Laut Presseberichten hat am 01.09. Regierungssprecher Thomas Braune im Auftrag der Sozialdemokratischen Partei Brandenburgs zu einem Hintergrundgespräch über anstehende Sparbeschlüsse und die Positionen der SPD dazu mit Ministerpräsident Platzeck und SPD-Generalsekretär Ness eingeladen. Bei der Einladung wurden nicht alle über Brandenburg berichtenden Medien berücksichtigt, und einzelnen interessierten Journalisten wurde unter Androhung von Polizeigewalt die Teilnahme verweigert. Der Vorfall wurde von der Journalistenseite als Eingriff in die Pressefreiheit gewertet und von der Landespressekonferenz kritisch kommentiert.
Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie die Tatsache, dass der zu Überparteilichkeit verpflichtete Regierungssprecher zu einer Parteiveranstaltung einlädt und damit die Trennung zwischen Regierungshandeln und Parteiarbeit untergräbt?
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Abgeordnete, die wichtigste Aufgabe des Regierungssprechers ist es, die Medien und die Öffentlichkeit aktuell und präzise über die Arbeit der Landesregierung und des Ministerpräsidenten zu informieren. Er leitet außerdem Pressekonferenzen und koordiniert die Pressearbeit der Ministerien. Herr Braune erledigt diese Aufgabe seit Jahren in hervorragender Qualität.
Nach der Sommerpause bat das Büro des Regierungssprechers fernmündlich einige Journalisten zu einem Gespräch über wichtige politische Vorhaben in einem kleinen Kreis - die übliche Formulierung für „Hintergrundgespräch“. Ja, Frau Nonnemacher, es handelte sich um eine Veranstaltung der SPD, und hierzu lädt normalerweise der für Pressearbeit zuständige Generalsekretär der SPD, Klaus Ness, ein. Aber, Frau Nonnemacher - das haben Sie sicherlich auch schon erlebt -, es kommt im Leben manchmal anders, Unvorhergesehenes kommt dazwischen, in diesem Fall war es ein Todesfall in der Familie von Klaus Ness, der ihm keine zeitliche Möglichkeit ließ. Dann nahm der Fehler - und zu dem habe ich letzte Woche schon öffentlich Stellung genommen - seinen Lauf. Er bat kollegial Herrn Braune, diese Einladung zu der Veranstaltung an seiner statt zu übernehmen. Dieser Bitte hätte Herr Braune nicht folgen dürfen - ganz klar. Er ist dem Wunsch nachgekommen und hat damit die reine Lehre in diesem konkreten Fall verletzt, nämlich Parteiangelegenheiten und dienstliche Verpflichtungen vermischt.
Ich will an dieser Stelle aber auch sagen: Ich habe es als Fehler klassifiziert. Wir haben gesagt: Das darf nicht wieder vorkommen. Ich will diese Frage trotzdem in einen größeren Kontext heben, denn es schwingt ja anderes mit - das Geklopfe hat das auch gezeigt. Die Anfragen tragen einen Charakter, der in
Form von Fragestellungen wie „Darf das überhaupt sein?“, „Machen die da nicht ganz schlimme Vermischungen?“ durch alle Fragen wabert, wo Spekulationen und Unterstellungen in den letzten Wochen - so auch hier - Raum greifen.
Bleiben wir beim Thema Hintergrundgespräche: Meine Damen und Herren, ich möchte gern, dass die Kirche im Dorf bleibt, weil: Es wird ja generell bestritten - das spiegelt auch der Gestus der Fragestellung wider, in der es ja heißt, es seien einige Journalisten nicht zu den Hintergrundgesprächen eingeladen worden -, dass es solche Hintergrundgespräche überhaupt geben dürfe.
Ich habe mich einmal mit der Geschichte der Hintergrundgespräche in Deutschland beschäftigt. Von Konrad Adenauer bis zu Kanzlerin Merkel haben es alle getan und tun es heute noch: Sie führen regelmäßig Hintergrundgespräche, und zwar, Frau Nonnemacher, mit einem ausgewählten Kreis von Journalisten.
