Wir haben dem Parlamentarischen Beratungsdienst einen Prüfauftrag hinsichtlich der Frage, ob wir überhaupt Regelungskompetenz haben oder angesichts des Bundesgesetzes dazu nicht mehr in der Lage sind, erteilt. Sie ist noch offen. Im Ziel sind wir uns einig: Neue Stromleitungen sind notwendig, um den gewollten Ausbau der erneuerbaren Energien zu ermöglichen. Wir sind bei der Landesenergiestrategie garantiert auf demselben Weg. Es ist nun einmal so, dass der Windstrom hauptsächlich im Norden produziert wird und dann in den Süden verbracht werden muss. Wir sind als Energieland Brandenburg - wofür wir stehen und auch den Leitstern bekommen haben - immer noch in der Verantwortung, Lohn und Brot für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu gewährleisten.
Die Beschränkung der Teilverkabelung von Hochspannungsleitungen auf das Küstengebiet und die Ausweisung der vier Pilotprojekte - leider ohne die Uckermark-Leitung, wogegen Brandenburg interveniert hat - bei den Höchstspannungsnetzen ist natürlich eine fragwürdige Entscheidung. Ich weiß jedoch nicht, ob wir den Bundesgesetzgeber, der diese Entscheidung getroffen hat, noch zu einer Änderung des Energieleitungsaus
baugesetzes oder des Energiewirtschaftsgesetzes bewegen. Hier gilt es zu prüfen. Wenn wir ein Landesgesetz erlassen dürfen, können wir die hier vorgesehenen Regelungen einbeziehen. Anderenfalls halte ich eine Bundesratsinitiative zur Änderung dieser beiden Gesetze für notwendig.
Ich freue mich auf die Debatte im Wirtschaftsausschuss und hoffe, dass wir mit wenigen Konflikten gemeinsam eine Antwort auf die Frage finden: Wo machen wir was? Es ist auch eine Konfliktlage, wenn wir mit Blick auf den Regelungsbedarf feststellen, dass alle sagen: Wir hätten auch gern Erdkabel! - Es ist auch eine Frage der Kosten. Ich denke, hier werden Abwägungsprozesse stattfinden, die wir dann mit einer Verordnung begleiten müssen. - Danke.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Tage diskutieren wir sowohl im Bund als auch in den Ländern energiepolitische Themen mit teils verbissener Inbrunst. Diese Debatten sind allesamt wichtig, um nicht zu sagen, für unsere Gesellschaft im wahrsten Sinne des Wortes essenziell, denn Industriegesellschaften wie die unsere stehen und fallen mit der Verfügbarkeit der von ihnen benötigten Energie.
Energiepolitische Ziele haben wir daher sowohl in der EU als auch im Bund und natürlich in der Energiestrategie 2020 des Landes Brandenburg fixiert. Dabei ist wichtig und richtig, dass es gerade in der Energiepolitik unter dem Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit eines zielorientierten Ansatzes bedarf. Aber diese Ziele für sich allein ersetzen natürlich nicht das konkrete politische Handeln. Genauso wichtig wie die Ziele sind deren konkrete Umsetzung.
Genau deshalb legen wir Ihnen heute gemeinsam als FDPFraktion und als Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein sogenanntes brandenburgisches Erdverkabelungsgesetz vor. Dieses Gesetz wird natürlich nicht alle unsere energiepolitischen Probleme lösen. Es ist aber, wie wir meinen, ein wesentlicher Baustein, wenn wir gewillt sind, unsere energiepolitischen Ziele tatsächlich zu erreichen.
Im Rahmen dieser Zielerreichung kann es keinerlei Zweifel geben, dass der zukünftige Ausbau der Leitungsnetze mit absoluter Priorität behandelt werden muss. Dabei steht gar nicht so sehr die Frage des Ab- oder Zutransportes größerer Strommengen im Vordergrund. Vielmehr ist nach heutigem Stand des Wissens davon auszugehen, dass der Ausbau der Leitungsnetze eine der Schlüsselfragen gerade auch bei der Lösung des vielzitierten Grundlastproblems sein wird.
