Aus der Sicht der CDU gibt es also hier in Sachen Transparenz eine Zwei-Klassen-Gesellschaft. Für die einen gilt die Verfassung, für die anderen, zum Beispiel für Mitglieder von Kontrollgremien öffentlicher Unternehmen, gilt sie eben nicht. Dieser bedenklichen Rechtsauffassung können wir uns als Linksfraktion und als Koalition nicht anschließen.
Auch bei der geforderten Änderung der Kommunalverfassung sieht es nicht besser aus. Für privatrechtliche Beteiligungen der Gemeinden enthält der Entwurf eine Verpflichtung zur Offen
legung der Geschäftsführerbezüge, soweit nicht weitergehende Vorschriften gelten oder andere gesetzliche Vorschriften dem entgegenstehen. In § 286 Abs. 4 Handelsgesetzbuch besteht eine entgegenstehende gesetzliche Vorschrift. Damit läuft auch diese Forderung ins Leere.
Gestatten Sie mir, etwas zu Ihrer Form von Transparenz zu sagen. Ich glaube, es hat in der letzten Stadtverordnetenversammlung in Potsdam - Herr Kollege Bretz, Sie sind ja Potsdamer - eine Diskussion über die Veröffentlichung von Bezügen des Vorstandes städtischer Gesellschaften gegeben. Ich glaube, Sie waren diejenigen, die dies abgelehnt haben. So weit zur Transparenz à la CDU. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Görke. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Herr Abgeordneter Vogel erhält das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion hat heute einen großartigen Gesetzentwurf zur Schaffung von Transparenz in öffentlichen und öffentlich beeinflussten Unternehmen des Landes und der Kommunen vorgelegt. Ich denke, dass ein solcher Gesetzesvorschlag der CDU zur individualisierten Offenlegung von Zahlungen vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Hier zeigt sich ein allgemeiner Politikwandel in der Haltung gegenüber Unternehmen, der inzwischen alle Kreise der Gesellschaft erreicht hat. Dieser Politikwandel ist aber anscheinend im Land Brandenburg noch nicht bei allen Fraktionen angekommen.
Da wir bei solchen gut ausformulierten Gesetzentwürfen genau wie Sie, Herr Bischoff und Herr Görke, natürlich wissen wollen, woher sie stammen, haben wir uns auch auf die Suche begeben und sind genauso wie Sie im Partnerland NordrheinWestfalen fündig geworden. Das Interessante ist ja, dass der Landtag von Nordrhein-Westfalen dieses Transparenzgesetz am 17. Dezember 2009 einstimmig verabschiedet hat und der Inhalt sich kaum von dem unterscheidet, was hier heute vorgelegt wurde.
Er ist übrigens auch mit den Stimmen der SPD gegen die Position des nordrhein-westfälischen Städte- und Gemeindebundes, der mit ähnlichen Argumenten wie Herr Görke heute gegen die Transparenzvorschriften für kommunale Unternehmen plädiert hatte, verabschiedet worden. Zurück ging der nordrhein-westfälische Gesetzentwurf auf eine parlamentarische Initiative der dortigen Grünen, die von CDU und FDP aufgegriffen wurde. Die SPD-Fraktion hat sich dann auch in den Antragsreigen eingebracht mit dem schönen Titel: „Managergehälter - Anstand wahren und Transparenz gewährleisten“. Ich möchte die fraktionsübergreifende Stimmung im Landtag von NordrheinWestfalen mit einem Auszug aus dem dortigen Antrag der SPD zusammenfassen:
„Steuer-, Beitrags- und Gebührenzahlerinnen und -zahler haben ein Recht darauf zu erfahren, was mit ihren Mitteln geschieht. Dieses Transparenzgebot umfasst die individualisierte Offenlegungspflicht aller Gehälter in öffentlichen Unternehmen und öffentlich-rechtlichen Anstalten als auch Beratungsverträge und Honorarvereinbarungen, zu denen sich staatliche und kommunale Behörden sowie öffentliche Unternehmen und öffentlich-rechtliche Anstalten verpflichten.“
So weit die Position der NRW-SPD, die damals noch Opposition war und nun mit unseren Parteikollegen gemeinsam dieses Bundesland regiert.
Die SPD in Brandenburg - seit 20 Jahren in der Regierungsverantwortung - scheint demgegenüber das Thema Transparenz immer noch anders zu beurteilen.
