Protokoll der Sitzung vom 17.12.2008

Aber auch deutsche Kreditinstitute haben international mitgespielt und sind an faulen Krediten beteiligt. Wer jetzt mit der

Staatswirtschaft liebäugelt, dem sei gesagt, dass es zum Großteil staatliche Banken waren, die hier Fehler gemacht haben, die bei diesem Spiel dabei sein wollten, staatliche Banken, in deren Aufsichtsgremien die Politik Vertreter entsendet, übrigens auch von der Linken. Im Verwaltungsrat der KfW ist, wie wir alle wissen, Oskar Lafontaine. Kapitalismus hin oder her da ist dann doch das Hemd näher als die Hose.

In Deutschland sind es die Landesbanken, die zurzeit gigantische Abschreibungen vornehmen müssen, mehr als 20 Milliarden Euro. Dafür müssen zum Teil die Länderhaushalte aufkommen. Probleme haben zum Beispiel die Bayern LB, die HSHNordbank, die West-LB oder auch die Landesbank BadenWürttemberg. Wenn man sich anschaut, welche deutschen Kreditinstitute bisher staatliche Hilfen in Anspruch genommen haben, dann stellt man fest, dass es überwiegend die öffentlichen Banken sind.

Nun haben wir in Brandenburg keine Landesbank. Dazu mag der eine oder andere im Finanzministerium innerhalb der letzten Wochen und Monate gesagt haben: Gott sei Dank! - Aber auch die ILB ist, wie wir wissen, an einem risikoreichen Geschäft mit Lehman Brothers beteiligt und hat dabei voraussichtlich Verluste hinzunehmen.

Was wir brauchen, ist eine Rückbesinnung auf solides wirtschaftliches Handeln im Bankensektor. Nicht der Trickreichste darf zum Maßstab des Handelns werden, und nicht blanke Gewinnmaximierung ohne ausreichende Risikoabschätzung darf im Vordergrund stehen. Wir brauchen - da gebe ich dem Ministerpräsidenten völlig Recht - international verbindliche Regeln und strengere Standards für die Rating-Agenturen.

Meine Damen und Herren, die Politik steht bei dieser wirtschaftlichen Situation in der Pflicht. Die Bürger erwarten von uns, dass wir handeln, und zwar für wirtschaftliche Stabilität und die Sicherheit der Arbeitsplätze.

Die Bundesregierung hat angemessen reagiert und mit der Garantie der Spareinlagen für Vertrauen der Sparer gesorgt. Sie hat mit dem 480-Milliarden-Euro-Rettungsschirm für die deutschen Banken dafür gesorgt, dass der Geldfluss wieder in Gang kommt; denn darauf ist die Wirtschaft angewiesen.

Frau Kaiser, wenn Sie davon sprechen, dass 400 Milliarden Euro zu den Banken gespült werden, und das mit Umverteilung von unten nach oben kommentieren, dann muss ich Ihnen sagen: Das ist blanker Unsinn. Es sind Bürgschaften, die vergeben wurden, und auch nicht zum Nulltarif, sondern dafür muss bezahlt werden,

(Zuruf der Abgeordneten Kaiser [DIE LINKE])

und zwar so, dass dieser Rettungsschirm von den Banken nicht so in Anspruch genommen wurde, wie man es sich ursprünglich vorgestellt hatte. Und es sind Beteiligungen, das heißt, der Staat wird Miteigentümer dieser Banken. Das Geld ist also nicht verschenkt.

Dieses Rettungspaket für den Finanzsektor war alternativlos. Es geht dabei nicht darum, den Banken etwas zukommen zu lassen - das kann man nicht oft genug sagen; denn die Linke läuft durch die Lande, ich habe es selbst bei Gysi erlebt, und erzählt das Gegenteil -, sondern darum, Zusammenbrüche zu

verhindern, die fatale Folgen für die Unternehmen dieses Landes hätten.

(Beifall bei der CDU)

Es ist ein Programm zur Sicherung der Arbeitsplätze für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland. Das ist gut und richtig so.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Auch die konjunkturpolitischen Maßnahmen des Investitionspaketes über 32 Milliarden Euro liefern wichtige Impulse.

Man kann trefflich darüber streiten, ob jede einzelne Maßnahme so oder so richtig oder vielleicht besser hätte gemacht werden können, die Absetzbarkeit von Handwerkerleistungen oder der Steuerbonus für Neuwagen. Aber es sind alles Impulse für mehr Investitionen, und die brauchen wir. Brandenburg profitiert im Übrigen vom Verkehrsinvestitionsprogramm mit 54 Millionen Euro allein für Bau und Unterhaltung von Bundesstraßen. Außerdem werden mit der Bahnstrecke Berlin-Cottbus und dem Schiffshebewerk Niederfinow wichtige Projekte beschleunigt.

Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Pendlerpauschale, die wir parteiübergreifend begrüßt haben, ist auch eine Steuererleichterung auf den Weg gebracht worden, und das ist eine Steuererleichterung für die Leistungsträger in diesem Land. Es ist wichtig für diejenigen, die sich jeden Tag krumm machen, die früh zur Arbeit fahren und weite Wege zurücklegen; denn in Brandenburg haben wir längere Wege als anderswo. Auch das ist ein kleines Konjunkturprogramm, das das Bundesverfassungsgericht quasi vielleicht ungewollt auf den Weg gebracht hat.

In diesen Tagen werden auf Initiative der Bundeskanzlerin weitere Maßnahmen beraten, um die wirtschaftliche Abkühlung so gering wie möglich zu halten und das Abgleiten in eine größere Rezession zu verhindern.

Es muss aber bei allen Bemühungen klar sein, dass von staatlicher Seite lediglich Anreize und Hilfen gegeben werden können. Hektik und Aktionismus sind absolut nicht angebracht. Es sind Wirtschaftspolitik mit Augenmaß und zielgerichtete Hilfen gefragt. Es macht auch keinen Sinn, planlos Staatsgelder zu verteilen. Der Binnenkonsum in Deutschland ist bisher weiterhin stabil. An den ersten beiden Adventswochenenden lag der Konsum sogar über dem Durchschnitt des letzten Jahres. Es macht auch überhaupt keinen Sinn, 500-Euro-Einkaufsgutscheine zu verteilen. Das würde wahrscheinlich eher dazu führen, dass asiatische Flachbildschirme oder Handys gekauft werden. Die Auswirkung auf die deutsche Wirtschaft wäre wohl sehr gering.

Noch eines ist wichtig: Auch in Zeiten wirtschaftlicher Schwierigkeiten darf die Haushaltsdisziplin nicht vollkommen unter die Räder kommen. Wir werden mehr Schulden machen müssen. Das muss man akzeptieren, das ist unausweichlich. Aber auch hier ist Augenmaß wichtig; denn wir müssen uns darüber im Klaren sein: Auch davon wird jeder Euro eines Tages zurückgezahlt werden müssen.

Was man nur mit Kopfschütteln quittieren kann, sind die Vorschläge der Linken, zum Beispiel solche unsinnigen Vorschlä

ge wie Zwangsanleihen bei Reichen. Diese Idee ist lediglich billiger Populismus und bedient tief sitzende Abneigungen. So etwas hätte keinen Einfluss auf die Konjunktur. Angesichts der Anzahl von „Reichen“ in Brandenburg müsste man diese wohl bis auf Hartz-IV-Niveau schröpfen, um überhaupt eine erkleckliche Summe zusammenzubekommen.

Meine Damen und Herren, auch die Landesregierung steht in der Pflicht. Auch wir in der Landespolitik tragen Verantwortung. Auch Brandenburg ist betroffen; denn das nächste Jahr wird im Zeichen einer zunehmend angespannten Wirtschaftslage stehen. Es ist unsere Pflicht, alle verfügbaren Möglichkeiten auszuschöpfen, den Unternehmen zu helfen und ihnen die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu bieten. Deshalb war das Vorgehen des Wirtschaftsministers und der Landesregierung vorausschauend und verantwortungsvoll. Das von Ulrich Junghanns am 19. November vorgestellte 400-Millionen-Euro-Paket ist eine wichtige Hilfe für Unternehmen im Land. Investitionsprojekte werden abgesichert, Finanzierungsengpässe können überbrückt werden, die Eigenkapitaldecke von Unternehmen wird durch Bereitstellung von Risikokapital gestärkt und öffentliche Investitionen und die energetische Gebäudesanierung werden beschleunigt.

Ich bin auch dem Ministerpräsidenten dankbar, dass er hier Weiteres angekündigt hat wie die Beschleunigung von Investitionsvorhaben oder auch ein Schulsanierungsprogramm - das wird ja voraussichtlich vom Bund in die Wege geleitet werden bzw. in dieser Richtung wird etwas unternommen - und Maßnahmen, um den Breitbandzugang für alle Bürgerinnen und Bürger hier in Brandenburg, insbesondere in den ländlichen Regionen, zu ermöglichen.

Wir als CDU-Fraktion haben dieses Thema schon vor über einem Jahr aufgerufen und immer wieder darauf gedrängt, dass etwas passieren muss. Der Landtag hat diesbezüglich einen Beschluss gefasst, und ich freue mich, dass jetzt konkrete Maßnahmen auf den Weg gebracht werden.

