Protokoll der Sitzung vom 12.09.2007

Was sind die Ziele des vorliegenden Haushalts? Wir wollen mit diesem Haushalt den Erfolgskurs der vergangenen Jahre fortsetzen. Wir wollen dafür sorgen, dass sich der Aufschwung in Brandenburg verstetigt. Wir wollen einen Haushalt, der für mehr Solidarität in diesem Lande sorgt, der mehr Lebenschancen für alle Menschen in diesem Lande eröffnet. Es soll ein Haushalt der Solidarität, der Lebenschancen sein. Dieses Ziel werden wir energisch weiterverfolgen.

Lassen Sie mich dazu vier Anmerkungen machen.

Wir wissen, dass gute Jobs heutzutage nicht möglich sind ohne gutes und umfassendes Wissen. Heutzutage reden wir ja auch schon von Produkten und Dienstleistungen mit einem eingebauten Wissen. Wir wissen auch, dass Wissen und damit Arbeit, gutes Einkommen immer davon abhängt, welche Ausbildung und welche Qualifikation die Menschen haben. Ohne bestmögliche Qualifikation wird es da nichts geben. Deshalb müssen wir alles dafür tun, dass unsere Kinder und Enkel die bestmögliche Qualifikation, die bestmögliche Ausbildung hier im Lande erhalten. Nur dann können unsere Unternehmen die besten Fachkräfte bekommen und damit den Fachkräftemangel in diesem Lande bewältigen. Deshalb werden wir auch in den kommenden beiden Jahren den Schwerpunkt unserer Bemühungen auf gute Bildung, Innovation, Wissenschaft und Forschung legen.

Entgegen allen Unkenrufen, die wir heute schon von der Fraktion DIE LINKE gehört haben, ist Brandenburg bereits Vorreiter bei der Bereitstellung von Kindergarten- und Krippenplätzen. Wir sind auch Vorreiter darin, Bildungsstandards in diesen Einrichtungen zu etablieren. Vorreiter sind wir auch bei der Sprachstandsförderung und der Sprachstandsverbesserung. Wir werden alles daransetzen, dass dies in Zukunft flächendeckend in allen Kitas in unserem Lande der Fall sein wird.

Vorreiter sind wir auch beim Ausbau der Ganztagsschulen, und das wird auch so bleiben. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass uns vor einigen Jahren noch vorgeworfen worden ist, wir würden in Brandenburg das Geld aus dem Fenster hinausschmeißen, weil wir es in die Kitas gäben. Das höre ich seit inzwischen eineinhalb oder zwei Jahren gar nicht mehr. Es ist weg. Inzwischen wissen alle, dass Investitionen in die KitaStrukturen Investitionen in die Zukunft sind. In diesem Bereich ist Brandenburg also mit gutem Beispiel für die gesamte Republik vorangegangen. Diesen Kurs werden wir fortsetzen.

Im Jahre 2004 haben wir für die Kita-Strukturen 120 Millionen Euro, und zwar reine Landesmittel, zur Verfügung gestellt. Im Jahre 2009 werden es 147 Millionen Euro sein. Hinzu kommen jetzt noch die Mittel aufgrund des sogenannten Krippengipfels. Wie wir heute schon gehört haben, werden das noch einmal rund 20 Millionen Euro sein. Das ist insgesamt eine Steigerung von 120 Millionen Euro auf 167 Millionen Euro in der Zeit von 2004 bis 2009. Ich meine, diese Größenordnung kann hier ruhig einmal erwähnt werden.

Gestatten Sie mir jetzt noch ein Wort an Frau Große und an Frau Kaiser zu den Vorwürfen wegen der Kita-Strukturen. Frau

Kaiser, wir haben in diesem Lande Kita-Strukturen niemals zurückgefahren aus Jux und Tollerei oder weil uns das Spaß gemacht hätte.

(Zuruf der Abgeordneten Kaiser [DIE LINKE])

Wir haben das immer gemacht, weil wir eine hohe Verschuldung in diesem Haushalt hatten, weil wir den Haushalt konsolidieren mussten und weil wir genau wussten, dass wir ansonsten gerade den Kindern, die in die Kindergärten gehen sollen, die Zukunftschancen für eine spätere, gestaltende Politik verbauen. Das war der Hintergrund.

