Protokoll der Sitzung vom 06.10.2010

Die heutige Durchschnittsinvestitionsquote der westlichen Flächenländer liegt bei 9,4 %. Meine Damen und Herren, Sie werden doch nicht sagen, dass, wenn man nach Bayern fährt, dort das Abendland in Gefahr ist, weil die Investitionsquote so gering ist.

Nein, das Geld ist vernünftig eingesetzt worden. Man hat Nachholbedarfe abgedeckt und konnte natürlich bei den Investitionen auch eine Umfunktionierung vornehmen. Es geht zukünftig weniger um Neubau als um die Sanierung, Modernisierung und Instandhaltung. Das ist notwendig und mit dieser Investitionsquote und diesem Volumen komplett abgedeckt.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Wir haben die Ausgaben in Rechtssachen minimiert. Wir haben den Landesstraßenbau minimiert. Wir haben die Ausgaben im Hochbau minimiert. Wir haben bei den Personalverstärkungsmitteln eingespart. Wir tun durch ein kluges Schuldenmanagement alles dafür, dass die Zinsausgaben nicht weiter steigen.

Ich möchte Ihnen einfach eine Größenordnung sagen - das kann kein Mensch hundertprozentig exakt vorhersagen -: Wenn die Zinsausgaben im Bereich von 730 Millionen, 740 Millionen Euro pro Jahr liegen - das ist keine Tilgung, das ist nur das, was wir an Zinsen zahlen -, dann ist das eine Größenordnung, die etwa 80 % unserer Gesamtaufwendungen für Lehrer entspricht. Stellen Sie sich vor, wir hätten diese Belastungen gegenwärtig nicht mitzutragen - welche zusätzlichen politischen Spielräume sich daraus ergeben würden!

(Beifall des Abgeordneten Vogel [GRÜNE/B90])

Deswegen ist Sparen kein Selbstzweck, sondern ist notwendig, damit diese finanziellen Belastungen, die sich in den 20 Jahren angehäuft haben, nicht dazu führen werden, dass wir zum Schluss gar keine Gestaltungsspielräume mehr in der Politik haben.

Es gehört auch dazu, dass mit diesem Haushaltsplan 2011 die mittelfristige Finanzplanung auf dem Tisch liegt. Wir haben dadurch, dass wir dauerhafte Einsparungen in der Größenordnung von 250 bis 260 Millionen Euro durch die Haushaltsaufstellung 2011 fortschreiben werden, auch die Deckungslücken bereits ordentlich minimiert. Das heißt, wir liegen trotzdem noch 2012 bei 380 Millionen und 2013 bei 390 Millionen Euro. Ich sage das deshalb, damit Sie nicht glauben - obwohl wir uns schon sehr stark auf den Konsolidierungskurs begeben haben -, dass das schon das Ende der Fahnenstange ist. Das ist es nicht.

Natürlich erhoffen wir uns alle, dass sich die Wirtschaft gut entwickelt, dass wir zusätzliche Steuereinnahmen haben. Aber die Voraussagen, die die Wirtschaftsinstitute prognostizieren, deuten darauf hin, dass wir erst im Jahre 2013, 2014 - summarisch für das Land Brandenburg - wieder über Steuereinnahmen und Länderfinanzausgleich verfügen, wie wir sie 2008 hatten. Das heißt, wir müssen diesen Weg, richtig zu investieren, weitergehen, aber gleichzeitig - ich sagte es eben - auf der anderen Seite einsparen.

Ich finde, dass sich eigentlich etwas ganz Interessantes gezeigt hat. Es gab nämlich eine Umfrage von MAZ/RBB, bei der die Brandenburger gefragt worden sind, wo sie unter keinen Umständen sparen würden, das heißt also, wo man nicht kürzen sollte. Das waren Bildung, Schule und Jugendarbeit. Das haben 66 % der Brandenburger gesagt. Bei Kitas, Kindergärten, Vorschulen waren das immerhin noch fast 30 %.

Wir haben den Haushalt aufgestellt, bevor es diese Umfrage gab. Aber das deutet doch darauf hin bzw. beweist, dass diese Landesregierung die Stimmung, die Wünsche, die die Bürger von Brandenburg haben, sehr wohl empfindet und auch umsetzt,

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

wie es der Ministerpräsident gesagt hat: mit dem Gesicht zu den Bürgern.

