Protokoll der Sitzung vom 12.12.2007

Ich sage zum Abschluss Folgendes: Die SPD-Fraktion hat gemeinsam mit dem Koalitionspartner drei Schwerpunkte im Doppelhaushalt gesetzt: Arbeit für ältere Menschen. Wir reden über Bürgerarbeit, über den Kommunal-Kombi, den wir aus dem Haushalt unterstützen werden. Wir werden mehr Geld für den Klimaschutz ausgeben; ich glaube, das ist das Gebot der Stunde. Außerdem konzentrieren wir unsere Fördermittel insgesamt, um auch eine hohe Investitionsquote zu halten.

Insgesamt wollen wir weiterhin und in Zukunft ohne Schulden auskommen. Das ist unser politisch erklärtes Ziel.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Die sind ja auch hoch genug!)

Meine Damen und Herren, vor 400 Jahren hat der britischer Staatsphilosoph Thomas Hobbes - die Studenten kennen ihn alle - einmal gesagt, dass für den Wohlstand der Menschen zweierlei Dinge nötig sind, erstens Arbeit und zweitens Sparsamkeit. Ich würde heute eher sagen: erstens Beschäftigung und zweitens Haushaltskonsolidierung.

Ich denke, dass die Arbeit der Großen Koalition jenseits der sehr selektiven Wahrnehmung der Opposition in deren Reden hier im Landtag eine wirklich gute Arbeit macht und seit 2004 auch eine wirklich positive Bilanz vorzuweisen hat. Wir haben eine Investitionsquote, die hoch ist, wir haben eine Nettokreditaufnahme, die im Moment bei null liegt. Wir sparen also, aber mit deutlichem sozialen Augenmaß. Das ist der SPD-Fraktion eine Herzensangelegenheit. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Bischoff. - Das Wort erhält die Abgeordnete Richstein von der CDU.

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bevor ich zur Sache komme, möchte ich mich doch - das ist mir eine Herzensangelegenheit - einmal bei der Landtagsverwaltung bedanken. Denn dieses Konglomerat von Änderungsanträgen, die uns hier vorgelegt werden, haben wir diesmal nicht in einem Papierwust bekommen, sondern in einem Regiebuch ordentlich zusammengeheftet, und ich denke, dass dies unsere Arbeit wesentlich erleichtert. Dafür herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD sowie bei der Fraktion DIE LINKE und vereinzelt bei der DVU)

Nun möchte ich zum Thema Europa kommen, und zwar nicht nur deswegen, weil ein Großteil unserer Einnahmen aus Brüssel kommt, sondern auch deshalb, weil ein Großteil unseres Handelns von Europa geprägt ist, nämlich dadurch, dass wir immer mehr Vorgaben aus Brüssel bekommen.

2007 war für die Bundesrepublik Deutschland europapolitisch gesehen ein sehr erfolgreiches Jahr. Dies auch, weil unsere Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel - natürlich unterstützt durch die Bundesregierung - als Ratspräsidentin eine exzellente Figur gemacht hat. Innerhalb dieser Ratspräsidentschaft haben wir nicht nur die Eckpunkte zur Bekämpfung des Klimawandels festlegen können, sondern wir haben auch - das ist das Entscheidende - Eckpunkte bzw. ein Mandat für die Fortentwicklung eines europäischen Verfassungsvertragswerkes erarbeitet. Es ist ein Mandat an die Ratspräsidentschaft Portugals mit den fixen Eckpunkten gegeben worden, aufgrund derer man sich im Oktober auf einen Vertrag geeinigt hat, und morgen wird endgültig dieser Reformvertrag oder der „Vertrag von Lissabon“, wie ihn einige auch nennen, unterzeichnet werden. Dies ist von Bedeutung - ich spreche es deswegen an -, weil wir davon ganz originär in positivem Sinne betroffen sein werden. Aber mit der morgigen Unterzeichnung ist der Weg noch lange nicht zu Ende, denn dann geht der Ritt noch durch alle 27 Mitgliedsstaaten, und der Vertrag muss ratifiziert werden.

Wir müssen diesen Reformvertrag wirklich als Herausforderung ansehen. Wir werden eine endgültige Subsidiaritätskontrolle im Reformvertrag haben - das ist auch für uns eine Aufgabe. Denn es ist nicht allein eine Sache der nationalen Parlamente und vor allen Dingen auch nicht allein eine Sache des Bundesrates, darüber zu entscheiden, ob Europa in unsere Kompetenzen eingreift, sondern auch der Landtage.