- Das ist genau das Thema. Ich komme noch dazu, wer zu diesen Hintergrundgesprächen einlädt. Ich komme sehr wohl darauf zu sprechen, komme auch noch zu Ihnen, Herr Burkardt, ganz direkt zu Ihnen und Ihrer spekulativen Anfrage, die Außerordentlichen und Bevollmächtigten Botschaftern Böses unterstellt. Dazu komme ich gleich noch; davon können Sie ausgehen.
Bleiben wir beim Thema Hintergrundgespräche: Die Kanzlerin wird von ihren Biografen als Königin der Hintergrundgespräche bezeichnet. Sie lädt - wir haben Rücksprache mit Regierungssprechern genommen - zwischen 6 und 30 ausgewählte Journalisten regelmäßig zu Hintergrundgesprächen ein. Konrad Adenauer hat manche ausgewählte Journalisten im Sommer stets an den Lago Maggiore eingeladen und mit ihnen tagelang Themen besprochen. Die Kanzlerin tut das größtenteils in Berlin. Manche Journalisten, die gern dabei wären, sind nie dabei, Frau Nonnemacher; ich könnte sie aufzählen. Das ist bei Hintergrundgesprächen so. Das war so, das ist so, und das wird auch künftig so sein. Deshalb sollten wir jetzt nicht so künstlich tun, als sei dies hier etwas Unerhörtes.
Kommen wir einmal zum Kollegen Schönbohm: Er war viele Jahre stellvertretender Ministerpräsident. Sein Büro hat regelmäßig zu Hintergrundgesprächen eingeladen. Der jetzige Regierungssprecher Thomas Braune hat selbst, als er Journalist war, Einladungen entgegennehmen dürfen, weil: Er gehörte zu dem erlauchten Kreis, den Jörg Schönbohm um sich geschart hatte, ein sehr auserwählter Kreis, zu dem - es war nur ein Bruchteil der Landespressekonferenz - längst nicht alle Journalisten der Landespressekonferenz gehörten. Das vielleicht erst einmal zum Gestus eines Hintergrundgesprächs und zu angeblichen Vermischungen.
Kommen wir zu einer weiteren Unterstellung, die unterwegs ist: Darf ein Regierungssprecher in irgendeiner Weise an Koalitionsverhandlungen teilhaben? Hat er sich da restlos herauszuhalten? Ich zitiere einmal Zeitungen wie jene, die solche Unterstellungen bringen - „BILD“ und Ähnliche: In der letzten Nacht der Koalitionsverhandlungen zur Bildung der neuen Bundesregierung musste Angela Merkel wegen Erkrankung
auf ihre engsten Mitarbeiter an ihrem Tisch verzichten. Die Büroleiterin hatte Grippe. Regierungssprecher Wilhelm konnte ihr bei der letzten Runde der Koalitionsverhandlungen nicht zur Seite stehen, weil er Fieber hatte.
Nun tun Sie doch bitte nicht so, als sei in Brandenburg etwas gang und gäbe, was im Rest der Bundesrepublik völlig undenkbar ist! Schauen Sie sich einmal das Foto der Personalzusammensetzung der Koalitionsverhandlungen von FDP und CDU an, wer da alles sitzt! Das sind nicht nur die Funktionäre dieser Parteien. Daher bitte ich einfach, dass wir ein bisschen bodennäher bei der Beurteilung von Vorgängen bleiben und nicht zur absoluten Skandalisierung neigen, wie das mehr und mehr der Fall ist.
- Herr Burkardt, da entlasse ich Sie nicht aus der Verantwortung für eine absolut skandalöse Anfrage, die Sie gerade gestellt haben. Es scheint Ihre Art und Weise zu sein, an die wir uns hier wohl gewöhnen müssen; ich bin nicht dazu bereit. Ich habe gemerkt, dass Ihnen die Kinderstube fehlt. Das, was Sie hier die Landesregierung gefragt haben, ist schon fast obszön. Es gab ein Foto vom Außerordentlichen und Bevollmächtigten Botschafter der Russischen Föderation Wladimir Kotenew und mir im „Stern“. Eine Rubrik des „Stern“ lautet: „Zwei Freunde“. Unter dieser Rubrik werden jeden Monat Personen abgebildet, die freundschaftlich verbunden sind. Ja, ich bin dem russischen Botschafter seit langem freundschaftlich verbunden. In seiner Anfrage schreibt Herr Burkardt: Dieses Foto bietet Anlass zu vielfältigen Spekulationen. - Ja, wo leben wir denn, meine Damen und Herren?!