Die Möglichkeit, verschiedene Energiequellen nach ihren temporären Verfügbarkeiten auf das Gesamtnetz aufzuschalten, bedarf verlässlicher Netze. Deshalb muss die Energiepolitik von den Netzen her gedacht werden. Sie sind das Fundament auf
dem Weg in eine regenerative Zukunft. Auch dabei bedarf es, sehr geehrter Herr Wirtschaftsminister, der Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger. Wenn wir in diesem Hohen Hause erkennen - das haben wir offensichtlich -, dass am konsequenten Ausbau der regenerativen Energien und damit der Leitungsnetze kein Weg vorbeiführt, dann müssen wir auch akzeptieren, dass erdverkabelte Leitungsnetze ein bei weitem höheres Maß an Akzeptanz in der Bevölkerung genießen als Freileitungssysteme.
Dabei muss klar sein, dass es natürlich auch hierbei eines ausgewogenen Kompromisses bedarf, der die Bezahlbarkeit von Energie fest im Blick behält. Daher differenziert der vorgelegte Gesetzentwurf nach Leitungssystemen bis und über 110 kV. Im 110-kV-Bereich ist die Erdverkabelung in vielen Ländern bereits Standard. Auf die Erfahrungen in Brandenburg ist Kollege Vogel ausführlich eingegangen.
Im Bereich der 380-kV-Leitungen stellt sich die Lage deutlich anders dar. Hier gilt zweifelsohne, dass auch wegen der gegenwärtig höheren Kosten für eine Erdverkabelung differenziert zwischen den betroffenen Schutzgütern auf der einen und der Preisstabilität für Energie auf der anderen Seite abgewogen werden muss. Dabei kann es für uns keinerlei Zweifel geben, dass das Wesentlichste aller Schutzgüter, der Mensch, im Vordergrund stehen muss. Es ist eben nicht vermittelbar, wenn die geplante 380-kV-Leitung die Stadt Eberswalde über bewohntem Gebiet in zwei Teile schneidet, genauso wie es energiepolitisch nicht akzeptabel ist, dass sich der Ausbau der 380-kV-Leitung verzögern wird, weil wir wieder einmal über drei Instanzen hinweg brandenburgische Gerichte beschäftigen werden.
Die Lösung all dieser Probleme ist einfach und heißt, dort erdzuverkabeln, wo berechtigte Interessen der Bevölkerung einer Freileitungsvariante entgegenstehen. Dabei haben wir in den Gesetzentwurf bewusst eine Verordnungsermächtigung aufgenommen, die es möglich machen wird, die Detailfragen auf der Ebene der Experten in den entsprechenden Ministerien zu regeln. Wenn diese Zuständigkeit in den Händen von Kollege Christoffers liegt, mache ich mir auch keine allzu großen Gedanken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf wurde in der Tat in der bislang eher ungewöhnlich liberal-grünen Konstellation eingereicht. Nichtsdestotrotz wurde das erste deutsche Erdverkabelungsgesetz in einer christlich-liberalen Konstellation in Niedersachsen verabschiedet. Die Fraktion DIE LINKE hat in einer Pressemitteilung vom 14. August 2008 erklärt:
„Damit dieser Netzausbau auch in Brandenburg umweltfreundlich erfolgen kann, bedarf es aus unserer Sicht eines Erdverkabelungsgesetzes nach dem Vorbild von Niedersachsen.“
In diesem Sinne freue ich mich sehr auf die sicherlich konstruktiven Diskussionen in den entsprechenden Ausschüssen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Beyer. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Der Abgeordnete Domres erhält das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kaum ein anderes Thema bewegt derzeit die Gemüter der Bürgerinnen und Bürger des Landes Brandenburg so wie die Zukunft der Energiepolitik.
Jedes vorgebrachte Anliegen, jede formulierte Kritik und auch jede Ablehnung eines energiepolitischen Projekts ist für sich genommen sicherlich berechtigt. Es gibt - so ist es nun einmal im Leben - für jedes Thema Argumente dafür und Argumente dagegen - sei es in der Frage des Tagebaus, sei es in der Frage der Erprobung von CCS-Technologie, sei es in der Frage des Ausbaus der Windkraftnutzung und der Biomasse und nicht zuletzt in der Frage, wie die erzeugte Energie vom Ort der Erzeugung zum Endverbraucher transportiert werden kann.
Damit sind wir bei dem Thema des von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegten Gesetzentwurfs für ein Gesetz über Hoch- und Höchstspannungsleitungen in der Erde. Schon dieser Titel macht deutlich, dass es sich um ein spannungsgeladenes Thema handelt. Die Problembeschreibung zum Gesetz ist zutreffend und beschreibt dennoch nur einen kleinen Teil der Herausforderungen, vor denen wir im Land Brandenburg in Bezug auf die Umsetzung der Energiestrategie 2020 und beim weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien stehen.
