Herr Dr. Klocksin, ich hatte mich jetzt eigentlich schon in die Situation versetzt gefühlt, die Planungen, die wir nach dem Landesentwicklungsplan auf den Weg bringen, in Diskussion zu haben.
Was mich ein bisschen verwundert - vielleicht könnten Sie da für Erhellung sorgen -: Sie haben jetzt die Auseinandersetzung mit der Linksfraktion in Bezug auf die Entwicklung des ländlichen Raumes geführt. Es hat vorgestern eine Anhörung im Bundestagsausschuss stattgefunden, und ebendiese Kritik, die Sie jetzt an uns haben, von wegen, dass der ländliche Raum abgehängt würde und wir sozusagen die Schwarzmaler wären, ist eine Kritik, die Ihre Bundestagsabgeordnete O-Ton-mäßig über die Presse ebenso deutlich gemacht hat. Insofern frage ich Sie einfach, ob Sie möglicherweise hier das Feindbild einfach nur aufbauen, um sich in eine Argumentation zu bringen, die hilft, mit diesem unsäglichen Landesentwicklungsprogramm umzugehen, oder ob das jetzt ernst gemeinte Argumente waren. Im letzten Fall würde ich es vorziehen, mit Ihnen noch einmal darüber zu reden.
In jedem Fall bin auch ich sehr an Gesprächen interessiert. Sie haben mir tiefenpsychologisch hilfreich eine Brücke gebaut. An der Stelle will ich Ihnen dennoch nicht folgen, denn unsere Kollegin Bundestagsabgeordnete mag man zitiert haben, wie man will, aber eine Äußerung, wonach ländliche Räume in Brandenburg abgehängt würden, stammen von der Kollegin mit Sicherheit nicht.
Ich sage Ihnen, dass auch wir bei dem, was uns hier vorliegt, möglicherweise den einen oder anderen Nachbesserungsbedarf sehen. Ich will nicht verhehlen, dass ich es auch für Brandenburg für wünschenswert hielte, unterhalb der mittelzentralen Ebene eine weitere zentrale Ebene zu sehen. Das ist bundesweiter Standard, das ist seit den 30er Jahren Standard, und ich sehe mich da auch sehr nahe beim Städte- und Gemeindebund.
Die Bezugnahme der Bemerkung lag auf den Regionalen Wachstumskernen und deren Wirkung. Wir haben gerade im Wirtschaftsausschuss des Landtages, in dem sich die 15 Regionale Wachstumskerne präsentiert haben, eine Auswertung gehabt.
Ich meine, wir als Politiker im Lande sollten ein lernendes System sein. Das erwarten wir auch von der Verwaltung bzw. der Landesregierung. Insofern wünsche ich mir auch, dass die Erkenntnisse, die wir hier gemeinsam gewinnen, Einfluss nehmen. Nur: Wenn wir uns an der Stelle bitte schön verständigen können: Lassen Sie uns da nicht polarisieren. Das geht im Ergebnis auf Kosten der Leute, und das ist das Schlimme daran. Darüber ärgere ich mich, und da sehe ich dann rot, Herr Heinze. Aber das diskutieren wir in der 2. und 3. Lesung und im Ausschuss. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! „Städtebund kritisiert Landesplanung“, „Weiße Flecken auf der Landkarte“, „Kommunalpolitiker sagen: Gemeinden mit Umlandfunktionen nicht fallen lassen!“ - so, Herr Minister Dellmann, lauteten nur einige der Schlagzeilen, als der vorliegende Gesetzentwurf bzw. Staatsvertrag zwischen Brandenburg und Berlin noch in Arbeit war. Diese Schlagzeilen haben sich, sieht man sich den jetzt vorliegenden Entwurf an, mehr als bewahrheitet.
Ausgehend von dem sogenannten neuen Leitbild und der daraufhin im Wirtschafts- und Infrastrukturressort in Angriff genommenen Konzentration der Fördermittel nur mehr auf sogenannte Wachstumsbranchen in sogenannten Regionalen Wachstumskernen soll nun als nächster Schritt die infrastrukturelle Zentralisierung Brandenburgs erfolgen. Dabei führte bereits die Zentralisierung der Wirtschaftsförderung, wie die Anhörung zu den Regionalen Wachstumskernen im Wirtschaftsausschuss vorige Woche bewies, nur dazu, dass das Land seine Wirtschaftsförderung gemäß der verordneten Totsparpolitik aus dem Hause Speer zunehmend auf ebendiese sogenannten Wachstumskerne verlagert, während der Rest des Landes buchstäblich leer ausgeht. Dasselbe Prinzip soll nun im Bereich der Infrastruktur und Raumordnung mit dem vorliegenden Staatsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg erreicht werden.
