Protokoll der Sitzung vom 06.05.2010

Die ARGe verlangt die Bekanntgabe von Kundendaten von

einzelnen Selbstständigen, damit sie Hartz-IV-Leistungen beziehen können. Das ist ebenfalls ein Verstoß gegen die Datenschutzrichtlinien. Diese Kundendaten werden für die Aufgaben der Behörde nicht benötigt. Auch da ist hoffentlich Abhilfe auf dem Wege.

Außerdem erhebt die Behörde Daten bei den Vermietern von Hartz-IV-Empfängern. Dadurch erfährt der Vermieter, wer Sozialleistungen bezieht. Das drückt das Rating für Vermietungen. Es ist durchaus so, dass, wenn die Behörde Leistungen erbringt, man diese gern in Anspruch nimmt. Aber es wird von Vermietern gefragt, welche Leistungen bezogen werden, wie denn Einkommen erzielt wird. Der Bezug von Hartz-IV-Leistungen wirkt sich eben nachteilig auf das Zustandekommen von Mietverhältnissen aus. Auch das ist ein krasser Datenschutzverstoß, der dank unserer obersten Datenschutzbehörde festgestellt worden ist und dem abgeholfen wird.

Die Zusammenlegung ist gut.

Für die Medizintechnik habe ich gestern krasse Beispiele angeführt, welche große Entwicklung wir in diesem Bereich im Land Brandenburg haben und was in der Telemedizin alles möglich ist. Teltow ist auf diesem Gebiet und auch darüber hinaus führend im Land Brandenburg. Man kann wirklich mit kleinen Instrumenten, die am Arm oder irgendwo sonst am Körper getragen werden, Daten zwecks Auswertung in die ganze Welt übermitteln. Diese Daten bergen natürlich die Gefahr des Missbrauchs in sich. Auch diese Herausforderung wird von unserer Datenschutzbehörde angenommen.

So schön das alles ist, diese Arbeit muss, auch wenn wir sie gesetzlich angebunden haben, natürlich geleistet werden, und zwar von Leuten, die es tatsächlich tun sollten. Da haben wir gegenwärtig einen Bestand von 17 Mitarbeitern - vier kommen aus dem Innenministerium dazu. Das macht dann 17 und 4. Aber es ist kein Kartenspiel, kein Glücksspiel, was da läuft.

Eigentlich soll damit die gesamte Datenschutzarbeit geleistet werden. Praktisch ist das mit 21 Leuten angesichts der gewachsenen Herausforderungen im IT-Bereich, die wir im Datenschutz haben, nicht zu machen. Deswegen setzen wir uns weiterhin intensiv dafür ein, dort für personelle Ausstattung der Behörde zu sorgen, die es nicht nur vom Gesetz, sondern von den tatsächlichen Verhältnissen her ermöglicht, die Aufgaben, die vor uns allen stehen, die unser aller Sicherheit, unser aller Freiheit dienen, wirklich zu erfüllen.

Ich wünsche mir, dass im Landtag durch das Gesetz, das nach Ablehnung der Vorschläge der FDP und nach Ablehnung der Vorschläge der Grünen erst nach dem EuGH-Urteil zustande gekommen ist, die Einsicht wächst, dass mehr Personal gebraucht wird - wie wir es vorschlagen und wie es auch die Grünen sehen -, um diese Aufgabe zu erfüllen.

Wenn das gelingt und wir dorthin kommen, haben wir nach dem ersten Schritt, den wir heute mit dem gemeinsamen Gesetz gehen werden, einen zweiten wichtigen Schritt getan. Die FDP-Fraktion stimmt zu. Wir sind auf einem guten Weg, aber es darf nicht der letzte Schritt sein, wenn wir einen wirksamen Datenschutz im Land Brandenburg gewährleisten wollen. Ich danke Ihnen.

(Beifall FDP und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag des Abgeordneten Dr. Scharfenberg von der Fraktion DIE LINKE fort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit der 1. Lesung des Gesetzentwurfs von SPD und Linken zur Novellierung des Datenschutzgesetzes haben sich die Bedingungen für die Zusammenführung der Datenschutzaufsicht wesentlich konkretisiert. Endlich liegt die langersehnte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vor, und sie ist deutlicher ausgefallen, als erwartet worden ist. Ich will hier aber noch einmal deutlich machen, dass es den Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen bereits vorher gegeben hat. Der EuGH artikuliert in seiner Entscheidung einen hohen Anspruch an die Unabhängigkeit der Aufsicht über den Datenschutz. Das hat dazu geführt, dass der Gesetzentwurf noch einmal geändert werden musste und die ursprünglich vorgesehene Rechtsaufsicht des Innenministeriums über die Landesbeauftragte wieder gestrichen wurde.

