Protokoll der Sitzung vom 23.01.2008

Ich denke, Herr Minister, Sie hatten erstens genug Zeit, dies zu tun, und zweitens ist genau das Ihre Aufgabe und die Ihrer hochbezahlten Mitarbeiter; denn ohne diese Daten ist selbst in einer Kleinstadt Wirtschaftsförderung absolut unmöglich. Sie, Herr Minister, sind für die Wirtschaftsförderung unseres ganzen Landes Brandenburg verantwortlich. Also ist es Ihre ureigenste Aufgabe, aufgrund detaillierten Datenmaterials genau das zu betreiben, wofür Sie vom Steuerzahler bezahlt werden, nämlich Wirtschaftsförderung.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält jetzt, nachdem SPD und CDU verzichtet haben, die Fraktion DIE LINKE. Herr Görke, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren von der DVU, Sie haben mit Ihren fünf Großen Anfragen und Ihren Fragestellungen unter dem Thema „Globalisierung und ihre Auswirkungen auf das Land Brandenburg, seine Bürger und Unternehmen“ bewusst einen Zusammenhang hergestellt. Schon aus diesem Grund möchte ich die von Ihnen künstlich geteilten Fragestellungen inhaltlich in

einem Zusammenhang sehen und auch so mit Ihnen diskutieren.

Ich möchte in Anbetracht der Zeit weder auf den Begriff der Globalisierung noch auf ihre Ursachen eingehen. Globalisierung ist zumindest eine Herausforderung, die mit Chancen, aber auch mit Risiken verbunden ist. Dieser Prozess ist so zu gestalten, dass die Chancen maximiert und die Risiken für die Menschen minimiert werden. Globalisierung, meine Damen und Herren von der DVU, ist kein Mülleimer, in dem man alle Probleme und zum Teil auch Ihre rechtsextremen Fragestellungen abladen kann.

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Hier noch einmal ein Beispiel für Ihre Deutschtümelei in Ihren Fragestellungen:

„... das deutsche Bundesland Brandenburg als Teil... der deutschen Hauptstadtregion...“

Hieran kann man erahnen, wes Geistes Kind Sie sind.

(Zurufe von der DVU)

Nicht nur das kann einem auf den Docht gehen, sondern teilweise - ich sage das ganz deutlich – auch der Nonsens, den Sie aufgeschrieben haben. So schreiben Sie:... von Brandenburgs

„besonders langen Grenzen gegenüber den neuen EUMitgliedsstaaten...“

Ich kann Ihnen nur die Empfehlung geben: Schauen Sie in das Sachkundebuch der Klasse 4 des Landes Brandenburg, um genau zu wissen, wer unser Nachbar ist.

Es wird aber noch besser. So suggerieren Sie, dass zum Beispiel andere Bundesländer wie Hessen oder Sachsen-Anhalt von dem Prozess der Globalisierung überhaupt nicht so betroffen seien, weil sie nur Binnengrenzen hätten. Ich kann Ihnen nur sagen: Wer das liest, muss wirklich an Ihrer Seriosität zweifeln.

Ebenso unsinnig ist auch die Frage nach der detaillierten Aufschlüsselung der Mittel nach den EU-Strukturfonds in Brandenburg und seinen Kommunen bis ins Jahr 2050. Offensichtlich ist Ihnen entgangen, dass die EU in Förderperioden plant. Die gegenwärtige endet 2013. Danach werden erst wieder Grundzüge verabredet. Deshalb ist die Frage nach der detaillierten Aufschlüsselung von Mitteln bis ins Jahr 2050 wirklich absurd.

Auch der Teilabschnitt IV Ihrer Anfragenoffensive trieft nur so von Konzeptlosigkeit. Sie haben zum Beispiel versucht, einen Zusammenhang zwischen Globalisierung und demografischer Problemlage in Brandenburg zu konstruieren. Abgesehen davon, dass die meisten Antworten schon im Demografiebericht der Landesregierung zu lesen waren, haben wir uns schon gewundert, wozu Sie auch noch Auskünfte zum Beispiel über das Privatvermögen der Brandenburgerinnen und Brandenburger brauchen, um die Demografieprobleme zu vertiefen. Aber das wissen Sie wahrscheinlich selbst nicht.

Meine Damen und Herren, zusammenfassend möchte ich feststellen: Die DVU hat mit ihrer Anfragenoffensive der Landes

regierung eine Beschäftigungstherapie besorgt. Bei aller Kritik, die auch wir manchmal gegenüber der Landesregierung äußern - ein Amt für Statistik ist sie nun wahrlich nicht. Sie haben mit Ihren Anfragen wirklich einen Zahlen- und Datenfriedhof hinterlassen. Aber dafür sind Sie verantwortlich.

Neben der intellektuellen Schwäche war der Ansatz Ihrer Fragestellungen manchmal politisch indiskutabel. Sie haben eher zur Verängstigung der Menschen geführt. Aber das wollen Sie ja gerade erreichen, um politisches Kapital daraus zu schlagen.

Letzte Bemerkung: Die Globalisierung ist ein langfristiger Prozess, der nicht zurückzuschrauben oder einfach abzulehnen ist. Er bedarf der politischen Gestaltung, wofür Sie nicht infrage kommen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank. - Die Landesregierung verzichtet. Deshalb, Frau Abgeordnete Hesselbarth, erhalten Sie noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kommen wir zu den wenigen Daten und Fakten, die sich aus der vorliegenden Antwort der Landesregierung auf unsere Große Anfrage 32 ergeben. Die Zahl der Unternehmen in Brandenburg sank von über 71 000 im Jahr 2000 auf nur noch 63 000 im Jahr 2005. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sank von 911 000 im Jahr 1995 auf 699 000 im Jahr 2005, also um 212 000. Mit Globalisierung und Verdrängungswettbewerb soll das selbstverständlich nichts zu tun haben. Das glauben Sie doch wohl selbst nicht!

