Dann kamen Sie, Herr Ministerpräsident, mit Ihrem famosen neuen Leitbild, was dazu führte, dass die gesamte Förderpolitik in den Bereichen Wirtschaft und Infrastruktur auf sogenannte Wachstumsbranchen in sogenannten Wachstumskernen fokussiert wurde und der Rest Brandenburgs förderpolitisch außen vor blieb.
Die Frage des Kollegen Homeyer von der CDU-Fraktion während der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses, wann es
endlich zu der Ausstrahlungswirkung der regionalen Wachstumskerne auf ihr Umland käme, wurde vom Vertreter der Staatskanzlei ziemlich kleinlaut mit der Bemerkung abgetan, dass man mal eben sehen müsse. Außerdem fehlt entsprechendes Datenmaterial, und eine Evaluierung soll ohnehin erst 2010 durchgeführt werden. Dieses „man muss mal eben sehen“ zeugt keineswegs von eigener Zuversichtlichkeit und schon gar nicht von eigener Überzeugung, nein, es erinnert vielmehr an Experimentierfreudigkeit dieser Landesregierung.
Minister Junghanns hingegen beauftragte für die stolze Summe von 120 000 Euro die Firma Prognos AG, einen Bericht über die - so wörtlich - projektbegleitende Evaluierung der Neuausrichtung der Wirtschaftsförderstrategie des Landes Brandenburg zu erstellen. Was dabei herauskam, war ein Gefälligkeitsgutachten allererster Güte. Angeblich habe man 1 000 Unternehmen in Brandenburg dazu befragt und 350 hätten geantwortet, wobei man auf meine entsprechende Nachfrage während der letzten Wirtschaftssausschusssitzung zu den befragten Unternehmen oder zumindest zu deren Branchen noch nicht einmal Angaben machen konnte. Aber da ja im Hause Junghanns das Motto gilt: „Wer zahlt, schafft an“, kam die Firma Prognos AG selbstverständlich zu dem vom Wirtschaftsministerium erwünschten positiven Ergebnis.
Man kann es natürlich auch anders ausdrücken. Analog der Bundesagentur für Arbeit mit ihren geschönten Arbeitsmarktstatistiken und getreu dem Ausspruch von Winston Churchill: „Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“, beschäftigt das Wirtschaftsministerium Brandenburgs zwei Jahre lang für 120 000 Euro hochbezahlte externe Fachleute zur Erstellung eines Sonnenscheinberichts mit Selbstbeweihräucherungseffekt bezüglich der eigenen Wirtschaftspolitik. Mit diesem Geld hätte man wahrlich Sinnvolleres anfangen können, als die eigene Bevölkerung und die Mitglieder des Landtages zu belügen. Man hätte nämlich zum Beispiel Wirtschaftsförderung damit betreiben können.
Als dann im Zuge der Diskussion über diesen Bericht zumindest vereinzelt Einwände kamen, sagte Minister Jungshanns, dass es ja vereinzelte Sandkörner im Getriebe der neuen Förderstrategie geben könnte. Ich denke, es handelt sich hier wohl eher um Riesenfelsbrocken im Getriebe.
Denn, meine Damen und Herren, schauen wir uns die Zahlen der Brandenburger Wirtschaft im Angesicht der auf uns zukommenden Wirtschaftskrise einmal an. Schauen wir uns an, wie Brandenburg auf die Krise, für die die Landesregierung zwar nicht verantwortlich ist, für die sie aber auch keine Vorkehrungen traf, vorbereitet ist. Also zu den Zahlen, Fakten und Daten:
Der Abschwung hat Brandenburg mit voller Kraft erreicht. Nun rächt sich Ihre Wachstumsbranchenfokussierung bei der Wirtschaftsförderung doppelt; denn einerseits lässt man die kleinen und mittelständischen Firmen, die nicht zu den Wachstumsbranchen gehören oder sich nicht in Wachstumskernen befinden, nach wie vor im ökonomischen Ruin versinken, und ande
rerseits sind es aber gerade die wenigen großen Firmen der sogenannten Wachstumsbranchen, die sozusagen als Konjunkturindikatoren die Folge der Wirtschaftskrise sogar als Erste zu spüren bekommen.
