„Der Landtag fordert die Landesregierung auf, sich verstärkt für die Erziehung zu unternehmerischem Denken und Handeln einzusetzen und frühzeitig die unternehmerischen Fähigkeiten und Kompetenzen bei Kindern und Jugendlichen als Schlüsselkompetenzen zu fördern.“
Das ist, wie ich finde, ein löbliches Ziel. Aber mir fehlt ein bisschen der Glaube, dass wir in diesem Bereich unter einer rotroten Landesregierung vorankommen.
- Man muss hier sagen können, was man erwartet. Ich gehe davon aus, dass sich die Erwartung nachher bestätigen wird.
Wir sind der Auffassung, dass sich die praxisbezogene Arbeit an unseren Schulen nicht ausschließlich auf ein Fitmachen für das Unternehmertum beschränken sollte. Es geht uns in erster Linie darum, berufspraktische Nähe für Schülerinnen und Schüler an unseren Schulen zu gewährleisten. Das beschränkt sich, wie gesagt, nicht auf das Unternehmertum. Aus unserer Sicht ist das Spektrum deutlich breiter. Ich sehe insoweit in unserem Bildungssystem durchaus weitere Ansatzpunkte und denke zum Beispiel an die Gewichtung von Wirtschaftsthemen in den Lehrplänen oder an mehr Sensibilität für eine objektivere Darstellung von wirtschaftlichen Aspekten der Globalisierung in Lernmitteln bei ihrer Zulassung.
Die CDU-Fraktion hat zu diesem Themenkomplex schon Anfang des Jahres ihre Position deutlich gemacht. Ich glaube, wir müssen noch weitergehen und gucken, dass wir verstärkt externe Fachkräfte aus Industrie und Wirtschaft für den Fachunterricht an Schulen gewinnen und ihnen den Zugang zu unseren Schulen erleichtern.
Herr Büttner, bei allem Respekt, aber in Ihren Antrag haben Sie auch die Formulierung aufgenommen, dass die Risikobereitschaft gefördert werden solle. Dazu sage ich ganz ehrlich: Wer die vergangenen zwei Jahre in dieser Welt erlebt hat, der müsste eigentlich gelernt haben, dass hohe Risikobereitschaft nicht unbedingt der Schlüssel zum Erfolg sein muss. Vielleicht sollten wir es anders umschreiben, um zum Ausdruck zu bringen, was Sie unter dieser Forderung verstehen: Die Schüler müssen lernen, mit Risiken umzugehen und diese richtig einschätzen, damit sie in der Lage sind, die Verantwortung für die von ihnen eingegangenen Risiken zu übernehmen. - So verstanden kann ich das mittragen.
Grundsätzlich pflichten wir dem Ansinnen des Antrags bei. Wir brauchen eine bessere Verzahnung und die Weiterentwicklung der Kooperation zwischen unseren Unternehmen und unseren Bildungseinrichtungen. Es ist gut, dass wir das Thema in diesem Haus noch einmal ausführlich behandeln. Das ist den Schülerinnen und Schülern der nachfolgenden Generationen dienlich und entspricht unserer Aufgabe, die richtigen Rahmenbedingungen für die Zukunft unseres Landes zu setzen. Danke schön.
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren, vor allem sehr geehrter Herr Büttner! Ich beginne mit dem Grundsätzlichen: Nein, eine Schule, die sich verstärkt für die Erziehung zu unternehmerischem Denken einsetzt, will die Linke nicht.
Eine Schule, die die Schlüsselkompetenz vermitteln soll, nur auf Wachstum zu setzen, die aber nicht zugleich die Frage nach dessen Grenzen stellt und danach, auf wessen Kosten das Wachstum in dieser Welt erzeugt wird, wollen wir nicht.
Nein, einem Antrag, der von der „Neuen Sozialen Marktwirtschaft“ geschrieben wurde, stimmen wir nicht zu. Dazu wollen wir weder Leitlinien noch Aktionen, noch Programme.
Für uns ist Bildung ein zutiefst emanzipatorischer Prozess, gerichtet auf die Entfaltung der ganzen Persönlichkeit, gerichtet auf solidarisches Miteinander in einer wegen Wachstumsgläubigkeit ungerechten, kriegerischen Welt.