(Beifall bei der SPD - Zuruf der Abgeordneten Kaiser [DIE LINKE])

Wir haben niemals so gehandelt, weil wir eine Einschränkung des Rechtsanspruchs haben wollten, so wie ihn zum Beispiel Ihre Kollegin, die ja auch familienpolitische Sprecherin im Saarland ist, fordert. Wir wollen das nicht, sondern wir haben lediglich finanzpolitisch an dieser Stelle gehandelt und bereuen nach wie vor, dass es uns nicht möglich war, anders zu handeln. Wenn wir uns aber andererseits anschauen, warum Brandenburg diese Verschuldung hatte - Sie haben diese Frage vorhin gestellt -, dann kann ich darauf vielleicht auch ein paar Antworten geben.

Ich war 1989 und 1990 in sehr vielen Altenpflegeheimen und sehr vielen Krankenhäusern unterwegs. Wer das getan hat, der wusste auch, dass wir in Brandenburg einen riesengroßen Handlungsbedarf hatten. Wir haben in den Jahren 1990 bis heute mit öffentlichen Mitteln 20 000 Plätze in Einrichtungen in Brandenburg geschaffen, und ich stehe für jeden Cent, der in diese Einrichtungen gegangen ist.

(Beifall bei der SPD)

Die gesamte Koalition steht zu diesen Investitionen, und wenn wir uns dafür verschuldet haben, dann kann man das auch rechtfertigen. Dass man in bestimmten Situationen die eine oder andere soziale Leistung nicht mehr finanzieren kann, muss man dann auch einmal einfach akzeptieren. Das Geld wurde nicht verbraten, sondern ich glaube, es wurde gut investiert.

(Beifall bei der SPD)

Unter anderem die alten Leute werden das auch brauchen.

(Zurufe der Abgeordneten Kaiser [DIE LINKE])

Zu den Prioritäten im Haushalt gehört wie auch in den Vorjahren die Bildung. Bei der Schule haben wir im Jahre 2004 3 300 Euro pro Kind ausgegeben. Wir werden im Jahre 2009 bei 3 600 Euro liegen. Ich warne davor, jetzt zu vergleichen: Sachsen hat soundso viel, Mecklenburg-Vorpommern hat soundso viel oder Baden-Württemberg soundso viel. Das hängt an vielen anderen Faktoren. Das hängt damit zusammen: Wie hoch ist der Verbeamtungsgrad, wie viel Angestellte sind da, wie viel Verbeamtete? Das kostet im Jahr unterschiedlich viel. Das kann man also auch nicht so ohne Weiteres und von heute auf morgen gleichstellen, sondern es kommt darauf an, dass wir uns darauf verständigen, dass es mehr Geld sein muss. Es wird mehr Geld

sein, und ich glaube, es ist gut angelegtes Geld, das wir in die Schulen geben.

Ich weiß aber auch, dass der eine oder andere noch andere Träume hat. Der eine oder andere meint, wir bräuchten ein besseres Lehrer-Schüler-Verhältnis, wir bräuchten diese einzügige Schule

(Ja! bei der Fraktion DIE LINKE)

usw. usf.

Jede Schule, die in diesem Land geschlossen wird, tut jedem in unserer Fraktion sehr weh. Wir tun das nicht, weil es uns Spaß macht, weil wir gern den Ärger mit den Eltern oder mit den Schülern haben wollen. Aber wir haben nun einmal 50 % weniger Schüler, und wir haben in diesem Land 25 % der Schulen geschlossen. Ich habe gestern gelesen, dass Sachsen, was den Rückgang der Schülerzahlen angeht, ähnliche Verhältnisse hat. In Sachsen wurden von den 1 500 Schulen bereits jetzt 800 geschlossen. Das ist ein Rückgang um über die Hälfte. Ich sage das nur einmal, weil einige immer sagen, dass Sachsen in der Qualität wesentlich besser ist als wir.

(Lunacek [CDU]: Ist dichter besiedelt!)

- Was heißt dichter besiedelt? Die Situation in den Flächen Sachsens, in denen wenig Leute wohnen, ist auch nicht anders als bei uns. Dort ist es genauso dramatisch.

