Protokoll der Sitzung vom 08.09.2010

Zweitens: Mit dem hier vorliegenden Bericht gehen Sie nicht auf die wirklichen Fragen ein. Wie ist eine moderne Verwaltung künftig zu führen, damit sie unbürokratisch ist und damit sie sowohl denjenigen, der die Dienstleistung erbringt, als auch den Kunden, nämlich den Bürger, berücksichtigt? Wie kann sie möglichst nahe beim Bürger erbracht werden? Dafür speisen Sie uns mit Allgemeinplätzen ab.

Der inhaltsleerste Satz in Ihrem Bericht lautet:

„Ansatz für die Aufgabenkritik ist die Aufgabe.“

Danke, das wäre mir auch noch eingefallen.

(Lachen des Abgeordneten Prof. Dr. Schierack [CDU])

Um eine Personalbedarfsplanung zu entwerfen, bedarf es einer Aufgabenkritik. Diese Aufgabenkritik muss zu einer Ziel- und Inhaltsbestimmung oder zu einer Aufgabenabgrenzung der Verwaltungsaufgaben führen. Dabei müssen wir uns von den Grundsätzen des Subsidiaritätsprinzips leiten lassen.

Mit anderen Worten: Wir wollen eine dezentrale Verwaltung; so wie es übrigens bei Neugründung des Landes im Koalitionsvertrag der ersten Brandenburger Landesregierung unter FDPBeteiligung vorgesehen war. Gute, günstige und bürgernahe Verwaltung erreicht man nur auf der Grundlage der Subsidiarität. Was auf Gemeindeebene erledigt werden kann, sollte dort auch angesiedelt sein. Was auf Kreisebene erledigt werden kann, sollte dort auch erledigt werden. Nur dann, wenn weder Gemeinde noch Kreis in der Lage sind, die Aufgaben wahrzunehmen, sollte das Land die Aufgaben erfüllen.

Bürgernähe der Verwaltung bedeutet auch Stärkung der Regionen gerade im ländlichen Raum. Was dieses Land dringend braucht, weil auch nur so eine wirkliche Modernisierung der Verwaltungsabläufe zu erreichen ist, ist eine Funktionalreform. Nur dann, wenn wir diese endlich in unserem Land durchführen, ist eine Aufgabendefinition der jeweiligen Ebene sowie eine auch haushaltsentlastende Personalbedarfsplanung möglich.

Es gilt auch Lob auszusprechen, sparsam, aber notwendig. Die Verwaltung im Land nutzt zunehmend die Instrumente des E-Governments. Aber das hat natürlich dort seine Grenzen, wo immer noch Landstriche vom Zugang zur digitalen Welt ausgeschlossen sind, weil es mit der flächendeckenden Breitbandversorgung bisher nicht klappt. Bevor E-Government im ländlichen Raum wirklich Realität wird, braucht man die Voraussetzungen dazu.

Auch verwaltungsintern werden moderne Kommunikationsmittel und Strukturmaßnahmen eingesetzt, was wir uneingeschränkt begrüßen. Schließlich muss eine gute Verwaltungsmodernisierung auch die Menschen mitnehmen, die sie ausführen sollen. Die Reduzierung des Personalbestandes ist notwendig.

Auch wir Liberalen sehen keinen Weg, der an einer Reduzierung des Personals auf Landesebene vorbeiführt - mit Ausnahme der für das Land prioritär zu sehenden Aufgaben.

Dies wird jedoch nur gehen, wenn wir ins Zentrum unser aller Aufmerksamkeit rücken, dass es die Kommunen sind, die dieses Land ausmachen, und dass nur ihre Stärkung das Land als Gemeinwesen und seine Bürger voranbringt.

(Beifall FDP)

Ihren Bericht nehmen wir zur Kenntnis. Ich hoffe wirklich, der nächste Bericht gibt mehr her als das, was Sie hier aufgeschrieben haben. Verwaltungsmodernisierung bedeutet mehr als die Umstellung auf moderne Kommunikations- und Informationsmittel. Sie bedeutet, die Verfahrensabläufe so zu organisieren, dass sie den größtmöglichen Output für die Bürger haben. Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir sind damit bei der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Abgeordnete Vogel spricht.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der dritte Aufguss schmeckt immer etwas schal. Gleiches müssen wir über den heutigen Bericht der Landesregierung zu den Ergebnissen der Aufgabenkritik verzeichnen.

