspekte.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Klocksin [SPD])

An dieser Stelle betone ich mit allem Nachdruck, dass eine Reform auf der langen Bank genauso schädlich ist wie ihre Durchsetzung mit der Brechstange.

Ich weise noch einmal darauf hin, dass unsere DVU-Fraktion in Bezug auf Fragen des Personalabbaus strikt für absolut sozial verträgliche Lösungen eintritt. Allein das Erzielen von finanziellen Einsparungen genügt uns nicht, weil ein Personalabbau oftmals eine außerordentliche Mehrbelastung des verbleibenden Personals nach sich zieht. Das wiederum ist in einem erheblichen Maße mit negativen Auswirkungen auf die Qualität verbunden.

Die wirtschaftlichen Aspekte wie die Bündelung der Forstbetriebe, die Unterstützung des Privatwaldes sowie die Forstaufsicht unter einem Dach und in diesem Zusammenhang eine generelle Verschlankung der Hierarchie sind durchaus nachvollziehbar. In dem am 19. Juni vom Minister vorgestellten Detailkonzept der brandenburgischen Forstreform wird eine wesentliche Aussage getroffen, nämlich die, dass der Landeswald nicht verkauft oder privatisiert wird. Das ist eine Aussage, welche wir mit Zustimmung zur Kenntnis genommen haben.

Hinsichtlich der Änderungen der Rechtsformänderung gibt es unseres Erachtens noch einen gewissen Klärungsbedarf. Ist die Gründung einer Anstalt öffentlichen Rechts wirklich die effektivste Lösung? Nur weil Bayern, Niedersachsen, SchleswigHolstein und Mecklenburg-Vorpommern diesen Weg gehen, muss dies für Brandenburg nicht automatisch gut sein.

(Beifall bei der DVU)

Es ist eine Tatsache, dass unter Berücksichtigung der spezifischen Bedingungen der einzelnen Bundesländer bestimmte Modelle nicht ohne weiteres übertragbar sind. Ein Vergleich der Varianten gibt sicherlich eine für alle annehmbare Antwort.

Abschließend betone ich hier nochmals mit aller Deutlichkeit: Wir sind grundsätzlich für Reformen, wenn es sich um Reformen im Interesse des Fortschritts zum Wohle und Nutzen der Bürgerinnen und Bürger handelt. Das gilt auch und besonders für die Brandenburger Forstleute.

(Beifall bei der DVU)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Helm.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutigen Reden bzw. die Meinungsbilder, die wir diesbezüglich auf anderen Veranstaltungen im Land wahrnehmen konnten, geben mir keine neuen Erkenntnisse über diese Situation. Es werden Ängste und Misstrauen mit falschen Behauptungen geschürt, egal von wem. Die Reaktion der Betroffenen ist natürlich entsprechend. Ich kann das nur als eine Mischung von Fachbezogenheit und Polemik darstellen.

Wir können uns die Frage stellen, ob wir dieses Spielchen weitertreiben wollen oder nicht. Ich sage hier klar und deutlich: Wir als CDU-Fraktion sind dazu nicht mehr bereit. Unser Okay gibt es nur für eine Vorlage, die auf exakten Analysen, exakten Aufgabenangaben und einer darauf fußenden Personalstruktur basiert.

Natürlich wäre es vorteilhaft gewesen, das Parlament frühzeitiger in diese Situation einzubinden, zumal für diese Reform ein Errichtungsgesetz notwendig ist. Ansonsten möchte ich klarstellen, dass es natürlich Sache der Verwaltung ist. Es ist aber auch eine Frage der Taktik, Herr Minister, und daraus resultiert einige Unruhe.

Wenn ich mir die Vorlagen ansehe, stelle ich fest: Im März mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass es eine Anstalt des öffentlichen Rechts nicht gibt. Die Vorlage, die im Juni kam, favorisierte diese Einrichtung, jetzt wird die Entscheidung ver

tagt. Man könnte das als „Jein“ bezeichnen. Diese Entscheidungen haben eine ganz kurze Halbwertszeit. Auch das irritiert.

