(Schulze [SPD]: Wenn wir das nicht gemacht hätten, hät- ten 80 Millionen nichts mehr! Aber das begreifen Sie of- fensichtlich nicht!)
Frau Wöllert, vorige Woche hat Ihre Fraktion im Bundestag dieses Thema auf die Tagesordnung setzen lassen - TOP 20. Ist Ihnen bekannt, mit welcher Begründung Ihr Antrag abgelehnt wurde?
Das kann ich Ihnen sagen. Die Begründung war, dass nicht verstanden wurde, dass es die Nachrangigkeit gibt, und es wird jetzt ein Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. So weit zur Antwort auf Ihre Frage.
Wenn all das, was in diesem Parlament immer gesagt wurde, dass wir es uns nicht leisten können, auch nur ein Kind zurückzulassen, zutrifft, dann sollten Sie unserem Antrag zustimmen, dann sollten Sie das berücksichtigen, was Ihre Kollegin aus Rheinland-Pfalz gesagt hat. Besser kann ich es auch nicht ausdrücken, als sie es am 7. November im Bundesrat formuliert hat: „Ich bin mir selbstverständlich voll bewusst“ - so sagte Ihre Kollegin Malu Dreyer -, “dass die vorgeschlagenen Änderungsanträge rechtssystematisch angreifbar sind.“
„Sie stellen eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass es sich beim Kindergeld um anzurechnendes Einkommen handelt. Doch nach Prüfung sämtlicher Alternativen ist eine Änderung, die kurzfristig mit dem Gesetz greifen könnte, auf anderem Weg nicht zu erreichen.“
Das habe ich Ihnen vorhin versucht klarzumachen, als ich ausführte, seit wann wir hier diskutieren, und wie lange es dauert, bis tatsächlich eine Verbesserung bei den Kindern ankommt.
In diesem Sinne bitte ich Sie: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Lassen Sie Ihren Worten doch auch einmal Taten folgen!
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Wöllert, Schlagzeilen in der Presse - ja, die gibt es. Aber wir versuchen, uns mit den Inhalten auseinanderzusetzen.
Als Erstes möchte ich feststellen, dass das am 15. Oktober 2008 vom Bundeskabinett verabschiedete Familienleistungsgesetz eine Erhöhung des Kindergeldes für das erste und das zweite Kind um 10 Euro sowie ab dem dritten Kind um 16 Euro vorsieht. Am 13. November fand dazu im Bundestag die 1. Lesung statt. Diese Regelung soll am 1. Januar 2009 in Kraft treten.
Familien, die Leistungen nach dem SGB II oder nach dem SGB XII erhalten, wird die Erhöhung auf die Bemessung der
Das eigentliche Ziel der Fraktion DIE LINKE besteht darin, diese Gesamtleistung für Familien, die Arbeitslosengeld II und Sozialgeld beziehen, heraufzusetzen. Die materielle Lage insbesondere von Kindern, die in Armut leben oder von Armut bedroht sind, soll verbessert werden. Die Linke will dies erreichen, indem die Kindergelderhöhung voll zum Tragen kommt und nicht auf den Regelsatz angerechnet wird.
Um das gesteckte Ziel zu erreichen, ist und bleibt jedoch eine Erhöhung des Regelsatzes für Kinder und Jugendliche der richtige Weg.
Gerade deshalb haben sich die Arbeits- und Sozialminister der Länder in der vergangenen Woche auf der Arbeits- und Sozialministerkonferenz in Hamburg für eine Neubemessung der Hartz-IV-Regelleistungen für Kinder und Jugendliche ausgesprochen. Ganz konkret wurde die Bundesregierung von allen Seiten aufgefordert, bis zum Jahresende eine Neuregelung vorzulegen.
Dem Anliegen der Fraktion DIE LINKE wurde damit bereits in einem zentralen Punkt Rechnung getragen. Eine neuerliche Gesetzesinitiative im Bundesrat ist nicht erforderlich, um nicht zu sagen überflüssig.
Würde man jetzt einen Schritt zurückgehen und sich an der Frage der Anrechnung der Erhöhung des Kindergeldes um 10 bzw. 16 Euro verkämpfen, könnte dies für die Erreichung des eigentlichen Ziels sogar eher kontraproduktiv sein.