Während es in Artikel 44 unserer Landesverfassung nach wie vor heißt - dies kann nicht oft genug zitiert werden -, das Land gewährleistet eine Strukturförderung der Regionen mit dem Ziel, in allen Landesteilen gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen zu schaffen und zu erhalten, bezweckt der vorliegende Staatsvertrag genau das Gegenteil. Unter dem Schlagwort einer sogenannten Polyzentralität soll das bisherige Prin
zip der dezentralen Konzentration nicht nur ausgehebelt, sondern de facto völlig konterkariert werden.
Bewusst wird in § 1 Abs. 4, Herr Dr. Klocksin, sowie in § 2 Abs. 1 und 2 auf die Hauptstadtregion im engeren Sinn, also auf Berlin und den Speckgürtel um Berlin herum, abgestellt. Zudem soll gemäß § 3 mit dem Zentrale-Orte-System - analog zu den Regionalen Wachstumskernen - eine darüber hinausgehende Konzentration der Förderung nur mehr auf wenige Schwerpunktorte erfolgen. So wird es in § 7 Abs. 1 - unter anderem hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur, die nur mehr auf die Strecke zwischen Berlin und den sogenannten Zentralen Orten abstellt - überdeutlich. Der Rest des Landes Brandenburg soll gerade noch als Landschaftsschutzgebiet inklusive touristischer Restnutzung bzw. zur Gewinnung energetischer Rohstoffe dienen oder komplett veröden. Nicht umsonst forderte der brandenburgische Städte- und Gemeindebund eine Korrektur der sogenannten Landesplanung, da ansonsten der ländliche Raum endgültig abgekoppelt würde. Der Landrat des Kreises Potsdam-Mittelmark, Herr Koch, erklärte kürzlich, dass der geplante Staatsvertrag die Abwanderung von noch mehr Menschen aus den Dörfern verstärken würde, und kritisierte die bereits derzeit stattfindende Benachteiligung der Landbevölkerung - im Vergleich zu Städtern - als ungerecht.
Als Vertreterin der DVU-Fraktion sage ich Ihnen: Halten Sie sich an die Landesverfassung, und nehmen Sie diesen Entwurf wieder zurück!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde versuchen, mich kürzer zu fassen und mich zum Thema verständlicher auszudrücken.
Die Länder Brandenburg und Berlin vertiefen ihre Zusammenarbeit stetig - unter anderem durch gemeinsame Ämter, Gerichte oder durch den Flughafen Berlin-Schönefeld.
Ein weiterer, sehr wichtiger Bereich ist die gemeinsame Landesplanung. Dafür wurde eine Gemeinsame Abteilung für die räumliche Planung und Entwicklung der Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg eingerichtet. Es ist Aufgabe dieser Gemeinsamen Landesplanungsabteilung, Landesentwicklungspläne auf der Grundlage des Landesentwicklungsprogramms zu erarbeiten, aufzustellen, zu ändern und fortzuschreiben. Der Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg soll voraussichtlich bis Ende 2008 die bisherigen Landesentwicklungspläne ablösen. Aufgrund dessen haben am 10. Oktober 2007 die Länder Berlin und Brandenburg einen Staatsvertrag über das Landesentwicklungsprogramm 2007 sowie die Änderung des Landesplanungsvertrages unterschrieben.
Dieses Landesentwicklungsprogramm wird den übergeordneten Rahmen für die gemeinsame Landesplanung vorgeben und
enthält Grundsätze der Raumordnung. Der vorliegende Staatsvertrag sowie der geänderte Landesplanungsvertrag liegen heute dem Landtag vor. Die Schwerpunkte des Landesentwicklungsprogramms sind dabei die Hauptstadtregion, die Wirtschaft, die Entwicklung, die zentralörtliche Gliederung, die Kulturlandschaft, der siedlungsfreie Raum, die Verkehrsentwicklung sowie die interkommunale und regionale Kooperation. Über die Bedeutung des Staatsvertrages muss ich nicht mehr viele Worte verlieren. Ich empfehle Ihnen die Überweisung des Gesetzentwurfs. - Herzlichen Dank.
Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung, der Ihnen in der Drucksache 4/5255 vorliegt, an den Hauptausschuss - federführend - und an den Ausschuss für Infrastruktur und Raumordnung. Wer dieser Überweisung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Die Frage zur Abstimmung stelle ich noch einmal, weil von hier nicht richtig abgeschätzt werden kann, wie sich das Stimmenverhältnis darstellt: Diejenigen, die der Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung zustimmen, bitte ich um das Handzeichen. - Ich bitte die Schriftführer, die Stimmen auszuzählen.
29 Abgeordnete stimmen für die Überweisung. Diejenigen, die der Überweisung nicht zustimmen, bitte ich nun um das Handzeichen. - Auch hier bitte ich die Schriftführer, die Stimmen auszuzählen. - 24 Abgeordnete stimmen gegen die Überweisung. Somit ist dieser Gesetzentwurf mit knapper Mehrheit überwiesen.