Lieber Herr Bischoff, liebe Abgeordnete von SPD und insbesondere der Linken, warum ist denn der Gesetzentwurf so wichtig? Ich meine, der erste Aspekt wurde heute schon vielfach angesprochen. Letztendlich tragen die Bürgerinnen und Bürger das unternehmerische Risiko öffentlicher Unternehmen, denn es handelt sich um Steuergeld und damit um das Vermögen der Bürgerinnen und Bürger, und deshalb haben diese einen Anspruch auf Transparenz. Das Gesetz ergänzt den Corporate Governance Kodex, es ist rechtsverbindlich im Gegensatz zu dem Kodex, der letztlich eine freiwillige Vereinbarung ist, und es gilt zudem für öffentliche Unternehmen.
Zweitens: Die Bürgerinnen und Bürger und insbesondere auch Gemeinde- und Stadtverordnete brauchen diese Offenlegung gerade im kommunalen Bereich, um Informationen zu erhalten, damit sie einen interkommunalen Vergleich anstellen können. Sie müssen doch auch wissen, ob ihr eigenes kommunales Unternehmen höhere Gehälter oder inadäquat hohe Gehälter im Vergleich zu anderen zahlt. Transparenz kann letztendlich auch Einsparpotenziale erschließen und damit einen effektiveren Einsatz von öffentlichen Mitteln ermöglichen.
Da meine Redezeit abzulaufen droht, werde ich mich nur noch mit einem Satz an Sie wenden. Ich finde, wenn - das hatten wir schon mehrfach - eine Fraktion dieses Landtages einen gut formulierten Gesetzentwurf einbringen kann, kann man ihn in einem Ausschuss dieses Hauses beraten, und man kann ihn verbessern. Selbstverständlich!
Es hat niemand etwas dagegen, wenn die SPD und die Linke Verbesserungsvorschläge einbringen. Von daher möchte ich Sie bitten, diesem Gesetzentwurf...
Vielleicht kann ich Ihnen somit noch etwas Redezeit verschaffen. - Herr Kollege, stimmen Sie mir zu, dass, wenn im brandenburgischen Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode enthalten ist, dass im Jahr 2011 das kommunale Recht komplett evaluiert wird, es dann eine sehr gute Gelegenheit für alle Fraktionen des Hauses geben wird, diese Überlegung in die Evaluierung einzubringen, und dass es deshalb entbehrlich ist, diesen Gesetzentwurf jetzt an den Ausschuss zu überweisen? Vielleicht ist das ja eine Überlegung der Koalition, die Sie irgendwie nachvollziehen können.
Ich stimme Ihrer Überlegung ausdrücklich nicht zu. Ich hielte es für eine gute Gelegenheit, diesen Gesetzentwurf in die Beratungen - auch der Regierung - einzubeziehen und in den weiteren Beratungen dann durchaus zusammenfassend mit den Änderungen der Kommunalverfassung zu behandeln. Aber ich denke nicht, dass das ein Grund sein kann, die Überweisung abzulehnen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Die Aussprache wird mit dem Beitrag der Landesregierung fortgesetzt. Bitte, Herr Minister Dr. Markov.
Frau Vizepräsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist schon sehr viel gesagt worden. Deswegen kann ich mich relativ kurz fassen.
Selbstverständlich ist eine gesetzliche Regelung rechtlich verbindlich, und ein Kodex setzt auf die Freiwilligkeit der Erfüllung von Vorgaben - klar. Herr Vogel hat gesagt, dieser Gesetzentwurf sei großartig. Diese Meinung teile ich in keiner Art und Weise.
Das will ich an nur einigen wenigen Punkten deutlich machen. Sie kennen auch § 286 Abs. 4 Handelsgesetzbuch. Wenn Sie in dem Gesetzentwurf keine Regelung vorschreiben, wie Sie eine Abbedingung dessen vornehmen wollen, dann ist dies nichts wert. Wenn Sie auch noch hineinschreiben, dass natürlich eine übergeordnete Regelung durch landesrechtliche Regelungen nicht gebrochen werden kann, dann schreiben Sie genau hinein, weswegen es so nicht geht, wie Sie es formuliert haben: weil diese übergeordnete Regelung das Handelsgesetzbuch ist. Dann muss man sich doch wenigstens ein Stück Arbeit machen, um dies zu entwirren zu versuchen.