Wir können zuhören, wir können aufnehmen, und wir setzen um. Es ist ein schönes Gefühl, das sage ich Ihnen ganz ehrlich, wenn man einen Haushaltsplan aufstellt, bei dem man weiß: Die Mehrzahl der brandenburgischen Bevölkerung wäre in die gleiche Richtung marschiert. Das ist Politik für den Bürger und mit dem Bürger.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Wir haben die Personalbedarfsplanung bis 2014. Das heißt, wir werden die Schritte, so wie sie konzipiert sind, bis 2019 gehen und von den 45 500 aus dem Landeshaushalt bezahlten Beschäftigten auf 40 000 kommen. Trotz der Absenkung gibt es keine einzige betriebsbedingte Kündigung. Das sind ausschließlich natürliche Abgänge, während sich die Personalkosten zusammen mit den Pensionslasten, die das Land Brandenburg zu schultern hat, nicht minimieren.

Wir haben gleichzeitig - das steht heute Nachmittag auf der Tagesordnung - für die Kommunen eine Menge Positives in dem neuen Finanzausgleichsgesetz gemacht. Wir können nicht kompensieren, was sie durch den Steueranteil von 20 % an dem gesamten Steueraufkommen weniger haben. Aber wir haben ihnen eine Menge zusätzlicher Mittel zur Verfügung gestellt. Das werden wir heute Nachmittag besprechen.

Und - das als letzte Bemerkung - das Land Brandenburg hat den Bericht geschrieben, zu dem es verpflichtet ist, den Stabilitätsbericht. Wir erfüllen in diesem Jahr, wir erfüllen 2012, wir erfüllen 2013 und wir erfüllen 2014 alle vier Stabilitätskriterien, die der Bund vorgegeben hat. Wir bekommen in allen Jahren eine grüne Ampel, wenn wir den Weg, den wir in der mittelfristigen Finanzplanung festgeschrieben haben, weitergehen. Ich finde, das ist eine Leistung, weil man sich auch einmal die anderen Länder anschauen kann. Es spielt keine Rolle, wer da an der Regierung ist. Es gibt eine ganze Menge Länder, die

nicht über viermal Grün verfügen. - Ich bedanke mich recht herzlich.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Für die CDU-Fraktion erhält die Abgeordnete Dr. Ludwig das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Ein Brandenburg für alle - Gemeinsinn und Erneuerung“ - so titelte die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten vor einem Jahr. Gemeinsinn und Erneuerung haben wir mit dem Haushalt 2010 nicht erlebt, stattdessen Ernüchterung. Angesichts einer neuen Spitzenverschuldung von 650 Millionen Euro wundert es mich, dass der Finanzminister nach wie vor von einem ausgeglichenem Haushalt spricht. Wir verbuchen einen Ausgabenrekord von 10,5 Milliarden Euro und sehen keinerlei strukturelle Veränderungen, geschweige denn Erneuerung. Der Haushalt 2010 hatte gerade einmal vier Wochen Bestand. Ich glaube, der letzte Landeshaushalt wurde genauso gelobt wie dieser. Wir sind gespannt!

(Beifall CDU und FDP)

Sie hatten kurz nach seiner Verabschiedung eine Haushaltssperre verhängt, für die wir nach wie vor keine Erklärung erhalten haben. Deutlicher kann man seine eigene Arbeit nicht infrage stellen. Wir wissen nicht, warum die Landesregierung ihrer eigenen Haushaltsaufstellung so wenig vertraut.

Nun hatte die Landesregierung etwas mehr Zeit für die Haushaltsaufstellung für 2011, und mit Spannung haben wir den Haushaltsentwurf erwartet. Wird er nun endlich für Gemeinsinn und Erneuerung stehen und ein Haushalt für alle sein? Der Haushalt für 2011 ist im Prinzip die letzte realistische Chance für Weichenstellungen, wenn Sie Ihr eigens gestecktes Ziel, 2014 keine neuen Schulden aufzunehmen, tatsächlich erreichen wollen.

