Protokoll der Sitzung vom 28.02.2008

(Schulze [SPD]: Die LINKE nicht! Die PDS!)

Es war der Bundesrechnungshof, der im November letzten Jahres ein weiteres Argument gegen die militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide lieferte, und zwar mit seiner Begründung, dass der zusätzliche Übungsplatz bei Wittstock nicht benötigt werde und entsprechende Planungen der Bundeswehr völlig überholt seien. Mit welchem Recht wird der Bundesrechnungshof von Herrn Jung so ignoriert?

DIE LINKE fordert das Bundesverteidigungsministerium zum Rückzug aus der Heide auf und dazu, mit der Konversion zu beginnen. Nach vielen Jahren der Unsicherheit und Ungewissheit braucht die Region endlich Planungssicherheit. Die Menschen müssen endlich wissen, woran sie sind. Wie sonst können sich Wirtschaft und Tourismus weiterentwickeln? Seit über 15 Jahren kämpfen Bürgerinitiativen, Kommunen und Unternehmen für eine friedliche Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide. Ihre Interessen und Forderungen müssen nun endlich respektiert werden. Auch dazu soll unser Antrag einen Beitrag leisten. Die Landesregierung sollte von der Bundeskanzlerin und dem Verteidigungsminister mit Nachdruck verlangen, die Empfehlungen des Bundesrechnungshofs in praktische Politik umzusetzen.

Ich möchte auf die Freigabe der Abstimmung zurückkommen. Am 28.10.2007 stimmten die Delegierten des SPD-Bundesparteitags in Hamburg drei Anträgen zu, die eine friedliche Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide fordern. Es wäre sicher ein gutes Zeichen vor dem Ostermarsch, wenn diese Beschlüsse des SPD-Bundesparteitages nicht auch noch Makulatur würden, sondern sich in praktischer Politik hier im Landtag widerspiegelten.

Ich möchte die Einladung der Bürgerinitiative „FREIeHEIDe“, der Aktionsgemeinschaft „Freier Himmel“ und der Unternehmerinitiative „Pro Heide“ gern weitergeben. Der Ostermarsch beginnt am 23.03.2008 um 14 Uhr an der Kirche in Fretzdorf. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält der Abgeordnete Baaske.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind uns einig: Wenn es die Bürgerinitiativen „FREIeHEIDe“, und „Freier Himmel“ sowie die Unternehmerinitiative „Pro Heide“ nicht gäbe, würden heute schon Tiefflieger über die freie Heide - die hoffentlich immer freie Heide - knallen. Der Krach würde längst die Touristen vertreiben. Aus diesem Grunde sollte diesen drei Initiativen von hier aus Dank, Anerkennung, Respekt und tiefe Hochachtung gezollt werden.

(Beifall bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Die Initiativen haben einen langen Atem bewiesen; das kann man nicht anders sagen. Sie treffen sich schon viele Jahre regelmäßig: zur Neujahrswanderung, zu den Ostermärschen, zur Wasserdemo in Mirow. Im Laufe des Jahres finden viele Protestmärsche statt. Immer wieder signalisieren die Menschen: Wir wollen diesen Bombenabwurfplatz nicht. - Ich glaube, gerade diese Geschlossenheit und Einigkeit, die sich in der Region zeigt, hat bisher verhindert, dass dort wieder Bomber fliegen.

Ich möchte einige Worte zu Ihnen, Herr Domres, und Ihrem Antrag sagen. Als ich den Mecklenburger Antrag las, fand ich ihn etwas vermessen; das ist die einzige Kritik, die ich daran habe. Es wurde gesagt: Die Mecklenburger Landesregierung soll sich gemeinsam mit der Brandenburger Landesregierung und dem Berliner Senat an den Bund wenden. - Entschuldigung, der Mecklenburger Landtag kann nicht bestimmen, dass unsere Landesregierung dies und jenes tun soll. Genauso wenig können wir beschließen - diesen Satz haben Sie dummerweise übernommen, ich glaube, unter Punkt 4 -, unsere Landesregierung solle gemeinsam mit der Landesregierung MecklenburgVorpommern und dem Senat von Berlin an den Bund herantreten. Ansonsten ist der Antrag sehr in Ordnung.