Wer die drei Berichte von 2006, 2008 und heute nebeneinanderlegt, wird schnell feststellen, dass nicht nur der Seitenumfang immer weiter schrumpfte, der Zeilenabstand immer weiter und der Schrifttyp immer größer wurde. Er wird auch feststellen, dass der Inhalt immer dürftiger wurde.

Aus Begeisterung ist spürbar Frustration geworden. So war man nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Verwaltungsmodernisierung 2003 in vielen Ministerien noch mit vollem Elan an die Sache herangegangen. In der Staatskanzlei tagte wöchentlich ein Planungsgremium unter der Leitung des CdS. Im Innenministerium wurden Untersuchungsteams eingesetzt. Das Justizministerium bildete eine ressortinterne Projektgruppe.

Ich selbst durfte im Umweltministerium an einer Projektgruppe „Ausgliederung“ mitwirken, die ein Jahr lang mit rund einem Dutzend gut bezahlter Mitarbeiter des höheren Dienstes tagte, es aber nie zu einem abgestimmten Abschlussbericht brachte. Sehr schnell wurde nämlich deutlich, dass zu viel Kreativität bei der Führungsebene des Hauses gar nicht erwünscht war. Als ich ganz leise die Schaffung einer Landwirtschaftskammer ins Gespräch brachte, die wie in anderen Bundesländern umlagefinanziert Aufgaben übernehmen könnte, die in Brandenburg als Landesaufgaben geführt und finanziert werden, lief der Zentralabteilungsleiter puterrot an und erlitt einen Zornesausbruch, dass einem schon himmelangst und bange wurde, er könnte gleich tot umfallen. Er hat überlebt. Aber das Thema war damit auch beerdigt.

War man 2003 noch von der Fiktion einer Vielzahl überflüssiger Aufgaben ausgegangen, die man nur identifizieren und

dann gleich aus dem Aufgabenkanon des Landes streichen könnte, war man bereits 2008 deutlich schmallippiger geworden. So heißt es im damaligen Bericht:

„Die Zahl der Aufgaben, die in den letzten Jahren effektiv gestrichen wurden, ist sehr gering.“

Und weiter:

„Die Landesregierung rechnet nicht damit, dass in den nächsten Jahren in nennenswerter Zahl weitere Aufgaben des Landes entfallen werden bzw. gestrichen werden können. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass aufgrund der EU-Rechtsetzungsaktivitäten und der Vorgaben aus den Bundesgesetzen der Aufgabenbestand der Landesverwaltung noch umfangreicher wird. Mittelbar werden hiervon auch die Kommunen betroffen sein.“

Im jetzigen Bericht wird dann gleich die weiße Fahne gehisst. Nachdem auf Seite 6 zunächst einmal die Qualität des theoretischen Überbaus für die Aufgabenkritik gewürdigt wird, heißt es:

„Aber alle theoretischen Ansätze dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Aufgabenkritik als Instrument zur Verwaltungsmodernisierung nur sehr eingeschränkt erfolgreich ist und war.“

Ergebnis: Inzwischen verfügt die Landesregierung über eine Datenbank mit sehr detaillierten Daten zum Aufgabenbestand der Landesverwaltung, ohne dass hieran noch irgendwelche Hoffnungen für einen Aufgabenabbau geknüpft werden. So etwas nennt man einen Schlag ins Wasser.

Stattdessen verweist man nun auf die Möglichkeit weiterer Rationalisierungsmaßnahmen. Allein, die gebotenen Beispiele überzeugen nur wenig. An erster Stelle steht für mich der Prozess des Personalmanagements in der Kritik. Nach dem Bericht ist es gelungen, von rund 50 000 Mitarbeitern im Jahre 2008 genau 41 landesverwaltungsintern in andere Bereiche umzusetzen. 2009 konnten 94 Beschäftigte für alternative Beschäftigungsmöglichkeiten verbunden mit Qualifizierungsmaßnahmen gewonnen werden. Das ist so wenig, dass man darüber lieber schamvoll geschwiegen hätte.

