Auf weitere Kritikpunkte kann ich aus Zeitgründen leider nicht eingehen. - Unsere Fraktion wird der Beschlussempfehlung des Ausschusses nicht folgen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ausgezeichnete Schulen, leistungsorientierte Wissensvermittlung und eine solide Wertebasis sind Ausgangspunkte für den Erfolg im späteren Berufsleben. Die Grundlagen dafür werden im Schulleben geschaffen.
Neben den Inhalten, die ich gerade kurz skizziert habe, gibt es eine weitere wichtige Frage, nämlich die der Strukturen. Auch dafür gibt es im Land Brandenburg Grundlagen. Hatten wir
noch im Schuljahr 2002/03 ungefähr 140 000 Schüler im Bereich der 7. bis 10. Klassen, so wird diese Zahl innerhalb weniger Jahre auf 70 000 sinken.
Das heißt, wir verzeichnen einen dramatischen Rückgang der Schülerzahlen. Derzeit gibt es für Schüler in dem genannten Alter ungefähr 290 Schulen, von denen man nach Aussagen des Ministeriums ungefähr 160 langfristig wird erhalten können. In der Konsequenz bedeutet dies: Wir brauchen in Brandenburg klare Schulstrukturen und die Oberschule.
Ich möchte gleich zu Beginn meiner Rede die oft aufgestellte Behauptung zurückweisen, wir hätten nicht genügend diskutiert, nicht genügend debattiert. In Wahrheit haben wir uns viel zu viel Zeit gelassen.
Wir haben uns nicht zu wenig Zeit genommen, sondern wir haben uns viel zu viel Zeit damit gelassen, das Gesetz zu verabschieden. Dies müssen wir aber nun heute tun, um die für die nächsten Schuljahre notwendigen Vorbereitungen zu treffen.
Die GEW möchte zu Beginn des neuen Jahres eine Kampagne ins Leben rufen, womit sie - das werfe ich ihr vor - Unsicherheiten erst richtig schürt. Ich kann der GEW nur raten: Tun Sie das nicht! Am Ende ist Ihr Handeln nicht im Interesse der Kinder in diesem Land.
aber dass Sie, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, im selben Atemzug ein Schulgesetz vorlegen, das ähnlich umgesetzt werden müsste wie das unsere, lassen Sie dabei außen vor. Sie können uns nicht vorwerfen, dass wir zu rasch vorgehen, wenn Sie zeitgleich einen eigenen Gesetzentwurf in den Landtag einbringen.
Nachdem wir das Gesetz auf den Weg gebracht haben, zieht jener Herr Fuchs durchs Land Brandenburg und will alle Schüler, Eltern und Lehrer aufwiegeln, sich gegen das Gesetz zu stellen. Das ist eine Art und Weise, Politik zu machen, die ich nicht akzeptieren kann.
Dass es Kritik an unserem Gesetz gibt, ist ganz logisch. Wenn 18 Anzuhörende eine große Palette von Themen ansprechen, dann können wir nicht alles davon in den Gesetzentwurf integrieren. Meine Damen und Herren von der PDS, Sie können das aufgrund ihrer „Ausgeglichenheit“ auch nicht, obwohl Sie es gern möchten. Wir machen nur das, was wir am Ende auch ins Gesetz packen können. Wir haben uns als Koalition mit Sicherheit genügend Zeit genommen und nach der Anhö
rung und nach Gesprächen im Land am Gesetzentwurf Veränderungen herbeigeführt, die Ihnen heute zur Abstimmung vorliegen.
Was haben wir in den letzten Jahren eigentlich gehabt? Jedes Mal, wenn eine Schule im Land Brandenburg geschlossen werden sollte, gab es Anschreiben an den Landtag mit dem Hinweis, endlich zu handeln, etwas zu machen. Jetzt machen wir das und plötzlich gibt es wieder Bedenkenträger, die uns das Gegenteil sagen. Ich erkläre Ihnen eindeutig: Zum neuen Schuljahr wird dieses Gesetz in Brandenburg umgesetzt. Dazu ist eine ganz klare Grundlage gegeben.
Frau Siebke, Sie haben PISA und das gegliederte Schulsystem in Brandenburg bzw. in Deutschland angesprochen. Es gibt in der PISA-Studie keinen Satz dahin gehend, dass dieses gegliederte Schulsystem Klarheit darüber herbeiführt, welche Schulleistungen am Ende abgerufen werden können. Für mich ist es schizophren, wenn die Siegerländer in Deutschland zu Verliererländern gemacht werden, weil Ihnen das System nicht passt. Die Realität ist in Deutschland eine andere. Das müssen wir endlich einmal anerkennen.