Auch Sie, Herr Minister Junghanns, haben vordergründig auf den Export gesetzt. Das rächt sich jetzt bitter. Ihr Fehler lag und liegt einfach in der quantitativen Einschätzung des Exports. Sie haben einfach den Rückgang der globalen Nachfrage und dessen Auswirkungen auf die Brandenburger Wirtschaft unterschätzt. Davor hat vor Jahren schon ein Parteikollege von Ihnen gewarnt; Ludwig Erhard, glaube ich, war es. Er hat damit auch Recht behalten, wie wir derzeit zu spüren bekommen.
Bei uns ist die Problematik nur etwas verspätet angekommen, da wir größtenteils in die osteuropäischen Länder exportieren. Aber jetzt hat es uns erreicht, und zwar mit ganzer Härte. Die Fakten in Brandenburg sprechen eine klare Sprache. Im Mercedes-Transporter-Werk in Ludwigsfelde wird wegen Auftragsmangels Kurzarbeit verhängt. Im Stahlwerk in Eisenhüttenstadt gilt sie schon, und weitere werden folgen. Damit versuchen beide Firmen, die Einschnitte für die Belegschaft möglichst gering zu halten. Ob das ausreicht, ist angesichts des rasanten Tempos der Talfahrt aber fraglich. Auch bei Rolls-Royce in Ludwigsfelde wird der Personalbestand verringert, obwohl das Unternehmen hauptsächlich im Instandsetzungssektor arbeitet.
Derzeit ist nicht absehbar, wann etwa die Autonachfrage wieder anspringt. Zu vermuten ist aber, dass es länger als nur ein paar Monate dauern wird. Die durch die Bundesregierung geplanten zweijährigen Steuersenkungen für Neufahrzeuge sind als Mittel zur Belebung des Binnenmarkts einfach nur lächerlich. Der einzelne Endverbraucher ist mit den derzeitigen Rabatten der Autohäuser schon wesentlich besser bedient als mit ein paar Euro Steuerersparnis. Trotzdem halten sich die Kunden zurück.
Die Krise wird Arbeitsplätze kosten, nicht nur zeitweise sondern auf Dauer. Den ersten Vorgeschmack darauf liefert die Firma ArcelorMittal, die in Eisenhüttenstadt bis zu 600 Stellen abbauen wird. Der vorausgegangene Stahlboom hat überdeckt, dass in der Branche ein latenter Druck besteht, Kosten zu sparen und die Produktivität zu steigern. In Krisenzeiten bedeutet das eben Personalabbau.
Meine Damen und Herren, so schön es ist, dass die ebenfalls in Eisenhüttenstadt geplante Papierfabrik 175 Stellen schaffen will, so gleicht das die Stellenfreisetzung in der Stahlbranche in keiner Weise aus. Was hier für Ludwigsfelde und auch für Eisenhüttenstadt gilt, gilt natürlich auch für alle übrigen Standorte sogenannter Wachstumsbranchen in unserem Lande. Selbst bei Bombardier in Hennigsdorf ist, wenn auch zeitlich verzögert, mit Produktionsausfällen zu rechnen, weil nämlich die Deutsche Bahn AG als Hauptauftraggeber ebenfalls von der Wirtschaftskrise betroffen sein wird. - Diese Liste ließe sich fortsetzen.
Meine Damen und Herren, der Beschäftigungszuwachs in Brandenburg hat sich demnach auch in den ersten drei Quartalen des Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum deutlich abgeschwächt. Für 2009 rechnen alle anerkannten Wirtschaftsforschungsinstitute mit einem Rückgang des Wirtschaftswachstums von zwischen knapp 1 % bis zu 6 %. Brandenburg, bisher bereits im deutschlandweiten Vergleich auf einem der hinteren
Plätze, dürfte dieser Rückgang besonders stark treffen. Die ersten deutlichen Anzeichen der Rezession sind auf dem Brandenburger Arbeitsmarkt ja bereits deutlich zu erkennen. So stieg der Arbeitslosengeld-I-Bezieher-Betrag seit vielen Monaten erstmals wieder an. Im November gab es 1,4 % Arbeitslosengeld-I-Bezieher mehr als im Vormonat. Auch die Zahl der älteren Arbeitslosen, der über 50, erhöhte sich weiter. Damit ist gerade jener Personenkreis von der negativen wirtschaftlichen Entwicklung betroffen, der an der vergangenen kurzen Aufschwungphase kaum Anteil hatte.