(Beifall des Abgeordneten Bochow [SPD])

- Danke, Herr Bochow.

Ich spreche es an, weil uns oftmals suggeriert wird, dass die Arbeit im Bundesrat eine rein exekutive Arbeit sei. Ich denke, wir als Parlamentarier sollten das Selbstverständnis haben, zu sagen: Wir sind Europa, wir wollen mitgestalten. Wir wollen uns nicht nur nachher beklagen dürfen, was alles schiefgelaufen ist, sondern wir wollen von vornherein sagen können: Hier muss etwas geändert werden. Hier soll etwas so gestaltet werden, dass es für uns von Vorteil ist. - Dafür brauchen wir zwei Dinge: zum einen eine ordnungsgemäße Vertretung in Brüssel und zum zweiten eine angemessene Öffentlichkeitsarbeit.

(Bochow [SPD]: A never ending story!)

- „A never ending story“ ist richtig; ich kritisiere es genauso, wie ich es letztes Jahr kritisiert habe. Ich meine, dass sowohl die Öffentlichkeitsarbeit als auch die Besucherarbeit in Brüssel verbesserungswürdig ist - nicht inhaltlich, denn die Landesvertretung in Brüssel leistet eine große Arbeit. Aber wir müssen sie stärker unterstützen. 15 000 Euro für die Öffentlichkeitsarbeit, das ist wenig, 20 000 Euro für die Besucherbetreuung sind nicht ausreichend. Auch dies habe ich im letzten Jahr gesagt: Wir sind eine von 254 Regionen in Europa. Da müssen wir eine laute Stimme in Brüssel haben, wir müssen uns bemerkbar machen, auch im Verbund mit Berlin. Ich begrüße sehr, dass wir die Metropolregion Berlin-Brandenburg haben. Aber wir

müssen hier noch mehr Einsatz zeigen, damit wir wirklich wortgewaltig in Brüssel auftreten können.

Auch hier mahne ich noch einmal an, dass die Landesregierung bitte ihren eigenen Beschluss umsetzt, dass jedes Ressort einen Mitarbeiter nach Brüssel entsendet. Im Moment sind es gerade vier Ressorts, die originär vertreten sind. Es sind das Wirtschaftsministerium, das MLUV, das Justizministerium und das Innenministerium. Wo, bitte schön, sind die anderen Ministerien, die ganz originär von europapolitischen Reglementationen betroffen sind? Warum sind sie nicht in Brüssel? Warum beklagen wir uns im Nachhinein...

(Ministerin Ziegler: Podcast!)

- Ich freue mich, Frau Ministerin, dass Sie da waren, und ich begrüße es auch. Aber es wäre noch schöner, wenn ein Mitarbeiter aus Ihrem Ressort ständig in Brüssel wäre und dort sehen könnte, was uns betreffen wird. Es wird beispielsweise auf uns noch einmal eine Erweiterung der Antidiskriminierungsrichtlinie zukommen. Das kann man begrüßen. Aber wir müssen sehen, dass wir hier, weil wir in Deutschland schon eine große Regelungswut haben, nicht noch einmal eine Erweiterung erfahren, die wir nachher nicht mehr herumdrehen können. Von daher bitte eine Verstärkung der Vertretung in Brüssel!

Den zweiten Punkt begrüße ich auch sehr: dass wir noch einmal eine Öffentlichkeitskampagne starten. Ich hätte Ihrer Kritik, Frau Präsidentin, beinahe zugestimmt, als Sie sagten, dass leider versäumt wurde, uns als Abgeordnete mit einzubeziehen. Dass Sie aber Ihren Vorstoß nutzen, um letztlich ein Mitglied meiner Fraktion in eine Ecke zu stellen, wo es nicht hingehört, und es falsch zu zitieren, das muss ich strikt zurückweisen. In der Sache sind wir uns einig, aber bitte nicht als vorgeschobenes Argument, um die Kollegen an einem Punkt, wo man eventuell nicht einer Meinung ist, zu kritisieren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Die Landesregierung verzichtet auf das Rederecht. - Ich rufe den Abgeordneten Vietze auf. Er spricht für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit 1990, mit der Konstituierung dieses Landtages, habe ich die Chance, an allen Landtagsdebatten teilzunehmen und mich immer zu den gewichtigen Plänen des Ministerpräsidenten, des Landtages und des Verfassungsgerichts zu äußern. Das hat über die Jahre durchaus Spaß gemacht. Mit dem Doppelhaushalt heute habe ich möglicherweise die letzte Möglichkeit, mich zu Haushaltsfragen zu äußern, wenn nicht ein Nachtragshaushalt nötig wird, aber da will ich nicht unken.