Hinweisen möchte ich an dieser Stelle auf die Netzstudie aus dem Jahre 2008, die von der BTU Cottbus im Auftrag der damaligen Landesregierung erarbeitet wurde. Mit der Netzstudie hatte die BTU dem Land Brandenburg im Jahr 2008 bereits ein mögliches Szenario für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien, für den notwendigen Netzausbau und für ein modernes Netzmanagement nicht nur für Höchstspannungen, sondern auch im Hoch-, Mittel- und Niedrigspannungsbereich vorgelegt.
Für einen notwendigen Ausbau des Netzleitungssystems bedarf es aus Sicht der Linken einer umfassenden Netzanalyse, über welche Trassen und Leitungen im Land Brandenburg die Energiesicherheit gewährleistet werden soll. Mit einem solchen Netzkataster können zu erwartende Konflikte im Bereich des Gesundheits-, Landschafts-, Natur- und Umweltschutzes minimiert werden. Daran wird gearbeitet; der Netzausbau und damit eine wesentliche Frage der Energieversorgung und der Versorgungssicherheit sind eben nicht nur von regionaler, sondern auch von überregionaler Bedeutung.
Angesichts vorhandener und sich verstärkender Bürgerproteste ist es dringend notwendig, die Akzeptanzoffensive für erneuerbare Energien im Land zu verstärken und mit konkreten Maßnahmen und Angeboten zu untersetzen. In deren Mittelpunkt muss vor allem der offene Dialog, wie ihn der Wirtschaftsminister seit Amtsantritt führt, zwischen Politik, Wirtschaft und Bürgern zu allen relevanten Fragen des Klimaschutzes und der zukünftigen Sicherung einer nachhaltigen Energieversorgung stehen.
Dialog allein wird aber nicht reichen. Deshalb wurde in den Koalitionsvertrag folgender Passus aufgenommen:
„Die Koalition erwartet von der Energiewirtschaft, die Stromnetze umweltverträglich auszubauen, damit die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien problemlos erfolgen kann.“
Die Verknüpfung regenerativer Energieerzeuger zu virtuellen Kraftwerken unterstützen wir. Hierfür ist ein rechtlicher Rahmen nötig. Da könnte auch ein Erdkabelgesetz hilfreich sein.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, an dieser Stelle möchte ich aber doch etwas Wasser in den Wein schütten. Sie kennen wie ich die sehr unterschiedlichen juristischen Bewertungen der möglichen Regelungskompetenzen des Landes sowohl im 380-kV-Bereich als auch im 110-kV-Bereich. Diese werden auch durch Ausarbeitung und Sachstandsdarstellungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages geteilt. Da ist zum einen die Frage, ob der Bund in die Länderhoheit eingegriffen hat. Diese Frage lässt sich nur durch eine entsprechende Klage klären, die Zeit und etwas Geld kostet. Die Frage nach bestehenden Länderkompetenzen wird vom Wissenschaftlichen Dienst wie folgt beantwortet:
„Das Energieleitungsausbaugesetz ist Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Nach Artikel 72 Abs. 1 Grundgesetz haben die Länder im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch ein Gesetz Gebrauch gemacht hat.“
„Die Länder dürften demnach nach Inkrafttreten des EnLAG nicht mehr befugt sein, dessen Regelungsumfang durch Landesgesetze oder im Rahmen der landesplanerischen Maßnahmen für sich zu ändern oder zu erweitern.“
An anderer Stelle heißt es, dass das niedersächsische Erdkabelgesetz nicht verfassungskonform und damit hinfällig sei. Wie heißt es so oft - anwesende Juristen mögen mir verzeihen -: Drei Juristen, fünf Meinungen!
