Protokoll der Sitzung vom 03.06.2010

(Beifall der Abgeordneten Kaiser [DIE LINKE] sowie Zuruf: Das weiß er!)

Im neuen Bundesnaturschutzgesetz bestehen Regelungen zu dem Komplex Erholung in Natur und Landschaft, die den Rahmen für landesgesetzliche Regelungen bieten. Diesem Regelungsinhalt entsprechen die §§ 44 ff. des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes. Es ist in der gesetzlichen Ausführung geplant, den ehemaligen § 47 des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes erneut aufzugreifen, um eine Satzungsermächtigung für Gemeinden zur Festsetzung von Betretungsrechten auf privaten Wegen auch im Zusammenhang mit bebauten Orts

teilen wieder einzuführen. Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass meine Fraktion sehr froh darüber ist; denn 2004 das wurde heute schon gesagt - ist der unsägliche Beschluss gefasst worden, § 47 aus dem Brandenburgischen Naturschutzgesetz zu streichen, angeblich wegen der Notwendigkeit, Bürokratie abzubauen.

Darüber hinaus soll die Möglichkeit zur Anordnung von Durchgangsrechten - nach dem Vorbild etwa des Bayerischen und des Baden-Württembergischen Naturschutzgesetzes - geschaffen werden. Das wäre eine Regelungsmöglichkeit, ohne von Bundesrecht abweichen zu müssen. Das ist sehr wichtig, damit die Gesetzeslage in Brandenburg gerichtsfest gehalten werden kann.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir noch einige Anmerkungen zu dem Antrag der CDU-Fraktion, insbesondere zum ersten Punkt. Dort schlagen Sie vor, der Landesregierung einen Auftrag zur Aufnahme von Verhandlungen mit der Bundesregierung zu erteilen. Dazu haben wir eine völlig andere Auffassung. Zunächst einmal ist festzustellen, dass die BVVG eine Gesellschaft der öffentlichen Hand ist. Hier wird immer der Eindruck erweckt, als ob wir es mit einem Unternehmen privater Natur zu tun hätten. Gesellschafter ist der Bund. Insofern handelt es sich bei der BVVG auch um eine Gesellschaft der öffentlichen Hand.

Die CDU-Fraktion möchte mit ihrem Antrag die Landesregierung auffordern, Verhandlungen mit der Bundesregierung aufzunehmen „hinsichtlich der Übernahme der im Besitz der BVVG befindlichen Gewässer... mit dem Ziel, diese Gewässer in einem Paket vom Bund zu übernehmen sowie sich gemeinsam mit dem Bund auf ein faires Verfahren hinsichtlich der Verkehrswertermittlung zu verständigen“. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum wir Ihrem Antrag folgen sollten.

Da wir ständig darüber debattieren, wo neue Einsparpotenziale erschlossen werden können, verstehe ich auch nicht, dass man so locker-flockig in ein laufendes Verfahren eingreifen will. Über die Bundesratsinitiative, die Brandenburg gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommern auf den Weg gebracht hat, ist ja noch nicht endgültig entschieden. Darin geht es genau um die kostenfreie Übertragung von Gewässern an das Land bzw. die Kommunen.

Ich frage mich deshalb, was Sie eigentlich wollen, Herr Dombrowski. Ihre Mandatsträger auf Bundesebene weigern sich; das wurde in der Sitzung des Bundestagshaushaltsausschusses sehr deutlich. Aber weil die politische Mehrheit auf Bundesebene so ist, wie sie ist, kann das nicht im Umkehrschluss heißen, dass wir unsere politische Auffassung, festgeschrieben im Koalitionsvertrag, einfach mal ändern. Dafür gibt es überhaupt keinen Grund. Hier sind die politischen Kräfte zu konzentrieren und zu bündeln, um das, was im Koalitionsvertrag, steht, zur Umsetzung zu bringen.

Frau Abgeordnete, jemand wünscht eine Zwischenfrage zu stellen. Sind Sie bereit?

Frau Kollegin Wehlan, was sagen Sie eigentlich dem Landesfischereiverband, insbesondere seinem Präsidenten Gernot Schmidt, der an einer Lösung, wie wir sie vorschlagen, sehr interessiert ist und selbst schon Millionenbeträge eingesammelt hat? Die Mitglieder des Landesfischereiverbandes können es aber nicht allein stemmen. Was sagen Sie denen, wie sie zu Rechtssicherheit kommen können?

