Protokoll der Sitzung vom 19.01.2011

Zur Entspannung am Wochenende über das Wehr, wenn die Baustelle dann zurückgebaut werden kann, habe ich gerade berichtet.

Der Wasserstand im Oderbruch war deutlich höher als beim Jahrhunderthochwasser 1997 und der zweithöchste Wasserstand, der jemals an der Oder gemessen wurde.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Das war ein anderes Jahrhun- dert!)

- Auch das, aber dann: der Jahrhunderte.

Es war der zweithöchste Wasserstand, der jemals gemessen wurde, also viele extreme Situationen. Wir können froh sein, meine Damen und Herren, dass im Bereich des Oderbruchs vollständig gute Deiche vorhanden sind, in der unmittelbaren Vergangenheit für viel Geld neue Deiche gebaut und alte saniert worden sind. Sie haben ihre Aufgabe gut gemeistert und die Bewährungsprobe bestanden.

Die Menschen im Oderbruch - auch darauf sind Sie schon eingegangen - leben nun seit Sommer, seit August 2010, unter den schwierigen Bedingungen eines Binnenhochwassers geradezu in einer Ausnahmesituation. Es gab seitdem zu keiner Zeit wirklich Entspannung. Das nervt, und diese Situation - das will ich gerne versichern - lässt niemanden kalt.

Es gibt eine gute Zusammenarbeit der Landesregierung mit dem Landrat, mit allen Betroffenen vor Ort, und - ich glaube, es ist wichtig, das hier auch noch einmal deutlich zu sagen - die werden wir fortsetzen, bis wir in der aktuellen Situation eine Lösung gefunden haben, aber gleichzeitig auch längerfristig diese Generationenaufgabe gestalten.

Die Landesregierung hat sich gestern in ihrer Sitzung zur Situation im Oderbruch erneut beraten und weiterhin die volle Unterstützung zur Bewältigung der Situation im Zusammenhang mit dem Binnenhochwasser zugesagt, um die Bedingungen für die Menschen, die wirklich sehr darunter leiden, und die dort ansässigen Betriebe zu lindern sowie Maßnahmen - das will ich hier noch einmal unterstreichen, das ist ja auch das Anliegen Ihres Antrages - zur dauerhaften Lösung zu intensivieren. Das wollen wir machen. Ich erinnere aber, um die Rede nicht zu ausführlich zu gestalten, an die Landtagssitzung vom 15. Dezember; damals habe ich im Ergebnis der Arbeitsgruppensitzung vom 10. Dezember ausführlich über das Oderprogramm gesprochen.

Die Landesregierung hat immer dazu gestanden - das wird sie auch in Zukunft tun -, den von diesen Wetterextremen betroffenen Bauern im Oderbruch - Herr Vogelsänger und ich waren ja im August vor Ort, ich war zur Sitzung im Dezember wieder in Seelow gewesen -, den Agrarbetrieben, die in ihrer Existenz gefährdet sind, finanzielle Unterstützung zu leisten. Das wird gerade geprüft. Ich will auch daran erinnern, dass der Wirtschaftsminister für Unternehmen und für Kommunen Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung aufgezeigt hat.

Meine Damen und Herren, der vorsorgende Hochwasserschutz und das Hochwasserrisikomanagement als Teil der Daseinsvorsorge sind unverzichtbare Schwerpunktaufgaben der Landesregierung. Deshalb begrüße ich noch einmal den Antrag bzw. dass wir uns auf Grundlage dieses Antrages verständigen können. Die Landesregierung hat das im November vergangenen Jahres in einem Kabinettsbeschluss zum Thema „Hochwasserschutz verbessern durch entschlossenes Hochwasserrisikomanagement“ unterstrichen und Maßnahmen zur Umsetzung festgelegt. Besonderes Augenmerk haben wir auch in diesem Kabinettsbeschluss auf das Oderbruch gelegt. Wir werden auch weiterhin das gesamte Oderbruch, meine Damen und Herren, in diesen Schutz einbeziehen und es nicht in Zonen einteilen und einige Regionen dabei schlechterstellen. Das wollen wir nicht. Wir wollen die Zukunft des Oderbruchs als Lebens- und Wirtschaftsraum in Gänze sichern.

Bereits im August 2010 haben wir vor Ort - ich habe es erwähnt - in Seelow die Arbeitsgruppe Wassermanagement Oder

bruch gegründet, die unter Leitung des Umweltministeriums arbeitet. Die Arbeitsgruppe war sehr fleißig. Es arbeiten auch Landtagsabgeordnete mit, Frau Lieske, Frau Fortunato, Herr Büchel, auch Frau Blechinger, und ich kann die anderen Kollegen, die vor Ort unterwegs sind, nur einladen, zu diesen Arbeitsgruppensitzungen zu kommen. Es ist ein Fachgremium von hoher Kompetenz, und man kann eine Menge lernen und auch eine Menge Ideen einbringen. Es sind Experten vor Ort, insbesondere auch aus unserem Landesamt, aber auch der Landrat mit seiner Kreisverwaltung, der Bauernverband, der Bauernbund und vor allem der Gewässer- und Deichverband, der dabei sehr wichtig ist.

(Zuruf: Der Bauernbund auch?)

