Ich muss Ihnen auch sagen, Herr Petke, Ihre seherischen Fähigkeiten, die Sie hier immer demonstrieren, sind wenig ausgeprägt; denn Sie mussten diesen Antrag noch einmal abändern. Der Transport ist schon erfolgt. Das haben Sie nicht gewusst, das haben Sie nicht gesehen.
Das, was hier an Demonstrationen erfolgt ist, war friedlich. Wir ermuntern die Menschen in diesem Lande, mit Demonstrationen auf eine verfehlte Politik, auf eine verfehlte Energiepolitik aufmerksam zu machen.
Weil Ihnen immer daran gelegen ist, Herr Petke, die Polizei in diesem Zusammehang zu unterstützen und zu schützen: Ich
meine, dass die Polizei in der Lage ist, die Situation einzuschätzen und entsprechend zu handeln. Die Möglichkeiten dafür sind gegeben. Sie werden sich, wenn wir die Kennzeichnungspflicht eingeführt haben, die Sie ja interessanterweise vorgeschlagen haben, auch so ausgestalten, dass Demonstranten sicher sein können, dass auch Polizisten sich an das geltende Recht halten, was wir grundsätzlich natürlich auch immer unterstellen. Insofern, denke ich, sind wir hier auf einem guten Weg. Ihr Antrag geht in eine völlig falsche Richtung, und wir werden ihn deshalb ablehnen. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Scharfenberg. - Das Wort erhält die Abgeordnete von Halem von der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Petke! Ich gehöre ja noch zu der glücklich Generation, in einer Zeit aufgewachsen zu sein, als die Welt noch in Ordnung war und die Feindbilder klar. Damals wusste man noch, was konservativ war: die CDU. Sie war damals noch dafür, Frauen hinter den Herd zu stellen, redete davon, dass Deutschland kein Einwanderungsland sei und Homosexualität geheilt werden müsse.
Jetzt ist das ja alles anders. Selbst die CDU befürwortet Elternzeit für Väter, beruft Integrationsgipfel ein und akzeptiert eingetragene Partnerschaften. Die Welt ist komplizierter, und auch die CDU hat sich gewandelt. Aber so in der Vorweihnachtszeit überkommt einen ja manchmal die Melancholie und die Sehnsucht nach althergebrachten Ritualen. Da freut man sich über solch einen Antrag. Ja! Das ist genau so, wie es früher immer war.
Man reibt sich dann allerdings ein bisschen die Augen, wenn von Straftaten bei Demonstrationen, insbesondere bei CastorTransporten, die Rede ist und gleich im anschließenden Satz gefordert wird: Störer sollten die von ihnen verursachten Kosten selbst tragen. Straftaten werden in diesem Land geahndet. Aber Störer? Wer sind denn Störer? War da nicht ein Unterschied zwischen Straftaten begehen und stören?
In dem Antrag wird alles in einen Topf geworfen. Aber manche Leute sehen ja auch Journalisten als Störer an.
Aber warum reden Sie von Demonstrationen anlässlich von Castor-Transporten? Gut, dem wäre schnell der Wind aus den
Da komme ich zu Ihnen, Herr Petke. Ich hätte Sie gar nicht für so unintelligent gehalten und Ihnen zugetraut, dass Sie gemerkt haben, dass wir damals, als wir unter Jürgen Trittin den Atomkonsens ausgehandelt haben, nicht zu Demonstrationen bei Castor-Transporten aufgerufen haben. Das haben wir erst in dem Moment wieder getan, als klar war, dass der Atomkonsens infrage gestellt wird.
Ich dachte, das hätten Sie gemerkt. Selbstverständlich, Sie wissen ja, worum es da geht. Es geht um die Atomkraft grundsätzlich sehr viel eher als um die Castor-Transporte.
Es geht ja um Demonstrationen. Was machen wir bei Fußballspielen? Das hat Herr Goetz auch schon erwähnt. Was machen wir bei Großveranstaltungen? Was machen wir beim Brandenburg-Tag? Auch da sind viele Menschen und viel Polizei. Wer stört da eigentlich wen, und wer hat die Definitionshoheit? Soll die Regelung nur für Polizeieinsätze bei politischen Demonstrationen gelten?