Miterlebt habe ich am Anfang - Herr Bischoff hat darauf verwiesen - eine Umbruchsituation. Jawohl, es gab Defizite, die sind nicht zu leugnen, und es hat Geld gekostet, diese Lücken zu schließen. Aber ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass Finanzminister Kühbacher schon in der Haushaltsdebatte 1995 deutlich gemacht hat, dass die Kreditaufnahmen „in den

ersten Jahren unvermeidlich waren, um unsere ehrgeizigen, aber doch erfolggekrönten Investitionspläne durchzusetzen. Die 22 Milliarden DM, die wir eingesetzt haben, waren angemessen.“ Nun sage ich: Wir reden zwar nicht mehr über alles, was noch größer werden sollte, als es jemals war, was noch schöner, noch effizienter und besser werden sollte - es geht um Großprojekte, über die wir jetzt nicht mehr reden -, aber - Herr Bischoff, seien Sie so ehrlich, das zuzugeben - für diese großen Pläne, die sich bei den Investitionen nicht ausgezahlt haben, zahlen wir heute auch in dieser Dimension an die Banken, die sich dafür übrigens sehr bedanken; denn das, was der Steuerzahler zahlt, führt ja auf der anderen Seite zu einer Gewinnerwartung. Das wiederum führt dazu, dass die Bankenvorstände, wenn die Banken besonders erfolgreich wirtschaften, besonders hohe Bezüge bekommen. Das heißt, das alles machen wir hier mit! Wir brauchen nicht über die Höhe von Bezügen zu beschließen, wir müssen einfach nur dafür Sorge tragen, dass wir eine Solidität in der Haushaltswirtschaft haben.

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Nun sagen Sie und Herr Bischoff in besonderer Weise: Das alles war immer sehr erfolgreich, es war immer alles so geplant. Im Prinzip war es, wenn es von der SPD kam, auch immer „alternativlos“. Es gab hier einmal einen Kollegen, der gesagt hat:

„Was die Opposition in der Beratung zum Haushalt 1997 erlebt hat, war das altbekannte Szenario. Es wurde ein Haushaltsentwurf vorgelegt, dem es wie in den vergangenen Jahren an Haushaltsklarheit und Gestaltungswillen mangelt, der unsolide ist und die Zukunft mit Füßen tritt. Die Landesregierung nimmt keine zielorientierte Umgestaltung der Aufgabenstruktur zur Stärkung des Standorts Brandenburg vor, sondern kürzt, schichtet planlos und ohne jede erkennbare Schwerpunktsetzung um. Somit sehen wir uns einem Haushaltsentwurf gegenüber, der an politischer Konzeptionslosigkeit kaum zu übertreffen ist.“

Das sagte 1997 der Fraktionsvorsitzende der CDU, Herr Wagner, in diesem Haus. Da waren schon sieben Jahre ins Land gegangen. Übrigens haben sich die Kollegen der CDU damals auch beklagt, dass alle ihre Vorschläge abgelehnt wurden. Jetzt haben wir eine Große Koalition von CDU und SPD, und jetzt geht es natürlich noch erfolgreicher vorwärts. Das ist ja logisch. Denn wenn sich zwei so bedeutende Parteien im Interesse des Landes einig sind, entwickelt sich das alles.

(Baaske [SPD]: Das ist eine Frage des Klassenstand- punkts!)

- Nein, überhaupt nicht. Das ist einfach nur die Frage, wo man in diesem Parlament sitzt.

