Protokoll der Sitzung vom 25.02.2010

Meine Damen und Herren, ich nahm vor kurzem an einer Beratung teil, in deren Ergebnis wir erneut Unternehmen mit ordnungspolitischen Maßnahmen helfen, die gegenwärtige Krise zu überwinden. Dort werden zum Teil auch Grenzentscheidungen gefällt, die wir treffen müssen; denn wir sprechen immer über den Einsatz von Steuergeldern.

Wenn Sie uns heute erzählen, dass sich die derzeitige Landesregierung in den ersten 100 Tagen nicht bemüht habe, diesbezüglich einen Schwerpunkt zu setzen, werde ich Ihnen vier Punkte nennen, die unser Bestreben in diese Richtung konkret untersetzen.

Erstens: Laufaron hat von uns eine Bürgschaft über das KoStaProgramm erhalten. Um es einmal zu verdeutlichen: Wir könnten ordnungspolitisch darauf verzichten, jedoch geht es dort um 150 Arbeitsplätze in der Region.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Wir haben heute Morgen entschieden, dass Trevira eine Unterstützung bekommt. Auch dort handelt es sich um einen Grenz

fall, zu dem wir uns ordnungspolitisch durchgerungen haben; denn auch dort geht es um mehr als 100 Arbeitsplätze.

Wir haben gestern mit dem Betriebsrat von Ebay gesprochen, wie wir damit umgehen, dass ein Unternehmen nach Ablauf der Bindungsfristen einen Teil seiner Unternehmensaktivitäten aus meiner Sicht wirtschaftlich auch nicht nachvollziehbar nach Irland verlegt, und wie wir politisch mit dem Problem umzugehen haben, dass hier dann mehrere Hundert Menschen auf der Straße stehen. Deswegen sage ich Ihnen, meine Damen und Herren: Wir brauchen den ordnungspolitischen bzw. strukturpolitischen Ansatz, den wir sowohl in der Koalitionsvereinbarung als auch in der Tätigkeit als Landesregierung verfolgen.

Was haben wir bis jetzt entschieden? Was wird sich ändern? Erstens: Wir haben in einem ersten Zugriff die Förderrichtlinien entsprechend unserer Situation in den Punkten geändert, die wir ändern konnten, ohne das operationelle Programm in Brüssel neu anmelden oder ändern zu müssen. Warum geht das? - Wir haben unter anderem die Möglichkeiten wieder erleichtert, dass auch in Insolvenz befindliche Unternehmen den Zugang zur Förderung bekommen, sofern es eine begründete Aussicht auf eine Weiterführung des Unternehmens gibt.

Zweitens: Wir schaffen das unsägliche Bonussystem ab - dies wandten wir bei der Mittelstandsförderung an, um auf 50 % zu kommen -, mit dem niemand mehr etwas anfangen konnte. Dazu gehörten unter anderem Basis- und Potenzialpunkte sowie all das, was dazu geregelt worden ist.

Drittens: Wir werden den Bereich „flache Geothermie“ in das neue REN-Programm aufnehmen, das sich gegenwärtig im Endstadium der Verhandlungen zwischen meinem Haus und dem Finanzministerium befindet. Die flache Geothermie ist de facto ein Wertschöpfungsprogramm für den Klein- und Mittelstand sowie für das Handwerk - wer übernimmt es sonst? - und hat auch etwas mit ökologischer Modernisierung der Gesellschaft und der Wirtschaft zu tun.

Darüber hinaus werden wir die Frage der Technologieorientiertheit über den Frühphasenfonds absichern. Ich hatte hier schon einmal erklärt, dass er längst in Kraft wäre, wenn wir nicht zunächst eine Konkurrentenklage abwarten müssten, bevor wir ihn in Kraft setzen können.

Weiterhin werden wir - auch das ist eine ordnungspolitische Entscheidung dieser Landesregierung - zunehmend unsere eigene Förderpolitik auf Darlehensbasis umstellen. Darlehensbasis heißt, dass die öffentliche Hand bei erreichtem Förderzweck das Geld wieder einnehmen und für andere Notwendigkeiten ausgeben kann. Das hat nicht nur etwas mit den zurückliegenden Finanzen der öffentlichen Hand in den nächsten Jahren zu tun, die uns zu diesem Schritt zwingen, sondern auch damit, dass damit insbesondere Wettbewerbsverzerrungen über die öffentliche Förderung ausgeschlossen werden können. Auch dieser ordnungspolitische Hintergrund ist einer der Sachverhalte, die uns dazu bringen, diesen Weg zu gehen.

Wir haben den Innovationsgutschein eingeführt, der sicherstellt, dass sich Klein- und Kleinstbetriebe an Fachschulen, Hochschulen und Universitäten wenden können, um Produktinnovation bzw. Verfahrensinnovation in die Unternehmen hineinzubekommen und um vom technologischen Höchststand zu profitieren.