Zahlen bei den Fußballpolizeieinsätzen dann die Fußballvereine oder die Fangruppen per Vorkasse beim Einlass mit Kaution, mit Jahresstörberechtigungskarten?
War da nicht genau vor einem Monat ein Antrag der CDU, der forderte, der Schutz der Bevölkerung dürfe nicht von der finanziellen Leistungsfähigkeit Einzelner abhängig sein und deshalb müsse die Inanspruchnahme der Polizei durch die Bürger auch in Zukunft kostenlos sein? Gilt das nur für den Schutz der Bürger, die sich nicht bei Demonstrationen aufhalten? Bei genauerem Hinsehen ist das doch ein bisschen krude.
Für uns ist das Demonstrationsrecht ein hohes Gut, und für uns kommt es nicht infrage, die gewaltfreie Teilnahme an Demonstrationen, auch wenn sie stören sollte, am Ende durch finanzielle Hürden infrage zu stellen, egal, wie das umgesetzt würde.
Aber Weihnachten macht ja auch versöhnlich. Nicht alle Fragen müssen lösbar sein. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und auch allen Polizistinnen und Polizisten in diesem Land frohe Weihnachten, gute Erholung und ein spannendes neues Jahr. Hoffentlich bleiben Sie ungestört!
Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Die Aussprache wird mit dem Beitrag der Landesregierung fortgesetzt. Herr Minister Woidke, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema ist vielleicht nicht ganz so weihnachtlich, wie es ein Tagesordnungspunkt als letzter vor der Weihnachtspause sein sollte. Das Thema hat einen sehr ernsten Hintergrund. Der Castor-Transport vom französischen La Hague in das niedersächsische Gorleben war genau wie der gestrige durch unser Land mit einem massiven Aufgebot an Polizisten verbunden.
Ich möchte von dieser Stelle aus all den Polizisten, die im Einsatz waren, auch denen, die sich in Bereitschaft gehalten haben, hier noch einmal ganz herzlich für ihren Einsatz danken. Aber ich möchte auch den Demonstranten danken, die sich in diesem Falle, zumindest was Brandenburg betrifft, sehr besonnen verhalten haben, die dezentral ihre Veranstaltungen durchgeführt haben, die allesamt - darüber bin ich als Innenminister sehr froh - friedlich verlaufen sind. Auch Dank also an die Demonstranten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein solch massives Aufgebot an Polizei kostet, das ist unbestritten. Gerade in Zeiten angespannter Landeshaushalte stellt sich die Frage: Wer soll und wer muss das bezahlen? Den Antrag der CDU-Fraktion habe ich allerdings doch mit etwas Staunen zur Kenntnis genommen, Staunen vor allen Dingen über die Ignoranz gegenüber dem Thema Castor insgesamt. Ich kann Herrn Ness nur folgen, der gesagt hat: Das ist ein Ablenkungsmanöver, noch dazu ein relativ plumpes. Denn, Herr Petke, die rollenden Castoren sind in der Bevölkerung, das sollten Sie zur Kenntnis nehmen, nicht nur bei den Demonstranten ein Symbol für die verfehlte Atompolitik der Bundesregierung. So bedauerlich es ist: Solange diese verfehlte Atompolitik der Bundesregierung fortgesetzt wird, werden sie dieses Symbol auch bleiben.
Ihre Parteikollegen im Bund haben sich verabschiedet vom politischen und gesamtgesellschaftlichen Konsens, der da lautete: Atomausstieg. Sie haben diesen Konsens aufgekündigt. Ich gebe Ihnen Recht, die Polizisten müssen sich jetzt bemühen und werden mit diesen Fragen konfrontiert. Ich kann Ihnen auch hier aus der Brandenburger Polizei heraus sagen, dass die Polizisten hier natürlich Ordnung und Sicherheit, auch die Rechte der Betroffenen wahren, aber in diesem Fall mit Sicherheit nicht mit großer Überzeugung für die Energiepolitik der Bundesregierung tun.
