Protokoll der Sitzung vom 10.04.2008

Ich kann nach der Debatte wirklich nur hoffen und wünschen, dass wir dieses Gesundheitsdienstgesetz heute beschließen. Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Keine Ursache, Frau Schier, wir haben zu danken. - Wir hören jetzt Ministerin Ziegler für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben den Entwurf des Brandenburgischen Gesundheitsdienstgesetzes im Novemberplenum 2007 bereits behandelt. Der Ausschuss hat im Januar 2008 eine Anhörung durchgeführt. Die Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen wurden ohne Gegenstimmen beschlossen. Aber auf einige Änderungen will ich näher eingehen.

Es ist uns - das haben Frau Schier und Frau Dr. Münch eindrücklich dargelegt - gelungen, die Ziele, die wir uns gesteckt haben, zu erreichen. Es waren zwei wesentliche Kernziele, zum einen die Erhaltung und Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung, einschließlich unserer Kinder - das muss man immer sagen, das Gesetz beinhaltet mehr als nur die Kindergesundheit -, und zum anderen die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung hinsichtlich einer ortsbezogenen und bedarfsgerechten Aufgabenwahrnehmung. Insbesondere im Kindergesundheitsschutz sind Regelungen getroffen worden, die

unabhängig von der sozialen Lage endlich gesundheitliche Chancengleichheit gewährleisten. Dies wird unter anderem mit den Aufgaben der Kinder- und Jugendgesundheitsdienste der Landkreise und der kreisfreien Städte und des verbindlichen Einladungswesens zu den Früherkennungsuntersuchungen der niedergelassenen Kinderärzte gewährleistet.

Ich habe den Eindruck, Frau Wöllert, nehmen Sie es mir nicht übel, dass Sie krampfhaft versucht haben, an einem guten Gesetz etwas Schlechtes zu finden, und deshalb den Erfolg eines Einladungswesens in Abrede stellen.

(Frau Schier [CDU]: Ja, richtig!)

Es ist einfach schade darum.

Wir befinden uns nicht alleine in dieser Bundesrepublik, sondern es ist, nachdem es nicht gelungen ist, auf bundesgesetzlicher Ebene eine Regelung zu finden, ein großes Einvernehmen aller Länder in dieser Bundesrepublik gewesen, dass wir auf Landesebene das tun, was wir nur irgendwie tun können. Das verbindliche Einladungswesen ist in vielen Ländern ein Kernpunkt einer Novelle des Kinderschutzgesetzes bzw. des ÖGD-Gesetzes.

Dieses verbindliche Einladungswesen funktioniert so, wie es Frau Schier eigentlich schon erklärt hat. Dabei geht es nicht darum, die Eltern zu stigmatisieren, wie es hier von Rechts getan worden ist mit dem Hinweis, es seien nur böswillige Eltern, die ihre Kinder nicht zur U-Untersuchung brächten. In Wahrheit ist es ja oft Nachlässigkeit, Vergesslichkeit, auch Überforderung im Beruf usw., die dazu führen, dass Eltern die Vorsorgetermine mit ihren Kindern nicht wahrnehmen. Es ist ja so, dass Krankenkassen oftmals von sich aus ein Erinnerungsschreiben und gegebenenfalls ein zweites Erinnerungsschreiben an die Eltern richten. Wenn sich Eltern danach immer noch nicht mit ihren Kindern einfinden, dann soll es eben nach dem vorliegenden Gesetz wieder möglich sein, die aufsuchende Hilfe zu aktivieren. Der Gesundheitsdienst kann dann in die Familie gehen und möglicherweise auch gemeinsam mit dem Jugendamt feststellen, welches die Ursachen sind. Damit haben wir in dem Gesetz eine Chance geschaffen, die nicht einfach kleingeredet werden sollte. Diesen negativen Ansatz kann ich nicht verstehen. Vielleicht werden Sie mir ja jetzt gleich erklären, was Sie damit eigentlich bezwecken.

Das, Frau Ministerin, darf sie nicht, aber sie darf Sie etwas fragen. Die Gelegenheit dazu können wir ihr jetzt geben, wenn Sie nichts dagegen haben. - Bitte, Frau Wöllert.

Frau Ministerin, ich habe zwei Fragen. Erstens: Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass wir die Landesregierung für ein bestehendes Gesetz ausdrücklich gelobt haben, dass wir es deshalb also gar nicht nötig haben, darin nach Sachen zu suchen, die zu benörgeln sind?

Zweitens: Sie sind auf den Zusammenhang zwischen Armut und Gesundheit im weitesten Sinne eingegangen mit dem Hinweis, dass alle die gleiche Chance haben sollen. Warum haben Sie dann ausgerechnet die sozialkompensatorische Funktion

des Kinder- und Jugendgesundheitsdienstes und des öffentlichen Gesundheitsdienstes aus dem Gesetz herausgenommen?

Frau Ministerin, wenn Sie die Fragen bitte beantworten könnten!

Die sozialkompensatorische Funktion ist weiterhin im Gesetz, wie Sie auch wissen, wenn auch unter einer anderen Bezeichnung. Aber der Inhalt ist genau der gleiche geblieben, wie wir auch im Ausschuss eingehend haben nachweisen können.

