Protokoll der Sitzung vom 18.09.2008

Sich verändernde Familienstrukturen, die in den letzten Jahren zurückgegangene Geburtenrate, die deutlich unter 50 % liegende Erwerbsquote - all das bewirkt Veränderungen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite unseres Staatshaushaltes. Aber auch diesbezüglich schweigen Sie. Stattdessen suggerieren Sie den Menschen die schlichte Lösung,

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Nein!)

Geld aus dem Staatssäckel in das weite Land zu streuen und alles werde gut.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Falsch! - Jürgens [DIE LINKE]: Wir haben uns jahrelang die Mühe ge- macht!)

Eine Partei, nämlich die Partei DIE LINKE, die nicht sagen kann oder nicht sagen möchte, wofür sie steht; eine Partei, nämlich die Partei DIE LINKE, die sich auf kein Parteiprogramm berufen kann und als „Hilfskrücke“ lediglich auf ihre Anträge im Bundestag und in den Landesparlamenten verweist,

(Frau Große [DIE LINKE]: Das ist nicht wahr!)

muss sich den Vorwurf gefallen lassen, keine redliche Politik zu machen.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Sie muss sich mit der Kritik auseinandersetzen, dass ihre Politik nicht ehrlich gemeint ist. Auf alle Fälle, liebe Kolleginnen und Kollegen der Linkspartei, können Sie nicht für sich in Anspruch nehmen, „original sozial“ zu sein - auf welcher Grundlage eigentlich?

(Lebhafter Beifall bei SPD und CDU)

Zur heutigen Aktuellen Stunde „Drohende Altersarmut in Brandenburg“ gilt es, generell erst einmal festzustellen - da schließen wir uns der Meinung des Landesseniorenrates voll und ganz an -: Die meisten Rentner in Brandenburg sind finanziell gut abgesichert. Der Anteil der über 65-Jährigen, die Grundsicherung im Alter beziehen, liegt nur bei knapp 1 %. Betroffen hiervon sind oft alleinstehende Frauen mit geringer Rente.

Das beste Mittel gegen Armut ist die Überwindung der Arbeitslosigkeit. Insofern können uns die neuesten Ergebnisse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin bei aller gebotenen Vorsicht doch recht zuversichtlich stimmen: Die gute Konjunktur und die Arbeitsmarktreformen zeigen nun ihre Wirkung; der Aufschwung kommt bei den Menschen an, nunmehr auch bei den Langzeitarbeitslosen; die Schere zwischen

Arm und Reich schließt sich etwas; das Armutsrisiko ist erstmals seit zehn Jahren gesunken. Deutschlandweit wurden 2006 und im ersten Halbjahr 2007 über 2 Millionen neue Stellen geschaffen - mit guten Einkommen. Das heißt, diese neuen Stellen sind nicht im Niedriglohnbereich angebunden. Die Behauptung der Gewerkschaften und der Linkspartei, neue Stellen würden grundsätzlich nur im Niedriglohnsektor entstehen, stimmt ganz einfach so nicht.

Alle diese Aussagen decken sich auch mit der Entwicklung hier in unserem Land. Seit 2005 ist die Arbeitslosigkeit in Brandenburg um fast ein Drittel gesunken. Anfang 2005 waren 280 000 Menschen in unserem Land arbeitslos. Im August dieses Jahres waren es noch 170 000. Das sind zwar immer noch viel zu viele, aber 110 000 Menschen haben eine sozialversicherungspflichtige Arbeit und damit eine gute Perspektive bekommen. Auch den Anteil der Langzeitarbeitslosen konnten wir im letzten Jahr um etwa 18 % reduzieren. Immerhin 12 600 Menschen haben davon profitiert.

Auch die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Altersgruppe 55 Jahre und älter konnte im letzten Jahr deutlich erhöht werden. Wenn sich diese positive Entwicklung fortsetzt, wird sich das auch positiv auf das spätere Rentnerdasein auswirken. Zudem wissen wir bereits heute, dass es in den nächsten Jahren zu einer starken Schrumpfung des Arbeitskräfteangebots kommen wird. Der erwerbstätige Teil der Bevölkerung wird zurückgehen, und zwar mit zunehmender Tendenz. In den neuen Bundesländern halbiert sich die Zahl der Erwerbstätigen bis zum Jahr 2050. Ältere Arbeitnehmer sind heute noch ein sogenannter Problemfall, weil Unternehmer diese Arbeitnehmer noch nicht genug wertschätzen. Aber für die Zukunft sind sie die Hoffnungsträger, denn alle werden händeringend nach älteren Arbeitnehmern Ausschau halten auch gut für die spätere Rente.

