Außerdem erklären Sie, dass in der letzten Legislaturperiode vorgeschlagen worden sei, 25 Millionen Euro in den Haushalt 2010 für die Kampfmittelbeseitigung in Oranienburg einzustellen, und Sie kritisieren, dass es in diesem Jahr nur 6,5 Millionen Euro sind. Hat die CDU auch nur einen einzigen Antrag zum Haushalt im Innenausschuss gestellt? Nein, hat sie nicht! Ich frage mich: Warum nicht? Wenn es Ihnen ernst wäre mit dem vorliegenden Antrag, dann frage ich mich natürlich auch, warum Sie den Haushaltsantrag der Linken zum Haushalt 2008 und 2009 zur Erhöhung der Mittel für die Kampfmittelbeseitigung abgelehnt haben, und das im Innenausschuss, im Haushaltsausschuss und im Plenum.
Wir lehnen den vorliegenden CDU-Antrag ab, greifen jedoch das Anliegen mit einem Entschließungsantrag auf. Dabei geht es uns um eine möglichst realistische Darstellung der Situation. Wir machen deutlich, dass die Landesmittel zur Kampfmittelbeseitigung auch in den kommenden Jahren gesichert werden müssen, um der Stadt die notwendige Planungssicherheit zu geben. Das gilt auch für die logistische Unterstützung durch das Land.
Angesichts der besonderen Situation in Oranienburg fordern wir den Bund auf, sich in stärkerem Maße als bisher an der Kampfmittelbeseitigung zu beteiligen und den anachronistischen Zustand, der hier mit der Begrenzung auf die reichseigene Munition herrscht, endlich zu beseitigen. - Danke schön.
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Im Land Brandenburg gibt es mindestens 400 000 ha munitionsbelastete Flächen. Das Land Brandenburg stellt außerdem mit seinem ausgedehnten Waldbestand, der ca. 35 % der Landesfläche entspricht, seinen geringen Niederschlagsmengen und den leichten Sandböden das Bundesland in Deutschland mit der höchsten Waldbrandgefährdung dar.
Annähernd 40 % aller Waldbrände in Deutschland ereignen sich in Brandenburg. Die riesigen munitionsbelasteten Flächen
tragen durch Selbstdetonation der Munition zur Waldbrandgefahr bei. Andererseits wird die Brandbekämpfung erheblich erschwert, da sie oft nur aus der Luft erfolgen kann.
In städtischen Regionen stellt blindgegangene Abwurfmunition insbesondere solche mit chemischen Langzeitzündern - eine ernste Gefährdung dar. Selbstdetonationen sind möglich und werden durch Korrosion und Erschütterung begünstigt.
1989 waren 8 % der Landesfläche Brandenburgs - rund 230 000 ha - militärisch genutzt. Zu den alten Konversionsflächen - den WGT-Flächen - kommen aufgrund der Umstrukturierung der Bundeswehr zusätzliche Konversionsaufgaben hinzu. Dies begann mit der Schließungswelle von Bundeswehrstandorten 2001 und kulminiert vorläufig in der Aufgabe der Kyritz-Ruppiner Heide. Angesichts dieser Probleme kommt die damalige Landesregierung - vertreten durch Wirtschaftsminister Junghanns - 2007 in Ihrem Bericht „15 Jahre Konversion im Lande Brandenburg“ zu der Einschätzung:
"Kampfmittel können im Land Brandenburg aus Kostengründen zurzeit nicht flächendeckend geräumt werden. Die Entscheidung zur Munitionsräumung muss von Fall zu Fall gefällt werden und erfolgt - außer in Fällen unmittelbarer Gefahrenabwehr - nutzungsabhängig."
Werte Kollegen von der CDU: Wir brauchen momentan kein landesweites Konzept und keinen Zeitplan, deren Umsetzung in Anbetracht des gigantischen Ausmaßes der Aufgabe sowieso illusorisch ist. Keine Regierung dieser Welt kann garantieren, dass ein Pilzsucher, der in einem Konversionsgebiet vom beräumten Weg abkommt, nicht zu Schaden kommt.
Wir müssen unsere knappen Ressourcen auf die Gefahrenabwehr in hochbelasteten und durch dichte Besiedlung hochgefährdeten Bereichen wie die Stadt Oranienburg fokussieren. Panikmache sollte vermieden werden, aber die schwere Explosion eines Blindgängers in Göttingen zeigt, dass die Gefahr real ist. Die Zünder altern, Selbstdetonationen werden wahrscheinlicher.
