Protokoll der Sitzung vom 02.04.2009

Wenn ich davon sprach, dass die Landwirtschaft uns alle angeht, dann sind damit auch die maßgeblichen Politiker gemeint. Es bleibt also zu hoffen, dass vernünftige und vor allem kluge Politiker die richtigen Entscheidungen treffen.

Der Entschließungsantrag von CDU und SPD wird von uns unterstützt.

(Beifall bei der DVU)

Der Abgeordnete Helm spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sehe zwischen den Fraktionen Übereinstimmung im Grundanliegen. Um jedoch richtig zu urteilen, setzt dies die Kenntnis der Ursachen voraus. Wir haben es mit zwei Dingen zu tun: zum einen mit der gegenwärtigen Phase, das heißt, angesichts der gegenwärtigen Liquiditätsschwäche bis zur Ernte zurechtzukommen, zum anderen mit der Frage, wie wir dieses finanzpolitische Tiefdruckgebiet überwinden können. Das ist besonders schwierig, da die angedachten Maßnahmen der Landesregierung und auch anderer bis zur Ernte nicht greifen werden. Das bedeutet, dass wir hier Probleme bekommen, und es liegt an den Betrieben selbst, wie sie mit ihren Hausbanken oder den Instrumentarien der landwirtschaftlichen Rentenbank Finanzierungen organisieren, die uns über diesen Berg hinweghelfen. Dies können die Betriebe nur allein leisten; hier kann der Staat als solcher nicht helfen.

Die andere Frage ist, was uns in der Zukunft erwartet. Hier sehen wir uns in der Landwirtschaft völlig neuen Entwicklungen durch die Globalisierung der Märkte ausgesetzt. Wir haben erstens - Herr Kollege Folgart hat schon darauf hingewiesen eine Änderung des Verbraucherverhaltens wahrzunehmen. In Europa ist der Fleischverbrauch um 30 % und der von Milchprodukten um 20 % gesunken. Das geht mit der Reduzierung der Exporte aufgrund des Dollar-Euro-Verhältnisses einher; das heißt konkret, die Märkte - speziell in Asien - sind weggebrochen. Dadurch also entsteht eine Marktbelastung, nicht jedoch durch die Quote. Diese hat damit überhaupt nichts zu tun, denn sie würde in Europa nicht erfüllt werden. Das kann später noch kommen, ist jedoch nicht die Ursache für die gegenwärtige Phase.

Außerdem kommt hinzu, dass der sogenannte Schweinezyklus also ein ständiges Auf und Ab der Erlöse - jetzt auch in den Produktbereichen Milch und Hackfrucht an der Tagesordnung sein wird. Das ist neu. Gleichzeitig mit diesen Zyklen ist wahrzunehmen, dass die Preise der Produktionsmittel zwar in gleicher Weise ansteigen, jedoch nicht in gleichem Maße sinken. Das heißt, wir haben - dies ist neu - zusätzliche Liquiditätsschwierigkeiten, und das daraus resultierende antizyklische Verhalten der Betriebe muss erst gelernt werden. Das ist eine neue Erfahrung, die wir noch nicht hatten. Darauf müssen wir uns einstellen.

Um einmal klarzustellen, worum es eigentlich geht, folgendes Beispiel: Die 10 Cent pro Liter, die uns gegenwärtig fehlen, machen bei dem Kuhbestand und der Kuhleistung in Brandenburg eine Summe von 135 Millionen Euro aus.

(Zuruf: Pro Tag?)

Diese Höhe zeigt, dass der Staat hiermit überhaupt nicht allein umgehen kann. Dazu ist er nicht in der Lage. Darauf müssen wir reagieren. Aber dies setzt die Sachkenntnis über die globale Entwicklung und das Herunterbrechen der Auswirkungen bis vor die Hoftür voraus. - Dies ist entscheidend; dies ist neu.

Klar ist aber auch, dass die Banken aufgrund der geringen Abhängigkeit der Landwirtschaft von der konjunkturellen Lage, der hohen Granularität der Branche und der Tatsache, dass Deutschland einer der besten, zukunftsfähigsten Agrarstandorte Europas und der Welt ist, keine allgemeinen Einschränkungen bei der Kreditvergabe erwarten lassen. Die Banken leben nur von einem lebenden Betrieb, nicht von einem toten. Daher sind sie auch interessiert, die Betriebe am Leben zu erhalten.

