Protokoll der Sitzung vom 09.07.2008

Ich will daran erinnern: Es gibt mittlerweile mehrere Pannen in der Bahnpolitik des Landes. Die eine ist - darauf kommen wir sicherlich bei Gelegenheit zurück -: Die gesamte Anbindung des teuren Flughafenbahnhofs ist bisher nicht gelungen. Bisher sieht es wie ein Flop aus, weil die Planungen 1997 abgebrochen worden sind, der Bahnhof - das haben Sie ja zur Kenntnis genommen, es gab große Feiern - trotzdem gebaut wurde und nicht nutzbar ist. Das ist aus unserer Sicht, was die Bahnpolitik betrifft, schon ein Problem. Wie gesagt, wir kommen darauf zurück, denn 50 % der Fluggäste sollen ja über die Bahn zum Flughafen gelangen.

Zum Zweiten: Die Absage - da haben Sie völlig Recht - von Mehdorn und Tiefensee zum verabredeten Ausbau der Strecke Berlin-Cottbus ist ebenso ein Problem, ich will sagen, geradezu ein Skandal, wenn man geschlossene Verträge einseitig bricht.

Zum anderen - Frau Kircheis ist darauf eingegangen -: Es ist nicht nur der vertragliche Bruch dieser Vereinbarung, sondern es geht auch darum, dass Bundesverkehrsminister Tiefensee, der ja den Gesellschafter Bund in der Flughafengesellschaft vertritt, seine Verpflichtung gegenüber der bahnseitigen Erschließung des BBI auch über die verbesserte Strecke BerlinCottbus aufs Gröbste verletzt. Diese Entscheidungen treffen nicht nur den Regionalverkehr sehr - schaden dem Regionalverkehr, der durch die Fahrzeitverkürzung erheblich aufgewertet werden würde -, sondern auch den internationalen Bahnverkehr aus Richtung Polen, denn wir wissen: Die Zugfahrzeit von Berlin nach Wroclaw liegt derzeit bei 6,5 Stunden. Das ist ein Fahrzeitniveau, das bereits 1895 realisiert wurde, also an Peinlichkeit nicht zu übertreffen ist. Ich denke, das ist ein Achtungszeichen, dass schnell gehandelt werden muss.

Jetzt, wo das Kind in den Brunnen gefallen ist, kommen Sie mit dem Antrag, die Landesregierung möge beim Bund und beim Bahnchef auf Einhaltung des Vertrages drängen. Meine Damen und Herren, die werden sehr beeindruckt sein!

Frau Kircheis und Frau Dr. Münch, ich habe gelesen, dass Sie Ihrem Protest in einer Presseerklärung Ausdruck gegeben haben und sehr erschüttert sind. Da kann ich Ihnen ob der großen Ungerechtigkeit nur Recht geben. Aber so, wie wir Mehdorn kennen, wird er davon überhaupt nicht beeindruckt und schon gar nicht erschüttert sein.

Dass es zu dieser Kürzung und Streichung der Strecke kam, ist eine konkrete Auswirkung des Börsengangs, der Bahnprivatisierung. Die DB AG konzentriert sich auf ihr Kerngeschäft, und zum Kerngeschäft gehört eben gerade nicht der Ausbau der Strecke Berlin-Cottbus. Wer den Börsengang will, der muss dann auch mit den Folgen leben. Wir haben Sie rechtzei

tig auf die möglichen Konsequenzen hingewiesen.

Wir meinen, dieser Antrag ist für die Landesregierung ein Ausdruck von Hilflosigkeit in der Sache im Umgang mit der Bahn AG; denn die Bahn AG hat zum wiederholten Mal gezeigt, wer hier das Sagen hat.

(Dr. Klocksin [SPD]: Was ist Ihr Vorschlag?)

- An der Situation, Herr Dr. Klocksin, sind Sie zu großen Teilen selbst schuld. Sie hofieren die Bahn AG seit Jahren, und nach wie vor lassen Sie sich von der Bahn AG auf der Nase herumtanzen. Wie oft eigentlich noch, Herr Klocksin? Wir haben uns oft damit auseinandergesetzt.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Dabei haben Sie, dabei hat das Land die Zügel in der Hand. Sie haben mit der Bahn AG einen sehr komfortablen Vertrag geschlossen - bis 2012 -, den wir für zu teuer halten und der eigentlich neu verhandelt gehört. Das Instrument Bahnvertrag könnte die Bahn AG zur Vernunft bringen. Sie haben also die Zügel in der Hand. Seien Sie entschlossen und handeln Sie mit straffen Zügeln! Es hilft offensichtlich nichts anderes gegenüber der Bahn AG.

Am Rande noch Folgendes: Herr Mehdorn, Herr Dellmann, Herr Tiefensee gehören doch alle ein und derselben Partei an. Ich will Sie auffordern...

(Zuruf)

- Ja, fragen Sie ihn. Es ist nicht zu fassen, aber es soll so sein.