- Lieber Herr Geschäftsführer, es wurde geklingelt. Eventuell müssen Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen mitteilen, dass das Klingelzeichen etwas Besonderes zu bedeuten hat.
Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst im Land Brandenburg (Brandenburgisches Gesundheits- dienstgesetz - BbgGDG)
An dieser Stelle würde ich Frau Ministerin Ziegler gern das Wort erteilen; jedoch befindet sie sich derzeit nicht im Plenar
saal. Ich bitte darum, die Ministerin zu rufen, da Frau Wöllert zunächst sie hören möchte. Ist es möglich, die Haussprechanlage zu aktivieren? - Falls Frau Ministerin Ziegler uns hört: Im Landtag wird dringend auf sie gewartet. Wir sind bei der 1. Lesung des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst.
Ich nutze die Gelegenheit, eine Besuchergruppe herzlich zu begrüßen, und zwar die Frauengruppe LISA aus dem Landkreis Oberspreewald-Lausitz. Herzlich willkommen!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit 1994 erfüllt der öffentliche Gesundheitsdienst unseres Landes seine Aufgaben nach dem Brandenburgischen Gesundheitsdienstgesetz. Seither sind 13 Jahre vergangen, in denen sehr viel geschehen ist. Es hat sich rechtlich wie auch im Leben sehr viel verändert. Aufgrund dessen besteht auch bei diesem Gesetz enormer Änderungsbedarf. Über die neuen bundes- und landesrechtlichen Regelungen hinaus hat sich auch seine Ausrichtung deutlich gewandelt. Heute haben wir bereits darüber gesprochen, dass sich die präventiven Leistungen mehr auf bestimmte Gruppen wie Kinder und ältere Menschen beziehen. Das Gesundheitsund Krisenmanagement muss heute anders gehandhabt werden als noch vor Jahren. Zunehmend hat der ÖGD auch eine koordinierende und beratende Funktion. Mit dieser Gesetzesnovellierung wurden diese neue Ausrichtung und weitergehende Funktionen des öffentlichen Gesundheitsdienstes gestärkt. Zwar ist der Kinderschutz einer der wichtigen Bestandteile, ich will aber auch ganz deutlich sagen: Das Gesetz insgesamt ist weit mehr als ein Kinderschutzgesetz.
Neben der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung ist der öffentliche Gesundheitsdienst weiterhin eine von drei tragenden Säulen unseres Gesundheitssystems: Infektionsschutz, Hygiene und Gesundheitsschutz. Diese Kernaufgaben sind ständigen Wandlungen ausgesetzt und müssen sich stets aktuellen Gefährdungssituationen anpassen. Eng damit verbunden sind die Gesundheitsvorsorge, die Gesundheitsförderung, die Krankheitsverhütung und die Schaffung gesunder Lebensbedingungen für alle Kinder und Jugendlichen, für Erwachsene und für unsere Älteren.
Natürlich genießen Kinder und Jugendliche unsere besondere Aufmerksamkeit. Aber auch die Gesundheitsberichterstattung und die Koordinierung von Gesundheitsleistungen sind wichtige Bestandteile wie eine nachhaltige Planung und ihre gezielte Umsetzung. Nur so können gesundheitspolitische Maßnahmen erfolgreich sein und kann möglichen Defiziten rechtzeitig begegnet werden.
Die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes sollen ortsnah und bedarfsgerecht erfüllt werden, was wiederum starke kommunale Selbstverwaltungen voraussetzt. Sie sollen mehr und mehr selbst entscheiden können, was in ihrer Region zur
Erfüllung des öffentlichen Gesundheitsdienstes wichtig und notwendig ist. Deswegen wurden zahlreiche Aufgaben reduziert bzw. gestrichen und ebenso auf die Vorgabe bisheriger Strukturen verzichtet.
Grundsätzlich - das ist neu - ist die Aufgabenwahrnehmung als Selbstverwaltungsaufgabe ausgestaltet. Es gibt mehr Eigenverantwortung und damit größere Gestaltungsspielräume. Es liegt jetzt also vor allem auch in kommunalen Händen, diese Verantwortung zugunsten der Region und ihrer Menschen zu nutzen.
Wir sind noch ein Stück weiter gegangen. Mit einer festgeschriebenen Öffnungs- bzw. Experimentierklausel können nun auch private Dritte mit der Umsetzung der Aufgaben beauftragt werden. Damit geht unser Gesetzentwurf zum öffentlichen Gesundheitsdienst über das Brandenburgische Standarderprobungsgesetz hinaus und eröffnet den Landkreisen und kreisfreien Städten dauerhaft die Möglichkeit der Einbeziehung privater Dritter. Das stärkt nicht nur die kommunale Selbstverwaltung, sondern kann sich auch finanziell positiv auswirken.