Unter rechtssystematischen Gesichtspunkten ist zu berücksichtigen, dass Kindergeld nicht den Bedarf und eine Kindergelderhöhung nicht den gestiegenen Bedarf in vollem Umfang deckt. Darin sind wir uns einig. Dafür gibt es den Regelsatz. Auf der anderen Seite sieht ein Leistungsbezug lediglich die Deckung des Bedarfs vor. Daraus resultiert, dass über dem Bedarf liegende Leistungen, 10 oder 16 Euro pro Kind und Monat, nicht gewährt werden. In diesem Zusammenhang sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass in den letzten Jahren der Bedarf und infolgedessen der Regelsatz für Leistungen nach dem SGB II gestiegen sind.
Das Kindergeld wurde trotz steigenden Bedarfs in den vergangenen Jahren nicht erhöht, sondern ist seit 2002 konstant geblieben. Der ermittelte Bedarf wurde aber immer gewährleistet und wird trotz Anrechnung der Kindergelderhöhung gewährleistet bleiben.
DIE LINKE verschweigt in ihrem Antrag, dass der Bund neben der Erhöhung des Kindergeldes und der Erhöhung des Kinderfreibetrags eine weitere wichtige Leistung vorsieht, die gerade für Kinder aus Familien, die Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld erhalten, von Bedeutung ist. Im Rahmen des SGB II und XII erhalten die Schülerinnen und Schüler - Sie haben es angesprochen - in jedem Schuljahr zum Schuljahresbeginn eine zusätzliche Leistung in Höhe von 100 Euro. Diese Leistung wird Schulbedarfspaket genannt und bis zum Abschluss der 10. Klasse gezahlt. Wir fordern, dass diese Leistung bis zum Abitur gezahlt wird. Ich denke, da fordern wir das Gleiche.
Insofern wird zwar die Erhöhung des Kindergeldes auf das ALG II und das Sozialgeld angerechnet, aber gerade für diese Familien wird quasi als Kompensation eine zusätzliche jährliche Leistung in vergleichbarer Höhe erbracht. Daher ist es nicht zutreffend, wenn die Fraktion DIE LINKE in ihrer Antragsbegründung behauptet, die soziale Schere gehe immer weiter auseinander.
Vergessen Sie bitte nicht, Frau Wöllert, was wir in Brandenburg erfolgreich zusammen machen. Ich möchte nur drei Beispiele nennen: die Schülerbeförderung, den Schulsozialfonds und das Schulsozialticket. Dafür stellen wir auch im nächsten Jahr über 9 Millionen Euro bereit. Die vielen Angebote des Familienpakets brauche ich Ihnen nicht aufzuzeigen; darüber haben wir in der letzten Zeit des Öfteren gesprochen. Inzwischen sind es fast 70 Einzelmaßnahmen.
Den letzten Bericht darüber konnten wir gemeinsam im Sozialausschuss am 11.11. entgegennehmen. Besonders die zweckbezogenen Förderungen vom Bund und vom Land bewirken, dass die Leistung immer dort ankommt, wo sie gebraucht wird, nämlich bei den Kindern, damit sich deren Situation verbessert. Summa summarum: Wir lehnen den vorliegenden Antrag ab.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorige Woche Donnerstag - es ist also noch nicht einmal eine Woche her - wurde ein inhaltsgleicher Antrag der Linksfraktion im Bundestag unter Tagesordnungspunkt 20 debattiert. Dem Internet konnte man entnehmen, dass dieser Antrag keine Zustimmung fand, unter anderem eventuell auch mit folgender Begründung, wie ich der Seite www.sozialticker.com entnommen habe: Und zwar schreibt man unter der Überschrift „Hartz IV-Kindergeldantrag der Linksfraktion 16/10616“: Blödsinn!!!
Liebe Linke, was sollen denn solche blödsinnigen Anträge, wenn das Problem zwar erkannt, aber nur halbherzlich begriffen wurde? Was bringen den in Armut lebenden Kindern 10 oder 16 Euro mehr Kindergeld ohne Anrechnung, wenn jedem Kind doch eigentlich die vollen 154 Euro plus x auch nach dem 01.01.2009 zugute kommen sollten? Daher, liebe Linke, der Antrag sollte, kann und muss nur heißen: „Sofortige Änderung des § 11 SGB II - Kindergeld zählt nicht als Einkommen!“ statt solcher Wischiwaschi-Anträge. Das konnte man dem Internet entnehmen.