Damit komme ich zu Ihrer ersten Frage. Wenn Sie das Gesetz loben, dann machen Sie das bitte auch durchgängig. Das Gesetz ist gut, und das Gleiche gilt für die Novellierung.

Ich möchte gern noch auf den Änderungsantrag zur Neuregelung der Krankenhausbehandlung kurz eingehen; das ist hier bereits angesprochen worden. Wir haben ja das Problem, dass das Krankenhausgesetz nicht dem entspricht, was wir in der Krankenhausplanung vorhaben, nämlich wegzukommen von einer bettenbezogenen Planung in den Abteilungen hin zu einer Gesamtbettenplanung des ganzen Krankenhauses mit dem Ziel, eine höhere Flexibilität zu erreichen und auch einen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit der Krankenhäuser zu leisten. Ich bin sehr dankbar, dass das auch im parlamentarischen Verfahren an das damit eigentlich inhaltlich nicht zusammenhängende Gesetz angehängt worden ist und wir dadurch die Feststellungsbescheide zur Krankenhausplanung auch tatsächlich rechtssicher gestalten können.

Ich möchte jetzt noch auf die weiteren Änderungsanträge der Linken eingehen. Sie wollen gern, dass die Einladungen zu den Früherkennungsuntersuchungen auf alle nach Vollendung des 9. Lebensmonats vorgesehenen ärztlichen Untersuchungen bezogen werden. Damit sei, wenn sich das bundesweit entsprechend ändere, ein Effektivitätsgewinn verbunden. Das geht so aber nicht. Nach dem Bestimmtheitsgrundsatz, nach dem gesetzliche Tatbestände immer so präzise wie irgend möglich benannt bzw. formuliert sein müssen, wurde seitens der Landesregierung festgelegt, dass nur die bundesgesetzlich geregelten und kostenfrei angebotenen Früherkennungsuntersuchungen für das Einladungswesen ausgewählt werden können, wobei es sich dabei nur um diejenigen Früherkennungsuntersuchungen handeln kann, die auch jetzt schon bekannt sind und deshalb entsprechend benannt werden können. Über zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen - es sind insgesamt vier, nämlich U7 a, U10, U11 und J2 -, die vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte empfohlen werden, wird ja bekanntlich seit Jahren im Gemeinsamen Bundesausschuss diskutiert, und zwar bisher leider ohne Ergebnis. Nach jüngsten Gesprächen in dem Unterausschuss „Prävention“ des Bundesausschusses wurde im Januar noch einmal klar, dass frühestens Ende 2009 mit - ich sage das in Anführungsstrichen - „neuen“ Kinderrichtlinien zu rechnen ist. Die Anführungsstriche gebrauche ich hier deshalb, weil sich die derzeitige Überarbeitung lediglich auf Inhalte, Verfahren und Standards - was natürlich auch schon wichtig ist -, auf Toleranzgrenzen und Untersuchungszeitpunkte bezieht, wobei aber eine Erhöhung der Anzahl der Untersuchungen nicht erwartet wird. Das ist leider so. Zwischen der U7 und der U8 soll es voraussichtlich nur eine Untersuchung auf Sprach

entwicklungsstörungen geben, um die insoweit bestehende Lücke partiell zu schließen.

Die Kosten der von mir genannten vier Untersuchungen werden von den Krankenkassen derzeit bekanntlich nicht erstattet.

In Ihrem Entschließungsantrag haben Sie formuliert, dass wir uns gegenüber der Bundesregierung für eine Erweiterung des Leistungskatalogs der GKV im Bereich der Früherkennungsuntersuchungen einsetzen sollten. Insbesondere sollten die Untersuchungen zwischen dem 6. und 10. Lebensjahr, also die U10 und die U11, erweitert werden. Auch insoweit ist das Land Brandenburg wie viele andere Bundesländer wiederholt im Bundesrat tätig gewesen. Es hat dazu bereits drei Bundesratsinitiativen gegeben, mit denen wir die Bundesregierung aufgefordert haben, sich für eine Erweiterung des Leistungskatalogs, das heißt für eine Überprüfung der Anzahl und der Untersuchungsintervalle, einzusetzen. Die Bundesregierung ist dieser Aufforderung auch nachgekommen und hat wieder den Gemeinsamen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen damit befasst und gebeten, die Anzahl, die Inhalte und die Intervalle der Früherkennungsuntersuchungen den aktuellen Erkenntnissen und Erfordernissen zeitnah anzupassen. Wie ich bereits sagte, werden wir Ende 2009 dazu etwas auf den Tisch bekommen. Das wird eine Grundlage für eine umfassende Überarbeitung der Kinderrichtlinien sein. Ich meine, aus diesem Grunde ist eine erneute Bundesratsinitiative einfach nicht erforderlich.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir mit dem novellierten Gesundheitsdienstgesetz und dem Artikelgesetz zur Krankenhausplanung den Herausforderungen, die wir sowohl in den Gesundheitsdiensten als auch in der Krankenhausplanung im stationären Bereich haben, weiterhin gerecht werden. Natürlich wird dies nicht die letzte Gesetzesänderung dazu sein. Das Leben geht hier wie überall weiter, und wir werden auch hier neue Erkenntnisse einfließen lassen. Allerdings finde ich es auch im Sinne der Kinder wirklich schade, dass eine große Verbesserung, die hier ja eingetreten ist, nicht gewürdigt wird. Man muss immerhin berücksichtigen - das muss man den Parlamentarieren noch einmal sagen -, dass das gesamte Gesetz, gerade auch hinsichtlich der Berichterstattung, vielen verschiedenen Interessen unterworfen war, und die kommunalen Spitzenverbände und einige Landesressorts auch der Auffassung waren, dass es eine solche Berichterstattung nicht geben sollte. Dem ist aber gar nicht so. Selbst mit der Übertragung als pflichtige Selbstverwaltungsaufgabe ist es möglich, nach der Verordnung über den Kindergesundheitsdienst zu regeln, dass diese wichtigen Daten der Kindergesundheit, wie etwa auch Daten zum Gewässerschutz, nach wie vor geliefert werden müssen. Sie können jetzt sagen, dass wir damit eigentlich einen Coup gelandet haben, aber das ist ja nicht zu kritisieren; denn die wesentlichen Daten erhalten wir, und das hat niemand gemerkt. Das ist doch gut, oder? - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Ministerin Ziegler. - Es gibt keine weiteren Anmeldungen zur Rednerliste. Die vorgegebenen Redezeiten sind im Übrigen weitestgehend erschöpft.