Klar ist auch, dass die Betriebe laufend Liquiditätsreserven aufbauen müssen. Hier ist die Politik gefragt, damit in Deutschland die wettbewerbsverzerrenden Belastungen, die hausgemacht sind, abgebaut werden. Dies ist Inhalt des Antrages, und diesen unterstützen wir voll und ganz. Das ist auch Inhalt der Programmatik der CDU.

Meine Damen und Herren von der SPD, hier sind Sie gefragt, Einfluss zu nehmen auf Ihre Bundestagsfraktion und auf den Bundesfinanzminister, denn er blockiert gegenwärtig die Entscheidungen, die wir hier in dieser Sache brauchen.

Es zählt auch dazu, die Forderung einer steuerfreien Risikoausgleichszulage für die Betriebe zu ermöglichen. Das wäre äußert wichtig; denn dann wären die Betriebe selbst in der Lage, auf Liquiditätsengpässe zu reagieren, und könnten einen Ausgleich herbeiführen, ohne beim Staat um Hilfe zu rufen.

Von der Landesregierung erwarte ich ein klares Wort hinsichtlich der Investitionen in der Landwirtschaft im Veredlungsbereich. Ob Groß oder Klein, wir brauchen diese alle. Aber gegenwärtig ist es so, dass Investitionen oft scheitern oder verhindert werden durch die Naturnostalgie der Bürger mit dem satten Bauch.

Vonseiten des Landes ist auch zu prüfen, ob den Betrieben, die in Schwierigkeiten sind und aufgrund der Zweckbindung der Förderdarlehen durch Wegfall des Förderzweckes, wenn das Darlehen zurückgezahlt werden muss, über eine Neuaufstellung nachdenken, dadurch der Todesstoß versetzt wird. Der Staat hat nichts davon. Wenn die Betriebe insolvent sind, zahlen sie auch keine Fördermittel zurück. Hier brauchen wir Flexibilität.

Aber es ist keineswegs eine neue Erfahrung. - Herr Präsident, ich bin gleich am Ende meiner Rede: - Bereits vor 200 Jahren wusste man von Theodor von Schön als preußischem Politiker und Mitarbeiter von Stein und Hardenberg von den Problemen, mit denen wir zu tun haben, indem er die Aussage formulierte:

„Einzelne Konjunkturen können während der Zeit eintreten. Aber der Landmann verlangt stetigen Preis. Hoher momentärer Preis als das Feld des Kaufmannes ist dem Landmann selten günstig.“

Hohe Preise haben wir hinter uns. Hohen Preisen folgen tiefe. In der Situation befinden wir uns jetzt. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Minister Woidke spricht für die Landesregierung.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fakten für die Agrardieselrückerstattung sind folgende: Der einheitliche Steuersatz für Diesel beträgt in Deutschland ca. 47 Cent pro Liter für alle Verbraucher. Der Landwirt kann bei der Zollverwaltung eine Steuerentlastung beantragen. Diese wird ihm nach einem Selbstbehalt von 350 Euro für die im Jahr verbrauchte Menge, jedoch nur für maximal 10 000 Liter, in einer Höhe von ca. 21 Cent pro Liter gewährt. Aus diesen 10 000 Litern resultiert eine Steuer von ca. 29 Cent je Liter. Während die Landwirte in den europäischen Nachbarländern mit deutlich unter 10 Cent pro Liter besteuert werden, liegt die durchschnittliche Besteuerung von Agrardiesel in Deutschland bei ca. 40 Cent.

(Folgart [SPD]: 5 Cent im europäischen Durchschnitt!)