Um das alles noch einmal nachzuvollziehen: Ich bin einer der dienstältesten Abgeordneten hier; seit 1990 bin ich in diesem Hause. Seit 1990 reformieren wir die Forstverwaltung. Das war notwendig, da der gesamte Wald im Land Brandenburg bis zur Wende zu 100 % vom Staat bewirtschaftet und verwaltet wurde. Wir haben heute eine ganz andere Eigentumsstruktur. Fast drei Viertel des Waldes sind im kommunalen und im Privatbesitz, rund 25 % im Landesbesitz, zum Teil im Bundesbesitz. Das sind ganz andere Eigentumsstrukturen mit allen Rechten und Pflichten, die dem Eigentümer verfassungsrechtlich zustehen. Daraus resultieren eine ganz andere Forststruktur und Zuständigkeit einer Landesforstverwaltung.

Ich möchte das einmal analysieren: Von den damals 10 000 Beschäftigten gibt es heute nur noch 2 600. Die letzte Forstreform hatte die Zielstellung, lediglich 2 300 Stellen zu erhalten. Wir sind bei 2 600 Stellen geblieben, haben also einen Überhang von 300 Stellen. Die neue Zielstellung besagt, dass nochmals 800 Stellen abgebaut werden sollen.

Nun kann man das natürlich diskutieren, wie man will. Grundsätzlich haben wir in der Forstverwaltung aber kein Rechtsformproblem, sondern ein Personalproblem. Hier wird einiges in der Zuständigkeit durcheinandergebracht. Wir brauchen hier also keine Debatte über die Rechtsform, sondern wir müssen eine Personaldebatte führen. Für mich als Unternehmer ist ganz klar und deutlich, dass das auf der Basis exakter Analysen der Aufgaben erfolgen muss.

Wir haben hier zwei verschiedene Paar Schuhe. Erstens geht es darum, den Personalbedarf aufgrund der pflichtigen und freiwilligen Aufgaben im Hoheitsbereich und bei der Bewirtschaftung des Landeswaldes zu klären. Zweitens gilt es zu klären, was mit dem überzähligen Personal passiert, wenn die Aufgabenkritik das ergeben sollte. Die letzte Frage betrifft die Entscheidung, in welcher Rechtsform bzw. in welcher anderen Rechtsform die Forstverwaltung weitergeführt wird. Diese Entscheidung steht aber an letzter Stelle; wir stellen das jedoch an die erste Stelle. Das ist eine völlig verkehrte Reihenfolge.

Wir als CDU-Fraktion haben uns mehr oder weniger mit der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts angefreundet, ohne uns festgelegt zu haben. Sicherlich gibt es dazu noch andere Meinungen. Dennoch muss endlich Ruhe in die gesamte Arbeit der Forstverwaltung einkehren. Das schaffen wir unter anderem dadurch, dass wir in einer Art Anstalt des öffentlichen Rechts Stabilität in den Personalbestand und in die Budgetierung hineinbringen sowie den politischen Zugriff der Landesregierung reduzieren.

Begehrlichkeiten sind vorhanden. Es handelt sich hier um ein enormes Eigentum. Nach dem jetzigen Verkehrswert haben die 270 000 ha Landeswald - eigentlich möchte ich nicht schätzen einen Wert von 1,5 Milliarden Euro. Das weckt Begehrlichkeiten für den Erhalt oder aber für das Erschließen dieses Geldes. Dem muss ein Riegel vorgeschoben werden, vor allem wenn ich daran denke, dass insbesondere China Aktivitäten zeigt, deutschen Wald aufzukaufen. Warum gibt es wohl in diese Richtung Aktivitäten? Weil der deutsche Wald etwas wert ist und weiterhin eine hohe Wertsteigerung erfahren wird. - Diese

Aktivitäten müssen unterbunden werden. Übergeben wir den Forstgrundstock der Anstalt, besteht eine größere Sicherheit. Wir hätten kartellrechtlich weniger Probleme, Klarheit in Personal und Budget, mehr Handlungsfreiheit und Verantwortung sowie Rationalisierungseffekte. Zudem könnten die privatwirtschaftlichen Aspekte bzw. Mechanismen besser genutzt werden. Wer also die Anstalt öffentlichen Rechts als Teufelszeug darstellt, hat keine Ahnung. Das muss ich hier klar und deutlich sagen.

(Beifall der Abgeordneten Hartfelder [CDU])

Wenn verschiedene Parteien dann auch noch ihren Senf zu dieser Situation dazugeben, ist das Chaos perfekt. Dann brauchen wir uns nicht zu wundern.