(Jürgens [DIE LINKE]: Das ist der einzige Grund für den Entschließungsantrag?)

- Nein. Herr Domres hat die rhetorische Frage gestellt, warum wir als Koalition diesem Antrag nicht zustimmen können. Sie selbst haben die Frage richtig beantwortet. Wir sind eine Koalition; die CDU will nicht zustimmen, und insofern können wir den Antrag nur ablehnen. Den Koalitionsantrag werden wir nachher beschließen.

Lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Herr Kollege, wir haben Sie eingeladen, diesen Antrag gemeinsam einzubringen. Es wären Änderungsvorschläge vonseiten der SPD und der CDU möglich gewesen.

Das bestreite ich ja gar nicht. Sie haben die Frage, warum es nicht geht, vorhin schon beantwortet. Das war doch richtig.

(Lachen bei der Fraktion DIE LINKE - Görke [DIE LIN- KE]: Sie können einem wirklich leidtun!)

Sie haben einen Punkt aufgenommen, in dem es darum geht, dass die Fraktionen der Landtage Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie des Berliner Abgeordnetenhauses auf den Bund zugehen sollen. Ich kann das für meine Fraktion zusagen. Wir werden das tun.

Sie haben einen weiteren Punkt aufgenommen, nämlich dass auch die Präsidenten der Landtage sowie des Senats auf den

Bundestag zugehen sollen. Ich habe das mit dem Präsidenten besprochen. Er hat zugesagt, wenngleich wir dies heute nicht beschließen.

Der nächste Punkt: Wie können die Landesplanungen von Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern so abgestimmt werden, dass der Prozess in der Region der freien Heide, die bis Mecklenburg reicht, gemeinsam gestaltet werden kann? Minister Dellmann hat zugesichert, dass dies weiterhin geschehen wird, auch wenn wir es nicht förmlich beschließen.

Sie haben ferner die Frage aufgeworfen, wie der wirtschaftliche Flügel, also die Unternehmerinitiative „Pro Heide“, weiterhin mit Mitteln des Wirtschaftsministeriums unterstützt werden kann. Minister Junghanns hat zugesagt, dass dies weiterhin gewährleistet sein wird.

Also auch wenn wir Ihrem Antrag nicht in allen Einzelpunkten zustimmen können, wird es, denke ich, Politik in Brandenburg sein, die Gedanken, die aus Mecklenburg kommen, aufzunehmen und nach Berlin und in die Region insgesamt zu transportieren.

Wir haben in unseren Entschließungsantrag einen Punkt aufgenommen, den auch Sie in Ihrer Rede angesprochen haben. Im Herbst vergangenen Jahres hat der Bundesrechnungshof ein Prüfergebnis vorgelegt. Wir meinen, darauf sollte man das Augenmerk der Bundestagsabgeordneten lenken. Dann werden sie feststellen, dass dieser Übungsplatz seit 1992 nicht genutzt wird. Jedes Jahr, jeder Monat und jeder Tag, den dieser Platz nicht genutzt wird, ist ein deutlicher Beleg dafür, dass man diesen Schießplatz nicht braucht. - Danke für die Aufmerksamkeit. Ihnen, meine Damen und Herren von der LINKEN, danke ich für die Größe, unserem Antrag nachher zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort erhält Herr Abgeordneter Schuldt.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Langsam wird es doch langweilig. Ich kann für meine Fraktion nicht behaupten, dass wir dem Antrag der LINKEN erwartungsvoll entgegengesehen haben, aber eine Wette konnte man schon abschließen, dass dieser bald kommen wird. Und jetzt liegt er uns vor.

(Schulze [SPD]: Und, was haben Sie nun gewonnen?)

Ich kann vorausschicken, dass sich an unserer Position nichts geändert hat.

(Dr. Klocksin [SPD]: Da bin ich ja beruhigt!)