Ich weiß, dass Sie nur einen Teil seiner Interessenlagen aufgegriffen haben. Denn der Vortext dazu ist: Wenn wir auf diese Art, wie es in diesem Haus und in diesem Land einheitliche Meinung und auch in der Koalitionsvereinbarung verbrieft ist, nämlich dass, wenn eine unentgeltliche Übertragung der Gewässer und Seen an das Land bzw. an die Kommunen nicht erfolgen kann, dann weitere Schritte notwendig sind. Es gibt aber überhaupt keinen Grund, Herr Dombrowski - und darum geht es -, sozusagen das politisch gesattelte Pferd abzuzäumen, jetzt eine völlige Kehrtwende zu machen und dem Bund zu offerieren: „Ja, wir kaufen!“ Das gibt es doch überhaupt nicht,

(Beifall SPD und bei der Fraktion DIE LINKE)

zumal ich Ihnen an dieser Stelle noch deutlich sagen muss, dass wir uns da auf einer ganz guten Seite sehen. Denn es ist Ihnen ja nicht entgangen, dass durch den Vorsitzenden der Zossener Stadtverordnetenfraktion Carsten Preuß damals noch von den Linken, jetzt vertritt er ja die „vereinigte Linke“, hätte ich beinahe gesagt - eine Petition genau diesen Inhalts auf den Weg gebracht wurde. Über 100 000 Bürgerinnen und Bürger meinen auch, dass es keinen Grund gibt, das ehemalige Volkseigentum der DDR mit Steuergeldern zurückzukaufen.

(Beifall DIE LINKE)

Insofern sehen wir keinen Grund, hier etwas anderes zu machen als das, was in der Koalitionsvereinbarung verbrieft ist und was wir der Landesregierung mit dem Antrag im Dezember als Handlungsauftrag gegeben haben.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt bei der SPD)

Minister Vogelsänger spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Seenprivatisierung bewegt die Bürgerinnen und Bürger in Brandenburg - auf die Massenpetition wurde schon hingewiesen - und selbstverständlich auch den Landtag. Die grundsätzlichen Positionen sind ausgetauscht. Die CDU setzt sich dafür ein, dass das Land Brandenburg dem Bund die betroffenen Seen und Gewässer im Paket abkauft. Dass das dann den Bundeshaushalt rettet, wage ich zu bezweifeln; dort gibt es ja auch gewisse Deckungslücken. Zudem muss sich die CDU fragen, welche Interessen sie eigentlich vertritt.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Herr Dombrowski, Sie haben selbst von Bundes- und Länderinteressen gesprochen. Das Land Brandenburg hat nun einmal ein anderes Interesse als der Bund - das halte ich auch für normal -, und das muss dann in Verhandlungen eben ausgefochten werden.

Die Koalitionsfraktionen sowie die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN haben mit ihrem Redebeitrag deutlich gemacht - dafür bedanke ich mich -, dass sie für eine kostenlose Übertragung der Gewässer sind. Der Bund vertritt die Auffassung, dass die in Rede stehenden Gewässer nicht dauerhaft in Bundeseigentum verbleiben sollen. Man sieht also keinen Bedarf, diese zu behalten, daher sollten wir in die entsprechende Richtung verhandeln, und so haben wir es ja auch vor.

Diese Problematik war mehrfach Thema in den Gremien des Bundestages. Ich bedauere sehr, dass es kein offizielles Moratorium zum Stopp der Seenprivatisierung mehr gibt. Das wurde am 24. März dieses Jahres mit den Stimmen der CDU/CSU und der FDP vom Haushaltsausschuss des Bundestages beschlossen, also nicht von der Bundesregierung, sondern vom Haushaltsausschuss, also vom Haushaltssouverän. Von der Mehrheit des Bundestages können wir also keine Unterstützung erwarten; ich bedauere es sehr, dass uns die Parlamentarier dabei nicht unterstützen. Die Bundesregierung erklärte immerhin, dass während der Zeit der Verhandlungen keine Tatsachen geschaffen werden sollen. Das begrüße ich ausdrücklich, auch vor dem Hintergrund der Entscheidung des Haushaltsausschusses des Bundestages. Ich gehe davon aus, dass das eingehalten wird.

