Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

(Beifall bei CDU und SPD)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält Herr Minister Speer.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 2006 war ein Jahr, in dem es im Verhältnis zu den Vorjahren besser wurde. Insofern wird es wahrscheinlich in den nächsten Jahren in der Retrospektive, wenn wir über die Jahresabschlüsse 2007 und 2008 diskutieren werden - den Abschluss für 2008 haben wir gerade fertiggestellt und dem Rechnungshof übergeben -, was die Dramatik betrifft, mit der wir es bei der Situation öffentlicher Haushalte zu tun haben, etwas einfacher sein.

Gleichwohl wissen wir, wenn wir die Einnahmeerwartungen bis zum Jahre 2020 hochrechnen, vor welchen Aufgaben wir schon stehen, ohne die derzeitige wirtschaftliche Situation und deren mögliche Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte zu berücksichtigen. Aber wir alle gehen davon aus, dass es Auswirkungen davon auf die öffentlichen Haushalte geben wird. In den Monaten Januar, Februar und März diesen Jahres liegen die Steuereinnahmeergebnisse um 11 % unter Plan. Man kann hochrechnen, was das für das Jahr 2009 und die Umsetzung des Haushalts für dieses Jahr an Schwierigkeiten mit sich bringen wird.

Das Jahr 2006, zu dem hier Stellung genommen wird, ist davon geprägt gewesen, dass wir bei der Haushaltskonsolidierung die Wege eingeschlagen haben, die uns ertragreich erschienen, um die langfristige Sicherheit für die öffentlichen Finanzen in Brandenburg herzustellen. Das hat damit zu tun, Frau Mächtig, dass man sich auch überlegt, an welcher Stelle man Einschnitte vornimmt, um sich auf diese Situation einzustellen. Sie sind ja immer wieder im Konzert mit anderen der Meinung, dass die Landesregierung sparen muss und dass der Weg der Reduzierung von Personal richtig ist, dass die Personalbedarfsplanung von der Landesregierung nur richtig umgesetzt werden muss. Gleichwohl kommt in jeder Sitzung hier der Ruf: Wir brauchen mehr Lehrer, mehr Polizisten und mehr Steuerbeamte, um aus den Betrieben in Brandenburg noch mehr herauszuholen usw.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Mehr Qualifizierung vor allen Dingen!)

Das geht eben nicht zusammen. Da ist die Verantwortung von uns allen in diesem Hause unteilbar, auch Ihre, an dieser Stelle Vorschläge zu machen, wo denn sonst angesetzt werden soll.

Ich bin schon gespannt auf die Auseinandersetzungen, die wir hier noch vor dem Sommer zu einem Gesetzentwurf haben werden, den wir zur Weiterentwicklung der Beamtenbesoldung einbringen. Ich kann mir schon vorstellen, wie Ihre Redebeiträge aussehen werden. Sie alle sind sicher nicht darauf ausgerichtet, unser Ziel, die Konsolidierung des Haushalts mittelfristig sicherzustellen, zu unterstützen, sondern das Gegenteil ist der Fall. Dann kommen Sie noch mit irgendwelchen Begründungen, warum viel Ausgaben dem Staat helfen. Die kennen wir auch schon. Letztlich ist dies aber volkswirtschaftlich nicht bis zu Ende durchdacht.

Wir haben vom Rechnungshof ins Stammbuch geschrieben bekommen, an welchen Stellen es Verbesserungsbedarf gibt. Es ist im Ausschuss mit den entsprechenden Stellungnahmen aus den Ressorts schon erörtert worden, wie man mit diesen Hinweisen umgeht. Zum großen Teil ist vollständige Übereinstimmung zwischen Rechnungshof und Ressorts oder auch zwischen der Einschätzung des Rechnungshofs und dem, was

die Abgeordneten als Schlussfolgerungen daraus ziehen, hergestellt worden. Auf diese Übereinstimmung, die zumindest mit der Mehrheit des Ausschusses hergestellt wurde, nehme ich Bezug. Wir werden es auch in Zukunft so sehen, dass jeder Tag, an dem wir besser werden können, ein guter Tag ist.

Zum Thema Hoppegarten möchte ich nur so viel sagen: Natürlich haben wir uns dagegen gestellt, eine feste Landesbeteiligung einzugehen. Bei dem Engagement, das über die ILB abgewickelt wurde, handelt es sich um eine einmalige Unterstützung in Form eines Kredites, der nicht vollständig zurückgeflossen ist. Dafür haben wir eine Garantie übernommen. Diese Garantieübernahme war im Haushalt nicht verankert, das ist richtig. Ich habe aber, bevor ich diese Garantie gegeben habe, den Haushaltsausschuss unterrichtet und dort auch keine Gegenposition zu diesem Handeln gehört. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Frau Mächtig möchte die halbe Minute Redezeit, die ihr noch zusteht, nutzen. Bitte.

