Die von meiner Fraktion monatlich abgefragten Zahlen zur rechtsextremistisch motivierten politischen Kriminalität zeigen zudem: Ein Rückgang ist hier trotz erheblicher Bemühungen, die wir sehen und unterstützen, leider nicht zu verzeichnen.
Sicher, mit dem vor zehn Jahren ins Leben gerufenen Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit - „Tolerantes Brandenburg“ - konnten und können wir uns sehen lassen. Es ist in seinem Bemühen, die Zivilgesellschaft gegen rechtsextreme Einstellungen und Gesinnungen zu stärken, mit seiner mobilen Beratung und seiner Opferbetreuung auch Vorbild für andere Bundesländer. Mittlerweile gibt es vielfältige Kooperationsvereinbarungen, etwa mit den Gewerkschaften, dem Landesfeuerwehrverband und dem Landessportbund. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, wie sich die Zivilgesellschaft für Demokratie und gegen Rechtsextremismus engagiert.
Nebenbei bemerkt: In diesem Sinne ist vielleicht auch der Vorschlag von Prof. Heinz Kleger zu einer breiten Debatte um ein
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Umbau der Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus hat im letzten Jahr für erhebliche Unruhe gesorgt. Erst nach vielfältiger und lautstarker Kritik ist es gelungen, den thematischen Schwerpunkt beim Rechtsextremismus zu belassen und bewährte Einrichtungen zu erhalten.
Dennoch haben sich 21 Kreise und Kommunen um eine Förderung lokaler Aktionspläne bemüht, wobei aber nur 10 Kommunen gefördert werden. Eine Ergänzung des Landes für die abgelehnten Projekte lässt auf sich warten. Zudem geraten auch Träger von Modellprojekten immer wieder in finanzielle Schwierigkeiten.
Wir alle, Christdemokraten, Sozialdemokraten und die demokratische Linke, sind mit starken Worten gegen die rechtsextreme Herausforderung in das neue Jahr gestartet. Das dürfen und sollen nicht nur fromme Neujahrsvorhaben gewesen sein. Der Landtag muss seiner Verantwortung gerecht werden und eine Präzisierung der Landesverfassung zur Ächtung faschistischen Gedankenguts auf den Weg bringen. Was in Mecklenburg-Vorpommern möglich war, sollte auch in Brandenburg geschehen.
Die Fraktion DIE LINKE in diesem Hause - das möchte ich an dieser Stelle abschließend betonen - ist dazu bereit. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist gut, dass wir uns alljährlich im Januar eines wichtigen Teils der europäischen Geschichte erinnern und den 27. Januar 1945, den Tag, an dem die kläglichen menschlichen Reste aus der Vernichtungsmaschinerie der Nationalsozialisten befreit werden konnten, in den Blick nehmen. Es wäre wahrscheinlich gar nicht so schlecht, wenn wir an einem der beiden Tage im Januar-Plenum eine Aktuelle Stunde nur für dieses Thema, für ein Stück Geschichtsbetrachtung und Definition der daraus folgenden Aufgaben, auch mit Blick auf die Zukunft, gerade auch für junge Menschen, wie sie auch jetzt wieder unsere Gäste sind, vorsähen.
Die Verfassung des Landes Brandenburg hat, ähnlich wie das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, eindeutige Maßstäbe festgelegt und Lehren gezogen dahin gehend, dass aus dieser wunderbaren Kulturnation Deutschland, der Nation der Musiker, der Dichter und Denker, nie wieder ein Staat der Richter und Henker werden kann. Das ist sehr wichtig. Deshalb möchte ich gern darauf hinweisen, dass es entsprechende Vorkehrungen gibt, dass wir uns Anfang der 90er Jahre darauf verständigt haben, was unsere wichtigsten Grundsätze in diesem Zusammenhang sind. In der Präambel unserer Landesverfassung heißt es:
„Wir, die Bürgerinnen und Bürger des Landes Brandenburg, haben uns in freier Entscheidung diese Verfassung gegeben, im Geiste der Traditionen von Recht, Toleranz und Solidarität in der Mark Brandenburg, gründend auf den friedlichen Veränderungen im Herbst 1989, von dem Willen beseelt, die Würde und Freiheit des Menschen zu sichern,“
Die Würde und Freiheit aller Menschen, die zu uns kommen und bei uns leben. Die Würde der Menschen zu sichern, Menschen gern zu beherbergen und ihnen auch Schutz zu gewähren hat eine lange Tradition. Ich habe vorhin noch einmal im Original des Toleranzedikts von Potsdam gelesen, das am 29. Oktober 1685 von dieser Stadt ausgegangen ist. Das können wir nicht in jeder Hinsicht mit den heutigen Gegebenheiten vergleichen, aber es ist immer noch so, dass Humanität und vor allem auch christliche Kultur und christliches Mitleiden, wie es der Kurfürst formuliert hat, Teil unserer Gesamtkultur sind und unsere Aufgabe bestimmen, mit Fremden, mit andersartigen Menschen umzugehen.