(Lunacek [CDU]: Nicht so extrem!)

Ich habe vorhin von der Bedeutung des Wissens für unsere Wirtschaft gesprochen. Weil das so ist, werden wir auch diese Priorität in unserem Haushalt erhalten. Wir werden für Wissenschaft und Forschung über 400 Millionen Euro pro Jahr ausgeben. Die Mittel werden von Jahr zu Jahr sukzessive erhöht werden. Damit machen wir deutlich, wie wichtig Wissenschaft und Hochschulen in unserem Land sind. Ich sehe darin so etwas wie einen Humus für die weitere Entwicklung unseres Landes. Deshalb sollten wir uns hüten, irgendwie daranzugehen und um- oder abzugraben.

Damit wären wir schon bei unserer dritten Priorität: Wirtschaft, Technologie und Innovation. Diese Bereiche sind mit insgesamt 450 Millionen Euro per anno dabei. Die Konzentration der Wirtschaftsförderung auf Wachstumskerne und Schwerpunktbranchen wird einen gezielteren Einsatz der Mittel in den nächsten Jahren ermöglichen. Wir haben im Landtag schon beschlossen, dass wir genau untersuchen werden, wie das Geld ankommt und wie es wirkt, ob es tatsächlich Arbeitsplätze schafft. Wenn notwendig, werden wir an der einen oder anderen Schraube noch einmal drehen.

Die andere Seite dieser Medaille ist eine vorsorgende Fachkräftepolitik. Wenn wir heute Statistiken lesen - vom Arbeitsmarkt bekommen wir sie jeden Monat -:, nach denen es soundso viele gemeldete Stellen gibt, dann sagen manche: Das ist doch ein tolles Zeichen. - Ich sage, dass es ein weniger tolles Zeichen ist; denn es macht deutlich, dass erstens die Vermittlung durch die Behörden immer noch nicht richtig klappt und dass es zweitens offensichtlich schon jetzt ein Fachkräfteproblem gibt. Verschiedene Fachleute können unserer Wirtschaft schon jetzt nicht mehr zur Verfügung gestellt werden.

Diesen Punkt sollten wir nicht aus den Augen lassen. Darum appelliere ich eindringlich an die Unternehmen: Geht in die Schulen, sagt, was ihr von Schülerinnen und Schülern erwartet! Die Schülerinnen und Schüler rufe ich auf: Geht in die Unternehmen, seht euch das an, schaut euch an, was ihr mitbringen müsst, um dort einen Ausbildungsplatz zu bekommen! Ich appelliere an die Schülerinnen und Schüler: Setzt euch auf den Hosenboden, seht zu, dass ihr in eurer Schulzeit das Beste für eure eigene persönliche Perspektive herausholt! Dann werdet ihr in Brandenburg einen Ausbildungsplatz und auch einen Job bekommen.

Wir werden aus Landesmitteln weiterhin das unterstützen, was das MASGF und andere Ministerien zur Beseitigung des Fachkräftemangels bzw. dafür diesen gar nicht erst aufkommen zu lassen, vorgelegt haben. Jedoch sind Schülerinnen und Schüler, aber auch Unternehmen hier genauso in der Pflicht.

Herr Baaske, lassen Sie eine weitere Zwischenfrage zu?

Ich rede noch einen Moment über den Arbeitsmarkt. Wollen Sie nicht erst einmal abwarten, bis ich meine Ausführungen beendet habe? Vielleicht sage ich noch etwas dazu.

Ich wollte keine Frage zum Arbeitsmarkt stellen.

Dann stellen Sie Ihre Frage.

Vielen Dank, Herr Baaske, dass ich die Möglichkeit habe, diese Frage an Sie zu richten. - Sie haben Appelle an die Wirtschaft, auch an die Schülerinnen und Schüler gerichtet, mehr Anstrengungen zu unternehmen, um die Ausbildungsbasis zu vergrößern. Meinen Sie nicht auch...

Jetzt kommt die Umlage.

Ich bin kein Hellseher wie der Kollege Schönbohm. Lassen Sie mich doch erst einmal die Frage stellen.

