Immer noch geht es darum, Wilddichten zu erreichen, die ein auf den Lebensraum bezogen vertretbares wildkökologisches Maß erfüllen. Das Ursachengeflecht, das dem entgegensteht, hat sich hingegen weiter zugespitzt.
Denken Sie an die schneisenfreien Schlaggrößen, an das veränderte Tag-Nacht-Verhalten unserer jagdbaren Arten, an den fortgeschrittenen Waldumbau mit Zäunen, dichtem Unterstand und künftig vermehrter Mast, an Zerschneidungseffekte durch die Zunahme des Verkehrs usw. usf. Insbesondere der Anstieg des Energiepflanzenanbaus mit seinen nicht ungefährlichen Monokulturen trägt zu einer weiteren Zuspitzung des Problems bei. Dabei wird eines deutlich: Die Jägerschaft allein wird nicht Herr der Lage, aber ohne die Jäger geht es nun einmal nicht.
Die Wildschäden nehmen in einem Ausmaß zu, das die Jagd zu einem unkalkulierbaren finanziellen Risiko werden lässt. In der Regel sind nach den langjährigen Pachtverträgen die Jäger für Wildschäden verantwortlich. Wenn sich aber die Rahmenbedingungen derart ändern, wie eben beschrieben, dann ist eine vernünftige Bejagung kaum möglich und ein Vertrag, vor allem das finanzielle Risiko, wird zum Grund für die Aufgabe der Pacht.
Die Bestände der Schalenwildarten haben sich in den letzten Jahrzehnten rapide erhöht. Für die detaillierte Information habe ich noch im Jahre 2002 hier im Landtag das Studium des Jagdberichts des Landes Brandenburg empfehlen können. Die letzte Ausgabe für das Jahr 2003/04 liegt aber nunmehr schon einige Zeit zurück. Ich möchte an dieser Stelle daher eine diesbezügliche Kritik des Landesjagdverbandes aufgreifen und an
den Minister weitergeben. Auch wir erwarten, dass es zeitnah wieder einen aktuellen Landesjagdbericht gibt.
Einzige verlässliche Informationsquelle ist derzeit eine Veröffentlichung der Landesforstanstalt über die Jagdstrecke im Jagdjahr 2005/06. Demnach stagnieren die Abschüsse auf hohem Niveau. „Hohes Niveau“ bedeutet überschläglich eine Verdoppelung bei den Schalenwildbeständen im Vergleich zu den 80er Jahren. Lapidarer Satz am Ende dieses Tabellenwerks: Die ausnahmslos hohen Streckenergebnisse bei den ausgewählten Wildtierarten verdeutlichen das Bemühen der Jägerinnen und Jäger Brandenburgs um verantwortungsvolle Regulierung überhöhter Bestände bzw. Besätze.
Gleichzeitig klagen die Landwirte über hohe Wildschäden, die Waldbesitzer über Verbiss- und hohe Zaunkosten, Autofahrer und Versicherungen über die wachsende Zahl an Wildunfällen. Dass sich die Jägerschaft müht, können Sie an den ebenfalls kontinuierlich gestiegenen Abschusszahlen ablesen. Offensichtlich ist es jedoch nicht gelungen, den Kreislauf der Zunahme der Population zu durchbrechen.
Frau Kollegin Wehlan, können Sie mir darin zustimmen, dass das Tag-Nacht-Verhalten des Wildes, das Sie gerade angesprochen haben, zu einem wesentlichen Teil damit zusammenhängt, wie wir Menschen uns in der Natur verhalten?
Da haben Sie Recht, Herr von Arnim. Wir können dazu gern gemeinsam mit dem geschätzten Kollegen Helm in einen Trialog eintreten. Der Kollege Helm und ich hatten nämlich kürzlich dazu eine Diskussion, die wir Ihnen dann auch verfügbar machen würden.
Dass sich die Jägerschaft müht, habe ich gerade schon deutlich vermittelt. Aber leider sind andere Notwendigkeiten zu berücksichtigen, um den aktuellen Gegebenheiten verstärkt Rechnung zu tragen.
Natürlich müssen neue Jagdmethoden entwickelt und die Jagdbehörden bei der Abschussplanung mit anderen Befugnissen ausgestattet werden. Einige Änderungen konnte der Fachausschuss auf seiner letzten Beratung zur Jagddurchführungsverordnung schon zur Kenntnis nehmen.