Wir wollen im Ausschuss den Gesetzentwurf auf Risiken und Nebenwirkungen prüfen. Wir wollen sowohl die ökologischen als auch die ökonomischen Vor- und Nachteile einer Erdverkabelung gegenüber der Freilandleitung untersuchen und offen diskutieren. Wir wollen nach Alternativen suchen, wenn sich herausstellen sollte, dass der von Ihnen vorgeschlagene Weg nicht gangbar ist. - Ich freue mich auf interessante Ausschussberatungen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Domres. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Der Abgeordnete Bretz erhält das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Worum geht es bei Vorlage dieses Gesetzentwurfs? Ich darf einmal zwei Zahlen zitieren. Zum ersten reden wir in Brandenburg davon, dass wir voraussichtlich über 1 000 km an neuen Leitungen verlegen müssen. Wir reden zweitens darüber, dass der geschätzte Investitionsbedarf zur Realisierung dieses Vorhabens bei etwa 1 Milliarde Euro liegt. Diese Zahlen sind schon etwas älter. Daher darf man geflissentlich unterstellen, dass wir in einem Bereich liegen, der 1 Milliarde Euro übersteigt. Ich nenne diese beiden Zahlen, um deutlich zu machen, um welches Vorhaben es hier insgesamt geht.
Ich möchte deutlich sagen, dass sich auch die CDU-Fraktion Erdverkabelung vorstellen kann und wir das keinesfalls ablehnen. Ich möchte allerdings die Gelegenenheit nutzen, ein paar Dinge, die uns in Anbetracht der jetzigen Vorlage bekannt sind, zu benennen, um dann die Diskussion auf bestimmte Probleme zu lenken.
Erster Punkt ist: Der Gesetzentwurf, der uns von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegt wurde, beinhaltet ein gewisses Ausschließlichkeitsprinzip. Das heißt, in Zukunft sollen alle Leitungen vorrangig als Erdkabel verlegt werden und nur aus gewichtigem Grund nicht als Erdkabel. Wir fragen uns: Ist eine solche Vorschrift wirklich im Sinne des Erfinders? Oder sollten wir nicht zumindest ein Stück weit mehr Freiraum in der Entscheidungsfindung, welche Variante wir nehmen, lassen?
Zweiter Punkt ist: Es ist in dem Gesetzentwurf davon die Rede, dass eine Erdkabelverlegung bei der Kostenermittlung durchaus den Faktor 1,6 beinhalten kann. Das heißt, ein Erdkabel darf auch dann verlegt werden, wenn es um das 1,6fache teurer ist als eine Hochspannungsleitung über der Erde. Ich habe den Investitionsbedarf von 1 Milliarde Euro angesprochen. Wenn die Erdverkabelung also 1,6 Milliarden Euro kosten würde, wäre sie immer noch genehmigungsfähig. Wir fragen uns, ob eine solche finanzielle Herausforderung für unser Land Brandenburg richtig und schlüssig ist.
Zum dritten Punkt: Solch eine Netzinvestition ist keine Sache, die man alle paar Jahre tätigt, sondern es ist eine Investition, die eine sehr lange zeitliche Perspektive hat. Ich glaube, vor dem Hintergrund sind Genauigkeit und Stimmigkeit das Entscheidende. Deshalb sagen wir, dass wir in der Frage des Netzausbaus auch sehen müssen: Wie entwickeln sich zum Beispiel die Frage der Speichertechnologien und die intelligenten Netze? Solange wir darauf keine befriedigende Antwort haben, glaube ich, kann man das Thema Netzausbau nicht losgelöst von der Frage der Speichertechnologie und der Frage intelligenter Netze beantworten. Insofern sehen wir noch entsprechenden Beratungsbedarf.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wieder einmal zeigt sich, dass wir hier im Parlament ein Thema besprechen bzw. besprechen müssen, bei dem wir als Opposition Vorschläge zu entwickeln versuchen, es uns aber an Antworten und Vorstellungen, was die Landesregierung denn haben möchte, fehlt.
Bei dem Thema Energie - darüber reden wir hier ja nun schon seit Wochen und Monaten - ist es eben wichtig, dass die Landesregierung endlich einmal sagt, wohin sie möchte, mit welchem Rahmen sie etwas erreichen möchte und welchen Weg wir dahin gehen können. Unser Problem ist, dass Sie uns diese Antworten schuldig bleiben und wir gezwungen sind, nur zu Teilaspekten zu sprechen.
Liebe Frau Ministerin Tack, Sie haben ja nichts weiter zu tun, als ständig die Bundesregierung zu kritisieren, auch zur Vorlage des jetzigen...
Jedenfalls tun Sie das mit Akribie. Ich würde mir wünschen, dass Sie sozusagen einmal in einen Wissenswettbewerb mit der Bundesregierung dahin gehend eintreten würden, dass Sie einmal sagen, wofür Sie eigentlich stehen. Dann legen wir beide Konzepte nebeneinander und