Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unser Antrag befasst sich mit folgendem Anliegen, und wir wollen gemeinsam
ein Problem klären. Die Landesregierung hat eine Unterrichtungspflicht gegenüber dem Parlament, und wir - das Landesparlament - haben die Verpflichtung gegenüber der Landesregierung, sie zu kontrollieren. Beides auf den Punkt gebracht wollen wir haben, ganz speziell zum Vorhaben Großprojekt BBI in Schönefeld. Deshalb haben wir diesen Antrag gestellt.
Das Baugeschehen am Flughafen BBI entwickelt sich rasant. Sie können es sehen, es ist eine beeindruckende Großbaustelle. Der Flughafen BBI als größtes Infrastrukturprojekt des Landes ist mit der Hoffnung auf zahlreiche arbeitsmarkt- und strukturpolitische Impulse verbunden. Die Ausstellung im Foyer, die Sie sicherlich schon alle zur Kenntnis genommen haben, soll das genau so vermitteln, Herr Minister, und das tut sie auch. Probleme gibt es weit und breit keine. Oder? - Doch!
Neuigkeiten, meine Damen und Herren, zum Flughafen in Schönefeld haben wir bisher leider nur über die Medien erfahren, leider nicht von der Landesregierung, indem sie ihrer Informationspflicht nachgekommen wäre, Herr Klocksin. Es gibt eine Menge Probleme, zumindest in der Vergangenheit gab es sie. In der Zukunft können sie ja besser gelöst und kann die Entwicklung besser gestaltet werden.
Es gab die fehlgeschlagene Ausschreibung für das Terminal. Die Vergabe klappte erst im dritten Anlauf. Hochtief klagte zwischenzeitlich und wurde dann mit 500 000 Euro abgefunden.
Fehlplanungen zum Flughafenbahnhof brachten Verzögerungen im Planungs- und im Bauablauf. Von Teilverkäufen am Baufeld Ost war in der Presse zu lesen. Eine Teilfläche in der Größenordnung von 120 Millionen Euro soll veräußert worden sein. Von Planungen entgegen dem Nachtflugverbot ist zu lesen. Bisher gibt es immer noch keinen Vorteils/-Nachteilsausgleichfonds, wie den betroffenen Gemeinden versprochen wurde.
Das gesamte Bahnkonzept zur Anbindung des BBI-Bahnhofs ist geplatzt, zumindest im Augenblick. Es gibt nichts, was da zur Eröffnung fahren soll. Der BBI-Aussichtsturm ist eine halbe Million teurer als geplant usw. usf.
Das alles, Herr Klocksin, kostet mehr Geld und vor allen Dingen mehr Zeit, was wiederum mehr Geld kostet. Aber wir erfahren davon nichts oder einfach zu wenig von der Landesregierung. Das wollen wir noch einmal ganz deutlich kritisieren. Wir erwarten in diesem Zusammenhang, dass die Landesregierung Transparenz über das BBI-Projekt herstellt und ihre Unterrichtungspflicht gegenüber dem Parlament gemäß Artikel 94 der Landesverfassung erfüllt. Unser Antrag fordert Sie dazu noch einmal eindringlich auf.
Über 3 Milliarden Euro öffentliche Mittel sollen für den BBI veranschlagt werden, 2 Milliarden Euro für den Bau und ansonsten Finanzierungsleistungen, Herr Minister; wir wissen doch, wovon wir reden.
Daher ist Transparenz beim Planungs- und Vergabeverfahren und bei den Finanzen zwingend notwendig - ich sage Ihnen
noch, woher ich so gut informiert bin. Wie sonst soll das Parlament seine Kontrollpflicht gegenüber der Regierung zuverlässig wahrnehmen?, ist hier die Frage. Die wollen wir beantwortet wissen, nämlich, indem die Landesregierung besser informiert, und da sage ich Ihnen: Da setzt unsere oppositionelle Unruhe zwingend ein.
- Natürlich sehr gut. - Wir haben vielfältige Erfahrungen aus zwei Untersuchungsausschüssen zu den bisherigen Flughafenfehlplanungen und gescheiterten Privatisierungsversuchen. Sie erinnern sich; die einen mehr, die anderen weniger.
Das hat - auch das will ich in diesem Zusammenhang noch einmal sagen - die öffentliche Hand in Berlin, in Brandenburg und auch im Bund fast 500 Millionen Euro gekostet; das haben diese Fehlplanungen und Fehlentscheidungen ausgemacht. Meines Erachtens wollen wir eine solche Entwicklung künftig doch gemeinsam vermeiden. Zudem haben diese Fehlentwicklungen entscheidend dazu beigetragen, dass das Land eine hohe Verschuldung hat; ich erinnere an seine 18 Milliarden Euro Schulden.
- Die Verschuldung des Landes ist nicht durch den BBI allein entstanden, aber er hat dazu beigetragen, und zwar in erheblichem Maße. Sie können ja noch einmal nachgucken.