Wenn wir uns den Haushalt ansehen, stellen sich uns nur mehr Fragen. Ist es ein Brandenburg für alle, wenn die Landesregierung allein in diesem und im nächsten Jahr 1,15 Milliarden Euro neue Schulden aufnimmt,

(Görke [DIE LINKE]: So wie ihr 4,5 Milliarden Euro innerhalb von drei Jahren!)

wenn gerade junge Familien bestraft werden, die ein Häuschen bauen wollen?

(Beifall CDU und FDP - Görke [DIE LINKE]: Steuer- senker!)

Wie weit Sie sich hier von der Realität entfernt haben, zeigt die Aussage des Finanzministers. Er hat gerade eine Rechnung mit 100 000 Euro für ein Grundstück vorgelegt. Im „Neuen Deutschland“, wo er die Erhöhung der Grunderwerbsteuer erklärte, las sich das noch anders. Wer ein durchschnittliches Grundstück kaufen und ein Eigenheim errichten möchte, muss statt bisher 750 Euro 1 000 Euro Grunderwerbsteuer zahlen.

Bei den Kosten eines Hausbaus fiele dies nicht so sehr ins Gewicht.

(Senftleben [CDU]: Genau!)

Herr Markov, ich muss Ihnen sagen: Nicht jeder verfügt über so gute Kontakte zum Finanzministerium, mithilfe derer er Top-Grundstücke in bester Lage zum Freundschaftspreis bekommt und das auch noch mit Geld-zurück-Garantie.

(Lachen und Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90)

Eines haben wir allerdings geschafft: Brandenburg ist zumindest in diesem Bereich Spitzenreiter, und zwar haben wir die höchste Grunderwerbsteuer in ganz Deutschland.

(Görke [DIE LINKE]: Noch!)

Wir haben die höchste Grunderwerbsteuer in ganz Deutschland für private Häuslebauer, für Investoren, Vereine - für jeden, der in Brandenburg etwas tun und Brandenburg voranbringen möchte.

(Bischoff [SPD]: Weil ihr die Steuern für Hotelketten senkt - auf 7 %!)

Ist es ein Brandenburg für alle, wenn massiver Unterrichtsausfall die Zukunftschancen der jungen Generation verbaut? Die Landesregierung ist weiterhin der Meinung und dem Irrglauben aufgesessen, dass ihr Schüler-BAföG tatsächlich mehr junge Menschen zum Abitur führen würde.

Herr Platzeck, ist es ein Brandenburg für alle, wenn notwendige Investitionen für die Gemeinschaft zugunsten höherer Konsumausgaben gestrichen werden? Ich finde es erstaunlich, dass der Finanzminister - ohne rot zu werden - heute Brandenburg mit Bayern vergleicht. Wir bekommen nach wie vor Sonderbedarfsergänzungszuweisungen in Größenordnungen. Das ist der Grund, warum die Investitionsquote deutlich höher sein sollte.

Aber bleiben wir bei den absoluten Zahlen: Bayern hat einen Landeshaushalt in Höhe von 42,3 Milliarden Euro. Da könnte man gern über eine Investitionsquote von 9 % sprechen.

Ist es ein Brandenburg für alle, wenn das Personal bei der Polizei massiv zusammengestrichen wird und Polizisten jetzt nur noch per Straßenbahn zum Tatort fahren dürfen?

(Oh! bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE sowie Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90)

Wenn Sie es mit einem Brandenburg für alle wirklich ernst meinen, definieren Sie endlich die Kernaufgaben unseres Bundeslandes! Seien Sie mutig und gehen Sie den Weg der Erneuerung!

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

- Ich möchte erst ausführen.

Bei der Aufstellung dieses Haushalts haben Sie die letzte Chance, Ihr eigens gestecktes Ziel, 2014 keine neuen Schulden aufzunehmen, tatsächlich umzusetzen.

Ich kann mir vorstellen, dass jetzt die typische Arie einsetzt und gefragt wird, wo die Vorschläge der Opposition blieben. Mittlerweile finde ich es lustig, dass die Landesregierung danach jiepert.

(Lachen bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE sowie Beifall CDU, FDP und GRÜNE/B90)

Unsere Vorschläge vom letzten Jahr finden dieses Jahr wieder keine Berücksichtigung. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, ist das durchaus legitim, aber ich denke, wir hätten zumindest darüber diskutieren sollen.

(Zurufe von der SPD und der Fraktion DIE LINKE)