(Heiterkeit und Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Dazu sage ich Ihnen, Herr Baaske: Das hätte ich mir gewünscht. Ich habe in den letzten 17 Jahren zweimal ein Buch von Sozialdemokraten geschenkt bekommen. Darauf stand: „Demokratie wagen“. Einmal war das Buch von Willy Brandt, ein anderes Mal ein Buch von dem langjährigen Ministerpräsidenten dieses Landes. Nun sage ich Ihnen: Vielleicht sollten Sie wirklich einmal eine Veranstaltung ohne Gäste machen, wo man sich fragt: Was heißt denn heute in einem deutschen Landtag „Demokratie wagen“? Könnte das möglicherweise dazu

beitragen, dass man das, was die Opposition denkt und vorschlägt, ein bisschen ernster nimmt, dass man einmal darüber nachdenkt? - Herr Bischoff macht es sich da ganz leicht. Er sagt, wir wollten da 62 Millionen Euro einsetzen und alle bedienen.

(Bischoff [SPD]: Das sagt ihr, nicht ich!)

Mit 62 Millionen Euro können Sie in diesem Land die größte Not lindern, aber nicht alle bedienen.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Sie müssten schon allein wissen, welche Prämissen wir auf diesem Gebiet haben.

(Bischoff [SPD]: Und schon gar nicht aus Krediten!)

- Zu den Krediten komme ich noch. Damit tue ich Ihnen einen besonderen Gefallen; es muss ja Ihr Beitrag gewürdigt werden.

(Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE)

Wir haben jetzt von Ihnen gehört - Frau Funck hat sich in gleicher Weise lobend geäußert -: Der Haushalt ist unter schwierigen Bedingungen zustande gekommen, er hat eine klare Schwerpunktsetzung, es ist ein Haushalt der Vernunft, er ist logisch, weil er von Ihnen kommt, ein Haushalt der Verantwortung, er ist ein Haushalt der Konsolidierung, es ist einfach so, dass man sehr stolz sein kann, und Sie erwarten jetzt ein großes Lob.

(Baaske [SPD]: Ein guter Haushalt!)

Das ist schwierig. Denn eine Sache ist: Das Lob will ich nicht geben, und trotzdem bekomme ich Gewissensbisse. In der „Berliner Zeitung“ stand, dass mit dem Kollegen Rainer Speer das Land finanzpolitisch so solide betrieben wird wie nie zuvor. Gucke ich es mir an, muss ich sagen: Gemessen an dem, was Kühbacher großzügig - wenn auch alles begründet - ausgegeben hat, was Frau Simon unter den Bedingungen der alleinigen Herrschaft der SPD ausgeben musste, obwohl man zwar keine großzügigen Akte vorhatte, sondern einfach nur „im Interesse der Menschen“ dachte, war Frau Ziegler die Erste, die wirklich eine Wende herbeiführen wollte. Sie hatte das Pech, dass Rot-Grün regierte und uns die Reformpakete von Rot-Grün die Zuwendungen nahmen. Damit hing sie in der Luft.

(Schulze [SPD]: Davon zehren Sie aber heute noch!)

Nun haben wir einen Finanzminister, der das Glück hat, dass er in einer Situation regiert, in der der Haushalt erfolgreich konsolidiert wird. Er ist sozusagen konsequenter als alle anderen. Außerdem hat er den Vorteil, dass sich die Wirtschaft positiv entwickelt. Er hat auch den großen Vorteil, dass im Bundestagswahlkampf die SPD gesagt hatte: Mit uns keine Mehrwertsteuererhöhung. - Die CDU sprach ehrlichherweise von 2 %. Schließlich haben sie 3 % vereinbart, und nun stellen alle überrascht fest: Wenn ich den Bürgerinnen und Bürgern in die Tasche greife und 3 % mehr Mehrwertsteuer aus ihnen heraushole, habe ich am Ende natürlich höhere Steuereinnahmen und bin ganz stolz auf meine Sparpolitik. Dazu muss ich sagen: Das ist kein Ausdruck von Sparpolitik, sondern der Griff in die

Taschen der Bürgerinnen und Bürger. Den halten wir Ihnen vor, und den haben Sie zu verantworten!

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Trotzdem sage ich: Einen solch konsequenten Finanzminister hat man selten. Er macht auch deutlich, große Schwierigkeiten mit dem zu haben, womit sich die Situation perspektivisch wieder verschlechtern wird, nämlich mit der Unternehmenssteuerreform. Er ist davon nicht begeistert. - Brandenburg auch nicht. Das finde ich ganz in Ordnung. Ich frage nur: Was ist denn los, dass wir in Deutschland jetzt aufgefordert sind, darüber nachzudenken, Unternehmen zu entlasten?