Das, was die Landesregierung in ihrem Kodex vorgeschlagen hat, nämlich dass bei Privatrechtlichen das Einverständnis derjenigen einzuholen ist, über deren Gehalt im Anhang zum Jah
resbericht berichtet werden soll, ist der richtige Weg. Damit ist nämlich die Abbedingung des § 286 Abs. 4 Handelsgesetzbuch gegeben. Mir ist egal, ob jemand etwas abschreibt. Das ist auch legitim. Wenn es irgendwo etwas Gutes gibt, warum soll man das nicht übernehmen? Aber Sie setzen zum Beispiel in dem Paragrafen, wo es um die Landeshaushaltsordnung - § 65a geht, den Ostdeutschen Sparkassenverband dem Sparkassenund Giroverband gleich. Das ist in Nordrhein-Westfalen so, es ist aber nicht in Brandenburg so. Also, wenigstens die Benennung von Institutionen, mit denen man sich befasst
und die man gesetzlich regeln will, sollte man doch vernünftig schreiben können. Das heißt, Sie haben sich keine Mühe mit dem Gesetzentwurf gegeben. Sie haben ihn abgeschrieben. Ich wiederhole: Die Grundlagen zu nehmen, das ist legitim. Aber man muss es doch wenigstens auf das eigene Land beziehen, und dann muss man es einfach einmal kontrollieren.
Deswegen meine ich, dass dieser Gesetzentwurf nicht gut ist, er ist nicht großartig. Man kann natürlich im Zuge der Weiterschreibung darüber nachdenken, ob man aus einem Kodex sukzessive ein Gesetz macht. Als Herr Görke gesagt hat, die Regelungssystematik sei nicht überzeugend, gab es den Zwischenruf: „Beweisen Sie dies!“ Das würde ich gern übernehmen. Das heißt nämlich, der Regelkreis des § 65 LHO, der die Voraussetzungen für Unternehmensbeteiligungen des Landes regelt, wird bei Ihnen systemwidrig mit Vorschriften für Landesbetriebe und Zuwendungsempfänger belastet. Das ist eines.
Zum Zweiten muss ich Ihnen sagen: Sie bauen in ein Gesetz drei unterschiedliche Gesetze - was man nie machen sollte -, indem Sie unterschiedliche Körperschaften miteinander verbinden, die nicht zu verbinden sind.
Also, Sie haben einen Vorschlag vorgelegt. Ich glaube, er ist wirklich nicht gut, und deswegen muss man sich damit nicht befassen.
Vielen Dank, Herr Minister Dr. Markov. - Das Wort erhält noch einmal die einbringende Fraktion. Herr Abgeordneter Burkardt, Sie haben für 2:20 Minuten das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das war ja eine erhellende Debatte! Jetzt weiß ich, was unter „alt“ bei einem Gesetzentwurf oder einem zwei Jahre alten Gesetz zu verstehen ist. Jetzt weiß ich auch, was unter einer Mehrheitsbeteiligung zu verstehen ist, nämlich die Beteiligung von 25 % plus einer Stimme.
Im Übrigen habe ich lichtvolle juristische Ausführungen von Nichtjuristen darüber gehört, wieso es nicht möglich ist, trotz der Festlegungen in den §§ 285 und 286 Handelsgesetzbuch beide Paragrafen befassen sich mit demselben Themenkreis, der eine betrifft die Regel, der andere die Ausnahme, Herr Finanzminister -, im Lichte dieser Bestimmungen ergänzende, weiterführende landesrechtliche Regelungen vorzunehmen.
Ich weiß auch, dass unser Gesetzentwurf an einem entscheidenden Mangel leidet, und dafür kann ich mich hier nur entschuldigen. Es ist das Wort „Giro“ in der Begründung eingefügt worden, das an diese Stelle nicht gehört. Diesen Mangel nehme ich auf meine Kappe. Wenn sonst nichts übrig bleibt, bleibt nur eines übrig: die Sorge vor einer gesetzlich fixierten Transparenz, und Sie werden allen Grund haben, davor Sorge zu haben.
Bevor wir zur Abstimmung kommen, begrüße ich recht herzlich Schülerinnen und Schüler des Einstein-Gymnasiums Angermünde. Seien Sie herzlich Willkommen!
Wir kommen zur Abstimmung. Die CDU-Fraktion beantragt die Überweisung des Antrags in Drucksache 5/2226, Transparenzgesetz, an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen - federführend - und an den Ausschuss für Inneres. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Bei einer großen Zahl von Gegenstimmen ist damit dem Antrag nicht Folge geleistet worden.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in Drucksache 5/2226, Transparenzgesetz. Wer dem Gesetz zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt worden.
Bericht zur Entwicklung und aktuellen Situation der Steuerverwaltung des Landes Brandenburg (gemäß Beschluss des Landtages Brandenburg vom 25.03.2010 - Drs. 5/630 [ND]-B)