Der Bauernverband hat wie immer noch erschreckendere Zahlen. Aber das lasse ich einmal dahingestellt sein. Allerdings ist, auch wenn man die Zahlen so zur Kenntnis nimmt, klar, dass eine Harmonisierung der Wettbewerbsneutralität innerhalb Europas schon aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit angezeigt ist und deshalb auch mehrmals durch Beschlüsse der Agrarministerkonferenzen eingefordert wurde. Auf nationaler Ebene wäre die Rückkehr zum System der Steuerrückerstattung vor Verabschiedung des Haushaltsbegleitgesetzes 2005, das heißt die Rückvergütung für jeden verbrauchten Liter ohne Verbrauchsobergrenze und ohne Selbstbehalt durch den Bund, umsetzbar. Die Agrarminister des Bundes und der Länder haben auf der Agrarministerkonferenz in der vergangenen Woche in Magdeburg eine solche Entscheidung noch für diese Legislaturperiode eingefordert. Hinsichtlich einer Bundesratsinitiative befinden sich die beteiligten Länder noch in der Abstimmung. Eine dauerhafte Verbesserung des Milcherzeugerpreises ist nur durch die Herstellung eines weitgehenden Gleichgewichts zwischen Angebot und Nachfrage zu erreichen.

Wenn man einen Ausstieg aus der Quote will - wir wollen das -, muss man allerdings auch akzeptieren, dass die Preisbildung vom Markt bestimmt wird und damit auch stärkere Preisschwankungen auftreten werden. Das kennen die Schweinehalter und die Getreideerzeuger schon seit Längerem. Für die Milcherzeuger ist das eine neue Erfahrung, auf die sie sich einstellen müssen.

Unsere Aufgabe sehen wir darin, für Rahmenbedingungen zu sorgen, die diesen Anpassungsprozess ermöglichen und befördern und gleichzeitig die Liquiditätslage in den Betrieben berücksichtigen. Deshalb haben wir auch die Forderung nach einem Milchfonds unterstützt. Aber wir wollten den Milchfonds aus zusätzlichen, nicht beanspruchten Mitteln der Agrarleitlinie, also aus europäischen Mitteln, finanziert wissen. Letzteres passiert leider nur zu einem geringen Teil, wenngleich dieser Anteil durch die Annahme des europäischen Konjunkturpaketes auf dem jüngsten Europäischen Rat noch aufgestockt worden ist.

Ungeachtet dessen werden sowohl die Mittel aus der zusätzlichen Modulation als auch die Mittel aus den nichtgenutzten Direktzahlungen sowie die den ländlichen Räumen aus dem EUKonjunkturpaket zur Verfügung stehenden Mittel in Übereinstimmung mit dem Landtagsbeschluss vom Dezember letzten Jahres in die Landwirtschaft zurückfließen und schwerpunktmäßig der Begleitung der Umstrukturierung des Milchsektors

dienen. Das wollen wir über folgende Maßnahmen erreichen, die wir mit dem Bauernverband intensiv diskutiert haben:

Erstens: Stufenweise Aufstockung der einzelbetrieblichen Förderung auf 31 Millionen Euro. Wir verbinden dies mit der Forderung nach Erhöhung des Regelfördersatzes im Agrarförderprogramm auf 35 %, worüber noch im April entschieden werden soll. Diese Aufstockung der Förderung hat zwei Komponenten. Erstens soll die Summe absolut aufgestockt werden, und zweitens wollen wir mit der Aufstockung der prozentualen Förderung erreichen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, auch als Zukunftssicherung für die Betriebe verstanden, weiter steigt.

Wir wollen gleichzeitig - Punkt zwei - die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete auf 27 Millionen Euro in der Endphase in Verbindung mit einem Mindestviehbesatz von 0,2 GV pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche erhöhen. Dies wird natürlich gerade in den Gebieten mit schwächeren Böden in Brandenburg dafür sorgen, dass zusätzliche Liquidität zur Verfügung steht.

Drittens werden wir ein Programm zur Winterbegrünung durch Anbau von Zwischenfrüchten und Untersaaten nach dem entsprechenden Fördergrundsatz auflegen, dieses sowohl für konventionelle als auch für Ökolandbaubetriebe, wiederum ein Programm, mit dem unter bestimmten Bedingungen zusätzliche Mittel in die Betriebe fließen können.