Meine Damen und Herren, möglicherweise ist es Aufgabe der Opposition, nicht nur zu kritisieren. Eventuell ist es auch ihre Aufgabe, etwas nicht nur als halb leer, sondern als völlig leer darzustellen. Das mag sein. Jedoch haben wir den Preis „Europäische Unternehmerregion 2011“ nicht für das, was wir bisher geleistet haben, bekommen, sondern der Preis ist an uns für unsere Konzeption der ökologischen Modernisierung unter Einbeziehung des Klein- und Mittelstandes in den nächsten Jahren vergeben worden. Das heißt, es ist eine Auszeichnung, bei der jetzt überprüft wird, ob wir die aufgestellten Ziele auch erreichen. Dabei haben wir uns gegenüber Regionen wie BadenWürttemberg durchgesetzt. Darauf können wir stolz sein, und das sind wir auch.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Was Sie machen müssen - ich bin jederzeit gern bereit, diesbezüglich Rechenschaft abzulegen -, ist, die Frage zu stellen, ob wir es auch umsetzen. Dazu habe ich Ihnen einige Schritte genannt; weitere werden folgen.

Meine Damen und Herren, die Fachkräftesicherung stellt ein enormes Problem dar. Insofern haben wir uns mit den Kammern zusammengesetzt und mit ihnen gesprochen. Unter anderem gibt es ein wunderschönes Projekt der Handwerkskammer Cottbus, ihr überbetriebliches Ausbildungszentrum zu einer internationalen Ausbildungsstätte zu profilieren und insbesondere Jugendliche aus der polnischen Grenzregion in deutscher Sprache zu unterrichten, auszubilden und dann auch zu beschäftigen.

Das sind Projekte, die wir - als MWE und sicher gemeinsam mit dem Kollegen Baaske - unterstützen werden, weil das ein Stück weit eine Perspektive ist, die wir nach dem Jahr 2011 mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit tatsächlich umsetzen können. Wir werden sie auch umsetzen, um dem Fachkräftemangel zum Teil entgegenzusteuern.

Meine Damen und Herren, Sie sprechen in Ihrem Antrag - Sie haben es auch in Ihren Beiträgen verdeutlicht - den Zusammenhang von Schule und Wirtschaft an. Es gibt zahlreiche Veranstaltungsreihen und Informationsmöglichkeiten, damit Schule und Wirtschaft zu einem gegenseitigen Kenntnisstand gelangen können. Doch bitte ich darum, einen Punkt zu beachten: Schule ist nicht dazu da, nur Wirtschaft zu erklären.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielmehr ist Schule dazu da, gesellschaftliche Zusammenhänge, wirtschaftliche Tätigkeit und den Stellenwert wirtschaftlicher Tätigkeit in der Gesellschaft für die wirtschaftliche Entwicklung herzustellen und das Thema nicht auf Wirtschaft allein zu reduzieren.

Bisher habe ich Folgendes wahrgenommen: Schülerstipendien, die von Unternehmen vergeben werden, und zahlreiche andere Sachverhalte zeigen uns, dass bereits eine sehr enge Zusammenarbeit besteht. Natürlich werden wir diese weiter ausprägen.

Sie, meine Damen und Herren, bitte ich - insbesondere auch bei der Imagekampagne, die das Handwerk gegenwärtig selbst finanziert und in der Öffentlichkeit darstellt -: Unterstützen Sie uns mit Aktuellen Stunden insofern, damit wir es tatsächlich

schaffen, ein positives Unternehmerbild in der Gesellschaft darzustellen; denn wir haben auch eine kommunikative Aufgabe, die wir gemeinsam lösen müssen.

Unternehmer zu sein bedeutet nicht, wie Herr Ackermann oder andere zu sein. Unternehmer zu sein bedeutet, im Familienbetrieb zu sein, im kleinen und mittelständischen Handwerk mit allen positiven Facetten, die dieser Beruf auch haben kann, zu sein, ein ganz normaler Unternehmer zu sein. Darüber sollten wir uns gemeinsam verständigen und nicht ein negatives Bild von Brandenburg malen, das nicht zutreffend ist.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Abschließend, meine Damen und Herren, sage ich etwas zur Betriebsnachfolge. Sie sprachen das an. Wir teilen diese Auffassung, deshalb befindet sich ein Passus zu Betriebsnachfolge und Betriebsübergang in der Koalitionsvereinbarung.

Jetzt können wir lange ordnungspolitisch darüber streiten, ob es Aufgabe der öffentlichen Hand ist, eine Betriebsnachfolge sicherzustellen, oder ob in einer sozialen Marktwirtschaft nicht automatisch neue Betriebe entstehen würden.

(Frau Prof. Dr. Wanka [CDU]: Das haben wir jahrelang gemacht!)

Wir haben hier aber eine besondere Situation. Ein Wegbrechen der Betriebe würde nicht dazu führen, dass so schnell neue Unternehmen nachwachsen. Deswegen haben wir uns entschieden, dass Betriebsnachfolge und Betriebsübergang ein Schwerpunkt sind. Wir haben die entsprechenden Mittel im Haushaltsentwurf bereitgestellt. Ich kann Ihnen nur sagen: Uns kostet ein Arbeitsplatz, wenn wir eine Betriebsnachfolge mit organisieren, etwa 500 Euro. Das ist die billigste Investition zur Sicherung von Werkstätten und Beschäftigung, die man sich vorstellen kann.