Meine Damen und Herren, ich habe beim Studium Ihrer Antworten auf unsere Große Anfrage nicht nur einmal den Eindruck gehabt, dass Sie sich das eine oder andere einfach nur schönreden. Nehmen wir ein ganz einfaches, aber bedeutungsvolles Beispiel. Eines der Brandenburger Vorzeigeunternehmen hat seinen Sitz vor den Toren Potsdams. Es trägt den klangvollen Namen Rolls-Royce und stellt Flugzeugtriebwerke her bzw. setzt diese instand. Auch dieser Betrieb wird von der Globalisierung arg gebeutelt. Mit der Krise um den Flugzeughersteller Airbus hat es auch hier eingeschlagen. Rolls-Royce ist wichtigster Zulieferer von Airbus und hat dadurch in diesem Bereich derzeit kaum Absatz. Die Folge ist ein angekündigter Stellenabbau. In diese Lücke ist der amerikanische Hersteller Boeing gestoßen, da viele Kunden auf Boeing-Typen umgeschwenkt sind. Die Triebwerke der Boeing-Typen werden jedoch überwiegend in Amerika hergestellt.

Sie, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, wollen uns weismachen, Globalisierung würde sich nicht auf die Brandenburger Wirtschaft auswirken! Ich betrachte dabei gar nicht erst die Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung, die sich für Deutschland und auch für Brandenburg ergeben könnten, die sich aus der weltweiten Entwicklung der Börsenkurse ergeben. Wenn man sie auf den Ursprung reduziert, ist auch diese Entwicklung eine Folge der Globalisierung. Das, was jetzt in Bochum bei Nokia passiert, kann schon morgen mit allen Konsequenzen beim Hersteller von Solarzellen in Frankfurt

(Oder) eintreten. Es muss sich nur ein billiges osteuropäisches Land finden, das entsprechende finanzielle Vorteile für den Hersteller bietet. Ob Sie das wahrhaben wollen oder nicht, das ist nun einmal die gängige Praxis. Meine Damen und Herren, Ihrer Antwort konnten wir entnehmen, dass es innerhalb der Landesregierung keine Abstimmung zur Bewältigung der Herausforderungen der Globalisierung bezüglich der Wirtschaftsförderung gibt. Es gibt auch keine Forschungsaufträge diesbezüglich. Das rundet Ihre Verantwortungslosigkeit gegenüber unseren Bürgern ab. Wie schreiben Sie so richtig aus vollem Herzen? - Globalisierung ist ein politisch gewollter Prozess. Als Globalisierungskritikerin kann ich da nur anfügen: Und wenn dabei das ganze Land zum Teufel geht! (Beifall bei der DVU - Frau Alter [SPD]: Gott, oh Gott! - Folgart [SPD]: Meine Güte!)

Ich beende an dieser Stelle die Aussprache und teile mit, dass die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 32 zur Kenntnis genommen worden ist.

Ich schließe damit Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Die Globalisierung und ihre Auswirkungen auf das Land Brandenburg, seine Bürger und Unternehmen II

Große Anfrage 33 der Fraktion der DVU

Antwort der Landesregierung

Drucksache 4/5369

Ich eröffne die Aussprache. Frau Abgeordnete Fechner erhält das Wort.

Während sie zum Pult geht, begrüße ich ganz herzlich Schülerinnen und Schüler des Einstein-Gymnasiums aus Potsdam, die zurzeit unsere Gäste sind. - Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ziel dieser Großen Anfrage war es, auch in Erfahrung zu bringen, was konkret die Globalisierung dem Land Brandenburg bisher gebracht hat. Doch die vorliegende Antwort der Landesregierung gleicht mehr dem Verhalten eines DDR-Staatsbürgerkundelehrers als einer tatsächlichen Auskunft. Da werden wie einst politische Themen verkündet, an die die Landesregierung vielleicht sogar selber noch glaubt. Doch Daten, Zahlen, Fakten - Fehlanzeige!

Mit anderen Worten: Die Landesregierung findet die Globalisierung gut, doch warum, weiß sie selber nicht. Denn sie hat sich ja nicht einmal die Mühe gemacht, überhaupt geeignete Daten zu erheben, um die Auswirkungen der Globalisie

rung beurteilen zu können. Aber sie findet die Globalisierung gut.

Der CSU-Politiker, Publizist und Rechtsanwalt Dr. Peter Gauweiler schrieb einst:

„Globalisierung heißt totale Entgrenzung für Menschen und Waren und am politischen Ende ein Zentralkomitee für die ganze Erde - nicht mehr in Moskau, sondern in New York.“

Fürwahr: Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, das Lob von Frau Knobloch und des Zentralsrats der Juden ist für viele Politiker ein größerer Ansporn als die Verpflichtung des Grundgesetzes, das Wohl des deutschen Volkes zu mehren

(Zurufe von der SPD: Oh, oh!)

und Schaden von ihm abzuwenden,

(Beifall bei der DVU)

so wie es auch im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verankert ist.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Aber ich weiß ja: Sie haben Schwierigkeiten mit dem deutschen Volk.

Aber der Reihe nach! - Während die DVU-Fraktion und mit ihr ein großer Teil der Brandenburger unser Land mit seinen Diktatgrenzen nach Osteuropa als besonders bedroht ansieht, beweist die Landesregierung ein sicheres Gespür für Realitätsund Volksferne und behauptet,

(Bischoff [SPD]: Die wirkliche Bedrohung sind Sie!)