Wir brauchen die Einzelfallprüfung. Wir haben nicht allgemein die Verpflichtung zur Aufnahme, aber nach dem Asylverfahren im Grundgesetz durchaus. Insofern kann an uns nicht das Ansinnen gerichtet werden, von vornherein abzulehnen, irgendjemanden aus Guantánamo aufzunehmen. Im Einzelfall mag das anders sein. Die pauschale Ablehnung nach dem Motto „Wir wollen damit nichts zu tun haben, sollen sich andere damit schmutzig machen!“ ist nicht der richtige Weg. Deshalb lehnen wir diesen Antrag ab.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einleitend möchte ich sagen: Dass ich heute hier stehe, erklärt schon den Inhalt meiner Rede. Ich bin nicht die sicherheitspolitische Sprecherin der Fraktion, sondern die Sprecherin für Flüchtlinge.
Fast 800 Menschen aus über 40 Ländern wurden in Guantánamo unter Missachtung der Genfer Konferenz inhaftiert, teilweise über sechs Jahre, ohne eine Anklage, ohne einen Anwalt, ohne Prozess. Dazu liegen zahlreiche Berichte über Todesfälle und Misshandlungen sowie Demütigungen von Gefangenen vor.
Dass sich die meisten Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bis heute nach wie vor drücken, sich als Drittländer zur Aufnahme von ehemaligen Häftlingen aus Guantánamo bereitzuerklären, ist für mich einfach nicht hinnehmbar. Diese Inhaftierung ist nach unseren geltenden rechtlichen Maßstäben nicht gerechtfertigt. Deshalb ist die Aufnahme von einigen wenigen Menschen aus diesem Lager in der Bundesrepublik Deutschland schlicht ein Akt der Menschlichkeit.
Ich hoffe, meine sehr verehrten Damen und Herren der CDU, dass Sie diese Einschätzung teilen. Ob es jemals zu einer Aufnahme von ehemaligen Häftlingen aus Guantánamo in Brandenburg kommen wird, ist derzeit völlig unklar. Das hat der Innenminister so auf Ihre Frage, Herr Petke, im Innenausschuss übrigens auch erklärt. Denn die Bundesrepublik Deutschland ist leider eines der Schlusslichter bei der Entscheidung über eine Aufnahme von ehemaligen Häftlingen aus Guantánamo.
Übrigens hat Ihr Parteikollege, seines Zeichens Menschenrechtsbeauftragter der Bundesrepublik Deutschland, Günter Nooke zu diesem Thema eine ganz andere Ansicht. Er sprach sich dafür aus, dass sich Deutschland bereiterklären sollte, unter bestimmten Umständen Freigelassene aus Guantánamo aufzunehmen.
Wenn sich der Bund - und damit die CDU/FDP-Koalition - dafür entscheiden sollte, diesen Menschen zu helfen, sind alle Bundesländer daran gebunden, auch Brandenburg, Bayern, Schleswig-Holstein und andere. Deshalb sind Anträge auf Landesebene eigentlich völlig unsinnig. Insofern steht für Brandenburg offenbar nur eine Vermutung der CDU. Von der Aufnahme eines Menschen ist die Rede. Das ist eine humanitäre Geste und wird auch nicht die Sicherheitslage des Landes Brandenburg gefährden. Alles andere sind für uns wilde Vermutungen, die sich in keiner Weise durch die Realität speisen lassen. Wir werden diesen Antrag ablehnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Fortunato, Sie haben eben festgestellt, dass die Aufnahme eines Insassen aus dem Guantánmo-Gefängnis nicht die Sicherheitslage in Brandenburg bedrohen würde. Sie haben vorher gesagt, dass sei ein Akt der Menschlichkeit.
Können Sie vielleicht noch einmal ausführen: Was gibt Ihnen eigentlich die Sicherheit, dass die Aufnahme eines Insassen des Guantanámo-Gefängnisses unsere Sicherheitslage nicht betreffen würde? Bekannt ist von ehemaligen Insassen, die entlassen wurden, unter anderem den saudi-arabischen Staatsbürgern Said al-Shihri und Mohammed al-Aufi, dass sie sich nach ihrer Freilassung im Jahre 2007 umgehend in den Jemen abgesetzt und dort eine lokale Al-Kaida-Zelle aufgebaut haben.
Wer gibt Ihnen eigentlich die Sicherheit, dass dies für eventuell in Brandenburg aufzunehmende Gefangene nicht zutreffen könnte?
Sie werden es wohl genauso wenig wissen wie ich. Sie können es zwar für sich ausschließen, wir als CDU, von denen der Kollege Holzschuher sagte, wir würden nicht nur für Werte eintreten, haben die Sicherheit der Bevölkerung bei uns im Griff, meine Damen und Herren.