„Das Volk des Landes Brandenburg bekennt sich zu den im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, in der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, in der Europäischen Sozialcharta und in den Internationalen Menschenrechtspakten niedergelegten Grundrechten.“
Das ist eindeutig und klar, ist auch durch nichts anderes, auch nicht durch andere Interpretationen, zu überbieten.
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt und Grundlage jeder solidarischen Gemeinschaft.“
In diesem Verfassungsartikel steht auch bereits, dass nicht nur keine Gewalt gegen die Menschenwürde von staatlicher Seite ausgehen darf, sondern dass die Gesellschaft, alle diejenigen, die hier in Brandenburg leben und Verantwortung tragen, darauf zu achten haben, dass das Neben- und Miteinander funktioniert, dass die Nachbarn, Freunde und Bekannten weder individuell noch staatlich irgendeiner Gewalt ausgesetzt werden.
„Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Jede Willkür und jede sachwidrige Ungleichbehandlung ist der öffentlichen Gewalt untersagt.“
Als ich als ehemaliger DDR-Bürger das erste Mal ins westliche Ausland, in die Vereinigten Staaten von Amerika, reisen durfte und dort eine große jüdische Gemeinde kennenlernte, wurden mir gleich viele Fragen gestellt, die ich mittlerweile schon öfter gehört habe: Wie konnte in einem Land der drei großen B - von Bach, Beethoven und Bruckner -, von Mozart, Lessing und Schiller, das geschehen, was mit Auschwitz und Birkenau verbunden ist? Wie war so etwas möglich, und wie geht ihr heute damit um? - Da habe ich gemerkt, dass gerade solche Tage wie
der heutige, an dem sich ein Parlament, hier: der Landtag von Brandenburg, erinnert, Aufgaben formuliert und nach vorn blickt, möglicherweise noch für Jahrzehnte eine wichtige demokratische und parlamentarische Pflicht sind.
Wir sollten aber auch immer wieder darauf achten, dass unsere Schülerinnen und Schüler in diesem Zusammenhang viele Dinge lernen. Ich habe erst kürzlich wieder Schülergruppen erlebt, in denen 17- oder 18-jährige junge Frauen und Männer mit dem Datum des 1. September 1939, dem Grund, den Ursachen, dem Hintergrund für den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, nichts anzufangen wussten. Das ist ein Beispiel dafür, wo wir ansetzen müssen.
Ich möchte etwas anderes anfügen, was in diesem Zusammenhang relevant ist. Wenn wir immer so schön über die preußische Geschichte reden, über Sekundärtugenden wie Ehrlichkeit, Fleiß, Treue, Pünktlichkeit oder über Kardinaltugenden wie Klugheit, Tapferkeit, Gerechtigkeit und Mäßigung, dann muss uns klar sein, dass solche Tugenden auch schnell missbraucht werden können, wenn sie nicht an Recht, an Menschlichkeit und vor allem an eine demokratische Verfassung gebunden sind. Auch ein Sozialstaat mit reinen sozialen Wohltaten führt dann, wenn er mit einem diktatorischen oder autoritären System verbunden ist, nicht in eine gute Zukunft für die Menschen, sondern wird missbraucht oder instrumentalisiert.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich eine Erfahrung aus der Arbeit hier im Parlament im Zusammenhang mit Schülergruppen wiedergeben, die mich sehr besorgt macht. Schüler, die uns hier besuchen, wundern sich manchmal über bestimmte Dinge, stellen kritische Fragen an die Demokratie, etwa die Frage, ob Wahlkämpfe so scharf sein müssen, ob sich Parlamentarier, Politiker so heftig angreifen müssen. Solche Fragen dürfen wir nicht dazu benutzen, die Demokratie verächtlich zu machen oder zu kritisieren. Vielmehr müssen wir den Schülern klarmachen, dass Wahlkampf kein Runder Tisch, keine Harmonieveranstaltung ist, sondern dass es wichtig ist, dass demokratische Parteien in der betreffenden Auseinandersetzung auch ihre Probleme, Sorgen, Ansprüche und Lösungen deutlich machen.
Andere Fragen, die von Schülergruppen gestellt werden, gehen etwa dahin, warum bei einzelnen Tagesordnungspunkten im Plenarsaal Unruhe herrscht, warum einige Abgeordnete miteinander sprechen und dem jeweiligen Redner nicht zuhören. Ich meine, es ist wichtig, auch solche Fragen nicht für eine Demokratiekritik zu instrumentalisieren, sondern zu erklären, dass eine Plenarsitzung auch ein Markt der Möglichkeiten ist und dass es an dem Redner ist, die anderen Abgeordneten als Zuhörer für sich zu gewinnen. Also die Demokratie nicht zu kritisieren, sondern zu verteidigen, jungen Menschen zu erklären, dass Demokratie im Sinne der entsprechenden Äußerung von Churchill zwar nicht die ideale, aber doch die beste vorstellbare Staatsform ist, ist eine der wichtigsten Aufgaben.