Natürlich ist Fakt, dass insbesondere beim Schwarzwild das Verhältnis des Abschusses zwischen weiblichen und männlichen Stücken nicht stimmt. Fakt ist aber auch, dass Schwarzwildrotten, die erst einmal ihren Einstand in endlosen Feldern
gefunden haben, ohne Unterstützung der Landwirte kaum sinnvoll zu bejagen sind. Das vielleicht auch noch als Hinweis zu Ihrer Frage, Herr von Arnim.
Welche Möglichkeiten sind nun in der Praxis gegeben? - Dazu möchte ich auf unseren Antragsgegenstand, die Langenweddinger Erklärung aus Sachsen-Anhalt, verweisen, in der Vereinbarungen zwischen Landwirten und Jägern anregt werden und die eine Reihe von Maßnahmen beinhaltet, die eine effektive Bejagung unterstützen. Die Unterzeichner verpflichten sich dazu, auf Flächen, die von einem Landwirtschaftsbetrieb bewirtschaftet werden und zugleich Jagdflächen sind, Präventivmaßnahmen durchzuführen. Bis zum Beginn des Jagdjahres am 1. April sollen dazu auf lokaler Ebene geeignete Maßnahmen abgestimmt werden. Der dortige Landesjagdverband hat gemeinsam mit den anderen Unterzeichnern dazu eine Mustervereinbarung vorbereitet. Diese dient als Handreichung und Empfehlung.
Die Langenweddinger Erklärung zur Verhütung von Wildschäden ist deutschlandweit beispielhaft und begründet sich im notwendigen gemeinsamen Handeln von Jägern und Bauern, von Flächeneigentümern und verschiedenen Flächennutzern, von Politik und Verbänden. Die Landwirtschaftsministerin von Sachsen-Anhalt, Frau Wernicke, hatte die Langenweddinger Erklärung angeregt und sagte damals, sie sei sich sicher, dass dieses Vorgehen auch auf andere Bundesländer ausstrahle.
Nun können wir also nicht mehr Vorreiter sein, aber zumindest als zweite Sieger gelten; denn immerhin handelt es sich um eine Initiative, die im Nachbarbundesland aus dem Hause einer CDU-Ministerin stammt. Also enttäuschen Sie Ihre Amtskollegin bzw. Parteifreundin nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition. Es geht hierbei wirklich um das inhaltliche, sachliche Anliegen.
Worum geht es? - Die Bestände von Schwarz-, Rot-, Dam-, Muffel- und Rehwild werden in erster Linie durch die Jagd reguliert. Wildschäden lassen sich durch ein geschicktes Biotopund Anbaumanagement reduzieren. Welche Maßnahmen am besten geeignet sind, soll von Bauern und Jägern vor Ort geklärt werden, weil die Anbaustrukturen in der Landwirtschaft und die Verteilung des Wildbestandes regional sehr unterschiedlich sind. Ich denke, dass der Kollege Helm aus praktischer Erfahrung hierzu sicherlich noch einiges einzubringen hat.
Jäger, Landwirte und Forstwirte fühlen sich einer nachhaltigen Nutzung verpflichtet. Dazu gehört auch, dass sich Land- und Forstwirte sowie Bodeneigentümer in der Erreichung dieser Ziele gegenseitig angemessen unterstützen bzw. ohne Verwischung von Zuständigkeiten in Problemfällen gesamtwirtschaftlich und natürlich auch in gemeinsamer Verantwortung zusammenwirken.
Lassen Sie mich zur Veranschaulichung nur kurz zwei Beispiele aus der Mustervereinbarung heranziehen. Der Fruchtfolgeund Anbauplan des Landwirtschaftsbetriebs - Herr von Arnim, auch das ist ein Beispiel, bei dem es um Menschenhandeln geht - wird mit den Revierinhabern jährlich bis zum 15. März erörtert. Darin enthalten ist eine Aufstellung speziell über die gefährdeten Kulturen nach Standort und Schlaggröße. Der Anbau besonders gefährdeter Kulturen erfolgt möglichst in der Nähe größerer zusammenhängender Wildeinstände. Im Interesse der Bejagbarkeit des austretenden Wildes werden an zwei
Eine Reihe weiterer Maßnahmen für die Jäger und die Jagdgenossenschaft folgen. Das ist nachlesbar, weil schon längst keine geheime Verschlusssache mehr.