Was soll denn das sein? Das ist eine Unverschämtheit, das ist eine Unterstellung! Herr Burkardt, wenn Sie sich dafür nicht entschuldigen, dann müssen Sie damit leben.
Ich frage Sie: Haben Sie jemals Jörg Schönbohm, der mit Dick Cheney befreundet war, ihn in den USA besucht hat, der mit den US-Botschaftern befreundet war, zu seiner Rolle im IrakKrieg befragt? Das ist doch nicht mehr ganz klar im Kopf Entschuldigung!
Eine solche Frage gehört nicht in diesen Landtag, Herr Burkardt! Aber genau das ist der Stil, in dem Sie arbeiten, das ist Ihre Oppositionsqualität: Ein Foto mit einem akkreditierten Botschafter bietet Anlass zu Spekulationen.
Meine Damen und Herren, damit Ihnen nicht verborgen bleibt, welch ein Blödsinn in der Frage steht, will ich es Ihnen sagen. Da wird zum Beispiel gefragt, ob ich bald bei Gazprom zu arbeiten anfange. Nein! Nein, Herr Burkardt, ich bin nicht Herr Köhler, nicht Herr Koch und nicht Herr Beust, ich bleibe im Amt und übe es weiter aus, damit Sie das wissen, mein Lieber!
Dann wird aus diesem Foto ableitend die noch verrücktere Frage gestellt, ob ich wegen der Freundschaft zu Herrn Kotenew
dafür gesorgt hätte, dass am Vorabend der Schlössernacht der Park Sanssouci abgesperrt wird, damit Gazprom sein Unwesen treiben kann. Herr Burkardt, wenn Sie wirklich hier zu Hause wären und wüssten, was los ist, dann wüssten Sie, dass dieser Park jeden Abend vor der Schlössernacht abgesperrt wird und mit Kotenew und Gazprom null zu tun hat. Diese Unterstellungen sind genau Ihr Stil. Damit müssen Sie leben, mit dieser miesen Qualität. Pfui, sage ich, Herr Burkardt. - Danke.
Herr Ministerpräsident, so ein kleiner Anlass macht so ein komplexes Thema auf. Deshalb haben wir jetzt drei Nachfragen.
Erst einmal möchte ich mich bei Ihnen, Herr Ministerpräsident, bedanken, dass Sie sich im ersten Teil Ihres Statements persönlich die Mühe gemacht haben, auf meine Frage einzugehen, und für diesen interessanten historischen Exkurs.
Eine Nachfrage habe ich zum Thema Regierungssprecher und Pressearbeit. Sind Sie nicht vielleicht der Meinung, dass es günstig wäre, dass im Verhinderungsfall des Generalsekretärs Klaus Ness ein Pressesprecher für die Sozialdemokratische Partei tätig werden würde?
Frau Nonnemacher, sinnvoll und gut wäre es gewesen, wenn jemand anders aus der Landesgeschäftsstelle diese Einladung ausgesprochen hätte; keine Frage. Das gebiert nicht gleich die Notwendigkeit, einen Pressesprecher einzustellen. So reich ist unsere Partei nicht, so viele Spenden bekommen wir nicht, Frau Nonnemacher. Das ist leider so.
Es wäre nett, wenn Sie mich erst einmal kurz reden lassen würden und ich die Frage stellen dürfte. Ich wiederhole es noch einmal. Es scheinen aufgrund Ihres emotionalen Ausbruchs die richtigen Fragen gewesen zu sein, die Herr Burkardt dort gestellt hat.