Am 13. April 2010 hat der Bund die Vertreter der Länder zu einem ersten Gespräch zum Thema Seenprivatisierung eingeladen. Dort wurden, wie es bei einem ersten Gespräch üblich ist, die grundlegenden Positionen ausgetauscht, die uns bekannt sind. Zudem wurde vereinbart, dass die BVVG und die Länder in den nächsten Monaten nochmals gemeinsam die Gewässerlisten überprüfen. Bund und Länder werden versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu finden; ein nächstes Bund-LänderGespräch wurde für September avisiert. Ich hoffe, dass wir dort dieses Gespräch dann auch führen können; ich sehe dort eher den Bund in der Pflicht.

Die Fakten sind nun ausreichend dargelegt. Ich weiß nicht so recht, was der CDU-Antrag soll, denn die Fakten - auch die Dinge, die den Bund betreffen - sind Ihnen ja bekannt. Es wäre besser, bei CDU/CSU und der FDP im Bundestag dafür zu sorgen, dass sich die Meinung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages entsprechend ändert.

Ein weiteres, sehr emotionales Thema ist die Zugänglichkeit der Gewässer im Uferbereich. Hinsichtlich der Erlebbarkeit von Natur und unter dem Aspekt der Erholung ist der freie Zugang zu den Gewässern von großer Bedeutung. Konflikte entstehen - das ist hinlänglich bekannt - ausschließlich im urbanen Raum, wo sich Uferbereiche in der Nähe von Hausgrundstücken bzw. an diese grenzend befinden, wo also die Interessen von Privateigentümern mit dem Interesse der Allgemeinheit an Erholung kollidieren.

Herr Minister, es gibt den Wunsch, eine Zwischenfrage zu stellen - ich vermute, sie ist von Herrn Dombrowski.

Gerne.

Herr Minister, Sie haben ja eben gesagt, Sie wüssten nicht, was der CDU-Antrag eigentlich soll. Eigentlich steht dies ziemlich klar dran. Sie sind Agrarminister und als solcher äußern Sie sich gerade. Das Land Sachsen-Anhalt hat - es gab dazu einen Kabinettsbeschluss - mit der BVVG über die Übernahme der 70 000 ha Agrarflächen in Landesverwaltung verhandelt, um den Landwirten diesen enormen Wettbewerb und diese Spekulationen zu ersparen. Andere Länder reden also mit der BVVG und mit der Bundesregierung. Warum sieht sich die Brandenburger Landesregierung im Gegensatz zu anderen Landesregierungen nicht in der Lage, in vernünftige und faire Gespräche zum Wohle des Landes Brandenburg einzutreten?

Herr Dombrowski, das sehe ich ganz anders: Wir als Land Brandenburg haben dafür gesorgt, dass die BVVG-Privatisierungsgrundsätze geändert werden; herzlichen Dank daher noch einmal an den Landesbauernverband!

(Vereinzelt Beifall SPD)

Herr Dombrowski, ich bin Mitglied der Landesregierung Brandenburg, nicht der von Sachsen-Anhalt. Ich habe Brandenburger Interessen zu vertreten, und es gibt klare Beschlüsse des Landtages. An sie wird sich die Landesregierung halten.

(Beifall SPD und bei der Fraktion DIE LINKE)

Ich komme nochmals zu dem anderen Regelungskomplex: Im neuen Bundesnaturschutzgesetz bestehen nunmehr bundesgesetzliche Regelungen zum Komplex „Erholung in Natur und Landschaft“. Den landesgesetzlichen Rahmen können wir uns selbst vorgeben; das betrifft dann §§ 44 ff. des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes.

Ich muss mich über die Grünen schon ein wenig wundern: Es ist darüber berichtet worden, auch über die Zeitschiene, es ist ein kompliziertes Thema, und das muss natürlich dann auch rechtssicher abgearbeitet werden. Wir haben nichts von einer Gesetzesänderung, wenn wieder Rechtsstreitigkeiten, gerade in diesem sensiblen Bereich, entstehen. Hinsichtlich dessen sehe ich Übereinstimmung im Parlament - das ist ja schon einmal ein Anfang. Wir haben den klaren Verhandlungsauftrag, gegen die Seenprivatisierung zulasten des Landes Brandenburg einzutreten sowie im Sinne des Brandenburgischen Naturschutzgesetzes zu handeln. Dem wird die Landesregierung von Brandenburg nachkommen. - Vielen Dank.

(Beifall SPD, DIE LINKE und GRÜNE/B90)

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Rednerliste zu diesem Tagesordnungspunkt angelangt, und wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der CDU-Fraktion Verhandlungen mit der Bundesregierung um die Gewässerflächen aufnehmen - in der Drucksache 5/1242 Folge leisten

möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dieser Antrag ist damit ohne Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt.