Der Liquiditätssicherung dient darüber hinaus die auf Initiative Brandenburgs und Sachsens beschlossene Aufforderung der Agrarministerkonferenz an die Bundesregierung, sich bei der Europäischen Kommission für eine deutliche Erhöhung der DeMinimis-Grenze im Agrarbereich von gegenwärtig 7 500 auf 30 000 Euro einzusetzen und mit diesem Geld eine Anpassung der Bürgschaftsregelung für Agrarbetriebe zu erreichen, um mit Betriebsmitteldarlehen den Betrieben, die unter akuten Liquiditätsengpässen leiden, zu helfen. Wir haben mit diesem Betriebsmitteldarlehen in Brandenburg unter verschiedenen schwierigen Situationen gute Erfahrungen gemacht. Ich denke, das können die Betriebe bestätigen. - Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Meine Damen und Herren, ich stelle den Antrag der Fraktion DIE LINKE in Drucksache 4/7391, Agrarwirtschaftsinitative, zur Abstimmung. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zum Entschließungsantrag, Drucksache 4/7434. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einer Enthaltung ist der Entschließungsantrag angenommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 14 und rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Bundesregierung bestärken: Agrogentechnik hat keine Zukunft

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/7392

Frau Abgeordnete Steinmetzer-Mann beginnt die Debatte für die Fraktion DIE LINKE.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn DIE LINKE auffordert, die Bundesregierung zu bestärken, könnte man annehmen, Brandenburg sei Land unter. Ganz so weit ist diese Einschätzung von der Realität auch nicht entfernt. Brandenburg ist nämlich nicht nur Spitzenreiter im positiven Sinn beim Ökolandbau und bei der Erzeugung regenerativer Energie. Brandenburg ist - da bleiben sich die Gegenspieler treu - auch bei der CO2-Erzeugung durch Braunkohleverstromung und beim Anbau gentechnisch veränderter Organismen Spitzenreiter in negativem Sinn.

Herr Minister Woidke, hätten Sie schon früher von der Bundesregierung gefordert, von der Möglichkeit eines Verbots von MON 810 Gebrauch zu machen, vielleicht - aber auch nur vielleicht - hätte unser Antrag geheißen: Die Landesregierung bestärken! - Nun sind wir uns nicht sicher, was zuerst da war, unser Antrag oder Ihre Presseerklärung vom letzten Freitag, in der Sie eigentlich genau das Gleiche forderten.

Aber Sie befinden sich in einer Koalition. Ich denke, der CDUPartner wird in der Debatte nachher noch lebhaft und heftig für die Agrogentechnik plädieren. Insofern bleiben wir bei unserem Antrag. Offenbar ist die große bayerische Schwesterpartei in ihrer Auffassung schon etwas weiter als Ihr kleiner Brandenburger Partner.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

- Ja, die Linke möchte die Bundesregierung bestärken. Um es genau zu nehmen: Die Linke möchte die CSU-Bundeslandwirtschaftsministerin bestärken, ein Verbot des Verkaufs und der Aussaat der gentechnisch veränderten Maissorte MON 810 auszusprechen. Sie erklärte:

„Wir werden bei der Frage des Anbaus von MON 810 Schritt für Schritt vorgehen: Die Firma Monsanto wird in den nächsten Wochen die Monitoring-Ergebnisse vorlegen. Diese werden dann sehr sorgfältig daraufhin geprüft, ob der Monitoringplan korrekt umgesetzt wurde und ob er in der praktischen Umsetzung den hohen Anforderungen und Erwartungen gerecht wird. Vom Ausgang dieser Prüfung hängt ab, ob möglicherweise erneut über die Verhängung einer Schutzmaßnahme für die Zeit bis zu einer Entscheidung über die Neuzulassung in Brüssel nachgedacht werden muss.“

Auch der Ex-Landwirtschaftsminister und nunmehrige bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer gehört seit letzter Woche zu den Genmais-Gegnern. Er versicherte, dass niemand die Grüne Gentechnik in Bayern wolle und Versuchsanbauten nur noch in „geschlossenen Anordnungen“ stattfinden sollten. Markus Söder, Bayerns Umweltminister, geht sogar noch weiter und fordert für ganz Deutschland die gentechnikfreie Zone. „Deutschland braucht einen klaren Kurs bei der Grünen Gentechnik, der ich außerordentlich skeptisch gegenüberstehe“ - so sein Votum.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Dabei kann er sich der Unterstützung der bayerischen Landwir

te absolut sicher sein. Jo mei, jo do schau her. „Von den Bayern lernen heißt siegen lernen“ - nein, ganz so weit will ich dann doch nicht gehen.