In Oranienburg liegt mit dem Gutachten der BTU Cottbus aus dem Jahre 2008 eine grundstücksscharfe Differenzierung des Gefährdungsgrades vor. Der Landkreis Oberhavel hat kürzlich anhand der Gefährdungskarten aus dem Gutachten und der Schutzbedürftigkeit der Quartiere eine Prioritätenliste mit zeitlicher Reihenfolge festgelegt.
Im Kreistag Oberhavel ist ein Beschluss anhängig, alle kreiseigenen Flächen der höchsten Gefährdungsgrade KW 9 und 10 bis Ende 2012 absuchen zu lassen. Doch was ist mit den nichtkreiseigenen Grundstücken? Es muss zumindest das vollständige Absuchen aller Flächen mit dem Gefährdungsgrad KW 10 bis zu diesem Zeitpunkt sichergestellt werden. Selbstverständlich ist hier auch das Land gefordert. Es hat bereits mit der Aufstockung der Haushaltsmittel aus Rücklagen und der Ankündigung weiterer Mittel reagiert. Ob dies dem vorliegenden Antrag oder eher der richtig schlechten Stimmung zwischen diversen SPD-Gliederungen geschuldet ist, sei dahingestellt.
- Nicht nur Gelb-Schwarz kann uns mit Beschimpfungskanonaden unterhalten. Ausdrücke wie „Blindgänger in der Landesregierung“ sind durchaus konkurrenzfähig.
Darüber hinaus müssen im Rahmen von Gefahrenabwehr ein Finanzierungs- und Ressourcenkonzept für die Beräumung in Oranienburg erstellt und eine Aufstockung der Mittel im Haushalt 2011 vorgenommen werden. Bei Nichtleistbarkeit der Gefahrenabwehr durch das Land Brandenburg muss der Bund in die Pflicht genommen werden. Wir brauchen keine Panikmache, sondern schnelle Hilfe für Oranienburg ohne Zuständigkeitsgezänk.
Insgesamt ist der vorliegende Antrag für die Beseitigung der akuten Probleme vorrangig in Oranienburg nicht hilfreich. Deshalb werden wir ihn ablehnen.
Der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen begleitet die auf Druck erfolgten Wohltaten des Innenministers literarisch und ergeht sich in den üblichen Unverbindlichkeiten. Frei nach dem Motto: „Wo nichts drinsteht, steht auch nichts Falsches drin“, werden wir ihm wohl notgedrungen zustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Tomczak, das Gutachten, das vor zwei Jahren gefertigt wurde, lag zumindest nicht hier in Schubladen, sondern ist der Stadt Oranienburg und dem Kreis Oberhavel zur Verfügung gestellt worden - mit der Einschränkung, dass es dort verwaltungsintern - das heißt für die Mitarbeiter und die Angehörigen des Kreistages, der Stadtverordnetenversammlung - einsehbar ist. Diese Einschränkung habe nicht ich zu verantworten. Als ich gefragt wurde, ob man dies öffentlich machen könne, habe ich geantwortet: Warum nicht! - Jetzt ist es öffentlich und bringt Diskussionen mit sich - verständlicherweise.
Herr Bommert, da sollte niemand jemand anderem unterstellen, dass er die Sache nicht ernst nähme. Nach meinen Dafürhalten wird sie von allen Seiten ernst genommen.
Die Frage, mit wie vielen Bomben wir es zu tun haben, kann niemand beantworten, auch dieses Gutachten nicht. Dieses Gutachten schätzt Gefährdungsstufen ein, nennt Gebiete, die aufgrund der Tatsache, dass wir Luftbilder von 1945 und Erfahrungswerte haben, als besonders gefährdet eingeschätzt werden. Wir wissen, dass mit der Bombensuche und -beseitigung nicht heute angefangen wird, sondern dass 1945 damit begonnen und diese auch während der gesamten Zeit des Bestehens der DDR sporadisch aber vollständig undokumentiert - vorgenommen wurde.
Auch 1990 wurde dies nicht dokumentiert. Erst seit 1992 wurde es ordentlich dokumentiert, sodass diese Hochrechnung als
das zu nehmen ist, was sie darstellt. Wir können die darin angenommene Zahl nicht belegen. Deswegen muss man davon ausgehen, dass es in dieser Größenordnung - über 300 Bomben mit chemischem Langzeitzünder - liegen kann. Das macht die Situation schwierig.