Jetzt also will die CDU-Fraktion losgelöst von der Frage, ob nicht etwa die Betreiber der Kernkraftwerke an den entstandenen Kosten solcher Einsätze zu beteiligen wären, Herr Petke, dass gewalttätige Demonstranten zur Kasse gebeten werden.
Die Versammlungsfreiheit - das ist offensichtlich das Problem, das Sie haben - als kollektive Meinungsfreiheit ist das vornehmste Grundrecht unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung.
Sie konstituiert unsere pluralistische Demokratie. Sie, Herr Petke, verkennen offensichtlich - vielleicht sogar absichtlich
die Bedeutung und Tragweite der Versammlungsfreiheit. Das Polizeigesetz und das Verwaltungsvollstreckungsgesetz in Verbindung mit der Abgabenordnung geben es nicht her, die gewalttätigen Demonstranten an den Kosten der Polizeieinsätze zu beteiligen. Auch an dieser Stelle irren Sie! Eine Gebührenerhebung nach dem Gebührengesetz ist schon deshalb völlig abwegig, weil der Bürger dafür eine Leistung der Verwaltung erhalten müsste. Ich glaube nicht, dass hier davon die Rede sein kann.
Für eine Kostenerstattung müsste im Polizeigesetz also eine Regelung über Vollstreckungskosten geschaffen werden. Wollte man das, so müsste man aufpassen, dass solch eine landesrechtliche Kostenregelung nicht mit den Normen des Strafund Ordnungswidrigkeitenrechts kollidiert. Von jemandem Gebühren zu erheben, der in einer strafrechtlichen Ermittlung oder in einem Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit steckt, ist mindestens fragwürdig. Schließlich gibt es in diesem Land den Grundsatz des verfassungsrechtlichen Verbots der Doppelbestrafung. Die Strafverfolgungspflicht der Polizei sorgt dafür, dass sich gewalttätige Demonstranten sehr schnell in einem Ermittlungsverfahren wiederfinden - inklusive entsprechender Verurteilungen, wenn ihnen die Gewalttätigkeit nachgewiesen wird. Zusätzlich Gebühren zu erheben könnte - das ist offensichtlich die Absicht der CDU - als Verwaltungsstrafrecht missverstanden werden. Dieses Verwaltungsstrafrecht lehnen wir aus guten Gründen ab.
Eine Kostenerhebung im Versammlungsgeschehen ist unangemessen. Der Antrag ist nicht mehr als ein politisches Ablenkungsmanöver. Wenn Sie wollen, dass sich die Situation an den Castoren beruhigt und wir weniger Polizisten in Einsätze schicken müssen, Herr Petke, dann sorgen Sie endlich dafür, dass die Bundesregierung eine vernünftige Energiepolitik betreibt. Danke sehr.
Vielen Dank, Herr Minister Woidke. - Der Abgeordnete Petke von der CDU-Fraktion erhält nun noch einmal das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Minister, zunächst einmal danke ich Ihnen dafür, dass Sie - anders als die Vertreter der Koalitionsfraktionen - den Polizeibeamten gedankt haben. Das ist bei uns sehr wohl als ein Zeichen registriert worden.
Ich darf Ihnen weiterhin sagen, dass Ihre rechtlichen Ausführungen doch sehr abgelesen wirkten und auch nicht überzeugend daherkamen. Um das den Kollegen einmal zu veranschaulichen: Wenn Sie Ihr Auto im Parkverbot abstellen, wird es abgeschleppt; Sie werden an den Kosten beteiligt und bestraft. Wenn sich jemand auf ein Gleis setzt und von der Bundes- oder Landespolizei weggetragen werden muss, dann kann er für diese Maßnahme natürlich ganz genauso an den Kosten
des Polizeieinsatzes beteiligt werden, und das wird er auch in der Bundesrepublik. Das ist geltende Rechtslage, und nicht mehr wollen wir.