Protokoll der Sitzung vom 21.10.2009

Öffentlichkeit der Ausschüsse

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN

Drucksache 5/12

Beschluss zur Erarbeitung der Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg

Antrag der Abgeordneten Prof. Dr. Heppener

Drucksache 5/2

Öffentliche Verhandlung von Ausschusssitzungen

Antrag der Fraktion der CDU der Fraktion der FDP der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/9

Hierzu wurden von den Parlamentarischen Geschäftsführern Redezeiten vereinbart. Ich erteile zunächst der CDU-Fraktion das Wort.

(Zuruf FDP)

- Das war anders verabredet. Dann erteile ich der Fraktion der FDP das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wundern Sie sich nicht, heute spreche ich einmal für die CDU-Fraktion, für die FDP-Fraktion und für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. In gleicher Weise sprechen nachher auch die CDU und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für die FDP. Es geht hier um einen gemeinsamen Antrag.

„Die Opposition ist ein wesentlicher Bestandteil der parlamentarischen Demokratie. Sie hat das Recht auf Chancengleichheit.“

Dieser Satz stammt nicht von mir, er stammt aus der brandenburgischen Landesverfassung, Artikel 55. Es ist natürlich illusorisch, anzunehmen, dass Opposition tatsächlich Chancengleichheit erreichen könnte. Man kann es aber schaffen, dass die minderen Chancen, die die Opposition zwangsläufig hat, nicht weiter vermindert werden. Dazu soll dieser Antrag heute beitragen.

Zur Chancengleichheit für Oppositionsfraktionen gehört auch, dass sie die Gelegenheit haben, unter Umständen auch einmal eine Landtagssitzung zu leiten.

Wenn man sich die vorläufige, die vorherige und die zu erwartende, künftige Geschäftsordnung anschaut, dann stellt man fest, dass Landtagsitzungen vom Landtagspräsidenten geleitet werden, von einem seiner Stellvertreter oder dem Stellvertreter, und wenn die nicht da sind, dann von der SPD - so die gegenwärtige Geschäftsordnung. Unser Ansatz ist, dass auch die Opposition Gelegenheit haben soll, Landtagssitzungen zu leiten.

Nun gibt es Überlegungen, die besagen, dass es verfassungswidrig sei, wenn es mehrere Vizepräsidenten des Landtages gebe. Ein Blick ins Gesetz erleichtert auch hier die Rechtsfindung: Dieser Ansatz ist falsch. Die Verfassung des Landes Brandenburg sagt:

„Der Landtag wählt in seiner ersten Sitzung aus seiner Mitte ein Präsidium, bestehend aus dem Präsidenten, Vizepräsidenten und weiteren Mitgliedern.“

Ich wiederhole: dem Präsidenten - das ist einer -, Vizepräsidenten - das ist eine Mehrzahl - und weiteren Mitgliedern. - So einfach ist das.

(Zurufe SPD)

Das „dem“ wird hier nicht herübergezogen. Die Geschäftsordnung, die bisher gegolten hat, weicht an dieser Stelle von der Landesverfassung ab, und man wäre gut beraten, wenn die Geschäftsordnung an die Landesverfassung angepasst würde.

Darüber hinaus gibt es eine einzige Interpretationsmöglichkeit, und zwar die Abberufung von Präsidiumsmitgliedern. Dort heißt es:

„Präsident, Vizepräsident sowie die anderen Mitglieder des Präsidiums können durch Beschluss des Landtages abgewählt werden.“

Dort ist tatsächlich eine Einzahl vorhanden, aber - für die Rechtstheoretiker unter uns - Einzahl in Gesetzen meint immer auch

die Mehrzahl. Hier geht es auch nicht darum, wer im Präsidium sitzt, sondern, wie man da wieder herauskommt. Wenn man aus dem Präsidium herauskommen soll, dann wird einzeln abgewählt, das heißt, es wird ein Präsident abgewählt, ein Vizepräsident, ein weiteres Mitglied des Präsidiums, und nicht anders. An dieser Auslegung ist nichts eigenwillig.

Ich darf darauf verweisen, dass die Thüringer mit einem vergleichbaren Landtag mit 88 Abgeordneten für jede Fraktion einen Vizepräsidenten eingerichtet haben. Es gehört auch zur Demokratie, dass alle Fraktionen die Gelegenheit haben, sich im Präsidium wiederzufinden. Das muss nicht in der vorläufigen Geschäftsordnung geregelt werden, das kann später passieren. Zum Präsidium gehört auch, dass Fraktionen, die nur einen Vertreter im Präsidium haben, auch die Möglichkeit haben, dort vertreten zu werden, wenn der eine Vertreter der Fraktion nicht dabei sein kann. Auch das muss nicht heute passieren, das kann später passieren. Heute gehört nur dazu, dass im Rahmen dieser Chancengleichheit, um die es geht und die auch die Opposition haben soll, auch die Opposition durch einen Vertreter, durch einen Stellvertreter, einen Vizepräsidenten des Landtages, die Gelegenheit hat, Sitzungen zu leiten. Mehr steckt nicht dahinter. Insofern bitten wir um Ihre Zustimmung. Das entspricht der Verfassung des Landes Brandenburg. Die bisherige Geschäftsordnung bleibt dort leider hinter der Verfassung zurück; ich halte sie insoweit auch für verfassungswidrig. Es tut uns nicht gut, mit einer verfassungswidrigen Geschäftsordnung, wie sie in der Vergangenheit bestanden hat, weiterzumachen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der SPD spricht der Abgeordnete Baaske. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einen schönen guten Morgen!