Wir haben für diesen Zweck - ich habe es hier angekündigt und auf Nachfrage immer wieder bestätigt - in diesem Jahr 6,5 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt und aus Rücklagen auf 9 Millionen Euro aufgestockt. Das ist keine Neuigkeit, sondern hier mehrfach zur Kenntnis gegeben und protokolliert worden. Deswegen ist die Unterstellung, das habe irgendwie mit dem heutigen Termin oder irgendwelchen öffentlichkeitswirksamen Äußerungen des Bürgermeisters oder des Landrats zu tun, unzutreffend. Sondern es hat damit zu tun, dass wir in diesem Jahr Aufträge ausgelöst haben, die zum Teil noch abgearbeitet werden, die den Betrag der 6,5 Millionen Euro minus 20 % das ist der Betrag der Haushaltssperre - in Beschlag genommen haben. Wenn die 2,5 Millionen Euro nicht reichen, werde ich einen Antrag auf Aufhebung der Haushaltssperre für diesen Punkt stellen.
Ich habe auch die Zusicherung, dass die Haushaltssperre dann selbstverständlich aufgehoben wird. Wenn dies nicht ausreicht, gibt es die Möglichkeit, eine außerplanmäßige, überplanmäßige Ausgabe zu tätigen. Auch dies ist haushaltsrechtlich möglich, wie Sie wissen.
- Auch in diesem Fall, denke ich, wird die Landesregierung zu dem stehen, was sie immer betont hat: dass sie Oranienburg mit diesen Problemen nicht alleinlässt.
Selbstverständlich können Sie, Herr Tomczak, bezüglich der Rechtslage, auch ein paar Gutachten erstellen lassen. Wenn man sich an der Frage, wer zuständig ist, erschöpfen will, kann man das wahrscheinlich noch in fünfzehn Jahren tun. Bezüglich der Frage, ob der Bund nun mit seiner Auslegung der Gesetzeslage, dass er nur für reichseigene Munition zuständig sei, richtig liegt oder nicht, können wir auch noch lange vor das Verfassungsgericht ziehen oder Ähnliches tun. Es wird aber nicht viel bringen, sondern wir müssen die Situation jetzt klären, und zwar zügig. Daher erinnere ich auch daran, dass jeder Verantwortung für sein Grundstück trägt.
Dies gilt für die Stadt, für den Kreis - die Verantwortung, die er jetzt wahrnimmt - und für das Land mit all seinen Aufgaben, die es wahrnimmt. Vor sämtlichen Baumaßnahmen wird die Fläche, auf der etwas errichtet werden soll, großflächig vernünftig untersucht, wie es sich nach den Regularien für solch besondere Situationen gehört. Das muss auch für den Bund bzw. für durch den Bund durchgeführte Baumaßnahmen gelten und gilt es auch. Bei einem großen Gebiet wie der Bahnlinie, die durch Oranienburg führt, könnten wir diesbezüglich auch ein wenig Beschleunigung vertragen, was wir entsprechend verdeutlichen werden.
Generell gilt: Wir als Land sind diejenigen, die die Munition letztlich entschärfen und beseitigen müssen. Männer - Mitarbeiter des Landes Brandenburg - mit hohem Sachverstand und unter Inkaufnahme von Gesundheitsschäden oder gar des
Todes nehmen diese Aufgabe wahr und verdienen allen Respekt, den wir hier gemeinsam aufbringen können.
Damit sie vernünftig arbeiten können, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Der von uns unterhaltene Kampfmittelräumdienst ist inzwischen in der Lage, mit neuester Technik eine Entschärfungsmechanik an den Bomben anzubringen, mit der die Bomben nicht mehr vor Ort gesprengt werden müssen; denn eine mechanische Entschärfung ist an der hier diskutierten Stelle unmöglich. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich das Verfahren durchsetzt. Es wurde bereits ausprobiert und bewährte sich auch im ersten Praxistest. Mit diesem Verfahren könnte die Gefahr für die umliegenden Gebäude und technischen Einrichtungen minimiert werden. Ich hege große Hoffnungen, dass wir dieses Verfahren in technologischer Hinsicht zum Durchbruch bringen können.
Meine Bitte - ich wiederhole sie noch einmal - ist ein vernünftiger Umgang mit diesem aufgeladenen Thema der verschiedenen Ebenen miteinander. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
Herr Minister, Ihr Spruch - es gibt nichts Gutes, außer man tut es - war gut. Auch Ihre eben gegebene Zusage, dass Sie Mittel sollten in Oranienburg weitere Mittel benötigt werden - zur Verfügung stellen, ist erfreulich.
- Herr Görke, vielleicht sollten Sie zu uns nach Oranienburg in den Kreistag kommen und Ihre Worte dort wiederholen.