Außerdem stellt die Arbeitslosenstatistik in Brandenburg mit 156 771 Arbeitslosen ohnehin eine geschönte Sicht auf die tatsächliche Lage des Arbeitsmarkts dar. Nicht als arbeitslos in Brandenburg gelten nämlich rund 20 000 1-Euro-Jobber, 5 900 Teilnehmer an beruflichen Bildungsmaßnahmen und ca. 25 000 Nichtleistungsbezieher. Damit fehlen in der Statistik mindestens 50 900 Personen, die arbeitslos sind, aber nicht als arbeitslos gelten. Wenn es nach der Bundesregierung geht, soll die Statistik weiter frisiert werden, und es sollen künftig auch all jene aus der Arbeitsmarktstatistik fallen, die von privaten Arbeitsvermittlern betreut werden.
Damit wären wir, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank und von den Koalitionsfraktionen, im Übrigen schon beim nächsten Thema. Ich meine die soziale Lage hier im Lande, besonders auch von denen, die noch Arbeit haben. Der Anteil der Beschäftigten in Brandenburg, die wegen niedriger Löhne ihr Einkommen durch Arbeitslosengeld II aufstocken müssen, ist deutlich gestiegen. Das geht aus den Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hervor. In Brandenburg verlief der Anstieg deutlich steiler als im Bundestrend. Im April erhielten insgesamt 71 500 Brandenburger mit Vollzeitstelle zusätzliche staatliche Hilfen. Neuere Zahlen liegen noch nicht vor, da die fünf Optionskommunen, die sich um ihre Arbeitslosen selbst kümmern, die Daten verspätet melden. In den übrigen Städten und Gemeinden des Landes jedoch wurden im Juli 46 000 Menschen gezählt, deren Arbeitseinkommen aus Hartz-IV-Mitteln aufgestockt werden musste - 7,2 % mehr als im Januar und 10,7 % mehr als im Juli 2007.
Diese Entwicklung schreckte inzwischen selbst die Vertreter des Brandenburger Arbeitsministeriums auf. Dazu kommt die Tatsache, dass hierzulande immer mehr Menschen in die Schuldenfalle geraten. Wie eine Umfrage ergab, entschließen sich immer mehr Betroffene für die private Insolvenz als Ausweg aus ihrer Misere. Nach einer Statistik des Justizministeriums stieg die Zahl der Fälle in den vergangenen Jahren rasant an, insbesondere im Bereich sogenannter Mittelschichtfamilien. Hatten im Jahr 2001 noch 1 776 Privatpersonen und Kleingewerbetreibende Privatinsolvenz angemeldet, waren es 2007 schon knapp 5 000. Also, Herr Ministerpräsident Platzeck und meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, wohin man schaut, ob Wirtschaft, Arbeitsmarkt oder Sozialbereich - eine wahrlich stolze Bilanz Ihrer Regierungstätigkeit!
Das Thema Demografie muss ich bei der Gelegenheit natürlich auch noch kurz ansprechen. Aufgrund Ihrer förderpolitischen Fehlleistungen - bezogen auf die berlinferneren Regionen unseres Landes; in Zukunft in potenzierter Form beschleunigt durch die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise - wird unser Land Brandenburg außerhalb des Berliner Speckgürtels
noch stärker ausdünnen als bisher. Das ist auch das Ergebnis einer jüngsten Bevölkerungsgruppenprognose der Bertelsmann Stiftung. Demnach werden 2025 etwa 140 000 weniger Menschen in Brandenburg leben als jetzt. Das entspricht einem Bevölkerungsrückgang um 5 %. Während die Einwohnerzahl in einigen Landkreisen um bis zu ein Viertel schrumpft, insbesondere in der Prignitz, der Uckermark und der Lausitz, ziehen immer mehr Menschen in das Berliner Umland. Dagegen müssen sechs Landkreise mit Bevölkerungsrückgängen von 20 % und mehr rechnen. So soll in der Stadt Frankfurt (Oder) trotz des dort entstandenen Solartechnologieparks die Einwohnerzahl bis 2025 um 23,5 % sinken.
In anderen Landstrichen geht die Vergreisung rapide voran, besonders auf dem flachen Land. Bei der Gruppe der über 80-Jährigen führt Brandenburg mit etwa 122 % Zuwachs die Länderliste deutschlandweit an. Kein Wunder, denn die Jungen, insbesondere Familien mit Kindern, haben dieses Land zum Großteil bereits vor Jahr und Tag verlassen. Dieser Wegzug wird sich im Zuge der Krise noch krasser verstärken.