Ich möchte nur zwei kurze Bemerkungen machen. Die erste Bemerkung: Herr Finanzminister, den Personalschlüssel für Kitas hat ja Ihre SPD beschlossen. Wenn Sie das kritisieren wollen, dann tun Sie das bitte nicht auf dem Umweg über die Linken.

Die zweite Bemerkung: Herr Klein, wenn Sie die Berichte, die wir beschlossen haben, richtig gelesen haben, dann haben Sie darin auch die Kritiken und Hinweise für die zukünftige Arbeit der Häuser gefunden. Ich habe das hier begründet, damit auch Ihre Kollegen jetzt zustimmen können. - Danke.

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Herzlichen Dank. - Damit ist die Aussprache beendet, und wir kommen zur Abstimmung.

Erstens stimmen wir über die Beschlussempfehlung in der Drucksache 4/7365 ab. Hierbei geht es um die Rechnung des Landtagspräsidenten. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einer Stimmenthaltung wurde dieser Beschlussempfehlung einstimmig zugestimmt.

Zweitens kommen wir zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zu Haushaltsrechnung und Vermögensnachweis und den Jahresbericht des Landesrechnungshofes in der Drucksache 4/7366. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Einstimmig ist dieser Beschlussempfehlung zugestimmt worden.

Drittens stimmen wir ab über die Beschlussempfehlung zu der Rechnung des Landesrechnungshofes in der Drucksache 4/7367. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es

Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Einstimmig ist auch dieser Beschlussempfehlung zugestimmt worden.

Viertens geht es um die Beschlussempfehlung zu der Rechnung der Präsidentin des Verfassungsgerichts in der Drucksache 4/7368. Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Auch dieser Beschlussempfehlung ist einstimmig zugestimmt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Einsetzung einer unabhängigen Kommission zur Erarbeitung von Vorschlägen zur Weiterentwicklung des Abgeordnetengesetzes

Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses (gemäß Nr. 2 des Beschlusses des Landtages Branden- burg vom 17.05.2006 - Drucksache 4/2946-B)

Es wurde vereinbart, hierzu keine Debatte zu führen. Wir kommen also sofort zur Abstimmung über die soeben genannte Beschlussempfehlung in der Drucksache 4/7395 (Neudruck). Wer dieser Beschlussempfehlung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Bei wenigen Stimmenthaltungen ist dieser Beschlussempfehlung zugestimmt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Kriminalistische Aus- und Fortbildung verbessern

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/7390

Ich eröffne die Aussprache. Der Abgeordnete Dr. Scharfenberg erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die kürzlich vorgestellte polizeiliche Kriminalstatistik für das vergangene Jahr weist mehrere Besonderheiten auf. Dazu gehört insbesondere die Tatsache, dass die Aufklärungsquote in bisher einmaliger Weise gesunken ist. Es war bisher der besondere Stolz des Innenministers und Ausdruck einer gewachsenen Leistungsfähigkeit der Polizei, dass das Land Brandenburg bei der Aufklärung von Straftaten immer besser geworden ist.

Der jetzt aufgezeigte Absturz um 5,5 Prozentpunkte, und zwar von 57,4 % im Jahre 2007 auf 51,9 % im Jahre 2008, ist beispiellos. Anteilig gesehen beträgt der Rückgang sogar etwa 10 %. Damit fallen wir in etwa auf das Niveau des Jahres 1997 zurück.

Als wichtigste Erklärung dafür nannte der Innenminister den Wegfall der bisher von der Bundespolizei erfassten Grenz

kriminalität, die mit einer hohen Aufklärungsquote verbunden war. Gegen dieses Erklärungsmuster spricht, dass jetzt ein Schutzbereich nach dem anderen in seiner Statistik ebenfalls einen mehr oder weniger deutlichen Abfall bei der Aufklärung zu beklagen hat, das jedoch völlig unabhängig davon, ob diese Schutzbereiche eine Grenzlage hin zu Polen aufweisen oder nicht.

Es muss also andere Gründe geben, und diese liegen auf der Hand. Das ist zum einen der seit dem Jahr 2002 vollzogene Personalabbau. Selbstverständlich macht sich zunehmend bemerkbar, dass mittlerweile mehr als 725 Stellen abgebaut worden sind; denn weniger Polizisten - das kann wohl jeder nachvollziehen - können weniger aufklären. Das war es aber noch lange nicht; denn nach dem Willen der jetzigen Koalition sollen bis 2012 1 042 weitere Stellen gestrichen werden.

(Minister Schönbohm: Wie viele?)

- 1 042 - offizielle Statistik, von Ihnen, Herr Minister, übermittelt.

Im Zuge dieses Personalabbaus ist zudem der Schwerpunkt auf die Reduzierung des Personalbestandes bei der Kriminalpolizei um fast 400 Stellen gelegt worden. Das war und ist umstritten.

