Protokoll der Sitzung vom 24.01.2008

Zweiundzwanzigster Bericht des Ministeriums der Finanzen über den Stand des WGT-Liegenschaftsvermögens und seiner Verwertung Berichtszeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2006

Bericht der Landesregierung

Drucksache 4/5740

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort erhält Herr Minister Speer. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht um den Zweiundzwanzigsten Bericht; Sie werden nicht erwarten, grundlegend Neues zu hören. Deswegen die schlichten Zahlen vorweg: Wir haben eine Gesamtfläche von 7 622 ha verkauft und daraus einen Erlös von netto ca. 11,2 Millionen Euro erzielt. In den Kaufverträgen konnten Investitionsverpflichtungen von über 29 Millionen Euro vereinbart werden. Auf WGT-Liegenschaften konnten 87 geförderte Arbeitnehmer beschäftigt werden.

Insgesamt wurden inzwischen 78 000 ha Fläche - exklusive Sperenberg; dazu komme ich später - verkauft. Das entspricht 84 % der bisher vom Bund übernommenen, ehemals von den Sowjets militärisch genutzten Liegenschaften; 16 % sind demnach noch nicht verkauft.

Wie man sich vorstellen kann, verkauft sich das Beste zuerst und das Schlechteste zuletzt. Demzufolge ist die Entwicklung im Jahr 2007 anders verlaufen als im Jahr 2006. Wir haben im Jahr 2007 - ich habe gerade mit dem Geschäftsbesorger gesprochen - mit Hängen und Würgen die schwarze Null erreicht. Zwar mussten wir die Rücklagen nicht angreifen, doch mehr als die schwarze Null ist nicht erreicht worden. Diese Situation wird sich in Zukunft eher noch verschlechtern.

Das ist kein Grund zu Panik; denn wir haben inzwischen insgesamt 41,3 Millionen Euro in der Rücklage. Das ist nach allem Dafürhalten und allen Möglichkeiten, die wir einkalkulieren können, ausreichend, um im Zweifelsfall - auch wenn wir keine weiteren Flächen verkaufen - die Verkehrssicherungspflicht zu gewährleisten und die Bewirtschaftung der Liegenschaften auf Dauer sicherzustellen. Es wird - das habe ich bereits eingeschätzt - schwieriger werden, die vorhandenen Flächen im Weiteren zu veräußern.

Wir haben mit dem Bund Verhandlungen über die Liegenschaft Sperenberg aufgenommen. Diese gestalten sich zäh. Wir wollen nicht die Katze im Sack haben, und der Bund - das liegt in der Natur der Sache - will möglichst viele Risiken ausschließen. Es gibt von kommunaler Seite großes Interesse, dort mitzuwirken. Wir haben die Möglichkeit des Informationsaustauschs eingeräumt. Wie ich schon sagte, verstehen sich die genannten Zahlen exklusive der Liegenschaft Sperenberg. Ob sich dadurch das Risiko für das Land erhöhen würde, hängt von den weiteren Verhandlungen mit dem Bund ab. Wir werden aber dafür sorgen, dass sich die Risiken für das Land Brandenburg nicht erhöhen.

Das ist der schlichte Bericht. Wir haben im Jahr 2006 das Ergebnis aus dem Jahr 2005 überbieten können; das ist positiv. Jedoch hatte ich schon im letzten Jahr angekündigt, dass sich die Situation hinsichtlich des Aufwandes, den wir betreiben, um die restliche Fläche - knapp 16 %, Stand Ende 2006 - veräußern bzw. dauerhaft sicher bewirtschaften und die Verkehrssicherungssicherungspflicht gewährleisten zu können, zwangsläufig verschlechtern wird. Das war es schon. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Das Wort erhält Herr Abgeordneter Domres. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Zweiundzwanzigsten Bericht des Finanzministers über den Stand des WGT-Liegenschaftsvermögens und seiner Verwertung haben wir in der heutigen Sitzung wieder die Konversion in der Diskussion. Das findet meine Fraktion durchaus sachgerecht, da die Konversion für uns immer noch ein wichtiges Thema ist. Der wichtigste Satz in diesem Bericht lautet:

„Im Jahr 2006 wurde ein Jahresüberschuss von 6,6 Millionen Euro erzielt, der in voller Höhe der Rücklage zugeführt wurde.“

Ich erspare es Ihnen und mir, an dieser Stelle die Tabellen und Zahlen zu nennen; das kann man nachlesen.

Allen Unkenrufen zum Trotz hat die BBG auch im Jahr 2006 sehr erfolgreich gearbeitet und ihren Auftrag erfüllt. Dies würdigt die Fraktion DIE LINKE ausdrücklich.