Wir erwarten von Ihnen, dass Sie bundes- und landespolitisch an einem Strang ziehen, und zwar in die gleiche Richtung. Dann bekommen Sie von uns Unterstützung für die Bahnpolitik. Aber es ist nicht erst dann zu handeln, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, sondern jetzt für alle auch noch kommenden Dinge.

(Dr. Klocksin [SPD]: Hätten Sie den Antrag doch vor ei- nem halben Jahr gestellt!)

- Wir wollten hier diskutieren, Sie lehnen ja alles ab.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank an die Abgeordnete. - Das Wort erhält der Abgeordnete Schrey.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Wirken oder das Nichtwirken der Deutschen Bahn AG bringt immer wieder großen Ärger. Ich will an dieser Stelle drei kurze Beispiele erwähnen: die fehlende Anbindung des BBI, den Verkauf von Bahnhofsgebäuden und die Schließung von Bahnübergängen. Die Schließung von Bahn

übergängen ist in der letzten Zeit sehr bitter aufgestoßen, weil ganze Ortsteile davon betroffen sind. Alle Beispiele erregen erheblichen Unmut im Lande. Das jüngste Beispiel der DB AG ist die Aussage, dass die Strecke Berlin-Cottbus nur mit zusätzlichen Mitteln ausgebaut werden kann.

Dabei hat das Land Brandenburg zur Beschleunigung des Ausbaus der Bahnstrecke Berlin-Cottbus mit der DB AG eine Vereinbarung zur Vorfinanzierung der Planungskosten durch das Land Brandenburg geschlossen. Im Gegenzug hat die Bahn die Umsetzung der Maßnahme bis Ende 2011 in Aussicht gestellt. Das Land Brandenburg hat gemäß dieser Vereinbarung insgesamt 5,5 Millionen Euro für die Planungskosten zur Zahlung an die DB AG vorgesehen. Ich kann mich noch lebhaft an Diskussionen erinnern, da diese Vereinbarung mit der Kandidatur des ehemaligen Verkehrsministers für den Posten des Cottbuser Oberbürgermeisters zusammenfiel.

Die Deutsche Bahn AG gab hierzu eine verbindliche Erklärung ab, wonach der gesamte Streckenausbau als wirtschaftlich angesehen wird und somit gute Realisierungschancen bis 2011 gegeben sind.

In der heutigen Zeit ist besonders bei den Berufspendlern jede Einsparminute kostbar. Durch den Ausbau der Strecke auf 160 km/h hätte sich die Fahrzeit zwischen Cottbus und Berlin von rund 90 Minuten auf 63 Minuten verkürzt. Neben der besseren Anbindung der Lausitz an Berlin und Potsdam hat diese Strecke eine besondere Bedeutung für die Erschließung des neuen Flughafens BBI. Außerdem ist sie als Verbindung des polnischen Grünberg und Breslau in Schlesien mit Berlin und Brandenburg wichtig.

Die Koalition möchte mit dem vorliegenden Antrag die Landesregierung auffordern, bei der Deutschen Bahn AG und dem Bundesverkehrsministerium auf die Realisierung des Ausbaus zu drängen, und zwar bis zum Jahr 2011, wie vereinbart.

Persönlich habe ich zwar wenig Hoffnung, dass die DB AG ohne zusätzliche Mittel vom Bund den Ausbau in der von ihr angegeben Zeit bis 2011 realisieren wird. Doch wir sollten nichts unversucht lassen, um hier mehr Druck auf die Beteiligten aufzubauen. Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Abgeordneter. - Das Wort erhält die Abgeordnete Hesselbarth.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine Hauptstrecke der Bahn auf dem Niveau von 1895 - das ist der Zustand der derzeitigen Bahnstrecke zwischen Berlin und Cottbus, und das im Jahr 2008! Das ist das Ergebnis, meine Damen und Herren, von 18 Jahren roter und auch rot-schwarzer Verkehrspolitik hier in diesem Land. Es dauerte bis zum September 2006, bis sich diese Landesregierung zumindest dazu bequemte, mit der Deutschen Bahn AG eine Vereinbarung zur Modernisierung dieser Strecke zu schließen und 5,5 Millionen Euro für die Planungskosten zur Verfügung zu stellen. Doch

jetzt wirft die geplante Teilprivatisierung der Deutschen Bahn AG auch hier ihre verhängnisvollen Schatten voraus; denn die Deutsche Bahn AG verschiebt den bereits fest zugesagten Ausbau der Strecke weiter nach hinten. So soll nun zunächst wieder nur ein Teilstück von Lübbenau nach Cottbus modernisiert werden. Doch kaum haben die Bauarbeiten auch nur auf dieser Teilstrecke begonnen, verlangt die Deutsche Bahn AG für den Weiterbau neue Gelder vom Bund. Solange diese nicht zur Verfügung gestellt werden, schaltet der Vorstand des größten deutschen Staatsunternehmens wieder einmal auf stur, und es passiert überhaupt nichts, Vereinbarung hin, Vereinbarung her.

Also, Herr Minister Dellmann und meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, tun Sie endlich etwas, damit der strukturschwachen und von hoher Arbeitslosigkeit geplagten Lausitzer Region nicht noch ein infrastrukturpolitischer Schlag versetzt wird!