Kommen wir zur Oberschule zurück. Erstens: Die Oberschule ist und bleibt ein Gewinn für Schüler, Eltern und Lehrer.
Zweitens wird die Entscheidungsfreiheit vor Ort gestärkt. Es heißt immer wieder, die Gegebenheiten in Brandenburg seien sehr unterschiedlich. Darauf gehen wir ja genau ein, indem wir mehrere Möglichkeiten schaffen, wie unterrichtet werden kann oder soll. Wir geben vor allen Dingen auch den Leuten vor Ort die Gelegenheit, darüber zu entscheiden. Die Entscheidungsfreiheit vor Ort noch mehr zu stärken, als es in unserem Gesetzentwurf vorgesehen ist, ist praktisch nicht möglich.
Drittens: Es ist ein Argument der GEW und auch der PDS, dass angeblich die Durchlässigkeit nicht gegeben sei. - Jeder Schüler kann zum Schulhalbjahr oder zum Schuljahresende den Bildungsgang wechseln. Er kann auch den Besuch am Gymnasium fortsetzen. Das heißt, wir haben eine Möglichkeit geschaffen, die das widerlegt, was Sie immer wieder mit falschen Behauptungen hier in den Raum werfen. Eine Lüge von Ihrer Seite wird auch dann nicht besser, wenn Sie sie andauernd und ständig wiederholen.
Sie, Herr Vietze, können sogar - Sie persönlich nicht mehr, aber Ihre Enkelkinder oder wer auch immer aus Ihrer Familie - nach der Klasse 10 das Gymnasium besuchen und das Abitur machen, also nach der Oberschule auf das Gymnasium wechseln.
- Sie haben es gemacht, andere konnten es aufgrund der damaligen politischen Gegebenheiten, als Sie hier noch regiert haben, Herr Vietze, eben nicht machen. Das muss man an der Stelle einmal ganz deutlich sagen.
Viertens: Es ist auch gesagt worden, dass wir in der Koalition nicht sehr heftig, aber lebhaft über die Frage der Abschlussbezeichnungen diskutiert haben. Ich denke, wir haben einen Weg gefunden, der einerseits dem Koalitionsvertrag entspricht, bundesweit übliche Bezeichnungen zu finden, egal, von welcher Partei das jeweilige Land regiert wird, und bei dem wir andererseits auch auf die Bedingungen in Brandenburg eingehen. Das ist auch im Interesse der Schülerinnen und Schüler.
Fünftens: Wir reden hier von einer Schulstruktur. Diese hilft noch lange nicht, auch die inhaltlichen Bedingungen in Brandenburg grundlegend zu verbessern. Da haben wir noch einen weiten Weg vor uns. Aber wir haben uns in der Koalition ganz klar darauf verständigt, Leistungsanforderungen und -kriterien entsprechend der Realität umzusetzen.
An die Adresse der PDS sage ich ganz klar: Wir handeln im Interesse der Schülerinnen und Schüler im Land Brandenburg. Wir halten die Oberschule für einen Gewinn für Schüler, Eltern und Lehrer. Wir stehen zur inhaltlichen Bildungsoffensive im Land Brandenburg und werden diese im nächsten Jahr parallel angehen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie heute dem von der Koalition eingebrachten Entwurf des Schulstrukturgesetzes zustimmen, haben Sie die Möglichkeit, eine zukunftsweisende Schulstruktur für das Land Brandenburg zu schaffen. Das ist meine Überzeugung.
Das Hauptziel, die Einführung einer Schulform mit zwei Bildungsgängen, die die bisherigen Gesamtschulen ohne gymnasiale Oberstufe und die bisherigen Realschulen ersetzt, ist trotz einiger Änderungen weiterhin Kern des Gesetzes.
Kritiker - das haben wir heute schon mehrfach gehört - behaupten, es handele sich hierbei um eine übereilte Geburt. Ich sehe das etwas anders. Es ist ohne Zweifel eine schnelle Geburt. Schnelle Geburten bringen auch Probleme, wie man weiß. Aber es ist eine Geburt, die längst überfällig war. Schaut man zurück, kann man sich nämlich die berechtigte Frage stellen: Wie lange sollte denn dieses Kind noch ausgetragen werden?
Die Standpunkte liegen schon seit langem auf dem Tisch. Es wurden mehrere Gutachten eingeholt. Die Faktenlage vor Ort konnte zunehmend mit der bisherigen Gesetzesgrundlage nicht mehr in Übereinstimmung gebracht werden. Ich möchte daher noch einmal die wichtigsten Argumente nennen, die für die Einführung der Oberschule sprechen.