Ich meine, das wird sich innerhalb des Marktes ordentlich entwickeln, sodass wir nicht die große Sorge in punkto Altersvorsorge haben. Aber wir müssen den Zeitraum von 1990 bis jetzt überwinden. Hier liegt die Durststrecke, weil genau in dieser Zeitspanne viele Menschen langzeitarbeitslos waren, viele Menschen gebrochene Erwerbsbiografien haben und viele Menschen in der Tat im Niedriglohnbereich arbeiten. Diese Menschen - das ist zu befürchten - werden dann mit einer Minirente leben müssen.

Die beste Hilfe ist nicht, Geld in dieses System zu geben, wie Sie es immer gern möchten, sondern die beste Hilfe ist, Menschen aus diesem System herauszuholen, sie in Arbeit zu bringen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das beste Beispiel hierfür ist der Kommunal-Kombilohn. Dafür stellen wir sage und schreibe 40 Millionen Euro zur Verfügung und kofinanzieren mit dem Bund und den Kommunen über 7 500 Stellen im öffentlichen Bereich. Wir schaffen damit die Möglichkeit, gerade älteren arbeitslosen Menschen für drei Jahre eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu geben. Das kann nur gut für die Rente sein.

Ich erinnere an das Regionalbudget. Auch hier war uns immer wichtig, besonders ältere arbeitslose Männer und Frauen zu berücksichtigen.

Aber auch die Initiative „50 plus“, die der Bund zusammen mit der Erhöhung des Rentenzugangsalters von 65 auf 67 Jahre gestartet hat, wird in den Landkreisen und kreisfreien Städten rege genutzt und verbessert die Arbeitsmarktschancen der 50-Jährigen und Älteren.

Eines steht für mich eindeutig fest: Die Probleme unserer Zeit werden wir nur lösen, wenn jeder in seiner Verantwortung mittut. Ich bin sicher, dass die Politik, die Unternehmen, die Gewerkschaften und die lebensfrohen Menschen in Brandenburg dabei mithelfen werden, sodass wir gemeinsam zuversichtlich in die Zukunft schauen können und, so wie wir es in der Vergangenheit gemacht haben, auch die Zukunft gestalten werden. - Danke.

(Beifall bei SPD und CDU)

Die Abgeordnete Fechner spricht für die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vermutlich kennen viele unter Ihnen noch das Credo, mit dem Norbert Blüm 1986 in den Wahlkampf zog. Er sagte:

„Denn eines ist sicher - die Rente.“

Für ihn mag dieser Satz ja auch gelten, schließlich war er viele Jahre Bundesminister für Arbeit und Soziales mit entsprechenden Bezügen. Doch für den Otto Normalbürger ist gar nichts sicher und erst recht nicht die Rente. Doch vermutlich gilt auch für Norbert Blüm der Satz Konrad Adenauers:

„Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern!“

Die Bürger allerdings, die immer wieder aufs Neue auf solches und ähnliches Geschwätz etablierter Volksvertreter hereinfallen, müssen sich nun sehr wohl kümmern, und zwar um ihr nacktes Überleben im Alter. Denn Norbert Blüm mit seinen „sicheren Renten“ hat die Deutschen nicht mehr und nicht weniger als an der Nase herumgeführt. Nicht die Renten sind sicher, meine Damen und Herren, sondern allein die billigen Versprechungen und das besorgte Mienenspiel der verantwortlichen Politiker.

Schon heute hat ein Großteil unserer Rentner in Brandenburg nichts zu lachen. Sie sind es zwar, die als junge Menschen aus den Trümmern, die unsere alliierten Befreier hinterlassen haben,

(Unmutsäußerungen bei Abgeordneten der SPD, der CDU und der Fraktion DIE LINKE)

wieder Häuser, Städte und Betriebe errichtet haben. Sie sind es, deren harte Arbeit in DDR-Zeiten die Sowjetunion und nach der Wende die internationale Hochfinanz beglückte.

(Vereinzelt Lachen bei der SPD)

Und sie sind es in großer Zahl, die als Dankeschön von Vater Staat ihren wohlverdienten Ruhestand zukünftig beim Grundsicherungsamt beantragen müssen.