Ich habe versucht, mit Kleinen und mündlichen Anfragen und im Ausschuss für Infrastruktur mehr zu erfahren, aber ich musste feststellen, dass Sie hier eine große Zurückhaltung üben und ich nach wie vor auf die Pressemeldungen angewiesen bin. Im Berliner Abgeordnetenhaus, meine Damen und Herrren
- Herr Klocksin, das werden auch Sie wissen -, gibt es Informationsvorlagen zum BBI und auch zur Umfeldentwicklung sowie eine parlamentarische Debatte. Das sollte doch in Brandenburg, so meinen wir, auch möglich sein, es sei denn - das lässt sich fast vermuten -, Sie wollen nicht über die Probleme am Flughafen und um den Flughafen sprechen und alles unter der Decke halten; das halten wir für falsch.
In Bezug auf viele Fragen gibt es bisher keine ausreichende Antwort bzw. Lösungsvorschläge - zur Inanspruchnahme von Bodenreformland haben wir uns gestern in der Fragestunde ausgetauscht -, so zur Bahnanbindung, zu den Lärmschutzkosten, zum Nachtflugverbot, zum Vorteils-Nachteils-Ausgleich, zum Finanzierungskonzept, zur Beschäftigungssituation bei den Bodendienstleistern, zu Tariflöhnen auf der Baustelle oder zum Ausbildungswillen oder -unwillen der FBS. Werden diese Probleme nicht offensiv angegangen, so sehen wir gravierende Risiken für das Flughafenprojekt, und sie wären in diesem Fall alle hausgemacht. Ich denke, das wollen wir nicht. Deshalb erwarten wir - daher stellen wir unseren Antrag dazu -, dass die Landesregierung zügig und nachvollziehbar an den Lösungen arbeitet und Lösungsvorschläge unterbreitet. Außerdem halten
wir es für nötig, meine Damen und Herren, dass das Parlament einbezogen und zeitnah über die nötigen finanziellen, konzeptionellen und zeitlichen Konsequenzen informiert wird.
Ich will abschließend noch auf einige wenige Punkte eingehen - mehr Zeit bleibt mir leider nicht -, um noch einmal deutlich zu machen, dass es wirklich um ernstzunehmende Probleme geht. Gestern in der Fragestunde hat Bodenreformland eine Rolle gespielt - es ist zum Stopp der Verkaufsverhandlungen gekommen -, Flächen, die nun neu erworben werden müssen. Auch dies kostet Geld. Der Planfeststellungsbeschluss soll nicht betroffen sein, hat Minister Dellmann gestern bestätigt. Ist das schon bis zu Ende geprüft? Zumindest dieses Fragezeichen bleibt.
Ich erinnere aber in diesem Zusammenhang - meines Erachtens ist es das wert, damit wir auch den Ernst der Situation begreifen - noch einmal an den Flächenskandal, mit dem die Planungen zum Flughafen in Schönefeld überhaupt begonnen haben, vor vielen Jahren, Herr Klein. Das Baufeld Ost wurde gekauft. Sie werden sich erinnern, 350 DM pro Quadratmeter fürs Ackerland, Kredite über 650 Millionen DM, jährlich Zinsleistungen des Landes von 30 Millionen DM, und zu guter Letzt wurde alles mit öffentlichen Mitteln entschuldet. Die damalige Landesregierung hatte alles unter der Decke gehalten. Das führte dann dazu - auch daran werden Sie sich erinnern -, dass alle drei Fraktionen in diesem Parlament einen Untersuchungsausschuss eingesetzt haben.
Herr Minister Junghanns, ich finde es schon ziemlich unmöglich - das muss ich an dieser Stelle einmal deutlich sagen -, wenn Sie mir auf meine Kleine Anfrage zum Baufeld Ost sinngemäß antworten, dass ich zwar alles fragen, aber nicht alles wissen dürfe.
Da erinnere ich an den Untersuchungsausschuss zum Baufeld Ost; damals waren Sie noch nicht im Parlament, aber das hat schon eine nachhaltige Wirkung. Damals wurde alles öffentlich gemacht, weil es eben diese Skandale gab. Insofern halte ich es für sehr unverfroren, jetzt einfach nicht auf die Fragen zu antworten, die wir Ihnen stellen. Das halte ich durchaus für eine Unterlassungssünde hinsichtlich der Unterrichtungspflicht.
Ein zweites Problem will ich nennen. Derzeit wird ein unterirdischer Flughafenbahnhof gebaut; das ist eine beeindruckende Baustelle. Sie wissen, wir haben eine andere Variante favorisiert, nämlich Nutzung des Bahnhofs in Schönefeld und Realisierung eines intelligenten Zubringersystems vom Bahnhof zum Terminal. Sie haben sich anders entschieden, Sie bauen für 650 Millionen Euro einen Bahnhof mit sechs Gleisen, ein wunderbares Ding. Nur wird zur Eröffnung wahrscheinlich niemand auf diesen Gleisen fahren, weil es die Bahn AG...