Der Bericht beschreibt an einigen Stellen sehr treffend die anstehenden Probleme. Auch diese Problemsicht teilt meine Fraktion. Die Belastung durch Kampfmittel und Munition bleibt weiterhin ein zentrales Problem für die zivile Nachnutzung der ehemaligen WGT-Flächen. Der Bericht beschreibt treffend, dass eine vollständige Kampfmittel- und Munitionsberäumung der WGT-Liegenschaften, die eine gefahrlose Nachnutzung aller Flächen ermöglichen würde, die finanziellen Möglichkeiten des WGT-Liegenschaftsvermögens bei weitem überstiege.

Deshalb, meine Damen und Herren, fordern wir eine Prioritätendiskussion mit den betroffenen Kommunen.

Im Bericht ist weiter zu lesen, dass neben der Gefahrenabwehr auch vermarktungsvorbereitende Maßnahmen, die zur Erhöhung der Konkurrenzfähigkeit von ehemaligen WGT-Liegenschaften am Grundstücksmarkt und zur Aufwertung der Flächen notwendig waren, durchgeführt und finanziert wurden. Dies, meine Damen und Herren, war die Grundlage dafür, dass auch im Jahr 2006 dieser Jahresüberschuss erzielt wurde.

Das wird im Jahr 2007 anders aussehen, weil die vermarktungsvorbereitenden Maßnahmen rapide zurückgefahren wurden, und ohne diese Maßnahmen wird es immer schwieriger, die Liegenschaften zu verwerten. Die Ergebnisse der PortfolioAnalyse zeigen, dass ein erheblicher Teil der noch im WGTLiegenschaftsvermögen befindlichen Grundstücke in Orts- und Ortsrandlagen in ihrem gegenwärtigen Zustand kaum oder nur zu ungünstigen Konditionen zu vermarkten ist. Gleichzeitig stützt diese Analyse jedoch auch die Erwartung, dass zahlreiche Grundstücke mit wirtschaftlich vertretbarem Mitteleinsatz marktfähig gemacht werden können.

Meine Damen und Herren, die Chancen, die uns mit der Förderperiode bis 2013 gegeben sind, sollten wir nutzen. Ich glaube aber, dass diese Chancen von der Landesregierung so nicht gesehen werden.

Ein positives Projekt ist ohne Zweifel der Ökopool, der auch im Jahr 2006 sehr erfolgreich fortgeführt wurde. Hier werden Ersatzmaßnahmen aus Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren realisiert. Durch die Freilegung und Entsiegelung von ehemaligen WGT-Liegenschaften als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen werden Bewachungs- und Abfallkosten erspart oder erheblich gesenkt. Darüber hinaus können die von Rückbau betroffenen Flächen von der Grundsteuer befreit werden, und es wird vielfach eine Verwertung als Forstfläche ermöglicht. Also ein positiver Effekt für den Landeshaushalt, Herr Finanzminister!

Nun zum Ausblick! Dieser scheint doch wohl etwas getrübt zu sein, denn so richtig klar ist der nicht. Da ist zum einen die Frage nach der künftigen Geschäftsbesorgung. Hier muss schnell Klarheit her.

Meine Fraktion favorisiert eine Lösung bis zum Ende der EUFörderperiode mit einer eindeutigen Zielstellung und einer Prioritätensetzung. Zum anderen brauchen wir Klarheit über die Instrumente. Hier gibt es seit Dezember Bewegung.

Nachdem die Fraktion DIE LINKE noch im Dezember mit ihren Forderungen nach der Streichung des kommunalen Eigenanteils und der Verlängerung der Laufzeit der Konversionsrichtlinie gescheitert ist, hat der Wirtschaftsminister nunmehr diese Punkte geändert. Herr Junghanns, herzlichen Dank dafür. Das ist doch auch ein Zeichen dafür, dass DIE LINKE wirkt.

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE - Zurufe von der CDU: Oh, oh!)

Meine Damen und Herren, dass wir mit der Konversionsrichtlinie noch nicht richtig zufrieden sind, wird an der Tatsache deutlich, dass die Zweiteilung des Landes im Rahmen des Zuschnitts der Fördergebiete noch nicht kompensiert wurde. Hier schlagen wir vor, dass aus der Rücklage, die zur Abdeckung von Verpflichtungen und Risiken dient und ca. 28,3 Millionen Euro beträgt, eine Summe für Konversionsmaßnahmen zur Verfügung gestellt wird, um fehlende oder nicht zur Verfügung stehende EU-Mittel zu kompensieren. Wir halten das für verantwortbar, weil nach dem wahrscheinlichen Risiko, das mit ca. 12,7 Millionen Euro veranschlagt ist, die Risikoabdeckung bei 222,6 % liegt. Das heißt, wir hätten einen Spielraum von ca. 15 Millionen Euro. Damit könnten aktive Strukturpolitik gemacht und Haushaltsvorsorge betrieben werden, Herr Minister.