Und nun fordern die linken Genossen, die Landespolitik müsse sich dafür einsetzen, Benachteiligungen Ostdeutscher bei heutigen und künftigen Rentenleistungen zügig zu überwinden. „Gut gebrüllt, Löwe!“, möchte man da sagen. Doch wie so vieles bei den SED-Fortsetzern handelt es sich auch hier um puren Populismus. Denn wenn den linken Genossen das Wohl der Senioren wirklich so sehr am Herzen liegen würde, warum fangen sie erst jetzt damit an? Schließlich hatten sie ja viele, viele Jahre Zeit, sich um das Wohl der Senioren zu kümmern. Ich möchte nur daran erinnern, wie viele Rentner zu DDR-Zeiten mit der Mindestrente auskommen mussten und wie Rentner, die nicht mehr zum sozialistischen Produktionsprozess beitragen konnten wie diese altersschwachen Menschen, in überfüllten Altersheimen dahinvegetiert sind. Aber leider haben viele Brandenburger, viele Menschen in Deutschland vergessen, wofür Ihre Partei einst stand.

Meine Damen und Herren, es ist hinlänglich bekannt, dass die Massenarbeitslosigkeit mit dem damit verbundenen enormen Beitragsausfall zu den Hauptursachen der Pleite der deutschen Rentenkassen zählt.

Aber auch ein anderes Problem ist in das Blickfeld geraten: der Missbrauch der Rentenkassen durch versicherungsfremde Leistungen. An der Spitze der versicherungsfremden Leistungen stehen die Kriegsfolgelasten, worin auch der rentenrechtliche Ausgleich von NS-Unrecht enthalten ist. Unter die Kriegsfolgelasten fällt auch das Fremdrentengesetz, das den Rentenanspruch deutscher Spätaussiedler aus Osteuropa und den GUSStaaten begründet.

(Bischoff [SPD]: Sie sind doch krank!)

- Neben den Kriegsfolgelasten gibt es eine Vielzahl weiterer versicherungsfremder Leistungen, Herr Bischoff. Diese Leistungen, denen keine Beitragszahlungen gegenüberstehen, gehören nach Auffassung unserer DVU-Fraktion nicht zum ursprünglichen Aufgabenbereich der Rentenversicherung und gehören demzufolge ausgegliedert. Herr Bischoff, ich finde, es ist legitim, wenn wir die Forderung aufstellen, dass versicherungsfremde Leistungen aus der Rentenkasse ausgegliedert gehören.

(Bischoff [SPD]: Nennen Sie nicht dauernd meinen Na- men!)

Doch, meine Damen und Herren, leider lassen die herrschenden Politiker in Deutschland eine wachsende Altersarmut und einen Riesenbetrug an den Rentnern zu. Demgegenüber sind überbezahlte Politiker, die sich so etwas ausdenken, bereits nach relativ kurzen Amtszeiten mit einer üppigen Altersversorgung aus der Steuerkasse gesegnet.

(Ministerin Ziegler: Das stimmt doch überhaupt nicht!)

Wir als DVU-Fraktion möchten nicht, dass sich die Lebenssituation der Senioren verschlechtert. Denn die Senioren von heute haben unser Land aufgebaut und die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir heute einigermaßen im Wohlstand leben können. Also sorgen wir auch dafür, dass Leute, die viele Jahre lang gearbeitet haben, ihren Lebensabend in Würde verbringen können.

(Beifall bei der DVU)

Die Abgeordnete Schier setzt die Debatte für die CDU-Fraktion fort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten gestern eine sehr schöne Aktuelle Stunde, weil wir ein Resümee ziehen konnten, was in den letzten Jahren geschaffen wurde. Die Aktuelle Stunde heute könnte auch heißen: „Brandenburg - Armutsland, mut- und perspektivlos.“

(Frau Lehmann [SPD]: Und selbstmitleidig!)

- Und selbstmitleidig. Vielen Dank. - Sie reden unser Land permanent schlecht.

(Beifall bei CDU und SPD)

Unser Land ist Exporteur Nummer 1. Unsere Regionen entwickeln sich. Immer mehr Menschen haben Arbeit. Während Sie noch barmen, sagen Studien etwas ganz anderes, nämlich „weniger Armut“ oder „die Zahl der Menschen in Not sinkt“. Diese Schlagzeilen beruhen auf einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Sie belegen, dass es innerhalb eines Jahres 1,2 Millionen Menschen gelungen ist, die Armutsgrenze zu überwinden, und das nicht, weil es mehr Sozialtransfers gab, sondern dank einer guten Wirtschaftspolitik.

(Beifall bei der CDU)