Auf eines möchte ich noch einmal hinweisen. Es darf nicht geschehen, dass sich durch die permanenten Negativschlagzeilen ein wirtschaftlicher Abschwung als selbst erfüllende Prophezeiung verstärkt. Ich fand es richtig, dass die Arbeitsministerin vor einigen Wochen vor Panikmache gewarnt hat. Das wäre ein schwerer Fehler. Wir stehen vor einem wirtschaftlichen Abschwung, aber Endzeitstimmung ist nicht angesagt.

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus Zimmermann, hat sich am letzten Wochenende deutlich optimistischer bezüglich des kommenden Jahres gezeigt und rechnet beim Wirtschaftswachstum nicht mit Horrorszenarien. Dazu seien die Signale aus den Unternehmen zu unterschiedlich, und Deutschland sei in vieler Hinsicht gut aufgestellt. Er bemerkte dabei zu Recht, dass derzeit jedes negative Signal in der Wahrnehmung öffentlich und medial nach vorn gestellt und die positiven Zeichen ignoriert werden. Auch seine Warnung, jetzt nicht in Aktionismus zu verfallen, ist berechtigt, denn eine panikartige Stimmung kann viel kaputt machen.

In diese Richtung möchte auch ich argumentieren und - entgegen dem bisherigen medialen Trend - zu Zuversicht und Vertrauen in die eigene Stärke aufrufen. Um zu verdeutlichen, woraus ich meine Zuversicht schöpfe, möchte ich kurz beschreiben, wo wir in Brandenburg momentan stehen: Die Zahl

der Arbeitslosen in Brandenburg betrug im November 2008 ca. 156 000; das ist viel, zu viel. Ende 2005, also vor nicht einmal drei Jahren, waren jedoch noch rund 223 000 Menschen ohne Job, das entspricht einer Arbeitslosenquote von 18 %; die jetzige Arbeitslosenquote liegt bei 11,6 %. Wir haben die Arbeitslosenquote innerhalb von gut drei Jahren um fast ein Drittel gesenkt.

Das Bruttoinlandsprodukt in Brandenburg ist im letzten Jahr nominal um fast 5 % gestiegen - das höchste Wirtschaftswachstum seit zehn Jahren. Auch in diesem Jahr ist ein erheblicher Anstieg zu erwarten.

Der Konjunkturreport des Wirtschaftsministeriums vom Juni dieses Jahres beschrieb überwiegend erfreuliche Entwicklungen:

Die Industrieunternehmen konnten ihre Umsätze in den ersten fünf Monaten im Vergleich zu den jeweiligen Vorjahreswerten weiter erhöhen. Insgesamt stiegen die Umsätze bis einschließlich Mai 2008 um 5 % im Vorjahresvergleich. Die Beschäftigung wurde im selben Zeitraum um über 4 % ausgeweitet.

Der Auftragseingang in der Bauwirtschaft konnte im I. Quartal 2008 - trotz des bereits starken Vorjahresquartals 2007 - nochmals um knapp 13 % ausgeweitet werden.

Der Außenhandel entwickelte sich wesentlich dynamischer als noch Ende 2007. Die Ausfuhren waren um 7,5 % höher als im Jahr zuvor.

Die positive Entwicklung im Brandenburger Tourismus stimmt zuversichtlich. Es kamen 3,3 % mehr Gäste als im Jahr zuvor.

Wir sind durch die Weichenstellungen in den vergangenen Jahren besser für die Zukunft aufgestellt: Die Wissenschaftslandschaft ist gestärkt worden; ich darf daran erinnern, dass wir inzwischen 43 000 Studenten in Brandenburg haben. Zum Wintersemester 2007/08 ist die Quote um 4,3 % gestiegen.

Innovationsstarke Unternehmen haben einen immer größeren Anteil, zum Beispiel die Solarbranche, weitere Unternehmen im Energiesektor oder auch in der verarbeitenden Industrie. Wir haben bessere Voraussetzungen bei der Schulbildung und diesbezüglich bessere Ergebnisse; ich verweise auf die PISAStudie.

