Protokoll der Sitzung vom 08.09.2010

Das Binnenhochwasser im Oderbruch wird seine Spuren und hohe Schäden hinterlassen. Neben Ernteverlusten sind hohe Schäden an Gebäuden zu verzeichnen.

Ich frage die Landesregierung: Wie will sie den vom Binnenhochwasser Betroffenen im Oderbruch Hilfe leisten?

Danke. Die Frage 300 (Wasserwirtschaftliches Management im Oderbruch) stellt der Abgeordnete Dombrowski.

Die starken und zum Teil länger anhaltenden Niederschläge in den vergangenen Wochen haben in Verbindung mit dem Hochwasser an der Neiße und dem daraus resultierenden höheren Pegelstand des Vorfluters Oder zu einem Anstieg des Grundwasserspiegels und zu stauender Nässe im Oderbruch geführt. Die betroffenen Landwirte in der Region beklagen, dass insbe

sondere ein verfehltes Wassermanagement des Landes und die mangelhafte wasserwirtschaftliche Pflege des 1 500 km langen Grabensystems im Oderbruch für den schlechten Wasserabfluss und zum Teil für den Stillstand des Abflusses verantwortlich sind. Der Bauernbund Brandenburg schätzte, dass ein Drittel der Flächen im Oderbruch unter Wasser steht, und der Kreisbauernverband Märkisch Oderland bezifferte den entstandenen Ernteverlust auf 40 %.

Ich frage die Landesregierung: Welche Maßnahmen, insbesondere in Zusammenarbeit mit dem zuständigen Gewässer- und Deichverband GEDO, beabsichtigt sie zukünftig verstärkt zu ergreifen, um die Pflege des Grabenssystems und damit das Wassermanagement im Oderbruch zu verbessern?

Ministerin Tack wird antworten.

Herr Präsident, das tue ich sehr gern. Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen Frau Lieske, Frau Fortunato, Herr Folgart und Herr Dombrowski, Ihre Fragen betreffen im Kern das Binnenhochwasser im Oderbruch, das uns ganz aktuell beschäftigt. Aber ich will daran erinnern, dass ich Anfang Juli, als wir hier über Schlussfolgerungen aus dem Oderhochwasser diskutiert haben, den Satz prägte: „Nach dem Hochwasser ist vor dem Hochwasser.“ Ich bin schon überrascht - wie sicherlich viele mit mir -, dass wir in diesem Jahr in so kurzer Folge Hochwasser zu verzeichnen haben. Nach dem Frühjahrshochwasser an der Oder folgte zunächst das Sommerhochwasser an Spree und Neiße und dann, im August, das Binnenhochwasser im Oderbruch. Was die Ursachen für Letzeres angeht, haben wir allerdings eine etwas andere Einschätzung als die, die Herr Dombrowski in seiner Frage vermittelt hat.

Teilweise sind noch hohe Wasserstände zu verzeichnen. Sie haben sicherlich schon zur Kenntnis genommen, dass wir an der Oder in der zweiten Wochenhälfte eine neue Hochwasserwelle bis zur Alarmstufe I erwarten. Es ist also viel Wasser unterwegs.

Nun zum Binnenhochwasser im Oderbruch. Ich verweise noch einmal deutlich auf die Situation extrem hoher Niederschläge im Monat August. Insgesamt drei Regenfronten führten zu Niederschlägen von mehr als 200 Litern pro m2. Das waren weit über 400 % der durchschnittlichen Augustsumme an Niederschlägen und auch mehr als die gesamte durchschnittliche Niederschlagsmenge eines Sommers.

Wir wissen - Sie haben es beschrieben, wir haben es in Augenschein genommen -, dass zahlreiche landwirtschaftlich genutzte Flächen, auch solche, auf denen Gemüse angebaut wird, unter Wasser stehen. Es schmerzt, wenn man das sieht; da tränen einem die Augen. Hinzufügen will ich jedoch, dass durch das Binnenhochwasser im Oderbruch die 20 000 Menschen, die dort leben, zu keiner Zeit an Leib und Leben gefährdet waren.