Noch schwerer wiegt jedoch ein anderer Grund. Es gibt große Defizite bei der Aus- und Fortbildung von Kriminalisten, auf die nicht zuletzt der Landesdelegiertentag des BDK hingewiesen hat.

Worin bestehen diese Defizite? - In Brandenburg gibt es seit 1990 keine spezifische kriminalistische Ausbildung mehr. Die Ausbildung der brandenburgischen Polizei erfolgt im Rahmen einer Einheitsausbildung. Ziel dabei ist ein flexibel einsetzbarer Polizeibeamter.

(Schulze [SPD]: Sie sind doch auch für die Einheits- schule!)

- Vergleiche hinken immer, Herr Schulze. - Zu dieser Ausbildung gehört auch eine kriminalistische Qualifizierung.

Nach dem dreijährigen Studium an der Fachhochschule gehen alle Absolventen für mindestens zwei Jahre zur Landeseinsatzeinheit; kurz LESE genannt. Danach erfolgt der Einsatz im Wach- und Wechseldienst auf unbestimmte Zeit. Von dort ist auch ein Wechsel zur Kriminalpolizei möglich. Praktisch heißt das: Frühestens zwei Jahre nach Abschluss des Studiums, eher später, muss bei einem Wechsel zur Kriminalpolizei die kriminalistische Grundausbildung reaktiviert werden.

In der Vergangenheit gab es dafür wenigstens noch einen sogenannten Wechslerlehrgang, in dem kriminalistische Kenntnisse in Form einer Anpassungsfortbildung vermittelt wurden. Es ist in keiner Weise nachzuvollziehen, wieso selbst dieser Fortbildungslehrgang im vergangenen Jahr ersatzlos abgeschafft und aus der Laufbahnverordnung gestrichen wurde. Gegenwärtig werden die damit verbundenen Probleme dadurch kaschiert, dass es noch eine ganze Reihe von hochqualifizierten Kriminalisten gibt, die mit ihren spezifischen Fachkenntnissen für Stabilität sorgen. Aber in den nächsten fünf Jahren scheiden viele davon aus, ohne dass ein gleichwertiger Ersatz vorhanden wäre. Bereits jetzt sprechen Polizeipraktiker von einer zunehmenden Verflachung der Qualität der kriminalistischen Arbeit. Das ist zudem verbunden mit einer deutlichen Über

lastung der einzelnen Kriminalisten, die dem Ministerium offenbar nicht einmal bekannt war. So ist jeder Kriminalist im Jahresdurchschnitt mit etwa 300 Vorgängen beschäftigt. Das kann man ja einfach einmal umrechnen.

Da die erklärte Philosophie des Ministeriums für den Wechsel von Schutzpolizisten zur Kriminalpolizei in „Learning by Doing“ besteht, kann man sich ausrechnen, dass das Niveau der kriminalistischen Arbeit weiter abnehmen wird. Von wem sollen denn junge Kriminalisten ihr Handwerk lernen, wenn es immer weniger Spezialisten gibt?!

Vielleicht geht es aber tatsächlich darum, die Kriminalpolizei perspektivisch völlig abzuschaffen. Wie auch immer: Die Streichung von 400 Kriminalistenstellen, die Abschaffung des Wechslerlehrgangs, wenig Aufmerksamkeit für die Qualität und den Stellenwert der kriminalistischen Fortbildung - das sind schon bedenkliche Anzeichen, die einer entsprechenden Reaktion bedürfen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, irgendwie passt es nicht zusammen, wenn Brandenburg einerseits bei der Verschärfung des Polizeirechts immer vorn dran sein will und bei technischen Entwicklungen sehr experimentierfreudig ist - mir fällt da die Diskussion um den Tragschrauber ein -, andererseits aber eine so elementare Frage wie die Qualität der kriminalistischen Aus- und Fortbildung vernachlässigt.

Das widerspricht übrigens auch dem erklärten Ziel einer engen Zusammenarbeit mit dem Nachbarland Berlin. Dort wird traditionell eine getrennte Ausbildung von Schutzpolizei und Kriminalpolizei, ausgehend von getrennten Bewerbungen, praktiziert. Nun möchte ich nicht sagen, wir sollten das einfach so übernehmen; aber allein daraus erwachsen wesentliche Hindernisse für ein gemeinsames Vorgehen in der polizeilichen Ausbildung. Das muss doch nicht so bleiben!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sehen deutlichen Handlungsbedarf in der kriminalistischen Aus- und Fortbildung der brandenburgischen Polizei. Mit dem vorliegenden Antrag verlangen wir, dass die Landesregierung konzeptionelle Überlegungen zur weiteren Ausgestaltung der kriminalistischen Arbeit anstellt. So ist nach unserer Ansicht zu prüfen, ob die Qualität der Ausbildung dadurch erhöht werden kann, dass im dritten Studienjahr eine getrennte spezifische Ausbildung von Kriminalisten und von Schutzpolizisten eingeführt wird.