Protokoll der Sitzung vom 07.05.2010

7 000 demonstrieren in Ahaus, einer Gemeinde, die viel Geld bekommen hat, um ein Zwischenlager zu bauen, wozu die damalige Bevölkerung sagte: Ist ja toll, wir kriegen einen tollen Ort! - Und jetzt wollen sie das, wofür sie die Investitionen bekommen haben, nicht realisieren. Ich kann sie verstehen. Das ist eine nächste Generation.

Ich finde, wir sollten in Deutschland Vorreiter sein, um dann auch berechtigte Forderungen an unsere Nachbarländer stellen zu können, wenn wir den Ministerpräsidenten beauftragen, in Gesprächen deutlich zu machen, dass wir es nicht für geboten halten, dass auf polnischer Seite ein AKW in Grenznähe gebaut wird. Das sind Gesprächsgrundlagen, aber dazu müssen wir auch in der Gesamtstrategie stehen. Ich halte dies für einen ganz wichtigen Beitrag.

Frau Hackenschmidt, lassen Sie eine Frage des Abgeordneten Goetz zu?

Frau Kollegin, Sie sprachen über Ahaus und Biblis. Die Regierung weiß ja immer mehr, und möglicherweise ist uns ja etwas entgangen. Sind Staatsverträge in Vorbereitung, wonach die Standorte der gegenwärtigen Kernkraftwerke Ahaus und Biblis in Zukunft zum Land Brandenburg gehören werden?

Herr Goetz, ganz einfach: Ich weiß auch, wo diese AKWs liegen, keine Frage, Hessen und so.

(Lachen und Beifall bei der CDU)

Ich habe in meinem Eingangsstatement deutlich gemacht: Auch Tschernobyl liegt nicht in Süddeutschland, und trotzdem sind die Folgen bis Süddeutschland zu spüren, auch in Brandenburg und überall.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Aus diesem Grund wollen wir auch eine Bundesratsinitiative und wollen an alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte appellieren, gemeinsam dafür zu sorgen, dass erkannt wird, dass die unsäglichen Überlegungen bezüglich einer Abkehr vom Atomausstieg nicht richtig sind. Die Gesellschaft möchte das nicht. Ich wollte anhand dieser Bilder verdeutlichen, dass wir in Brandenburg nicht einfach sagen können: Das ist uns egal. - Wir haben eine Verantwortung, auch wenn bei uns in Potsdam neben dem Schloss Sanssouci kein Atommeiler steht tut mir leid. Ich meine, das besagt auch der Antrag; Sie haben ihn bestimmt gelesen. Es steht eindeutig im Antrag 883:

„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich beim Bund dafür einzusetzen, am Atomausstieg und den Restlaufzeiten der KKWs festzuhalten.“

Also sofortiger Einlagerungsstopp der Brennelemente. Wir alle kennen die Presse über Asse und Gorleben. Das ist doch eine Forderung, die wir gemeinsam, gesellschaftlich tragen müssen. Ich halte es für meine Verantwortung, hier in Brandenburg deutlich meine Meinung dazu zu sagen und die Ängste, von denen Herr Petke an vielen Stellen spricht, ernst zu nehmen, Ängste von Generationen, die es sicher vor Tschernobyl nicht so dramatisch gesehen haben. Aber Tschernobyl ist überall und nicht weit weg, es ist in Hessen, in Nordrhein Westfalen, in Schleswig Holstein, völlig egal, und wir in Brandenburg tragen genauso eine Verantwortung.

Ich freue mich, dass der Entschließungsantrag, Drucksache 5/1101, dies zur Unterstützung noch einmal deutlich macht: Die Gefahren der Atomkraft machen nicht an Ländergrenzen halt.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Ich freue mich, dass wir da einen breiten politischen Konsens in diesem Haus gefunden haben. Deshalb bitte ich darum, diese beiden Anträge mitzutragen. Die EU-Kommissarin für Klima, Connie Hedegaard, hat eindeutig gesagt: „Atomkraft ist aus meiner Sicht keine nachhaltige Energie.“ Recht hat sie. Deshalb fordere ich die Unterstützung dieser Anträge.

(Beifall SPD und DIE LINKE - Zurufe von der CDU)

Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag des Abgeordneten Bretz von der CDU-Fraktion fort. Ich bitte die CDU-Fraktion, die Würde des Hauses zu achten: Wir sind hier nicht in einer Kabarettveranstaltung.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Frau Vizepräsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Hackenschmidt, bei Ihnen hat man gemerkt, dass die Anti-Atombewegung neues Leben in sich trägt. Das haben Sie diesem Hause wirklich sehr glaubhaft demonstriert.