Meine Damen und Herren! Von den rund 1 500 Gewässerkilometern im Oderbruch ist das Land für 160 km Gewässer erster Ordnung zuständig und auch unterhaltungspflichtig. Die Unterhaltung der Gewässer erster Ordnung wird durch den Gewässer- und Deichverband GEDO im Auftrag des Landesamtes

für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz durchgeführt. Die Unterhaltung verlief bis zum Einsetzen des ersten Starkniederschlags im August planmäßig; seit dem Einsetzen dieser Niederschläge werden unter Hochdruck die notwendigen Arbeiten geleistet. Alle zur Verfügung stehenden Kapazitäten des Gewässerverbandes waren vor Ort. Es wurden auch provisorische Dämme errichtet, die nach Rückgang des Hochwassers in feste Bauwerke überführt werden sollen.

Sie werden sich daran erinnern: Die Starkniederschläge im Jahr 2007 im Oderbruch führten dazu, dass ein Sonderprogramm zur Verbesserung der dortigen Vorflutverhältnisse aufgelegt wurde. Dieses Sonderprogramm umfasst 10,2 Millionen Euro und soll - aus jetziger Sicht - bis 2015 fortgeführt werden. Es soll umgesetzt werden, um die Abflusskapazitäten der Gewässer zu verbessern. Bisher sind von diesem Programm 2,4 Millionen Euro umgesetzt worden. Zusätzlich soll die Alte Oder saniert werden. Es gibt fünf Bauabschnitte, ein Bauabschnitt ist bereits realisiert; insgesamt sind Aufwendungen in Höhe von 1,2 Millionen Euro vorgesehen. Die Sanierung der Schöpfwerke - das ist auch ein Thema, mit dem man sich im Oderbruch sehr beschäftigt - wird vom Land mit ELER-Mitteln zu 75 % gefördert, sodass der Verband seit 2009 jährlich zwei Schöpfwerke sanieren konnte. Der Eigenanteil für diese Sanierung wird vom Landkreis getragen.

Meine Damen und Herren! Am Freitag letzter Woche hatten mein Kollege Vogelsänger und ich gemeinsam mit dem Landrat, mit dem Präsidenten des Landesamtes für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz, mit dem GEDO, mit dem Bauernverband und -bund sowie mit den Landtagsabgeordneten Frau Lieske, Frau Fortunato und Herrn Büchel eine Beratung vor Ort. Es ging um die Frage, wie die Situation im Oderbruch spürbar verbessert werden kann, wenn das Wasser abgeflossen ist. Leider stehen noch große Teile unter Wasser.

Unter Führung des Umweltministeriums haben wir eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich in der kommenden Woche mit den eben genannten Beteiligten trifft. Wir werden prüfen, inwiefern das Sonderprogramm beschleunigt werden kann. Es soll bis 2015 laufen. Wir werden prüfen, welche Entscheidungen in finanzieller und personeller Hinsicht getroffen werden müssen, um die Umsetzung des Programms zu beschleunigen. Das werden wir auch hinsichtlich der Umsetzung der Sanierungsmaßnahmen an der Alten Oder tun.

Stichwort: Wasserstandspegel; auch darüber wird beraten werden. Wir brauchen ein abgestimmtes Wasserhaushaltsmanagement. Ich denke, es ist sehr wichtig, dass die Durchführung von Maßnahmen an Gewässern erster und zweiter Ordnung besser als bisher abgestimmt wird, sodass auch im Oderbruch bessere Effekte beim Hochwasserschutz erzielt werden können. Wir werden Sie zeitnah über die Ergebnisse informieren. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank. Es gibt Nachfragen. Frau Lieske, bitte.

Vielen Dank für die Informationen. Ich war am Freitag vergangener Woche bei der Beratung anwesend. Wir haben die Zeitplanung

besprochen. Angesichts des Zeithorizonts bis zum Jahr 2015 wurde das Programm von den Landwirten und dem zuständigen Gewässer- und Deichverband als sehr langfristig angesehen.

Sie haben davon gesprochen, dass geprüft werde, inwiefern die im Sonderprogramm vorgesehenen Maßnahmen beschleunigt werden können. An der Stelle von mir die fragende Bitte, dass die Arbeitsgruppe neben dem Maßnahmenplan auch den Zeitplan aufstellt und möglichst alles für eine Beschleunigung tut.

So viel zu der fragenden Bitte.

Das nehme ich gern zur Kenntnis. Das ist im Übrigen unsere Absicht.

Die nächste Nachfrage stellt Herr Dombrowski.

