Protokoll der Sitzung vom 25.02.2010

(Zuruf der Abgeordneten Prof. Dr. Wanka [CDU])

- Frau Wanka, an der Stelle irren Sie. Erinnern Sie sich bitte. Wir schauen uns sonst gemeinsam das Protokoll an. Ich würde Ihnen gern Folgendes mitgeben, Herr Petke: Ich verstehe es nicht. Was ist daran so schwer? Wir haben ein Gesetz und möchten es gern einhalten. Sie sagen, dazu bräuchten Sie noch einmal die Bestätigung durch Ihren Antrag. Über 1 100 Gesetze liegen in diesem Landtag. Sollen wir diese alle noch einmal bestätigen, nur weil Sie das gerade brauchen? Das ist doch kollektive Amnesie, ich bitte Sie. Reden Sie in Ihrer Fraktion miteinander, vor allem mit den jungen Kollegen. Beim Lesen des Antrags dachte ich: Den wird ein junger Kollege geschrieben haben, der nicht weiß, was in diesem Landtag bereits beschlossen wurde; daher kann so etwas passieren. Wenn Sie, Herr Petke, aber zu diesem Antrag reden, dann sage ich: Weder jung noch unerfahren noch unwissend, also Amnesie.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Die Regierungskoalition - Sie haben es gesagt - erklärt im Koalitionsvertrag, die Koalition prüfe nach 2010 die Direktwahlen, die jetzt stattfinden. Sie haben selbst festgestellt, dass am 28. Februar 2010 die letzte Direktwahl in diesem Jahr stattfindet. Was wollen Sie eigentlich noch, außer dass wir darüber reden, ob es Sinn macht oder Unsinn ist? Ich denke, in diesen Prozess könnten Sie sich einbringen, insbesondere in die Diskussion über die Aufgaben von Landräten; dann hätten wir nämlich eine höhere Beteiligung bei den Landratswahlen. Fakt ist doch, dass wir in den Diskussionen festgestellt haben, dass Bürgerinnen und Bürger viel zu wenig über die Arbeit der Landräte vor Ort wissen. An dieser Stelle haben wir Defizite in der Politik und müssen wir uns gemeinsam einbringen. Ihr Antrag ist entbehrlich. Gemeinsam vor Ort zu diskutieren wäre hilfreicher. - Danke.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Frau Mächtig. - Herr Goetz hat eine Kurzintervention angemeldet. Er hat die Gelegenheit zu sprechen, und Frau Mächtig hat die Möglichkeit zu antworten.

Sehr geehrte Frau Kollegin Mächtig, Sie fragten, wie sich die Situation im Landkreis Potsdam-Mittelmark darstellte. Ich will Sie nicht dumm sterben lassen. Also unternehme ich einen Versuch, zu antworten.

Ich bin aus dem Landkreis Potsdam-Mittelmark; Sie könnten Frau Melior und auch andere fragen, wie die Wahl des Landrates dort gelaufen ist. Es gab einen Landrat, der bis 2009/2010 hätte amtieren können. Das hat er nicht gemacht; er ist vorher zurückgetreten. Weil er zurückgetreten war, hatte der Landkreis Potsdam-Mittelmark keinen Landrat. Es musste also ein neuer Landrat zu einer Zeit gewählt werden, als es noch keine Direktwahl gab. Ich habe dafür votiert, den damaligen Landrat möglichst lang im Amt zu lassen, um die Zeit abzuwarten, bis eine Direktwahl möglich ist. Das hat er aber nicht getan; es war seine persönliche Entscheidung, sein Amt niederzulegen.

(Zuruf des Abgeordneten Schulze [SPD])

Aus diesem Grund haben wir uns im Landkreis Potsdam-Mittelmark in einer Koalition darüber unterhalten, und wir von der FDP haben gesagt, wir machen das so nicht mit. Drei Mitglieder der Fraktion FDP/BiK-BIT haben sich entschieden, den neuen Landrat im Kreistag zu wählen; drei haben sich dagegen entschieden. Ich habe den neuen Landrat nicht gewählt, weil mir eine Direktwahl lieber gewesen wäre. So war es im Landkreis Potsdam-Mittelmark. Das könnten auch Sie wissen, wenn Sie sich dafür interessieren würden. Nun wissen Sie es auf jeden Fall. Insofern hat sich die Frage damit erledigt. - Vielen Dank.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank für diese Klarstellung, Herr Goetz. Frau Mächtig, möchten Sie erwidern? - Das ist nicht der Fall. Wir fahren in der Rednerliste fort. Das Wort erhält die Abgeordnete Nonnemacher; sie spricht für die Fraktion GRÜNE/B90.