Dem gibt es seitens der DVU-Fraktion nichts hinzuzufügen. Nur noch so viel, dass wir die Intention dieses Antrags zwar durchaus mittragen können, aber letztendlich ist er halbherzig und wird den Kindern gerade aus sozial schwachen Familien nichts nützen. Deshalb wird die DVU diesem Antrag nicht zustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hätte beinahe Wetten angenommen, dass die Linke mit dem Antrag kommt. Aber gut. Ich denke, dass die Kindergelderhöhung, über die debattiert worden ist, ein gutes Signal für Familien ist, genauso wie das, was wir im Land bereits beschlossen haben. Ich denke, wir sind uns einig: Das Land braucht mehr Kinder. Die Linke übt sich an der Stelle wie immer in dem, was sie am besten kann: Sobald etwas beschlossen und mehr Geld ausgegeben wird, wird sofort mehr gefordert.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie daran erinnern, die Leistungen des SGB II sind ein Sicherheitsnetz. Das sollten wir alle nicht vergessen. Es wird gewährt, ohne dass zwingend Gegenleistungen erbracht werden. Kindergeld wird bei Hartz-IVBezug auf den Regelsatz, den die Eltern erhalten, angerechnet darauf ist meine Vorrednerin schon eingegangen -, und die Kinder bekommen je nach Alter zwischen 60 und 80 % des Regelsatzes. Es werden anteilig auch Miet- und Heizkosten übernommen. Zusätzliche Bedarfe werden ebenfalls anerkannt. Ich erinnere an die mehrtägigen Klassenfahrten, die Erstausstattung bei Schwangerschaft etc., und von sehr vielen Kommunen werden weitergehende unterstützende Leistungen angeboten, beispielsweise zur Einschulung, in manchen Kommunen gibt es auch ein kostenloses Mittagessen.
Jede staatliche Leistung setzt voraus, dass der Steuerzahler sie erbringt. An der Stelle möchte ich auf das Schulbedarfspaket zu sprechen kommen. Natürlich kann man darüber reden, ob man das bis zur 12. Klasse ausdehnen sollte. Der Bund wird dafür insgesamt 119 Millionen Euro aufbringen, und Deutschland zahlt im europäischen Vergleich das dritthöchste Kindergeld. Vielleicht sollte man diesen Aspekt auch einmal mit in Betracht ziehen.
Es sind auch viele Geringverdiener, die mit ihren Steuern, sofern sie welche zahlen, die Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII ermöglichen. Für viele ist es heute ja schon eine Selbstverständlichkeit, dass sie Leistungen erhalten, ohne eine Gegenleistung zu erbringen. Das ist eine Erwartungshaltung,
die im Übrigen heftig bedient wird. Wie bei dem Paket von 100 Euro zum Schulanfang immer noch mehr zu fordern ist immer leicht daher gesagt. Manchmal - so erlaube ich mir an dieser Stelle einzufügen - täte es, glaube ich, gut, darüber nachzudenken und mit denen zu reden, die diese Leistungen erarbeiten und ermöglichen. Dazu gehören viele Menschen in diesem Land, die keine Spitzenverdiener sind. Unser Hauptanliegen muss es sein, darauf hinzuwirken, dass sich Leistung mehr lohnt als jede Form der Alimentierung. Ich glaube, dass es eine unserer Hauptaufgaben ist und immer bleibt, Menschen in Arbeit zu bringen, damit sie ein erfülltes und eigenverantwortliches Familienleben aufbauen und gestalten können. Das muss unser Hauptansatz bleiben.
Gerade deshalb ist das Instrument Kindergeld vor allem für jene Familien, die nicht so viel Geld zur Verfügung haben und die keine Unterstützung bekommen, meiner Meinung nach richtig. Das heißt auch, Leistungen nach dem SGB II und SGB XII sollen dem Bedarf angepasst werden; darauf ging Frau Alter schon ein. Natürlich wünsche auch ich mir, dass die Sozialminister ihren Druck erhöhen und wir zu einer Lösung kommen. Dass diese sehr unterschiedlich aussehen kann, haben wir allenthalben schon der Presse und verschiedenen Studien entnehmen können. Also würde ich davor warnen, hier so viel Enthusiasmus zu entwickeln. Ich denke, der Hauptpunkt liegt auf „bedarfsgerecht“.
Wichtig erscheint mir, wenn wir über Leistungen für Kinder reden, dass sie tatsächlich bei den Kindern ankommen. Es ist mitunter sinnvoller, den Kindern eine warme Mahlzeit direkt zu finanzieren und eine qualitativ hochwertige Betreuung zu organisieren, als immer nur mit der Forderung durch die Gegend zu laufen, den Familien jetzt 10 Euro zur Verfügung zu stellen.