Nun lasse ich mich einmal auf Ihre Argumente ein, Herr Büttner. Unternehmer beklagen ja eben nicht die fehlende Kompetenz im Unternehmerischen, sondern sie beklagen, dass es keine Lesekompetenz und keine mathematische Kompetenz gibt, dass die Arbeitshaltung nicht stimmig ist, dass die Schülerinnen und Schüler offensichtlich nicht anstrengungsbereit genug sind, dass ihnen in der Schule nicht ausreichend Arbeitshaltungen anerzogen wurden. Das sind doch die eigentlichen Kompetenzen, und auf die ist das, was wir hier machen, gerichtet. Die Unternehmer beklagen auch fehlende Neugier, fehlende Fantasie, sie beklagen die unzureichende Balance zwischen Individuum und Team. Das alles ist Aufgabe von Schule, so verstehen wir Schule, und so wird Schule in diesem Land auch gemacht.
Die Dinge, die wir tun, hat Herr Günther schon aufgezählt. Die können wir noch ergänzen. Neben Praxislernen, produktivem Lernen, Schülerfirmen, Schülerakademien, die inzwischen auch ins Leben gerufen wurden, müssen wir uns vielleicht mal die Fragen stellen: Reicht in der Schule die Zeit vielleicht gar nicht mehr aus für diese Basiskompetenzen? Ist das Ungleichgewicht vielleicht allein schon deswegen hergestellt? Genau darum müssen wir uns kümmern.
Ich sage auch ganz deutlich: Ich habe bisher immer die Auffassung vertreten, wir brauchten bei all diesen Dingen mehr Bundeskompetenz. Bei dem, was Sie hier einfordern, wird mir klar, dass es schon ganz gut ist, dass wir hier eine hohe Länderkompetenz haben und wir diejenigen sind, die den Bereich Bildung zu handeln haben; denn wir sind dafür zuständig, dass es eine gute Balance zwischen Schule und Wirtschaft gibt und dass Leben in die Schule geholt wird. Und Leben, Herr Büttner, ist mehr als Wirtschaft.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vom heutigen Faschingsbeginn haben wir ja schon mehrfach profitiert, aber der hier diskutierte Antrag fällt eher unter die jahreszeitlich unpassende Rubrik „Aprilscherze“. Denn, was Sie hier fordern, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, das „April, April!“ gibt es längst. So enthält der Bericht der Kultusministerkonferenz von 2008 zum Thema wirtschaftliche Bildung an allgemeinbildenden Schulen auf 128 Seiten einen allgemeinen Teil, der den grundlegenden Auftrag formuliert, Schülerinnen und Schülern wirtschaftliche Zusammenhänge und Interesse an ökonomischem Handeln zu vermitteln. Es gibt auch ausführliche Länderberichte. Wenn Sie den Brandenburger Bericht lesen oder die Brandenburger Rahmenlehrpläne, dann werden Sie erkennen, dass darin alles steht, was Sie fordern: WAT in der Primarstufe, Praxislernen, Betriebspraktika in der Sekundarstufe, Unterstützung von Schülerfirmen und vieles mehr.