Als Zweites stelle ich den Antrag in der Drucksache 5/1246 der Fraktion GRÜNE/B90 - Für freie Ufer und gegen Seenprivatisierung - zur Abstimmung. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Mit zwei Enthaltungen ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Mehr Eigenverantwortung für Schulen - Personalentscheidungen auf die Schulen übertragen

Antrag der Fraktion der FDP

Drucksache 5/1245

Wir beginnen die Debatte mit dem Beitrag des Abgeordneten Lipsdorf. Er spricht für die FDP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir Liberale haben Ihnen diesen Antrag vorgelegt, weil wir die Schulen in diesem Land in die Freiheit entlassen wollen, mehr noch: weil wir ihnen diese zutrauen. Wir trauen ihnen zu, dass sie ihr Lehrangebot eigenverantwortlich und mit bestem Wissen und Gewissen gestalten können.

Neben vielen anderen Bereichen ist auch die Schullandschaft in Brandenburg von regionalen Unterschieden gekennzeichnet. Dennoch behandelt die Landesregierung Ungleiches gleich, und das ist der falsche Weg, um die Bildungsqualität auf dem jetzigen Niveau zu halten, geschweige denn zu steigern. Wir müssen auf die regionalen Unterschiede eingehen und maßgeschneiderte, optimierte Lösungen für Schulen im inneren Verflechtungsraum und im äußeren ländlichen Raum anbieten. Den Schulen soll es ermöglicht werden, ihre volle Kreativität zu entfalten und durch selbstgesetzte Schwerpunkte ihr eigenes Schulprofil in der Lehre und im pädagogischen Bereich zu gestalten. Dazu brauchen sie Personal und Finanzierungsfreiheit, die wir ihnen geben wollen und müssen, um die bestmögliche Bildung für die Kinder in Brandenburg zu garantieren und der demografischen Entwicklung konstruktiv zu begegnen.

Wir hören immer wieder die Klagen von Eltern und Schülern, dass zu viel Unterricht ausfällt, und darunter leidet ganz besonders die Schulqualität, darunter leidet Brandenburg. Unser Ziel ist es daher, den Schulen ein Globalbudget zu geben, das sie unter anderem eigenverantwortlich und transparent für die Einstellung des Lehrpersonals nutzen können. Dieser Betrag orientiert sich an den durchschnittlichen Kosten, die einer Schule pro Schüler entstehen. Die Errechnung des Globalbudgets auf der Grundlage von Schülervollkostensätzen ist erforderlich, damit alle Schulen gerecht und fair behandelt werden und mit ausreichenden Mitteln wirtschaften können.

Mit dem jetzt vorgelegten Antrag wollen wir einen ersten Schritt in diese Richtung gehen und aus dem Budget für das angestell

te pädagogische Personal, das vom Land kommt, und für das nichtpädagogische Personal, das von den Trägern kommt, ein Globalbudget für diese Personengruppen bilden. Die Schulen wissen selbst am besten, wie viele Lehrer sie in welchen Fächern benötigen. Statt zentralistischer und pauschaler Entscheidungen im Bildungsministerium oder in den staatlichen Schulämtern können Probleme konstruktiv und zielgenau nur vor Ort gelöst werden.

Wir wollen, dass neben dem Ausschreiben der Lehrstellen künftig auch die Einstellung von Lehrkräften und von nichtpädagogischem Personal von den Schulen selbst erfolgen kann. Die rechtliche Absicherung des Anstellungsverhältnisses für den Bereich des pädagogischen Personals wird vom Ministerium für Bildung, Jugend und Sport sichergestellt. Der Unterrichtsausfall an den einzelnen Schulen kann durch ausreichend eingestellte Lehrer stark vermindert werden. Genau das kommt den Schülerinnen und Schülern und nicht zuletzt der Zukunft Brandenburgs zugute.

Die Schulleiter, die für die Personalentscheidungen verantwortlich sind, müssen daher umfangreich und durch konsequente Aus- und Weiterbildung auf diese zentrale Aufgabe vorbereitet werden. Auch über zusätzliches pädagogisches Personal sollen Schulen selbst entscheiden können. Sie loben ja immer Ihren quantitativ umfangreichen Ganztagsschulausbau; der ist aber, wie wir wissen, fast zum Erliegen gekommen, da Lehrer und weiteres pädagogisches Personal fehlen.