Sachlich bleibt es dabei: Die Bundeswehr braucht ausreichende Mittel und Möglichkeiten, die Landesverteidigung zu üben, und das nicht irgendwo auf der Welt, sondern hier in Deutschland, meine Damen und Herren. Die Bundeswehr braucht auch im Norden des Landes größere staatseigene Landflächen mit Anlagen, die es den Soldaten aller Streitkräfte und Truppengattungen ermöglicht, eine wirklichkeitsnahe Gefechtsausbildung

mit Übungs- und Gefechtsmunition durchzuführen. Gut, der Übungsplatz hat eine Fläche von 144 km2, und natürlich kann man über den Umfang der militärischen Nutzung diskutieren. Dazu bedarf es aber einer sauberen Abwägung, meine Damen und Herren. Militärische und zivile Nutzung müssen und können miteinander in Einklang gebracht werden. Mit dem Verwaltungsgerichtsurteil vom 31. Juli 2007 ist da noch nicht das letzte Wort gesprochen.

Wir als DVU-Fraktion sind die Letzten, die einer touristischen Entwicklung der Region zwischen den Städten Wittstock, Rheinsberg und Neuruppin entgegenstehen. Schließlich haben wir uns, im Gegensatz zu Ihnen, meine Damen und Herren von Linksaußen, seit jeher für eine strukturpolitische Entwicklung gerade in berlinfernen Räumen eingesetzt. Die touristische Entwicklung dieser Region kann sichergestellt werden, wenn eine übermäßige Nutzung durch die Bundeswehr vermieden wird. Es ist möglich, und es ist auch in anderen Teilen Deutschlands mit großen Truppenübungsplätzen in Einklang gebracht worden.

Was zum Beispiel in Unterfranken, im Umland von Hammelburg, oder im niedersächsischen Bergen in der Lüneburger Heide funktioniert - das sind touristisch sehr gut erschlossene Regionen -, kann und muss auch in der Region zwischen Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern möglich sein.

Was Sie hier betreiben, meine Damen und Herren der LINKEN, ist aber bloßer Populismus. Sie wollen den Eindruck erzeugen, dass diese Region im Norden unseres Landes landesplanerisch in keinster Weise erfasst wird. In Wirklichkeit geht es Ihnen aber nicht um strukturpolitisch notwendige Maßnahmen - davon steht auch in Ihrem Antrag substanziell nicht das Geringste -, sondern ist vielmehr bloß ein Lamentieren. In Wirklichkeit geht es Ihnen darum, die wirtschaftliche Entwicklung der Region zu verhindern, so wie Sie es zum Beispiel mit Ihren verkehrspolitischen Initiativen auch an anderen Stellen regelmäßig tun. Ihre Initiativen im Zusammenhang mit dem BBI sprechen Bände.

Meine Damen und Herren! Tatsächlich versprechen die in Aussicht gestellte Stationierung der Bundeswehr und eine neugeschaffene Garnison in Wittstock mehr Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum und werden voraussichtlich viele Investitionen im Umfeld des Übungsplatzes befördern.

Dass wir den Antrag ablehnen, brauche ich, glaube ich, nicht noch einmal zu erwähnen. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält Herr Dombrowski.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion wird den Antrag der Fraktion DIE LINKE ablehnen und natürlich dem Antrag der Koalitionsfraktionen zustimmen.

Vorneweg möchte ich gleich auf eines hinweisen: Kollege Domres, es gibt in dieser Frage in der CDU-Fraktion keinen Fraktionszwang. Das wäre auch gar nicht angemessen. Zum ei

nen handelt es sich nicht um eine Gewissensfrage; zum anderen ist es völlig legitim, in einer solchen Frage unterschiedlicher Auffassung zu sein. Man sollte auch nicht verheimlichen, dass es vor Ort, in der Region Kyritz-Ruppiner Heide auch wenn eine Mehrheit dagegen ist -, selbstverständlich Stimmen gibt, die diesen Übungsplatz behalten wollen. Das ist Realität. Unterschiedliche Meinungen müssen respektiert werden. Aus diesem und vielen anderen Gründen gibt es in der CDU-Fraktion in dieser Frage keinen Zwang, einem Antrag zuzustimmen oder ihn abzulehnen.