Der letzte Punkt: Wir haben nicht umsonst mit Berlin eine Reihe von Vereinbarungen geschlossen, was das regionale Innovationskonzept betrifft. Ich kann Ihnen nur sagen, dieses Konzept basiert auf der klein und mittelständisch geprägten Struktur unserer Industrie und Wirtschaft. Sie kann einbezogen werden in Fragen der ökologischen Modernisierung, in Fragen neuer Industrien und Dienstleistungen, in Fragen der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft im Land Brandenburg.

Insofern weise ich den Vorwurf zurück, dass die Landesregierung diesen Bereich nicht im Fokus hat. Ich bin Ihnen zugleich sehr dankbar, dass man mit dieser Aktuellen Stunde Gelegenheit hatte, einen oder zwei Punkte zu benennen, an die wir bereits herangegangen sind. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Bevor der Abgeordnete Domres noch einmal das Wort erhält - er verzichtet. Herr Kosanke hat auch verzichtet. Bevor Herr Bommert noch einmal zu einem Redebeitrag an das Mikrofon treten darf, begrüße ich als Gäste ganz herzlich Schülerinnen und Schüler der Jean-ClermontOberschule in Oranienburg-Sachsenhausen.

(Allgemeiner Beifall)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe für den Kollegen Kosanke auch noch einmal eine Überschrift mitgebracht: „So viel Skepsis war noch nie in den Kammern“.

(Der Abgeordnete Bommert [CDU] hält ein Blatt Papier hoch.)

Das soll nur noch einmal ein Hinweis sein.

(Bischoff [SPD]: Was würde wohl Ihr Minister sagen?)

Zur Fachkräftesicherung hilft meiner Ansicht nach SchülerBAföG nicht. Glauben Sie mir eins: Sie müssen in den Schulen das Interesse für die Wirtschaft, für die soziale Marktwirtschaft wecken, weil das Verständnis dafür sonst bei vielen Schülern fehlt. Sprechen Sie wirklich einmal mit den Mitarbeitern in den Kammern! Herr Domres, vielleicht reden die Leute, weil es Kollegen von mir sind, mit mir anders als mit Ihnen. Aber glauben Sie mir, es ist so.

Regularien für Lohn sollten da bleiben, wo sie hingehören, nämlich bei den Arbeitgebern und den Gewerkschaften und nicht bei staatlichen Stellen.

(Beifall CDU und FDP)

Der Wirtschaftsminister sprach Bürgschaften und die Unterstützung für Betriebe an. Leider muss ich sagen - ich erlebe es immer wieder -: Zu großen Unternehmen geht man - nehmen Sie Campina -, dort wird viel gemacht, die kleinen sterben allein, und niemand hört von ihnen.

(Beifall CDU)

Da muss meiner Meinung nach angesetzt werden. Die Handwerkskammern im Land Brandenburg haben fast 40 000 Mitgliedsbetriebe. Man sollte sehen, wie man an die kleinen Betriebe herankommt. Die haben das Problem, dass sich keiner für sie einsetzt. Niemand geht los und kümmert sich um all die Regularien. Diese Betriebe werden allein gelassen.

Herr Domres, noch eine Sache an Sie. Unternehmen sind nicht nur Plus-Minus-Geschäfte. Das muss man ganz klar sagen. Die meisten Handwerksbetriebe haben eine Ideologie. Das Unternehmen ist ihr Lebenswerk.

Es ist nicht so, dass man einfach, wie in der Schule gelernt, sagt: Plus oder Minus, was habe ich am Monatsende raus? Wer so denkt, wird meistens Banker oder Finanzbeamter.

(Beifall CDU - Zuruf von der CDU: Richtig!)

Viele der Unternehmen gerade im Handwerksbereich sind nicht nur Arbeitgeber, sie sind ein Stück Familie. Meine Leute beispielsweise wenden sich mit ihren Sorgen an mich und sprechen all diese Dinge an. Wie gesagt, darauf geht man auch ein. Die Unternehmer in den Handwerksbetrieben sagen nicht von oben herab: Mach das, dafür bekommst du deinen Lohn. Nein, sie kümmern sich um ihre Leute. Glauben Sie mir das!

Ich werde Ihnen einmal eine kleine Episode erzählen, die ich nicht so schnell vergesse. Im Zeichen des Landtagswahlkampfes hatte ich einmal eine Veranstaltung. Es war ein Kollege Ih

rer Fraktion dabei, den Namen werde ich jetzt einmal weglassen. Es ging darum: Wie können wir Arbeitsplätze schaffen? Wie bekommen wir mehr Geld in die Kassen des Landes? Da kam wirklich der Vorschlag: Wir stellen mehr Leute beim Finanzamt ein. Die schicken wir in die Unternehmen, dort ist nämlich genug Geld zu holen.