Wir haben viele tüchtige Menschen im Land. Ich bin vor wenigen Tagen auf der Straße von einem älteren Herren angesprochen worden, der mich fragte: Herr Lunacek, sagen Sie mal, wie sehen Sie denn die Zukunft bei uns? - Ich habe darauf geantwortet: Ich sehe sie positiv. Wir stehen vor einer Konjunkturdelle. Das ist so, aber wir haben viele tüchtige und gut ausgebildete Menschen in Brandenburg. Wir tun viel, um aus der Konjunkturkrise herauszukommen. - Der Mann war in einem Alter, dass ich ihm sagen konnte: Sie haben eine Zeit erlebt, in der dieses Land völlig am Boden lag. Man hat sich wieder hochgearbeitet. Verglichen damit geht es uns heute viel besser. Er sagte: Sie haben Recht, es ist gut, dass es Leute gibt, die die Zukunft positiv und optimistisch sehen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kaiser, wenn Sie hier immer wieder und jedes Mal, wenn Sie hier am Pult stehen, davon reden, dass sich die Armut im

Land ausweitet, und damit eine traurige Stimmung verbreiten, darf ich Ihnen eines sagen: Ich habe vor wenigen Tagen Zahlen in die Hand bekommen aus einem Kommentar eines Journalisten aus unserer Region, der sagt: Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden ist der Anteil der Einkommen, der auf die ärmsten 20 % der Bevölkerung entfällt, in der Zeit zwischen 1991 und 2005 von 9,7 % auf 9,4 % gesunken, während in der gleichen Zeit der Anteil, der auf die reichsten 20 % der Bevölkerung entfällt, von 35,2 % auf 35,9 % gestiegen ist.

Das Jahr 2005 - als die Arbeitslosigkeit ihren historischen Höchststand erreichte - ist das letzte Jahr, für das Vergleichszahlen vorlagen. In den letzten drei Jahren ist es hier deutlich aufwärts gegangen, sodass wir davon ausgehen können, dass sich die Promille-Unterschiede zwischen 1991 und 2005 inzwischen ausgeglichen haben. Es ist also nicht so, dass sich die Schere immer weiter öffnet, wie Sie es suggerieren. Ja, sicher, wir haben Probleme, gerade was die Kinderarmut angeht. Jedes vierte Kind in Brandenburg lebt von Hartz IV. Das ist viel zu viel, und da müssen wir etwas tun. Aber es ist nicht so, dass sich die Schere immer weiter öffnet.

Brandenburg ist inzwischen gut aufgestellt, und unsere Wirtschaft steht auf einem soliden Fundament. Die Firmen sind heute deutlich robuster aufgestellt als noch vor fünf oder sechs Jahren. Durch die enge Vernetzung mit Berlin bilden wir eine Metropolregion mit einem hohen Zukunftspotenzial und langfristig guten Perspektiven.

Gerade in dieser Zeit können wir uns über den Bau des BBI glücklich schätzen, denn der Bau des Großflughafens wird zur Erfolgsstory für den Mittelstand in der Region. Erstmals sind bei einem Großprojekt in Berlin und Brandenburg 81 % der zu vergebenden Aufträge an in der Region ansässige kleine und mittlere Firmen gegangen.

Ein weiterer Punkt ist die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Im November veröffentlichten die Institute DIW und ZSW Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung - die bisher umfangreichste Vergleichsstudie aller 16 Bundesländer im Hinblick auf Nutzung und Potenziale der erneuerbaren Energien.

Das Ergebnis: Brandenburg erreichte den ersten Platz, vor Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. Die Forscher würdigten vor allem die „Energiestrategie 2020“ und den systematischen Abbau bürokratischer Hemmnisse bei der Unternehmensansiedlung. Wir als neues Bundesland sind gut und richtig aufgestellt - besser als viele alte Bundesländer.

Herr Ministerpräsident, wenn Sie sagen, wir müssen bei der sich abzeichnenden Konjunkturflaute bei allen Entscheidungen weiterhin auf Augenhöhe mit den alten Bundesländern sein, so sage ich: Jawohl, das müssen wir. Das sind wir. Wir sind in allen Gremien auf der Bund-Länder-Ebene beteiligt, und ich darf daran erinnern, dass die Bundeskanzlerin aus den neuen Bundesländern stammt und in Brandenburg einen Wohnsitz hat. Insofern mache ich mir keinerlei Sorgen, dass wir nicht auf Augenhöhe sind.

Der Titel der heutigen Regierungserklärung lautet: „Zur aktuellen wirtschaftlichen Lage in Brandenburg“. Wir sollten selbstbewusster auf unsere eigenen Stärken vertrauen. So wichtig und

einzigartig diese Finanzkrise und deren Auswirkungen auch sind - jetzt gilt es, auf das bestehende Potenzial aufzubauen, Mut zu machen und anzupacken.

Alle Anreize und wirtschaftspolitischen Maßnahmen müssen sinnvoll und nachhaltig sein. Insbesondere Infrastrukturmaßnahmen, Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie gezielte Kaufanreize sind dabei erfolgversprechend. Bloßes Geld auf den Markt zu werfen bringt nichts - außer neue Schulden.