Aber auch die Frage nach dem WGT-Gesetz beunruhigt uns ein wenig. Auch hier scheint die Landesregierung keinen klaren Blick zu haben. Es sollte noch einmal dringend darauf geschaut werden, ob das WGT-Gesetz wirklich zum 1. Januar 2010, wie es mit dem Bürokratieabbaugesetz mehrheitlich beschlossen wurde, auslaufen soll. Wir schlagen hier eine Verlängerung vor und werden darauf zu gegebener Zeit zurückkommen.

Meine Damen und Herren, die Konversion - nennen wir sie „Fregatte Brandenburg“; Ähnlichkeiten mit existierenden Institutionen sind nicht gewollt - ist nicht nur aus meiner Sicht nach wie vor in unruhigem Fahrwasser und nicht auf Kurs. Das Ziel, dass das Land darauf hinwirkt, dass militärisch genutzte Liegenschaften verstärkt einer zivilen Nutzung zugeführt werden, wozu sich die Kapitäne per Amtseid verpflichtet haben, wurde etwas aus den Augen verloren. Man kann nicht genau sagen, woran es liegt. Vielleicht liegt es an der geteilten Verantwortung der beiden Kapitäne. Der eine ist für das Geld, der andere für den Kurs verantwortlich. Oder liegt es an der Mannschaft, die sie angeheuert haben?

Da ist der Matrose Dombrowski, der gern einmal meutert und ansonsten Dienst nach Vorschrift macht,

(Heiterkeit der Abgeordneten Lehmann [SPD])

oder der Matrose Klocksin, der hin und wieder kluge Sachen äußert, aber nicht immer konsequent das macht, was er sagt, und lieber unter Deck bleibt,

(Heiterkeit bei der SPD)

oder da ist die Matrosin Hackenschmidt, eine reiselustige und

sich in vielen Ecken der Welt auskennende Frau, die aber immer den zweiten und dritten Schritt vor dem ersten macht. Es kann aber auch sein, dass die Kapitäne ein schwieriges Verhältnis zum Steuermann haben; nennen wir ihn Beirat des Ministers zur Beratung in Fragen des WGT-Sondervermögens. Denn in all den Jahren wurden beide dort noch nicht gesehen.

Ich glaube, ein Steuermann ist gerade bei unruhiger See und vernebelter Sicht wichtig.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Vielleicht sollten die Kapitäne aber auch mehr auf einen Navigationsoffizier hören - nennen wir ihn DIE LINKE -

(Lachen bei SPD und CDU)

und den eingeschlagenen Kurs korrigieren. Dass die „Fregatte Brandenburg“ wieder auf Kurs gebracht werden kann, hat man nicht zuletzt, Herr Baaske, bei der Konversionsrichtlinie gesehen. Hier wurden einige Klippen - wie eben der kommunale Eigenanteil oder die Laufzeit - umschifft.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich wünsche mir, dass die „Fregatte Brandenburg“ - nennen wir sie eben Konversion wieder den richtigen Kurs findet. Geben Sie der Erfolgsgeschichte Konversion eine Zukunft! - In diesem Sinne bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält Herr Abgeordneter Bischoff.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Domres, es soll ja auch Leichtmatrosen geben.

(Zurufe)

Die Meuterei auf der Bounty hat ziemlich schrecklich geendet. Wer hier Koch und wer Steuermann ist, ist eine andere Diskussion.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Manch einer wird auch sin- ken!)

- Sie können gern Zwischenfragen stellen. - Auch Ihre Partei hat mitgewirkt. Aber über Ursache und Wirkung, gerade bei der Aufarbeitung der WGT-Liegenschaften, sollten wir an anderer Stelle noch einmal ganz in Ruhe reden und nicht so aufgeregt hier im Parlament.

Ich will, ohne den Bericht zu zitieren - es sind 20 Seiten -, noch einmal darauf hinweisen, dass es hier um Hinterlassenschaften aus der Zeit eines Kalten Weltkrieges geht. Es sind Hinterlassenschaften, die zum Teil im ganzen Land Brandenburg verteilt, zum Teil auch sehr stark konzentriert sind. Da gibt es Radarstationen, Flugplätze, Kasernen, Übungsplätze, sogar Pionierlager und Schießanlagen, die den Kommunen und den Bürgern - letztlich uns - einige Sorgenfalten auf die Stirn treiben.

Was auch immer Ihr Schiff in Bewegung gesetzt hat - ich hoffe, nicht die Grundwasserschäden, die in Brandenburg von der abgezogenen sowjetischen Armee angerichtet worden sind, oder die wilden Deponien. Ganze Landstriche sind munitionsverseucht und oft für Generationen nicht mehr betretbar.