Verehrte Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! Wir hatten fünf direkte Landratswahlen im Januar inklusive Stichwahlen. Es ist ein Landrat gewählt worden. Die Fakten sind bekannt. Die Wahlbeteiligung lag minimal bei 20,5 % im zweiten Wahlgang im Landkreis Barmin und maximal bei 30,6 % im ersten Wahlgang im Landkreis Ostprignitz-Ruppin.

Die Wahlbeteiligung nach einem kaum vorhandenen Wahlkampf, nach einem Superwahljahr 2009, das zusätzlich einen Wahlkampf zwischen den Jahren, zwischen Weihnachten und Neujahr, erfordert hätte, außerdem ein ausgesprochen strenger Winter und schlechte Witterungsverhältnissen - wundern wir uns angesichts dessen wirklich über diese Wahlbeteiligung? Eigentlich können wir uns darüber nicht wundern.

Zum Vergleich möchte ich Folgendens anführen: Bei den traditionell im Juni stattfindenden Europawahlen im Jahre 2004 gab es in Brandenburg eine Wahlbeteiligung von 26,9 %. - Herr Schulze, vielleicht hören Sie einmal zu, Sie stören mich.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

In der Stadt Bandenburg an der Havel war bei den Europawahlen im Jahr 2004 eine Wahlbeteiligung von 18,3 % zu verzeichnen. Im Sommer 2009 ergab sich eine Wahlbeteiligung von 29,9 %. Meine Damen und Herren! Das sind in etwa dieselben Größenordnungen wie bei den Landratswahlen - und die Europawahlen hat auch noch niemand zur Disposition gestellt.

Jetzt werden die Wahlen also wieder an die Kreistage zurückfallen. Ich möchte mit Ihnen einmal ein bisschen rechnen.

(Frau Melior [SPD]: Wir haben ein Gesetz!)

Weil immer behauptet wird, die Kreistage seien so viel besser legitimiert, möchte ich einmal rechnen. Bei der Kreistagswahl 2008 in meinem Landkreis Havelland haben sich 47,7 % der Menschen an der Wahl beteiligt, also 47,7 % bei Kommunalwahlen. Davon waren 95,1 % gültige Stimmen. Davon hat die SPD als stärkste Partei 28,8 % erhalten. Man muss nicht Mathematik studiert haben, um zu wissen, dass damit dieses Quorum, das wir an die Landratswahlen anlegen, auch verfehlt worden wäre. Die hätten das Quorum von 15 % der Wahlberechtigten damit auch nicht erreicht.

(Zuruf des Abgeordneten Senftleben [CDU])

Trotzdem stellt die SPD seit der Wende anhaltend den Landrat im Havelland - übrigens immer denselben.

(Allgemeine Heiterkeit)

Herrn Dr. Schröders Amtszeit wäre am 15. Februar 2010 ausgelaufen. Aber leider hatte man gedacht, die armen Havelländer könnten bei dem schlechten Wetter nicht zur Wahl geschickt werden. Es hat sich eine Hinterzimmerkoalition

(Heiterkeit)

aus SPD, CDU, Bauern Plus und der FDP gefunden, die dann im September doch noch wieder schnell eine Wahl über den Kreistag durchgeführt hat. Meine Damen und Herren von der

Jamaika-Opposition, das war kein Glanzstück demokratischer Geradlinigkeit.