Ihre Schreierei da hinten zeigt ja genau, worum es Ihnen eigentlich geht. Ihnen geht es nicht um den Einzelnen, sondern Ihnen geht es darum, alte Feindbilder aus der Zeit des Kalten Krieges zu verkörpern.
Lachen Sie ruhig! Sie haben vorhin nicht gelacht, als der Kollege Holzschuher festgestellt hat - das wird ja im Protokoll stehen -, dass die USA und Deutschland einen Krieg zu verantworten haben. Sie können einmal darstellen, wo die Bundesrepublik Deutschland für einen Krieg verantwortlich ist. Ich wäre Ihnen auch dankbar gewesen, wenn Sie das, was Sie als kleinen Sicherheitsaufwand bezeichnet haben, näher bestimmt hätten, damit wir wissen, worüber wir reden.
Damit schließe ich an das an, was der Kollege Petke hier gesagt hat. Er hat auf den Abbau von Sicherheit in Brandenburg verwiesen. Wir gehen noch weitere Risiken ein, und Sie sagen: Auf dieses kleine bisschen kommt es auch nicht mehr an.
Danke. - Wir kommen dann zum Redebeitrag der Abgeordneten Nonnemacher von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Seit 2006 hat sich Bundeskanzlerin Merkel für eine Schließung des völkerrechtswidrigen Gefangenenlagers Guantánamo-Bay ausgesprochen und die Ankündigung von Präsident Obama vom Januar 2009, das Lager aufzulösen, begrüßt.
„Wenn unser wichtigster Bündnispartner... uns um Hilfe bittet, dann ist das allemal eine solidarische Prüfung wert, die ergebnisoffen stattfindet.“
Der Bundesinnenminister zeigt sich offen für die Aufnahme von Häftlingen. Die Bundeskanzlerin steht zu ihrer Verpflichtung. Aber große Teile der CDU/CSU und die Innenminister der CDU-geführten Bundesländer mauern. Originaltenor:
Die Personen, deren Aufnahme jetzt solidarisch und ergebnisoffen geprüft werden soll, sitzen seit Jahren ohne Nachweis eines Verbrechens unter menschenunwürdigen Bedingungen im Gefangenenlager auf Kuba. Sie sind Opfer schwerer Menschenrechtsverletzungen. Alle politischen Kräfte in Deutschland haben die Existenz dieses Lagers jahrelang heftig kritisiert. Jetzt, wo die Bundesrepublik Deutschland einen aktiven Beitrag zur Beendigung dieser Menschenrechtsverletzungen leisten kann und leisten soll, werden Stammtischparolen aktiviert, und es wird an dumpfe Ressentiments appelliert.
Natürlich tragen die Vereinigten Staaten von Amerika die Hauptverantwortung für die Auflösung von Guantánamo. Die Verantwortung für die Achtung des Völkerrechts und der Menschenrechte liegt bei allen demokratischen Staaten.
Meine Damen und Herren! Um welche Größenordnungen geht es überhaupt? Wenn man sich die Verlautbarungen aus dem Unionslager anhört und sich diesen unseligen Antrag zu Gemüte führt, könnte man denken, die Bundesrepublik sollte ein mehrhundertköpfiges Flüchtlingskontingent aufnehmen. Es geht um ganz wenige zu Unrecht Internierte, derzeit konkret um drei Menschen, nicht um drei Menschen pro Bundesland, sondern um drei Menschen für die gesamte Bundesrepublik. Diese zu Unrecht Internierten werden die Sicherheitslage eines 82-Millionen-Volkes nicht nachhaltig gefährden.
Es handelt sich hier um keinen humanitären Kraftakt, sondern um eine Geste aktiver Menschenrechtspolitik. Es reicht nicht, immer nur mit dem erhobenen Zeigefinger Menschenrechtsverletzungen anzuklagen, und sich dann, wenn Lösungen gefragt sind, heuchlerisch wegzuducken.
Selbst wenn die drei Personen, um die es zurzeit geht, schwierige Menschen sind, so sind sie es deshalb, weil sie jahrelang unrechtmäßig gefangen gehalten wurden. Unser Land kann dies aushalten.
Unsere Position ist klar: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben sich immer für die sofortige Schließung des Lagers, für die Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen und für eine aktive Menschenrechtspolitik eingesetzt. Wir werden den Antrag ablehnen. Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, sollten sich für diesen Antrag schämen, wenigstens bis Weihnachten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als George Bush 2003 in den Irak einmarschiert ist und sich die deutsche Regierung entschieden hat, aufgrund der - wie wir ja später gelernt haben - etwas dünnen Beweislage diesen Krieg mitzumachen, haben 15 Abgeordnete der CDU des Landtages Brandenburg einen Brief an George Bush geschrieben, in dem sie ihr Beschämen über die rot-grüne Außenpolitik zum Ausdruck gebracht haben.