Angesichts der Belastung der Ressorts mit dem Schriftverkehr mit der SVP bzw. der KPM, wie sie jeweils wechselnd im Jahresverlauf heißt, wäre diese Einrichtung wohl die allererste Adresse für eine Zweck- und Vollzugskritik gewesen. Da die Verfasser, die mit der SVP bzw. KPM identisch sind, nicht mehr weiter wissen, verweisen sie nun auf das Parlament als Verantwortliche für die Aufgabenkritik. Dieser Aufgabe wollen wir uns gern stellen. Es bleibt uns ja auch gar nichts anderes übrig, wollen wir nicht in zwei Jahren einen noch dünneren vierten Aufguss lesen.

Angesichts der Haushaltsentwicklung sind wir darüber hinaus zum Erfolg verdammt. Wir haben ja als Parlament schon das positive Beispiel Finanzverwaltung. Wir haben als Landtag einen Beschluss zur Überprüfung der Finanzverwaltung gefasst, der Wege aufzeigt, wie eine aufgabenkritische Analyse heute erfolgen kann.

Ich denke, wir brauchen einen ganz neuen Anlauf für eine andere Form der Aufgabenkritik. Dies steht natürlich im Zusammenhang mit den Haushaltszahlen für die nächsten Jahre.

Inzwischen hat die SPD ihre Vorstellungen zur weiteren Strukturentwicklung in Brandenburg vorgelegt, die - wen wundert's? - auch gleich Widerspruch hervorgerufen haben.

Wir teilen die Auffassung, dass eine neue Aufgabenverteilung zwischen Land, Kommunen und Dritten, beispielsweise Schulen, sinnvoll ist. Dies schließt auch Ideen zur Neustrukturierung der kommunalen Gliederungen wie die Fusion von kreisfreien Städten und Umlandkreisen ein.

Den Sinn der Abschaffung der Ämter habe ich allerdings noch nicht ganz verstanden. Einsparungen für den Landeshaushalt erkenne ich nicht. Auch Großkommunen sind vom fortschreitenden Bevölkerungsschwund betroffen, und wir können diese doch wohl nicht so lange fusionieren, bis unsere Gemeinden die Flächengrößen von Landkreisen haben.

Dessen ungeachtet, liebe SPD,

(Frau Melior [SPD]: FDP!)

sind wir ganz nah an Ihrer Seite, wenn es darum geht, sich tabulos den Herausforderungen des demografischen Wandels und der Haushaltskonsolidierung zu stellen. Ich denke, wir sollten gemeinsam arbeiten, damit wir in zwei Jahren nicht einen vierten, noch dünneren Aufguss haben. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90 und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. Sie haben die Redezeit der Landesregierung gleich ein klein wenig mitgenutzt. Sie hat Verzicht angekündigt. Wir können demzufolge die Aussprache beenden. Damit ist der Bericht der Landesregierung zur Kenntnis genommen. Vielen Dank.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 12 und eröffne Tagesordnungspunkt 13:

Beschlüsse zu Petitionen gemäß § 12 Absatz 2 PetG

Übersicht 3 des Petitionsausschusses

Drucksache 5/1864

Es wurde vereinbart, hierzu keine Debatte zu führen. Damit ist die Übersicht 3 des Petitionsausschusses zur Kenntnis genommen. Ein ziemlich kurzes Verfahren für so viel Arbeit, die dahintersteckt. - Vielen Dank an den Petitionsausschuss.

(Beifall DIE LINKE)

Ich beende Tagesordnungspunkt 13 und eröffne Tagesordnungspunkt 14:

Hochschulpakt II im vollen Umfang beibehalten

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/1908

Ich eröffne die Aussprache. Es beginnt die einbringende Fraktion. Herr Prof. Schierack, Sie haben das Wort.