(Beifall GRÜNE/B90)

Natürlich kann eine durchschnittlich 20- oder 26 %ige Wahlbeteiligung nicht zufriedenstellen. Wir müssen für unsere Demokratie werben, wir müssen die politische Bildung und generell die Bürgerbeteiligung fördern. Man kann darüber nachdenken, die Landratswahlen mit anderen Wahlen zu synchronisieren. Man kann auch darüber nachdenken, ob sie alle fünf Jahre gemeinsam mit den Landtagswahlen stattfinden sollen. Nur abschaffen kann man sie nicht!

(Beifall GRÜNE/B90 und DIE LINKE)

In unserem Rechtsstaat darf und kann jeder wählen, er muss aber nicht wählen. Was für ein verheerendes Signal, das wir an diejenigen Wähler aussenden, die wählen gehen, wenn wir sagen: Ihr geht zur Wahl, ihr geht zur Stichwahl, aber April, April!, eure Stimmen interessieren uns irgendwie nicht. - Das können wir uns nicht leisten. Auch ohne das umstrittene Quorum wäre eine Direktwahl immer noch demokratischer als undemokratische, undurchsichtige Hinterzimmerkungelrunden.

(Na, na, na! bei der SPD)

Wenn jetzt vonseiten der SPD nach der Abschaffung der Direktwahl gerufen wird - wir haben sie gerade einmal zwei Monate, jetzt wird schon die Abschaffung debattiert -, dann sage ich ganz klar: Es geht hier um die Verteidigung sozialdemokratischer Erbhöfe und nicht um irgendwelche demokratietaktischen Überlegungen.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Liebe Kollegen von der CDU! Sie haben einen schönen Antrag gestellt, kurz, prägnant und klar, und wir sagen mit Freuden: Ja, die Direktwahl der Landräte wollen wir beibehalten haben.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Nichtsdestotrotz hat der Abgeordnete Dombrowski eine Kurzintervention angemeldet und erhält nun dazu die Gelegenheit.

(Zuruf des Abgeordneten Holzschuher [SPD])

Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Nonnemacher, Sie haben Ihren Heimatkreis Havelland - ein sehr schöner Landkreis, wie ich finde - erwähnt und zutreffend dargestellt, welche Zählgemeinschaft sich gefunden hat. In der Tat hat der Kreistag Havelland - heute wurde viel von geltenden Gesetzen gesprochen - von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Landtagswahl im gesetzlich vorgesehenen Rahmen vorzuziehen. Es gab dazu ein sehr breites Bündnis. Der Landrat, Dr. Burkhard Schröder, ist seit 19 Jahren derselbe, und ich schätze ihn sehr; er ist im Übrigen auch seit 19 Jahren im Landesvorstand der SPD. Früher hat der Kollege Görke bzw. die PDS ihn

gewählt. Dann haben wir gesagt, jetzt könne die CDU doch einmal.

(Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE)

Im Übrigen, meine Damen und Herren, um es klar zu sagen: Ich bin bzw. die CDU - in dem Kreisverband, in dem ich Verantwortung trage, ist immer bereit, auch sozialdemokratische Landräte zu unterstützen, die dieses Amt ausfüllen können, zumal in dem speziellen Fall zudem die besondere Voraussetzung erfüllt war, - das werden die SPD-Kolleginnen und -Kollegen wissen -, dass sich dieser Kandidat als einziges Mitglied des Landesvorstandes der SPD Brandenburg nicht für eine rot-rote Koalition ausgesprochen hat.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

- Ja, natürlich.

Im Übrigen, meine Damen und Herren - das weiß der Innenminister natürlich auch - hat sich auf dem Unterbezirksparteitag der SPD Havelland auf die Frage hin, wer für Rot-Rot sei, keine einzige Hand erhoben.

(Beifall des Abgeordneten Senftleben [CDU])

Es kommt immer auch darauf an, über welche Person wir reden. Das ist keine Kungelei, sondern offen ausgetragen worden, und wir würden es genauso wieder tun. - Danke schön.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Dombrowski. - Frau Nonnemacher, Sie haben die Gelegenheit zu einer Reaktion darauf.

Herr Dombrowski, ich hätte gern noch Folgendes angefügt. Vorhin wurde mir meine Redezeit ein bisschen knapp, aber vielleicht passt das jetzt umso besser.

(Heiterkeit bei der SPD und bei der CDU)