(Zuruf der Abgeordneten Wöllert [DIE LINKE])

- Auch Ihre, Frau Wöllert, wobei Sie noch 30 Sekunden Redezeit hätten.

(Zuruf der Abgeordneten Wöllert [DIE LINKE])

- Sie möchten diese Redezeit ernsthaft noch in Anspruch nehmen?

(Frau Wöllert [DIE LINKE]: Ja!)

- Bitte.

Ich möchte die 30 Sekunden ernsthaft dazu nutzen, noch einmal darauf hinzuweisen, dass es die einheitliche Datengrundlage, die wir bisher hatten, jetzt nicht mehr gibt; denn der öffentliche Gesundheitsdienst hat bisher nach standardisierten Vorgaben gearbeitet, wobei dies ein tolles Verdienst war, was hier entwickelt wurde. Das geschieht bei den Vorsorgeuntersuchungen eben genau nicht. Darauf wollte ich noch einmal hinweisen.

Der zweite Hinweis hat damit zu tun, dass es sich hierbei um ein Artikelgesetz handelt. Mit dem zweiten Teil dieses Artikelgesetzes könnten wir uns durchaus einverstanden erklären. Da haben wir also nichts zu meckern, um das noch einmal deutlich zu sagen. Aber da dieser zweite Teil jetzt Teil des Gesamtpaketes ist, können wir diesem auch aus all den anderen Gründen, die wir hier dargelegt haben, nicht zustimmen. Vielleicht kommen wir ja irgendwann einmal auf unseren Entschließungsantrag zurück.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Damit ist die Rednerliste nun aber wirklich abgearbeitet, und wir kommen zur Abstimmung.

Zur Abstimmung liegen Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 4/6107 (Neudruck), die Beschlussempfehlung des zuständigen Ausschusses und schließlich ein Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE vor. Wir wollen dies in der genannten Reihenfolge zur Abstimmung stellen.

Wir kommen zur Beschlussempfehlung des zuständigen Ausschusses. Wer dem Gesetzentwurf der Landesregierung in der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Einige. Stimmenthaltungen? - Auch ein paar. Der Gesetzentwurf ist mit Mehrheit angenommen worden.

Wir stimmen schließlich über den Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE ab, in dem es um eine Initiative der Landesregierung gegenüber der Bundesregierung geht. Wer diesem

Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Das ist die Mehrheit. Stimmenthaltungen? - Auch ein paar. Damit ist der Entschließungsantrag abgelehnt worden.

Ich darf die Gelegenheit nutzen, Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse des Ludwig-Leichhardt-Gymnasiums aus Cottbus bei uns zu begrüßen. Liebe Lausitzer, herzlich willkommen in Potsdam! Viel Spaß noch!

(Allgemeiner Beifall)

Wir sind damit bei Tagesordnungspunkt 4:

Gesetz über den Rettungsdienst im Land Brandenburg (Brandenburgisches Rettungsdienstgesetz - BbgRettG)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 4/5896

1. Lesung

Die Beratung in 1. Lesung wird von der Landesregierung eröffnet. Frau Ministerin Ziegler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Abgeordneten! Ihnen liegt der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Novellierung des Brandenburgischen Rettungsdienstgesetzes vor. Das Gesetz von 1992 hat sich im Großen und Ganzen bewährt. Lebensrettung in Brandenburg erfolgt auf hohem Niveau. Die Retter leisten täglich hervorragende Arbeit.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Jährlich gibt es in der Notfallrettung rund 180 000 Einsätze der Rettungswagenmannschaften. Notärztinnen und Notärzte leisten über 80 000 Einsätze.