Zugleich haben wir uns entschieden, eine Regelung zur Sicherung der Kontrollrechte der Abgeordneten in Form eines Fragerechts und der Akteneinsicht in das Gesetz aufzunehmen. Damit sind die wesentlichen Voraussetzungen für die Übertragung der Aufsicht über den nichtöffentlichen Bereich an die Landesdatenschutzbeauftragte gegeben. Das wird zweifellos zu einer Stärkung des Datenschutzes im Land Brandenburg führen.

Ich freue mich darüber, dass sich eine breite Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf abzeichnet. Angesichts dessen stellt man sich die Frage, warum das dann so lange gedauert hat. Die Diskussionen laufen seit etwa zehn Jahren.

Die notwendigen Entscheidungen werden spät, aber nicht zu spät getroffen. Ich erinnere an die jahrelangen Abwehrschlachten, die das Schönbohm-Ministerium gegen diese naheliegende Veränderung geführt hat, und das zunehmend mit Verweis und unter Vertröstung auf das EuGH-Urteil, mit dem wir nun umgehen können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussion zur Ausgestaltung der Datenschutzbeauftragten in ihrer neuen Verantwortung schloss auch die Frage ein, ob es in diesem Zusammenhang erforderlich und richtig sei, die Landesbeauftragte zu einer obersten Landesbehörde umzugestalten. Ein entsprechender Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lag vor. Wir haben uns geeinigt, diesen Schritt nicht zu gehen, da eine Anbindung als Beauftragte des Landtags das notwendige Maß an Unabhängigkeit sichert. Allerdings wird aus dem praktischen Funktionieren der größer werdenden Behörde der Landesbeauftragten abzuleiten sein, welche Ausstattung erforderlich ist, um der deutlich größeren Verantwortung nachkommen zu können. Die Datenschutzaufsicht im privaten Bereich wird nur wirksamer funktionieren, wenn präventiv eine intensive Kontrolltätigkeit realisiert wird. Das ist nicht zuletzt auch personell mit einem großen Aufwand verbunden. Hier gibt es einen Unterschied zum öffentlichen Bereich. Es reicht nicht aus, sich an einer veränderten Zuständigkeit zu erfreuen, wenn das nicht

mit einer real höheren Wirksamkeit des Datenschutzes verbunden wird. Da sind wir in völliger Übereinstimmung, Herr Petke, was ja nicht jeden Tag vorkommt. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Abgeordneten Nonnemacher von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits bei der 1. Lesung des Gesetzentwurfs im Februar dieses Jahres betont, ist die grundsätzliche Intention, nämlich die lange angemahnte Zusammenführung der Datenschutzaufsicht für den öffentlichen und privaten Bereich überfällig, richtig und begrüßenswert.

Wir hatten am 22. Februar 2010 jedoch bereits auf das Problem der Rechtsaufsicht hingewiesen und einen entsprechenden Änderungsantrag eingebracht. Wir sahen die im Gesetzentwurf vorgeschlagene Rechtsaufsicht durch den Innenminister als nicht vereinbar mit der in Artikel 28 Abs. 1 der EU-Datenschutzrichtlinie geforderten völligen Unabhängigkeit der Kontrollbehörde an und schlugen vor, diese an höherer Stelle bei der Landesregierung anzusiedeln.

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 9. März dieses Jahres hat diese Bedenken in eindrucksvollster Weise bestätigt und die völlige Unabhängigkeit der Datenschutzaufsichtsbehörde dahin gehend interpretiert, dass jegliche Art der staatlichen Aufsicht als europarechtswidrig anzusehen ist. Wir haben unseren Änderungsantrag daraufhin modifiziert und die im ersten Gesetzentwurf festgeschriebene Rechtsaufsicht ersatzlos gestrichen.

Die Koalitionsfraktionen haben einen partiell deckungsgleichen Änderungsantrag in die Sitzung des Innenausschusses am 15. April 2010 eingebracht, und es erfüllt mich mit großer Freude, sagen zu können, dass alle Fraktionen hier im Haus die völlige Unabhängigkeit von staatlicher Aufsicht über die Landesbeauftragte einstimmig befürwortet haben.

Leider hat der zweite Teil unseres Änderungsantrags, nämlich das Amt der Landesbeauftragten für den Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht als oberste Landesbehörde auszugestalten, nicht die erforderliche Mehrheit gefunden. Als eine Fraktion, die die Bedeutung des Datenschutzes immer wieder betont, bedauern wir sehr, dass diese Stärkung der Rechtsstellung der Landesbeauftragten nicht vollzogen wurde. Wir glauben außerdem, dass der Intention des EuGH-Urteils zur völligen Unabhängigkeit der Amtsführung der Datenschutzkontrollstellen dadurch Rechnung getragen wird, dass Entscheidungshoheit bei Haushalt, Personal und Organisation besteht. Dies und die erforderlichen Eingriffs- und Durchsetzungsbefugnisse wären bei einer obersten Landesbehörde gegeben, im Moment sind sie nicht gegeben.