Lassen Sie mich zum Schluss noch Heinrich Heine zitieren, der einen kurzen Aufsatz von vielleicht drei oder vier Seiten geschrieben hat, der es im Übrigen lohnt, Herr Minister, auch in den Schulen gelesen zu werden. Heine unterscheidet darin zwischen Sitte und Sittlichkeit und formuliert etwa wie folgt:
Menschen unterschiedlicher Nationen haben unterschiedliche Sitten, die anzuerkennen bzw. zu kennen sehr wichtig ist. Aber die Sittlichkeit, die Menschlichkeit, ist das, was uns verbindet, und das ist das Zentrum unserer Demokratie und des Umgangs miteinander. - Das gilt auch für das Land Brandenburg.
Da meine Redezeit abgelaufen ist, gestatten Sie mir nur noch einen Satz. Wir bauen nicht nur in unserer Landeshauptstadt Potsdam auf dem Alten Markt unser neues Parlamentsgebäude und später einmal die Garnisonkirche, sondern dazwischen ist auch noch der Standort der neuen Synagoge. Die Landesregierung hat sich schon sehr angestrengt. Wir alle sollten uns hier in der Landeshauptstadt engagieren mit dem Ziel, dass wir in absehbarer Zeit für das jüdische Leben wieder ein richtiges, erkennbares, nutzbares Bauwerk haben. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Gegen Rechtsextremismus und fremdenfeindliche Gewalt - für ein tolerantes und weltoffenes Brandenburg“. Das sind drei Schlagworte auf einmal: „Rechtsextremismus“, „fremdenfeindliche Gewalt“ und „weltoffenes, tolerantes Brandenburg“.
- Frau Kaiser-Nicht, Sie haben Recht: Die Zeit ist gar nicht ausreichend, um das alles eingehend zu erörtern. Deshalb habe ich mir nur einen Punkt herausgesucht, und zwar die „fremdenfeindliche Gewalt“.
Bundesweit wird zwar über die Ausländergewalt diskutiert, also über Fremde, die gegenüber Deutschen Gewalt ausüben, aber hier in Brandenburg ist das kein Thema. Wir haben ein ganz anderes Thema, nämlich die Gewalt Deutscher gegenüber Fremden.
Wahrscheinlich muss dieses Thema auch sehr gravierend sein; denn sonst stünde es heute nicht auf der Tagesordnung. Dass Gewalt auch gegen Deutsche stattfindet, wie neulich in Brandenburg, wo ein Jugendlicher von einem 17-jährigen Asylbewerber mit dem Messer attackiert wurde, will ich gar nicht erst erwähnen. Es ist ja letztendlich nur ein Deutscher, und es ist so, wie mein Kollege Arnold Graf zu sagen pflegt: „Wenn das Opfer Deutscher ist, man die Tat ganz schnell vergisst.“
Also: Wenn man den Verlautbarungen der Genossen Glauben schenken darf, dann muss die fremdenfeindliche Gewalt hier in Brandenburg gravierend sein. Aber da die Genossen ja seit jeher zur Übertreibung neigen, habe ich mir einmal die Mühe gemacht und mir die polizeiliche Kriminalstatistik des Jahres 2006 genauer angesehen.
Und siehe da: Es wurden 5 400 Fälle von Gewalt zur Anzeige gebracht. Doch wie viele von diesen 5 400 gemeldeten Fällen sind denn nun wirklich Gewalttaten gegenüber Fremden? Das war dieser Statistik leider nicht zu entnehmen. Aber ich konnte dieser Statistik entnehmen, dass 400 der ermittelten Gewalttäter nicht Deutsche waren. Also fast 7 % der Gewalttäter hier in Brandenburg sind Fremde, und das, obwohl in Brandenburg lediglich 1,83 % Ausländer wohnhaft sind.
Dazu habe ich mir wiederum die Mühe gemacht, mir die Kleinen Anfragen der LINKEN-Abgeordneten Sarrach und Bernig genau anzusehen. Ich wurde sogar fündig und konnte feststellen, dass im Jahr 2006 etwas mehr als 30 fremdenfeindliche Gewalttaten gemeldet wurden. Allerdings findet auch hier wiederum keine Unterscheidung statt; denn letzten Endes dürfte ja mittlerweile auch bekannt sein, dass es innerhalb der Asylbewerberheime auch zu Auseinandersetzungen zwischen den unterschiedlichen Kulturen kommt. Das wird statistisch nicht erfasst. Also gehe ich einmal davon aus, dass 30 Fremde hier in Brandenburg Opfer von Deutschen wurden.
Sicherlich, meine Damen und Herren, 30 Gewalttaten gegen Fremde, das ist viel. Doch werden Fremde hier in Brandenburg nun wirklich überproportional Opfer fremdenfeindlicher Gewalt? Lebt es sich als Fremder, als Ausländer wirklich so gefährlich hier in Brandenburg?