Jetzt mögen Sie mir erwidern, dass die Tatsache, dass etwas in Rahmenlehrplänen steht, noch lange nicht belege, dass die Kinder die Fähigkeiten wirklich erwerben. Das mag schon sein; der Englischunterricht ist das beste Beispiel dafür. Aber warum listen Sie dann nicht konkreter auf, was Sie wirklich ändern wollen? Um ganz ehrlich zu sein, ich finde das Anliegen erst einmal ehrenwert, aber ich verstehe nicht so ganz, was Sie eigentlich genau wollen. Wenn ich mir die vielen Diskussionsbeiträge vor Augen führe, in welche Richtung hier argumentiert wurde, dann liegt es aus meiner Sicht durchaus nahe, dass ich nicht die Einzige bin, die nicht so richtig verstanden hat, worum es Ihnen eigentlich geht. Geht es Ihnen um die Imagepflege als wirtschaftsfreundliche Partei, oder wollen Sie wirklich die Rahmenlehrpläne gestalten? Aber warum tun Sie das in einer solch indifferenten Form? Geht es darum, die Lust am Unternehmertum zu fördern? Wenn Sie den Antrag überarbeiten und klarmachen, was eigentlich die konkrete Stoßrichtung ist und was Sie konkret anders machen wollen, dann können wir darüber noch mal reden. So lehnen wir den Antrag ab.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Das Wort erhält die Landesregierung. Herr Minister Rupprecht spricht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Büttner, ich sehe auch nach Ihrer Aufforderung keinen Anlass, meine Kolleginnen und Kollegen in den anderen Bundesländern darüber zu belehren, dass „die Schulbehörden initiativ werden und in den Schulen für die Erziehung zu unternehmerischem Denken und Handeln werben sollen“. Ich bin sicher, Herr Büttner, dass dies in allen anderen Bundesländern genau wie in Brandenburg in vielfältiger Weise geschieht. Die Begründung für mein Nichtagieren bzw. für meine Weigerung
haben die Vorredner ausreichend geliefert. Dem ist nichts hinzuzufügen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister, für den kürzesten Beitrag am heutigen Tage. - Das Wort erhält noch einmal die Fraktion der FDP. Der Abgeordnete Büttner, bitte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Günther, Ihr Verständnis von Schule verharrt nun wirklich in einem jahrzehntealten Denken. Ich will gar nicht mehr weiter darauf eingehen, denn das Bild und der Vergleich, den Sie hier mit einem System, das wir deutlich ablehnen, gezogen, wenngleich auch zu umschiffen versucht, aber doch relativ deutlich gemacht haben, waren unter Ihrem Niveau.
Auf Ihre Klassenkampfrhetorik-Tendenzen am Anfang Ihrer Rede, Frau Kollegin Große, will ich auch nicht eingehen. Wenn es aber dazu beiträgt, dass auch Sie künftig die Bundeskompetenz in Sachen Bildung ablehnen, dann kämpfen wir da ja mal an einer Seite.
Ich will noch ein, zwei, drei Punkte benennen. Ich glaube nämlich, dass Sie den Anfang nicht verstanden haben.
Frau von Halem, Sie haben es ja sogar zugegeben. Ich will es Ihnen erklären. Insbesondere ist mir aufgefallen, dass Sie immer erwähnt haben - Sie auch, Herr Minister -, was alles so Tolles im Land Brandenburg schon passiert. Es gibt aber zwei unterschiedliche Punkte dabei. Das eine ist die Vermittlung von Wirtschaftskenntnis. Ja, da stimme ich Ihnen ausdrücklich zu. Das, was wir in unserem Antrag schreiben, ist unternehmerische Initiative. Es ist im Übrigen auch eine Aufforderung der EU, dies als Bildungsziel zu übernehmen. Bei dem ersten geht es um die Erlangung von Wissen über die systemische Organisation der Wirtschaftsstruktur der Bundesrepublik Deutschland, und beim zweiten Punkt geht es um das Wecken des Interesses, selbst unternehmerisch tätig zu werden. Im Übrigen ist das in den angelsächsischen Ländern als Bildungsziel „unternehmerische Initiative“ bereits verankert mit dem Ergebnis, dass dort die Quote der Schüler, die sich für eine Selbstständigkeit entscheiden, deutlich höher ist.
Liebe Kollegin von Halem, weder im zitierten Bericht der KMK noch in den Rahmenlehrplänen steht irgendetwas zur unternehmerischen Initiative. Das müssten Sie mir mal zeigen.
Sie drücken einmal mehr einen Antrag weg, und ich unterstelle Ihnen, dass Sie es diesmal aus einer ideologischen Abwehrreaktion heraus gegenüber Unternehmen tun. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir sind damit am Ende dieser doch sehr grundsätzlichen Debatte angelangt und
kommen zur Abstimmung über den Antrag „Mehr Wirtschaftskompetenz in die Schulen - unternehmerisches Denken und Handeln fördern“ in der Drucksache 5/2256, eingebracht von der FDP-Fraktion. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Bei wenigen Enthaltungen ist der Antrag abgelehnt.
Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 12 und die heutige Sitzung. Ich wünsche Ihnen bei diversen parlamentarischen Aktivitäten, dem Parlamentarischen Abend im Hotel „mercure“ usw., viel Vergnügen.