(Zuruf CDU: Guten Morgen!)

Wir haben gleich zu Anfang eine Geschäftsordnungsdebatte. Das ist für eine konstituierende Sitzung etwas Neues. Sehr verehrter Kollege Goetz, ich finde es etwas befremdlich, wenn man über die Presse erfährt, dass die Verfassung, respektive das Abgeordnetengesetz, respektive die Geschäftsordnung in einer solch wichtigen Passage geändert werden soll. Da ruft man einmal an und sagt, dass man das und das aus den und den Gründen vorhat. So kann das Verfahren in diesem Landtag nicht laufen. Ich ermuntere Sie ausdrücklich, uns bei ähnlichen Anlässen einfach anzurufen und uns mitzuteilen, dass Sie ein Begehr haben, über das Sie reden möchten, um zu beraten, wie man es gestalten kann.

Es gibt in diesem Landtag seit 1990 die Regelung, dass die jeweils zweitstärkste Fraktion den Vizepräsidenten stellt. Das war übrigens auch so, als wir schon einmal einen 5-ParteienLandtag hatten. Die ähnliche Konstellation - die Alterspräsidentin hat es vorhin erwähnt - gab es schon Anfang der 90er Jahre, bis 1994. Wenn es jemals einen guten Grund gegeben hätte, zwei Vizepräsidenten zu bestellen, dann in dieser Zeit.

Ich habe mir erzählen lassen, dass der Landtag damals bis spät in die Nacht debattierte, dass man wesentlich öfter als heute tagte und dass damals vielleicht tatsächlich die Notwendigkeit bestand, dass der Vorsitz eine Ablösung mehr erfährt.

Frau Funck, ich habe mich im Übrigen nie als Notlösung empfunden. Ich habe das gern gemacht,

(Beifall SPD)

und jemand, der eine Fraktion leitet, kann auch einmal eine Landtagsitzung leiten.

Herr Goetz, ich fand es übrigens sehr lustig, als Sie sagten, dass diese Sitzung vom Präsidenten, vom Vizepräsidenten, und wenn beide nicht da sind, vom Vertreter der SPD geleitet wird. Gut! Das ist seither so.

(Vereinzelt Heiterkeit SPD)

In der Geschäftsordnung steht, dass es der Vertreter der stärksten Fraktion ist. Damit, dass das schon fast Gesetz geworden ist, können wir gut leben. Danke für die Anerkennung an dieser Stelle.

(Beifall SPD)

Ich habe noch nicht erlebt, dass es in diesem Hause durch den Präsidenten oder die Vizepräsidentin nicht gelungen wäre, unseren Landtag, respektive das Land ordentlich zu repräsentieren. Überall, wo sie gefragt waren - ob das Eröffnungen, Grußworte oder Begehrlichkeiten bei irgendwelchen Veranstaltungen waren -, waren sie präsent. Sie waren da und haben unseren Landtag gut vertreten. Es gab selten die Möglichkeit, dass jemand anders einspringen sollte - aus dem Präsidium allerdings -, weil Präsident oder Vizepräsident nicht dabei sein konnten.

Nun aber zu dem entscheidenden Punkt, den Sie auch vorgetragen haben, nämlich, dass eine Änderung der Geschäftsordnung reichen würde, diesen zweiten Vizepräsidenten zu etablieren. Sie haben ganz bewusst - das liegt vielleicht in der Intention Ihres Berufs - den Absatz 1 vorgetragen. Dort steht: Präsidium, bestehend aus dem Präsidenten - dem, Dativ! -, Vizepräsidenten und weiteren Mitgliedern. Dort steht nicht: dem - Dativ! Präsidenten, den Vizepräsidenten, sondern dem Präsidenten, Vizepräsidenten, womit das „dem“ auch auf das zweite Wort bezogen wird.

(Heiterkeit CDU, Beifall SPD - Zuruf SPD: Einmal Leh- rer, immer Lehrer!)

Ich bin noch nicht fertig. Absatz 2 hat er unterschlagen. Absatz 2 lautet:

„Präsident, Vizepräsident“

- Vizepräsident!

„sowie die anderen Mitglieder des Präsidiums.“

(Zuruf SPD: Das ist eindeutig!)

Das ist eindeutig. Herr Goetz, wenn Sie das anders auslegen,