Herr Kollege Domres, Sie haben weiterhin gesagt: Was sollen denn die Mecklenburger und die Berliner von uns denken? - Was die Mecklenburger und Berliner von uns denken, kann in diesem Landtag erst einmal unsere Sache bleiben. Davon dürfen wir uns nicht irritieren lassen. Wir müssen uns nicht daran orientieren, auch nicht an Parteitagsbeschlüssen, egal welcher Partei. Wenn Sie den Unterschied zwischen Parteitagsbeschlüssen und dem tatsächlichen politischen Leben und Entscheiden in einem Parlament noch nicht erkannt haben, dann schauen Sie nach Berlin und fragen Sie Ihre dortigen Genossinnen und Genossen, wie es im Abgeordnetenhaus ist. Parteitagsbeschlüsse und Entscheidungen in Parlamenten sind unterschiedliche Dinge.

Die Frage, warum sich der Deutsche Bundestag oder die Bundesregierung noch nicht entschieden hat, diesen Truppenübungsplatz stillzulegen, lässt sich beantworten: Reden Sie einmal mit Abgeordneten aus anderen Fraktionen des Bundestages! Sie werden es Ihnen sagen.

Ich war vor zwei Jahren mit der Arbeitsgruppe Tourismus des Deutschen Bundestages vor Ort. Als wir die Bitte zu hören bekamen, dafür zu sorgen, dass dort alles ein Ende nehmen möge, erwiderte eine Kollegin von der SPD aus Rheinland-Pfalz: Herr Dombrowski, der Tourismus ist eine schöne Sache. Wir haben bei uns auch einen Truppenübungsplatz; der Tourismus funktioniert trotzdem.

Parteitag hin, Parteitag her - bei CDU und CSU ist es genauso -: Die Abgeordneten kommen aus den Wahlkreisen und haben dort auch Truppenübungsplätze. Auf Bundesebene sagen Ihnen Kollegen aus anderen Teilen des Landes: Die Bundesrepublik ist nicht nur bei euch, sondern auch bei uns! - Damit muss man sich auseinandersetzen. Das ist die Realität.

Das sollte uns als Landtag und die Landesregierung überhaupt nicht davon abhalten, auch weiterhin geschlossen für die zivile Nutzung einzutreten. Wir haben aber nichts davon, wenn wir Schaufensteranträge stellen. Das ist heute die achte Entschließung des Landtages in dieser Sache. Auch wenn wir uns zwanzigmal in dieser Sache positionieren, wird das Anliegen nicht kräftiger oder glaubwürdiger.

Auch ein Bundesminister der Verteidigung, ob er der SPD oder der CDU angehört, ist nicht frei in seiner Entscheidung. Er kann nicht einfach sagen: Weil Brandenburg, MecklenburgVorpommern und Berlin mich aufgefordert haben, so zu entscheiden, entscheide ich so. - Auch der Bundesminister der Verteidigung unterliegt Sachzwängen. Von daher kann man es weder den Vorgängern von Herrn Jung noch ihm selbst vorwerfen, dass er sich noch nicht wie von uns gewünscht entschieden hat. Einigen kann man vielleicht vorwerfen, dass sie gesagt haben: Wenn ich einmal Minister bin, dann entscheide ich entsprechend. - Andere haben lieber nichts gesagt.

Die Minister und der Deutsche Bundestag haben Sachentscheidungen für ihre Häuser zu treffen. Warum es nicht so funktioniert, wie wir es uns fraktionsübergreifend wünschen, habe ich eben erläutert. Das ist die Realität, meine Damen und Herren.

Meine Damen und Herren von der LINKEN, noch einmal zu Ihrem Antrag: Kollege Baaske hat schon richtigerweise darauf hingewiesen, weshalb man Ihrem Antrag nicht zustimmen muss. Vielleicht steckt eine gewisse Anmaßung darin. Es geht auch nicht darum, dass die CDU das nicht will. Das ist überhaupt nicht das Thema. Dieser Landtag hat auch schon Anträgen der PDS-Fraktion zugestimmt, und wir leben trotzdem alle noch.