Wird das Umweltministerium kurzfristig dafür Sorge tragen, dass der Querschnitt der Alten Oder - es handelt sich um ein Gewässer erster Ordnung - wiederhergestellt wird, das heißt, dass das Abflussprofil wieder auf die notwendige Sohltiefe mit dem erforderlichen Gefälle gebracht wird, um eine maximale Abflussmenge zu gewährleisten?

Beabsichtigt die Landesregierung, die durch den Biber verursachten Schäden und Hindernisse im Oderbruch beseitigen zu lassen, um das Abflussregime in dieser Kulturlandschaft zu gewährleisten?

Wird die Landesregierung, basierend auf einer objektiven Schadensermittlung, mögliche Schadensersatzansprüche von Landwirten prüfen, die auf ein möglicherweise mangelhaftes Wassermanagement im Oderbruch zurückzuführen sind? Dazu möchte ich anfügen, Frau Ministerin, dass der Agrarminister öffentlich eine Fehlleistung des Landesumweltamtes ins Gespräch gebracht hatte. Nicht zuletzt daraus resultieren solche Nachfragen.

Zum Schluss eine Anmerkung. Es wäre nett, wenn auch die Oppositionsfraktionen zu Abstimmungsgesprächen in Sachen Hochwasser eingeladen würden. Dann beteiligen wir uns gern daran. - Danke.

Immer gern, Herr Dombrowski. Zur Beratung in der nächsten Woche erhält selbstverständlich jede Fraktion eine Einladung. Die Beratung beim Landrat in Seelow im Landkreis MärkischOderland war öffentlich bekannt, eine ausdrückliche Einladung ist den Fraktionen nicht zugegangen.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Der Landrat hatte eingeladen!)

- Das ist richtig, der Landrat hatte eingeladen. Die Beratung war öffentlich und lange vorher bekannt.

Das Programm Sanierung Alte Oder kommt selbstverständlich noch einmal auf den Prüfstand. Es wird Gegenstand der Arbeit

der Arbeitsgruppe sein, herauszustellen, welche Maßnahmen bisher eingeflossen sind, welche Maßnahmen geplant sind und was gegebenenfalls überprüft bzw. verändert werden muss.

Zum Bibermanagement: Diese aktuelle Frage hat auch am vergangenen Freitag eine Rolle gespielt. Der Landrat verwies richtigerweise darauf, dass eine Biberkonferenz stattgefunden hat und eine nächste Konferenz in Vorbereitung ist. Ferner wies er darauf hin, dass wir ein Bibermanagement verabredet hatten. Der Landrat sieht sich diesbezüglich sehr wohl in der Verantwortung.

Dass der Landwirtschaftsminister mein Ministerium kritisiert haben soll, ist mir nicht bekannt. Dennoch will ich Ihnen sagen: Wenn die Schäden bezifferbar sind - das ist gegenwärtig nicht der Fall; die bei der Beratung anwesenden Kollegen aus dem Bauernverband und des Bauernbundes landwirtschaftlicher Betriebe konnten die Schadenshöhe nicht einschätzen -, werden sie ihre Schadensmeldung an die Abteilung Landwirtschaft des Landkreises richten. Sie wird dann unter Beteiligung der Abteilung Landwirtschaft des zuständigen Ministeriums in einer Einzelfallprüfung behandelt. - Vielen Dank.

Kollege Dr. Luthardt hat eine Frage.

Welche Position vertritt Ihr Haus zu einer veränderten Nutzungskonzeption im Oderbruch? Wir können ja davon ausgehen, dass wir in Zukunft verstärkt in die Situation eines Hochwassers geraten werden. Sollte es nicht auch bei den Landwirten ein Risikomanagement hinsichtlich ihrer Landnutzung im Oderbruch geben?

Das ist am Freitag im Beisein der Kollegen aus dem Bauernverband und Bauernbund so speziell nicht besprochen worden. Ich möchte daran erinnern, dass das Oderbruch für die landwirtschaftliche Produktion fruchtbar gemacht worden ist; das liegt schon eine Weile zurück; ich erinnere an den alten Fritz. Zu DDR-Zeiten war es eine Komplexmelioration. Der gute Bodenbestand wurde für die Gemüseproduktion genutzt, wodurch Berlin versorgt werden konnte. Ich denke, das sollte im Oderbruch eine Zukunft haben.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank. - Die Frage 301 (Unternehmungen der Landes- regierung zur Ansiedlung eines Forschungsinstituts zur nach- haltigen Ressourcennutzung im Land Brandenburg) stellt der Abgeordnete Lipsdorf.