Da können Sie flattern, wie Sie wollen, aber es ist so. Die Bahn AG und die Gesellschafter haben versäumt, rechtzeitig die Planungen und das Bahnkonzept so vorzubereiten, dass die nötigen Investitionsleistungen realisiert werden, und wir halten es, schlicht gesagt, für eine Blamage, wenn jetzt festgestellt wird, dass das alles so nicht zu machen ist.
Sie werden sich erinnern: 2005 haben Sie in Windeseile eine Bestellgarantie von 115 Millionen Euro abgegeben. Es gab eine Sondersitzung des Haushaltsausschusses. Die Bahn brauchte sofort eine Bestellgarantie, weil sonst überhaupt nichts ginge, der Shuttle nicht fahren könne. Das ist alles geleistet worden, nur Bahn AG und Planungsleistung sind nicht auf den Weg gebracht. Das ist, gelinde gesagt, schon eine Luftnummer.
Ein Letztes will ich zum Finanzierungskonzept sagen: Der Minister sagt uns immer, es sei alles im Rahmen der Finanzierung. Es kostet mehr, und es wird mehr Zeit in Anspruch genommen, aber es ist alles im Rahmen der Finanzierung. Da frage ich Sie: Wie beliebig dehnbar ist Ihr Finanzierungsrahmen, und wie wirtschaftlich und nach welchen Prinzipien der Sparsamkeit werden hier die Mittel veranschlagt? Auch da haben wir also Bedarf, Antworten zu erhalten; wir wollen, dass das Finanzierungskonzept hier noch einmal vorgelegt wird.
Sie wissen auch, es gibt noch einen großen Risikofaktor: Das ist die FBS selbst. Sie hat sich zu einem Eigenanteil von 440 Millionen Euro verpflichtet. Davon hat sie nach Angaben des Geschäftsführers bisher 40 % realisiert, möglicherweise durch den Verkauf einer Teilfläche am Baufeld Ost.
Diese Latte von Problemen ließe sich leider beliebig fortsetzen. Ich will Sie einfach noch einmal ermuntern: Stimmen Sie unserem Antrag zu; dann sind wir gemeinsam auf der sicheren Seite. Transparenz trägt dazu bei, dass Probleme rechtzeitig erkannt werden und auch deren Lösung gemeinsam angestrebt werden kann, Herr Klocksin.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ist es schon wieder so weit? Ist schon wieder Wahlkampf? Das habe ich mich gefragt, als ich das las und als ich es hörte. Jetzt haben wir es fünf Minuten lang gehört.
- Sogar zehn Minuten lang; ich dachte, Sie haben sich noch etwas für die Retourkutsche aufgespart. Das ist ein verschwenderischer Umgang mit kostbaren Ressourcen, aber wenn denn alles gesagt ist, umso besser, denn Neues haben wir nicht gehört. Aber ein angestrengtes Bemühen der Skandalisierung war leider auch nicht zu überhören.
Wissen Sie, das hat ja einen gewissen Charme. Heute wird drüben auf der anderen Seite - ich glaube, Berlin liegt in dieser Richtung - über Tempelhof gestritten, und ich hoffe, dass die
dortige Koalition die Linie hält. Ich bin da unverbrüchlich in meinem Vertrauen; dem wird so sein. Auch wir hier werden die Linie halten. Dieser BBI ist ein Flughafen, etwas völlig Normales für eine Region von 6 Millionen Menschen. Da braucht es einen vernünftigen Flughafen. Ich wollte jetzt nicht über den Feudalismus und die letzten 50 Jahre reden, aber zumindest die Schuldfrage kurz ansprechen. Immerhin lag es Anfang der 90er Jahre in der Privatisierungsideologie der damaligen Bundesregierung, die da sagte, es müsse ein Privater sein. Was ist passiert? Da gab es das eine Konsortium, das sich mit dem anderen abgestimmt hat, und übrig blieb der öffentlichen Hand nichts anderes, als selber zuzugreifen. Daran hat sie gut getan, denn klar ist: Es geht hier nicht um Gigantomanie, sondern um einen leistungsfähigen Flughafen. Wer könnte etwas dagegen haben?
Ich hatte gehofft, liebe Kollegin Tack, dass es auch in Ihren Reihen - unabhängig von der Frage, ob das nun der sinnvollste aller sinnvollen Standorte ist - mittlerweile Akzeptanz gegenüber diesem Flughafen gibt. Wenn es sie nicht gibt, dann muss man das den Leuten auch sagen. Das hat etwas mit verkehrlicher und ökonomischer, aber auch gesellschaftlicher Entwicklung in Berlin-Brandenburg zu tun. Da kann man nicht ständig hinterherrennen wollen.
Ich sage es einmal so: Universalkritik mag ja auch berechtigt sein, aber ich hätte mir gewünscht, dass wir - wie in der Vergangenheit auch - im Ausschuss für Infrastruktur und Raumordnung, in dem wir nun beide sitzen,