Meine Damen und Herren! Ich komme nun zu den konjunkturpolitischen Maßnahmen dieser Landesregierung, die das Konjunkturpaket der Bundesregierung flankieren sollen. Ist schon das Konjunkturpaket der Bundesregierung lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein, da man in Berlin der Krise lediglich mit der Ausweitung von Abschreibungsmöglichkeiten, die ja grundsätzlich richtig sind, einer zeitlich befristeten Kfz-Steuerbefreiung, die überhaupt nichts bringt, sowie einer marginalen Verbesserung der Mittelstandsförderung begegnen will, so sind die von Ihnen, Herr Junghanns und meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, geplanten flankierenden Maßnahmen buchstäblich ein schlechter Witz.
Die Bürgschaftsinstrumentarien des Landes sowie der Bürgschaftsbank sollen verstärkt werden, und das Konsolidierungsund Standortsicherungsprogramm will man reaktivieren. Leider sind dafür jedoch nur minimale Mittel eingestellt. Der größte Witz: Es soll ein EFRE-Nachrangdarlehensfonds für den Mittelstand mit einer Finanzausstattung von 20 Millionen Euro - davon 15 Millionen Euro aus EU-Mitteln - eingerichtet werden. Und Sie glauben allen Ernstes, dass das ausreicht?
Dass das mit lächerlichen 500 000 Euro ausgestattete Mikrodarlehensprogramm, das seit mittlerweile eineinhalb Jahren auf Eis liegt, endlich aktiviert werden soll, möchte ich nur am Rande erwähnen.
Aber all das Gesagte steht selbstverständlich noch in den Sternen. Im Zuge der Diskussion während der vergangenen Wirtschaftsausschusssitzung mussten Sie, Herr Minister Junghanns, nämlich zugeben, dass all diese Maßnahmen von der Zustimmung der EU, insbesondere hinsichtlich der Erhöhung der EFRE-Vorschusszahlungen um 2,5 %, abhängen.
Kommt diese nämlich nicht zustande, werden selbst diese Maßnahmen nicht durchgeführt. Das haben Sie so gesagt!
Sehr geehrte Damen und Herren! Eine echte Hilfe zur Stabilisierung der Konjunktur ist unter den derzeitigen Bedingungen eine schnellstmögliche Belebung des Binnenmarktes, denn er ist das Nächstliegende, was wir selbst beeinflussen können. Ich
meine damit nicht die Idee der Konsumgutscheine; ich meine damit eine Absenkung der Mehrwertsteuer auf einen Wert, der mit Augenmaß gewählt wird. Ich bin fest davon überzeugt: Auch wenn Sie zu unserem diesbezüglichen Antrag, der diesem Hohen Haus vorliegt, schon jetzt Redeverzicht angekündigt haben - es gibt dazu keine Alternative.
Ich denke, Sie wären gut beraten, unserem Antrag zu folgen. Dann bliebe Ihnen im Januar eventuell eine weitere Peinlichkeit vor unseren Bürgern erspart.
Auch was die Kreditvergaben anbelangt, sollte sich Ihre Regierung, Herr Ministerpräsident, schleunigst bewegen - bewegen und nicht reden!
Es kann und darf nämlich nicht sein, dass die Verursacher dieser unsäglichen Finanzkrise unter einen regierungseigenen Rettungsschirm schlüpfen, sich an den auszureichenden Staatsmilliarden gesunden, aber die kleinen und mittelständischen Unternehmen im Regen stehen lassen. Denn wer jetzt von den Banken 100 Euro Kredit haben möchte, muss dafür 200 Euro Sicherheiten nachweisen. Das sagen und fordern unter Umständen ausgerechnet die Banken, die Mitschuld an der Finanzund Wirtschaftskrise tragen. So kann man Wirtschaft nicht beleben. Die Banken müssen hier stärker als bisher in die Pflicht genommen werden. Wir werden Sie, Herr Ministerpräsident, in die Pflicht nehmen, weil Sie sich vorgenommen haben, dies gegenüber den Banken selbst zu tun.
Meine Damen und Herren! 70 % der wirtschaftlichen Leistungsträger und Arbeitgeber in der Bundesrepublik sind mittelständisch geprägt. In Brandenburg sind es sogar noch mehr. Unter welchen Schirm können diese Unternehmen schlüpfen? Wie soll ein derartiger Betrieb Beschäftigungsgarantien abgeben, wenn er nicht über eine üppige Kapitaldecke verfügt wie Großkonzerne? Kurzarbeit und auch Entlassungen sind vorprogrammiert. Ihre Regierungserklärung geht aber mit keinem Wort auf derartige Probleme ein. Noch bietet das Land gerade diesen Unternehmen keine strukturierte Hilfe an, Herr Ministerpräsident, sondern nur Worte.