Nach Pressemeldungen gingen mehrere Bewerbungen um das Forschungsinstitut zur nachhaltigen Ressourcennutzung im Bundesministerium für Bildung und Forschung ein. Neben dem Land Brandenburg ist auch das Nachbarbundesland Sachsen interessiert. Es gab intensive Gespräche und Bemühungen seitens des sächsischen Ministerpräsidenten und des Kabinetts.

Ich frage die Landesregierung: Welche Unternehmungen hat es ihrerseits gegeben, um die Ansiedlung des Forschungsinstituts zur nachhaltigen Ressourcennutzung in Brandenburg zu forcieren?

Frau Ministerin Dr. Münch antwortet.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lipsdorf, Sie wissen, die Bewerbung ist gerade erst abgeschickt worden. Wir versuchen alles, damit das Institut in Brandenburg angesiedelt wird. Die Landesregierung schenkt dem Projekt weiterhin große Aufmerksamkeit.

Ich möchte beispielhaft einige Maßnahmen der letzten Wochen und Monate nennen. Im Dezember 2009 hatte ich mich - das wissen Sie - schriftlich an die Bundesministerin Prof. Dr. Schavan gewandt. Im unmittelbaren Anschluss an den Landtagsbeschluss zur Unterstützung der Ansiedlung hat mein Staatssekretär mit dem GeoForschungsZentrum und der BTU Kontakt aufgenommen und um Vorlage eines Konzepts gebeten. Das wurde in mehreren Sitzungen gemeinsam mit meinem Haus erarbeitet.

Es folgten zahlreiche Gespräche - auch auf anderen Ebenen mit der BTU Cottbus und dem GeoForschungsZentrum, mehrmals auch mit Prof. Zimmerli und Prof. Hüttl. Es gab Gespräche mit der Wirtschaft, unter anderem mit Vattenfall. Es gab Gespräche und Briefkontakt mit der Helmholtz-Gemeinschaft. Ich habe persönlich mit Prof. Mlynek, dem Vorsitzenden der Helmholtz-Gemeinschaft, gesprochen. Es gab natürlich Arbeitsgespräche mit dem Bundesministerium, mehrfach in Cottbus, aber auch in Potsdam. Der Chef der Staatskanzlei hat vor Ort mit Vertretern der BTU Cottbus gesprochen. Es gab eine enge Abstimmung auf Arbeitsebene mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie den betroffenen Einrichtungen.

Wie Sie wissen, haben wir im August 2010 diesen Antrag auf Ansiedlung des Forschungsinstituts samt Begleitschreiben eingereicht. Ich habe ebenfalls im August 2010 das Kabinett, das das ganze Unternehmen unterstützt, darüber unterrichtet. Der Ministerpräsident, Matthias Platzeck, wird sich in den nächsten Tagen schriftlich an die Bundesministerin Frau Prof. Schavan wenden und weiter für die Ansiedlung des Instituts werben.

Sie können versichert sein, dass wir auf diesen verschiedenen Ebenen permanent im Gespräch sind. Trotzdem möchte ich erwähnen, dass es derzeit eine Frage der Fachkommission ist, die unterschiedlichen Gutachten zu bewerten. Wir begleiten diese Gespräche, jedoch sollte nicht der Eindruck entstehen, dass versucht würde, Einfluss auf die Beurteilung der Fachkommission zu nehmen. Alles andere tun wir auf allen Ebenen bis hin zum Ministerpräsidenten. - Danke.

Danke sehr. - Die Abgeordnete Nonnemacher stellt die Frage 302 (Parteipolitische Aktivitäten des Regierungsspre- chers). Bitte sehr.

Laut Presseberichten hat am 01.09. Regierungssprecher Thomas Braune im Auftrag der Sozialdemokratischen Partei Brandenburgs zu einem Hintergrundgespräch über anstehende Sparbeschlüsse und die Positionen der SPD dazu mit Ministerpräsident Platzeck und SPD-Generalsekretär Ness eingeladen. Bei der Einladung wurden nicht alle über Brandenburg berichtenden Medien berücksichtigt, und einzelnen interessierten Journalisten wurde unter Androhung von Polizeigewalt die Teilnahme verweigert. Der Vorfall wurde von der Journalistenseite als Eingriff in die Pressefreiheit gewertet und von der Landespressekonferenz kritisch kommentiert.