Auf dem Landesjägertag in Eberswalde vor zwei Wochen wurde wie auch schon zuvor auf den Kreisjägertagen über diese Probleme gesprochen. Manche meinen, dass das alles keiner Diskussion bedürfe, wenn sich Landwirt und Jäger beim Bierchen einmal darüber unterhalten würden. So einfach ist es aber nicht. So hat sich die Struktur der Jägerschaft inzwischen deutlich verändert. Waren anfangs oft noch die Landwirte selbst Pächter des Bodens für landwirtschaftliche und jagdliche Nutzung, stehen sich heute zunehmend Verpächter und Jagdpächter ohne näheren Bezug im Sinne der dörflichen Gemeinschaft gegenüber. Gleichzeitig fehlt es der Jägerschaft an Nachwuchs. Auch das war ein großes Thema auf dem Landesjägertag.
Inzwischen wollen selbst die Jagdgenossenschaften bei der Verpachtung deutlich höhere Pachtpreise erzielen. Offenbar regelt der Markt also nicht alles. Umso wichtiger ist es, dass die Interessenverbände und die Politik vermittelnd und moderierend Unterstützung gewähren und deutliche Signale in die Fläche senden. Dazu gehört für uns, dass sich auch die Politik, der Landtag, an die Spitze der Bewegung stellt. Diesen Gedanken sehen wir auch durch Ihren Entschließungsantrag unterstützt. Wir haben also wieder einmal für die Initiative gesorgt. Sie haben sich das Anliegen über einen Entschließungsantrag zu eigen gemacht. Diesem Entschließungsantrag werden wir zustimmen.
Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich eine Gruppe von Stipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung. Herzlich willkommen im Landtag zu Brandenburg!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Wehlan, ich bin Ihnen sehr dankbar für einen Satz, den Sie hier formuliert haben. Dem haben wir klar entnommen, dass die Reduzierung oder bestenfalls sogar die Vermeidung von Wildschäden ein gemeinsames Anliegen der Jägerschaft, der Landwirtschaft und der Landeigentümer sein muss. Das ist also ein Dreigestirn, das hier von Bedeutung ist.
Es ist bekanntlich so, dass sogar in Stadtrandgebieten Wildschäden auftreten - leider hat Rainer Speer gerade den Saal verlassen; ich könnte Babelsberg oder auch Stahnsdorf als Beispiel hier nennen -, dass Wildschweine bis an den Gartenzaun oder zum Teil sogar hinter den Gartenzaun gelangen. Der eine oder andere Eigentümer dort hätte also gegen einen Eingriff gegen die Wildschweine sicherlich nichts einzuwenden. Regulierende Eingriffe durch Jäger sind also notwendig; das hat Frau Wehlan auch herausgestellt.
Wir stellen fest, dass die Zunahme des Wildbestandes aber auch zeigt, dass sich die Umweltbedingungen für viele Tierarten - Rehe, Schweine, aber auch Hasen und sogar Vogelarten verbessert haben.
Entgegen dem Augenschein haben sich statistisch gesehen die Anbauverhältnisse in unserem Land im Groben nicht verändert. Der Getreideanbau ist relativ konstant. Der Hackfrüchteanbau ging zwar leicht zurück, aber es gibt Verschiebungen im Spektrum. Der Maisanbau nahm - die Energiepflanzen hat Frau Wehlan erwähnt; ja, das ist ein Hinweis - im Vorjahr zu, blieb aber, wenn wir das langfristige Mittel betrachten und einen langen Betrachtungszeitraum ansetzen, nahezu konstant. Schon im Jahr 1996 wurden in Brandenburg 145 000 Hektar Mais angebaut. Im Jahr 2000 waren es 103 000 Hektar. Das hat sich zwischenzeitlich reduziert und ist im Jahre 2007 wieder auf 137 000 Hektar aufgewachsen.
Der Maisanbau ist natürlich ein Grund für die Zunahme von Schäden durch Wildschweine. Eine weitere Ursache für die beobachtete Zunahme der Wildschäden könnten auch großflächige Umzäunungen in Wäldern sein, mit denen Neuanpflanzungen geschützt werden sollen.
Der Wildbestand hat zugenommen; das ist richtig. Trotzdem habe ich hier auch herauszustellen, dass ein Teil des Problems in Folgendem liegt: Angesichts der mir vorliegenden Zahlen kann ich sagen, dass sich die Abschusszahlen reduziert haben, und zwar, wenn wir die Jahre 2006/07 mit dem Jahr 2002 vergleichen und nur das Schwarzwild betrachten, um 54 %.