Dem vorliegenden Antrag stimmt unsere DVU-Fraktion selbstverständlich zu.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält nun Minister Dellmann. Bitte schön, jetzt dürfen Sie.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Tack, es ist spannend, wie Sie versuchen, zu einem Thema, bei dem wir eigentlich alle einer Auffassung sind, dass nämlich etwas passieren muss, und uns auch inhaltlich einig sind, künstlich noch irgendwelche Unterschiede herauszuarbeiten. Da müssen Sie sogar zu dem Mittel der ich muss schon fast sagen - Falschaussage greifen.

Halten wir doch noch einmal fest: Es ist ganz klar, dass der Landesnahverkehrsplan die Bestellung regelt und nicht die Zuständigkeit für die Infrastruktur, den Infrastrukturausbau. Das ist bekanntermaßen nach den einschlägigen Gesetzen leider nicht Landes-, sondern Bundesangelegenheit.

Dann gibt es das zweite Thema, nämlich die BBI-Anbindung. Da sollten wir doch gemeinsam noch einmal festhalten, dass in Brandenburg und von Brandenburger Seite alle, aber auch alle Hausaufgaben gemacht worden sind und die Abschnitte im Land Brandenburg aufgrund Brandenburger Zuständigkeit auch zeitgerecht fertiggestellt werden. Die Themen, die noch offen sind, nämlich die Dresdener Bahn und auch die Ostanbindung, sind schlichtweg Themen, die unser benachbartes Bundesland ein Stück weit zu verantworten hat.

Das möchte ich noch einmal deutlich festhalten, weil ansonsten immer wieder der Eindruck entsteht, wir wären dafür verantwortlich, dass wir nur die II-B-Variante zur Fertigstellung des BBI haben werden. Aber auch die, meine Damen und Herren, wird eine sehr gute Anbindung sein.

Aber wir sind ja beim Thema Berlin-Cottbus. Ich glaube, es war richtig, dass mein Vorgänger Frank Szymanski diese Planungsvereinbarung geschlossen hat, weil damit ganz klar sig

nalisiert und auch Druck aufgebaut worden ist, dass die Strekke Berlin-Cottbus zeitnah ausgebaut wird. Es gibt ja Gespräche. In dieser Woche war Bundesverkehrsminister Tiefensee in Cottbus. Auch dort ist ihm noch einmal ganz klar aus der Region signalisiert worden, dass wir davon ausgehen, dass die Strecke zeitnah ausgebaut wird. Jetzt geht es darum, die zusätzlich zur Verfügung stehenden Mittel des Bundesverkehrsministers in den nächsten Jahren auch zu einem gewissen Teil in den Ausbau der Strecke Berlin-Cottbus zu lenken. Ich glaube, es gibt erste Signale, dass wir da etwas schaffen werden.

Aber das Grundproblem, das wir haben, wird noch einmal deutlich: Wir brauchen gesetzliche Voraussetzungen, um im Rahmen von Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen das Geld zielgerichtet dorthin lenken zu können. Es kann nicht sein, dass allein der Chef der DB AG, Herr Mehdorn, oder ein anderes Vorstandsmitglied die Entscheidung trifft, wohin die Millionen - um nicht zu sagen: Milliarden - Euro, die jedes Jahr vom Steuerzahler zur Verfügung gestellt werden, fließen. Die Bundesländer sind zu beteiligen! Das ist der Schlüssel zum Erfolg. Dafür müssen wir weiter kämpfen.

Frau Tack, da gibt es dann durchaus auch einmal unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Landesverkehrsminister Dellmann und dem Bundesverkehrsminister Tiefensee. Aber ich glaube, das ist auch gut und notwendig. Insoweit sind wir übrigens wieder einer Meinung.

Ich danke dem Parlament, dass es heute diesen Antrag annehmen wird. Wir kämpfen darum. Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Monaten positive Signale erhalten werden, dass das, was Frank Szymanski mit breiter Unterstützung aus dem Raum Cottbus und aus Polen angeschoben hat, umgesetzt werden kann. - Vielen herzlichen Dank.

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält Herr Dr. Klocksin.

Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal geht mein Dank an den Minister, dass er sich auf die Annahme des Antrags freut. Ich gehe davon aus, dass wir

Einstimmigkeit herstellen werden. Damit bin ich beim ersten Satz meiner Feststellung, liebe Frau Tack: „Wir sind uns einig“. Nur können wir das wahrscheinlich nicht immer so leicht sagen. Da mögen Hemmschwellen vorhanden sein; vielleicht wächst das mit der Zeit. Im Prinzip hätten auch Sie vorneweg sagen können: Leute, guter Antrag! Wir treten bei und unterstützen das Anliegen! - Dann wäre die auf 25 Minuten angesetzte Debatte in fünf Minuten erledigt gewesen.

Zweitens: Alles andere ist gesagt.

Das war mein Beitrag. Jetzt ist Feierabend an diesem Sitzungstag. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)