Als Fazit der Brandenburger Wirtschaftspolitik der vergangenen 18 Jahre und im Hinblick auf die vor uns liegende Wirtschaftskrise kann ich für die DVU-Fraktion nur feststellen, dass diese Landesregierung die Brandenburger mittelständisch geprägte Wirtschaft nicht nur jahrelang im Stich ließ und teils wissentlich und willentlich in den Ruin trieb - nicht zuletzt durch die neue Förderpolitik -, sondern dass diese Landesregierung auch keinerlei Vorsorge für die vor uns liegende wirtschaftliche Depression traf und selbst jetzt, angesichts der beginnenden Rezession, völlig hilflos, wie das Kaninchen vor der Schlange, verharrt und keinerlei auch nur annähernd effektive Maßnahmen gegen die Krise zu ergreifen in der Lage ist.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Weihnachtsfest steht vor der Tür und damit die Zeit von Ruhe und Besinnlichkeit. Aber in diesen Tagen blicken viele Menschen in Brandenburg mit Sorge in die Zukunft. Die Finanzmarktkrise und die wirtschaftlichen Prognosen haben Ängste ausgelöst. Zuerst, vor wenigen Monaten, war es noch die Sorge um eigene Ersparnisse. Mittlerweile hat sich das in die Sorge um den Arbeitsplatz gewandelt. Nahezu täglich melden die verschiedensten Branchen Gewinneinbrüche, Auftragsrückgänge, schlechte Zukunftserwartungen; auch Stellenstreichungen stehen im Raum.
Aber ich möchte gleich am Anfang meiner Rede vor Panikmache warnen. Wir stehen vor einem wirtschaftlichen Abschwung, ja, aber nicht vor der Endzeit. Wirtschaft ist immer zu 50 % Psychologie. Wir sollten nicht den Fehler machen, alles ausschließlich schwarzzumalen; sonst verursachen wir eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.
Es ist völlig verfehlt, die soziale Marktwirtschaft infrage zu stellen und der Staatswirtschaft das Wort zu reden. Es ist nicht die soziale Marktwirtschaft, die versagt hat. Die soziale Marktwirtschaft ist außerordentlich leistungsfähig und sorgt gleichzeitig für einen fairen Ausgleich zwischen Leistungsstarken und Leistungsschwachen in unserem Land. Mit dieser Wirtschaftsordnung haben wir in Deutschland einen Wohlstand erreicht wie noch nie in der Geschichte unseres Landes. Die Unternehmen kalkulieren ihre wirtschaftliche Rentabilität, und für die Arbeitnehmer muss es sich lohnen, Leistung zu erbringen. Das sind die Grundfesten unserer Wirtschaftsordnung seit 1949.
Dass es im Wettbewerb dabei auch Grauzonen und schwarze Schafe gibt, ist leider Realität und muss sanktioniert werden. Aber wir sollten uns davor hüten, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Ebenso sind pauschale Schuldzuweisungen an die privaten Banken verfehlt, denn auch sie sind wichtige Akteure des Wirtschaftslebens. Es gibt in Deutschland über 2 200 Kreditinstitute. Die ganz große Mehrheit davon arbeitet verlässlich und verantwortungsvoll.
Die Ursachen der Krise liegen woanders. Sie liegen darin, dass sich bei einem Teil der handelnden Personen im Bankensektor Verantwortungslosigkeit breitgemacht hat, die Gier nach immer mehr, nach Renditen von 20 %, 25 %, die nur auf vermeintlichen Wertsteigerungen basieren konnten. Monopoly im wirklichen Leben - und das in großem Stil. Diese Blase ist geplatzt.
Diese Krise hat ihren Ausgangspunkt nicht in Deutschland, sondern in den Vereinigten Staaten von Amerika. Dort wurden im Übrigen beginnend in der Clinton-Ära und staatlich befördert - Kredite vergeben, die sich die Betroffenen in Wirklichkeit nicht leisten konnten. Jeder sollte Wohneigentum haben und dafür Kredite aufnehmen, ob er sich das leisten konnte oder nicht.
In Deutschland werden Kredite nach sehr viel strengeren Maßstäben vergeben. Jeder, der sich hier einmal Geld geliehen hat, weiß das. Da muss man sich ausziehen bis aufs Hemd und Sicherheiten haben. Die Regeln sind streng.