Die jetzt vorgelegte Fassung des Gesetzentwurfs stellt zweifellos einen Fortschritt dar - das sehen wir auch -, aber wir hätten uns weitergehende Regelungen gewünscht und zweifeln an, dass die Intention des EuGH-Urteils hier vollständig umgesetzt ist. Außerdem hätten wir uns gewünscht, dass der von uns bean

tragten moderaten Erhöhung der Stellen im Bereich der Datenaufsichtsbehörde zugestimmt worden wäre. Meine Fraktion wird sich bei der Abstimmung über den Gesetzentwurf der Stimme enthalten. - Danke.

(Beifall GRÜNE/B90)

Da die Landesregierung auf einen Redebeitrag verzichtet, sind wir am Ende der Rednerliste. Ich stelle die Beschlussempfehlung in der Drucksache 5/798 - Neudruck - zur Abstimmung. Wer ihr folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei zwei Enthaltungen ist der Empfehlung mehrheitlich gefolgt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Geschäftsordnung des Landtages Brandenburg (gemäß Beschluss des Landtages vom 21.10.2009 - Drs. 5/2-B)

Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses

Drucksache 5/615

Die Debatte eröffnet der Abgeordnete Senftleben; er spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir alle wissen, dass Diskussionen über die Geschäftsordnung nicht der Hauptbestandteil unserer Arbeit sein sollten und auch nicht sein werden. Wir werden mit dem heutigen Beschluss bzw. mit unserer Enthaltung - eine Arbeitsgrundlage für dieses Parlament haben. Auch wenn es viele Diskussionen gab - Fakt ist, dass es eine solche geben muss.

Die Geschäftsordnung ist die Grundlage der Arbeit miteinander, untereinander, gegeneinander und füreinander.

Aber sie ist auch eine Grundlage dafür, dass Regierung und Opposition mit ihren Rechten, natürlich auch mit ihren Pflichten, erkennbar sind und diese auch nutzen können. Ich glaube am Anfang deutlich sagen zu müssen: Diese Geschäftsordnung, wie sie heute von Rot-Rot und auch durch den Beschluss des Hauptausschusses vorliegt, wird den Rechten der Minderheiten in diesem Landtag nicht gerecht.

(Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90)

Herr Görke hat übrigens beim RBB gesagt, diese moderne Geschäftsordnung sei ein Beispiel für ganz Deutschland. Ich sage ganz deutlich, auch an die Kollegen der Linken gerichtet, die gesagt haben, sie würden ein neues Klima in den Landtag tragen:

(Jürgens [DIE LINKE]: Wir sitzen hier!)

Ich weiß, wo Sie sitzen.

(Jürgens [DIE LINKE]: Dann müssen Sie uns auch an- schauen! - Heiterkeit)

Da haben Sie anscheinend an der Klimaanlage die falsche Taste gedrückt, nämlich nicht die Taste für Wärme, sondern die für Kälte.

(Beifall CDU)

Natürlich ist es richtig, dass wir zukünftig nicht nur hier in diesem Plenarsaal lebendig und wahrhaftig diskutieren können, sondern auch in den öffentlichen Ausschusssitzungen.

(Jürgens [DIE LINKE]: Das haben Sie die ganzen Jahre verhindert!)

- Ja. - Wir können zukünftig die Möglichkeit des Diskutierens hier im Plenarsaal auch durch die Möglichkeiten erweitern, die wir gemeinsam beschlossen haben. Aber das war es dann auch schon mit der großen Gemeinsamkeit auf diesem Gebiet.

Meine Damen und Herren, ich greife einmal ein Beispiel heraus, das Herr Krause

(Krause [DIE LINKE]: Hier!)

von den Linken - er ist auch noch anwesend - gefeiert hat. Im Februar sagte er in der „Märkischen Oderzeitung“, er finde es ganz toll, dass sie, die Linken, es geschafft haben, dass der Petitionsausschuss zukünftig öffentlich tagen darf.

(Krause [DIE LINKE]: Vor Ort tagen darf!)

Schade ist nur, dass er dabei vergessen hat, seinen Geschäftsführer, Herrn Görke - der mit uns darüber verhandelt und gesagt hat: nein, der Petitionsausschuss ist zukünftig nicht öffentlich darüber zu informieren.