Mit der Oberschule wird das Wegbrechen schulischer Wahlmöglichkeiten zukünftig verhindert. Die Schulstruktur wird im Land Brandenburg besser überschaubar. Der jahrelange Schulformstreit wird beendet und die Schulstruktur entspricht dann den tatsächlichen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler.
Die Diskussion der letzten Woche hat mich allerdings hellhörig werden lassen. Wir werden nicht zulassen, dass der Schulformstreit nun durch einen Streit über die Unterrichtsorganisation ersetzt wird. Die Philosophie des vorliegenden Gesetzentwurfs ist eindeutig: Die Selbstständigkeit, aber auch - darauf lege ich persönlich besonderen Wert - die Verantwortung der Schule und ihrer Entscheidungsträger hat deutlich an Gewicht gewonnen.
Die Einführung der Oberschule ist eine Chance, auf die Ergebnisse der PISA-Untersuchungen, die für Deutschland nicht zufrieden stellend ausgefallen sind, mit neuen pädagogischen Konzepten zu reagieren. Der Gesetzentwurf eröffnet hierfür ausreichend Spielräume.
Insbesondere wird es Aufgabe der Oberschule sein, verantwortungsvoll gegenüber allen - ich betone: allen - Schülerinnen und Schülern und ausgerichtet an deren Bedürfnissen über die Form der Unterrichtsorganisation selbst zu beschließen. Ich begrüße es, dass diese Entscheidung durch die Schule getroffen wird. Unbürokratische, schnelle Entscheidungsprozesse werden helfen, sich von Schuljahr zu Schuljahr auf unterschiedlich zusammengesetzte Schülerschaften - denn das kann von Jahr zu Jahr durchaus passieren - einstellen zu können.
Ich freue mich auch, dass das neue Aufnahmeverfahren den Bildungsausschuss unverändert passiert hat. Es gewährleistet für alle Oberschulen grundsätzlich gleiche Ausgangsbedingungen. Es lässt sich von dem Grundgedanken leiten, dass in der Regel alle Schülerinnen und Schüler über die Fähigkeiten, Leistungen und Neigungen verfügen, die erforderlich sind, den Anforderungen der Oberschule gerecht zu werden. Damit ist das eine Schule für alle.
Das Aufnahmeverfahren sichert eine wohnortnahe Beschulung für alle Schülerinnen und Schüler und eröffnet darüber hinaus für alle übernachgefragten Schulen die Möglichkeit, über besondere Gründe auch Schülerinnen und Schüler aufzunehmen, die zwar weiter entfernt wohnen, aber zum Beispiel für das schulische Angebot in besonderer Weise geeignet sind.
Auch hier wird deutlich, dass es die Aufgabe aller Oberschulen sein wird, sowohl für die Schülerinnen und Schüler, die die erweiterte Berufsbildungsreife, als auch für diejenigen, die die Fachoberschulreife erwerben wollen, entsprechende Angebote vorzuhalten und auch die Schüler zu fördern, die sich in ihren Leistungen so entwickeln, dass sie die allgemeine Hochschulreife erlangen wollen.
Die Koalitionsparteien haben sich darauf geeinigt, dass sich die Bezeichnungen der Schulabschlüsse an den bundesweit üblichen Namen orientieren sollen. Das ist ein Punkt, der heute mehrmals zur Sprache gekommen ist. In § 17 wird mit der Benennung der bisherigen Abschlussbezeichnungen im Land Brandenburg und der in der Mehrzahl der Bundesländer verwendeten Bezeichnungen eine Kompromisslösung gefunden, die den Bürgerinnen und Bürgern hilft, die Stellung des erworbenen Abschlusses im Gesamtsystem und im System anderer Bundesländer einordnen zu können.
In der letzten Woche nach der Veröffentlichung der PISA-Ergebnisse hat es eine interessante Diskussion gegeben. Auch darauf ist hier schon Bezug genommen worden. Es stellte sich heraus, dass zwischen der Schulstruktur in den einzelnen Län
dern - also „einheitlich“ oder „gegliedert“ - und dem Leistungsvermögen der Schüler kein direkter Zusammenhang herzustellen ist. Allerdings sind die Leistungssteigerungen der deutschen Schüler in Mathematik und Naturwissenschaften in erster Linie auf eine Steigerung des unteren Leistungsegments an Gymnasien zurückzuführen, während das Leistungsvermögen der Hauptschüler weiter abgefallen ist.