Meinen Sie nicht auch, dass auch die Landesregierung als größter öffentlicher Arbeitgeber in dieser Region in der Pflicht wäre, deutlich mehr für Ausbildung zu tun, als sie das bisher macht? Nach dem, was wir bisher festgestellt haben, ist die Ausbildungsquote nämlich nicht nur rückläufig, sondern katastrophal. Im letzten Jahr lag diese Quote bei 3 %, während sie in diesem Ausbildungsjahr nur noch 1,25 % beträgt. Meinen Sie nicht auch, dass hier mehr Anstrengungen erforderlich wären?

Wenn Sie vorhin zugehört hätten, hätten Sie vernommen - was Frau Kaiser schon gesagt hat -, dass wir bei den Personalstellen

auf unter 48 000 gehen werden. Ich glaube nicht, dass es viel Sinn macht zu sagen: Wir bilden jetzt aus, um danach nicht zu übernehmen. - Ich denke, da muss man sich genau ansehen, wie die Personalbedarfsplanung in der Landesregierung aussieht, wann wieder junge Leute gebraucht werden, die wir dann auch tatsächlich übernehmen können, und dann sollten wir auch ausbilden.

Aus meiner Sicht macht es keinen Sinn, auszubilden, während der öffentliche Dienst durch die Bank weg nicht in der Lage ist - das sieht bei den Kommunen nicht anders aus -, die Leute danach auch aufzunehmen.

(Bischoff [SPD]: Dafür werden sie nicht gekündigt!)

- Es sähe auch ein bisschen komisch aus, auf der einen Seite zu kündigen bzw. zu sagen: „Wir sparen Personal ohne Ende“ dass es wehtut und schmerzt, hat Frau Kaiser vorhin bemerkt -, auf der anderen Seite aber zu sagen: Jetzt nehmen wir wieder Azubis auf. - Viel Hoffnung kann man denen ja sowieso nicht machen, dass sie übernommen werden, und dann macht natürlich auch das Lernen nicht allzu viel Spaß.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Dann lieber gar nicht lernen!)

Es gibt auf dem gesamten Arbeitsmarkt des Landes positive Signale. Die Zahlen im August dieses Jahres waren so gut wie seit zehn Jahren nicht mehr. Trotzdem - Herr Görke, das sage ich jetzt in Ihre Richtung - sind bei uns viel zu viele Menschen arbeitslos. Die Zahl bewegt sich bei unter 200 000. Das ist zum einen beruhigend, weil die Zahl früher höher war, zum anderen jedoch beängstigend, weil es immerhin noch ein Viertel derjenigen ist, die auf dem Arbeitsmarkt in Brandenburg aktiv sein wollen. Deshalb kann man diese Zahl einfach nicht akzeptieren.

Aus diesem Grunde werden wir in den nächsten Jahren weiterhin etwa 100 Millionen Euro für eine aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung stellen. Gut die Hälfte geht in den nächsten beiden Jahren leider dafür drauf, dass wir die Ausbildungsplatzlücke schließen müssen. Das wird wahrscheinlich der letzte Haushalt sein, in dem es in dieser Dimension nötig ist; aber es geht eben auch darum, andere Programme, die vom Bund kommen, zu konfinanzieren.

Es gibt jetzt noch drei neue Programme, die der Bund aufgelegt hat. Uns wird, glaube ich, insbesondere das Programm Kommunalkombi in diesem Hause noch einmal beschäftigen. Es geht dabei um ein Programm, das sich an Langzeitarbeitslose wendet. Ich sage, es muss insbesondere für den Personenkreis der Älteren sein. Ich habe in diesem Hause schon des Öfteren Programme gefordert, die sich an Menschen über 55 richten, die einen würdigen Weg zur Rente finden müssen. Wir wären mit dem Klammerbeutel gepudert, wenn wir dieses Programm jetzt nicht an irgendeiner Stelle auch tatsächlich unterstützten.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich glaube, unsere Fraktion und die Koalition werden sich dazu durchringen, dies in den nächsten Monaten - bis zur Feststellung des Haushaltes - so zu begleiten, dass wir im Dezember, wenn wir den Haushalt beschließen, Klarheit darüber haben, wie das genau erfolgen kann.