(Beifall CDU und FDP - Dr. Woidke [SPD]: Dank eurer Po- litik in Berlin! - Bischoff [SPD]: Gott sei Dank ist das so!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Ihnen deutlich sagen: Ich bin kein glühender Verfechter der Atomtechnologie. Genauso wenig, wie ich ein glühender Verfechter der Atomtechnologie bin, ist es aber richtig, herzugehen und nun als eine gewisse Form der ideologischen Verbrämtheit das Gegenteil zu fordern, nämlich den sofortigen Ausstieg.

(Beifall CDU und FDP)

Ich möchte daran erinnern: Die SPD und auch die Grünen hatten ja die Möglichkeit, in Ihrer Regierungszeit dafür zu sorgen, dass die Kernkraftwerke in Deutschland abgeschaltet werden. Ich kann mich gut erinnern: Der damalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel - auch Pop-Siggi genannt -

(Lachen bei der CDU)

hat von dieser Möglichkeit eben keinen Gebrauch gemacht.

Sie wissen ganz genau - und deshalb müssen wir uns hier an den Sachfragen orientieren -, dass ein sofortiger Ausstieg aus der Atomtechnologie, aus der Atomenergiegewinnung nicht möglich ist, weil die Sachverhalte, die dem zugrunde liegen, es gar nicht ermöglichen.

Ich möchte daran erinnern, dass Deutschland 17 Atommeiler hat. Es besteht ja große Einigkeit in diesem Hause, dass die Atomtechnik kein dauerhafter Bestandteil des Energiemixes der Bundesrepublik Deutschland ist. Darin sind wir einig. Wir sind auch darin einig, dass die Atomtechnologie der strittigste Bestandteil des Energiemixes ist.

(Bischoff [SPD]: Na dann Abschalten!)

- Herr Kollege Bischoff, ich danke für die geistreiche Bemerkung, aber so etwas kennen wir von Ihnen.

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und FDP)

Deshalb sagen wir auch: Das einzige, worin wir uns unterscheiden,

(Domres [DIE LINKE]: Da gibt es viel mehr!)

ist die Frage: Wie lange lassen wir diese Atommeiler noch am Netz?

(Bischoff [SPD]: 60 Jahre am liebsten?)

Das ist der einzige Unterschied.

Herr Abgeordneter Bretz, lassen Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Woidke zu?

Ja gern, von Herrn Dr. Woidke immer.

Herr Bretz - Frage 1 -, haben Sie den Antrag, über den Sie gerade reden, gelesen?

(Unmut bei der CDU)

Frage 2: Ist Ihnen klar, dass hier niemand einen sofortigen Atomausstieg fordert - hätten Sie den Antrag gelesen, wüssten Sie das -, sondern der Atomausstieg durch einen Beschluss der damaligen Bundesregierung begonnen hat und noch gewisse Zeit weiterlaufen wird? Ist Ihnen klar, dass kein Mensch davon ausgeht, dass die AKWs morgen abgeschaltet werden? Es geht jedoch darum - daher frage ich, ob Ihnen das bewusst ist -, dass die Bundesregierung offensichtlich beabsichtigt, ohne geklärte Endlagerkapazitäten in Deutschland die Laufzeiten der Atomkraftwerke zu verlängern.

Mein lieber Herr Dr. Woidke, dass Sie als Fraktionsvorsitzender der SPD so schlecht informiert sind, stimmt mich traurig. Sie sind so schlecht informiert!

Erstens, Herr Dr. Woidke: Ist Ihnen eigentlich bekannt, dass das Land Brandenburg radioaktiven Atommüll in andere Bundesländer exportiert hat?

(Dr. Woidke [SPD]: Natürlich ist mir das bekannt!)

Ist Ihnen bekannt, wie viel radioaktiven Atommüll das Land Brandenburg in andere Bundesländer exportiert hat?

(Dr. Woidke [SPD]: Auch das ist mir bekannt!)

- Wie viel ist es denn, Herr Dr. Woidke?

(Dr. Woidke [SPD]: Führen wir jetzt einen Dialog? Das kann ich Ihnen gern beantworten!)

- Ja, jetzt schweigen Sie! Das ist typisch für Sie!

(Beifall CDU und FDP)

Wenn es konkret wird, dann ist bei Ihnen Schweigen.

Ich sage es Ihnen: 2 700 Tonnen radioaktiven Müll hat das Land Brandenburg in andere Bundesländer....