Fakt ist auch, dass die Wildschadensverhütung und die Bejagbarkeit der Flächen schwieriger geworden sind. Wir brauchen ein Miteinander von Bodeneigentümern, Landwirten und Jägern. Das ist eine Voraussetzung für die Lösung dieses Problems. Zusammenarbeit ist notwendig.
Frau Wehlan hat den Landesjägertag in Eberswalde erwähnt. Dort wurde herausgearbeitet, dass die Jagd auch für den Jäger attraktiv sein muss, und auch auf die Überalterung der Jägerschaft hingewiesen. Das will ich auch noch einmal herausstellen. Die Bauern Brandenburgs haben den Auftrag mitgenommen, dafür Sorge zu tragen, dass die Landbewirtschafter auch aus ihren Reihen wieder Jäger rekrutieren, um vor Ort, dort, wo sie zu Hause sind, dem Problem zu begegnen. Diesen Auftrag hat der eine oder andere Verband mitgenommen.
Auf dem Landesjägertag ist auch der Begriff „Langenweddinger Erklärung“ gefallen. Den Auftrag - da sind wir nicht weit auseinander, das will ich hier zum Abschluss auch sagen -, eine Berichterstattung über das Wildschadensgeschehen im Land über einen bestimmten Zeitraum einzufordern, können wir erteilen; das sagt auch unser Entschließungsantrag aus. Die Fachverbände müssen aber zuständig sein, die da heißen Landesbauernverband, Eigentümerverband - Eigenjagdbesitzer und Jagdgenossenschaften - genauso wie der Jagdverband. Sie müssen sich mit dieser Erklärung auseinandersetzen und Festlegungen treffen, die auch für Brandenburg verbindlich sind. Ich freue mich darauf, dass wir einen Bericht erhalten werden und uns diesem Thema weiter widmen. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unter der Schlagzeile „Alarmstufe Rot im Märkischen Wald“ berichtete die „MAZ“, dass die hohe Wildpopulation in Brandenburg das Land Millionenbeträge kostet. Enthalten sind hier also nicht einmal die Wildunfälle auf Brandenburger Straßen und Autobahnen, sondern allein die Schäden in den Wäldern Brandenburgs.
Tatsache ist, dass die Wildpopulation in Brandenburg ein Vielfaches über dem Durchschnitt liegt, und gerade das bereitet den Förstern Kopfzerbrechen. Zerbissene Knospen, abgefressene Baumrinde usw. führen dazu, dass sich die Forstgebiete nicht mehr aus eigener Kraft verjüngen können und die Artenvielfalt verloren geht. Dem Steuerzahler entstehen dadurch jedes Jahr Kosten in Höhe von rund 8 Millionen Euro, eine Summe, die anderswo in Brandenburg dringend benötigt wird.
Ursächlich für dieses Missverhältnis seien einerseits die offensichtlich verschiedenen Interessen bei der Festsetzung der Abschusspläne und andererseits die schlechte Jagdgesetzgebung so der Geschäftsführer des Waldbesitzerverbandes. Eine Möglichkeit sieht er in der Genehmigung, zwei Monate länger zu jagen, um die Population besser in den Griff zu bekommen.
Insgesamt schätzen wir von der DVU-Fraktion aufgrund von Medienberichten, wissenschaftlichen Veröffentlichungen und Vor-Ort-Gesprächen die Gesamtsituation bezüglich der Wildschäden in der Land- und Forstwirtschaft als äußerst dramatisch ein. Es ist also dringend erforderlich, den realen Zustand zu analysieren und Bilanz zu ziehen, um dann die entsprechenden Maßnahmen einzuleiten und vor allem konsequent durchzusetzen.
Eine Berichterstattung der Landesregierung kann dazu nur ein vernünftiger Anfang sein. Wichtig ist, alle Beteiligten aus der Forstwirtschaft, den Jagdverbänden und der Landwirtschaft an einen Tisch zu bekommen, um gemeinsam mit der Landesregierung über Wege zur Behebung oder zumindest Eindämmung des vorhandenen Problems Wildschäden zu beraten. Hier sollte es auch erlaubt sein, einmal über den Landeszaun in die anderen Bundesländer zu schauen; eventuell ist man dort klüger.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Wehlan, in der Sache sind wir uns völlig einig, da gibt es keine Differenzen. Wir bringen mit unserem Entschließungsantrag die Meinung zum Ausdruck, dass der Bericht im Agrarausschuss besser aufgehoben ist, weil man dort viel flexibler diskutieren und sich bei Bedarf auch Gäste einladen kann, sodass auf die Problemstellungen viel genauer eingegangen werden kann.