- Klar, der Bauernbund auch. Bewährte Vertreter des Bauernbundes könnten wir hier erwähnen, wollen wir aber nicht. Von deren Seite gab es Äußerungen, auf die ich hier nicht eingehen will.

Diese Arbeitsgruppe, meine Damen und Herren, hat sich bereits mit der Frage nach einem Bewirtschaftungskonzept des Oderbruchs befasst und in seiner Sitzung am 10. Dezember wesentliche Aufgaben und Ergebnisse präsentiert. Diese Arbeit wird kontinuierlich fortgesetzt. Ich will Ihnen schon heute ankündigen, dass sie sich am 25. Februar wieder in Seelow trifft. Auch die Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollten sich einmal die Zeit nehmen, daran teilzunehmen und mitzuarbeiten.

(Beifall DIE LINKE)

Es gibt dort einen wirklich großen Erfahrungsschatz, es wird viel Wissen vermittelt, und es werden entsprechende Entscheidungen getroffen.

Ziel ist es - das will ich deutlich sagen -, das Sonderprogramm beschleunigt zu Ende zu bringen. Wir haben darüber gesprochen, es um zwei Jahre zu kürzen und schon 2013 zu beenden; das ist uns sehr wichtig. Die Einzelmaßnahmen sind besprochen, die zur Verfügung stehenden ca. 13 Millionen Euro sind sinnvoll einzusetzen, um das Oderbruch zukunftsfähig zu gestalten. Darüber hinaus - auch das will ich sagen - ist der GEDO, der Gewässer und Deichverband Oderbruch, mit 1,3 Millionen Euro pro Jahr zur Gewässer- und Deichunterhaltung gut ausgestattet. Das Geld wird gebraucht, und es wird sinnvoll zur Anwendung gebracht. Trotz unserer vehementen Sparauflagen sichern wir diese Mittel dem GEDO zu. Das ist mehr, als jeder anderen vergleichbaren Region in Brandenburg zugesichert wird. Es gibt eine Priorität für das Oderbruch, und ich bitte Sie das zur Kenntnis zu nehmen und nicht kleinzureden.

(Beifall DIE LINKE)

Der Kern- und Knackpunkt des Oderbruchkonzepts wird aber letztendlich die Erstellung eines automatisierten Wassermanagementsystems zur Optimierung der hydrologischen Verhältnisse im gesamten Oderbruch sein. Das wird das Kernproblem für die Zukunft sein. Damit werden wir das Wassermanagement gestalten und steuern können und auch den Arbeits- und Lebensraum zukunftsfähig gestalten können.

Wir haben - auch das will ich nicht verschweigen -, um all das erreichen zu können, eine personelle Verstärkung im Planungsbereich des Landesamtes vorgenommen. Wir haben auch eine verstärkte Kooperation mit dem Landrat und der Kreisverwal

tung und dem Gewässer- und Deichverband hergestellt. Denn nur mit einer vehementen personellen Unterstützung sind die Aufgaben zu leisten, sonst nicht.

Die beschleunigten Maßnahmen sind ein wichtiger Schritt, um im Oderbruch einen verbesserten Wasserabfluss und Wasserhaushalt zu regeln, und ich verweise noch einmal auf die Sitzung der Arbeitsgruppe am 25. Februar und lade Sie dazu herzlich ein.

Ich finde - das kam in meiner Rede eigentlich schon zum Ausdruck - einige Punkte, die die Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN genannt haben, schwierig. Ich habe es schon gesagt: Differenzierte Schutzziele im Oderbruch auszusprechen ist nicht das, was wir anstreben, weil wir keine Schlechterstellung wollen. Der Vorschlag, Neubauten ohne Keller zu errichten, ist gut. Ich glaube, jeder, der in der Region baut, wird im eigenen Interesse hochwasserangepasst bauen.

Meine Damen und Herren, ich wünsche mir und bitte Sie, dass Sie dem Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen zustimmen, weil er unsere Arbeit unterstützt und uns auffordert und motiviert, genau in diesem Sinne weiterzuarbeiten.

Abschließend möchte ich Sie herzlich einladen. Wir werden am 9. Februar im Großen Waisenhaus die erste Hochwasserkonferenz zur Auswertung des Hochwassergeschehens im vergangenen Jahr - wir werden die aktuellen Hochwasser einbeziehen - für ein verbessertes Hochwassermanagement im Land abhalten. Es sind alle Landkreise und kreisfreien Städte eingeladen, und Sie sind auch eingeladen. Kommen Sie und bereichern Sie unsere Diskussion! Wir werden - so viel zur deutschpolnischen Zusammenarbeit, Frau Richstein - voraussichtlich Anfang Juni eine internationale Hochwasserkonferenz mit den polnischen und tschechischen Kollegen zusammen veranstalten, um das Management mit dem polnischen und tschechischen Nachbarn zu verbessern.

Abschließend will ich sagen, meine Damen und Herren, dass sich die Landesregierung sehr bemüht, den Menschen im Oderbruch zu helfen und bezüglich der jetzigen Situation so schnell es geht Abhilfe zu schaffen. Wir sind sehr daran interessiert und werden alles tun, damit das Oderbruch eine Zukunft erfährt, und zwar so, wie die Menschen es wollen, wir werden ihnen kein Programm überstülpen.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Das Wort erhält noch einmal die einbringende Fraktion. Frau Ministerin hat zwei Minuten mehr Redezeit in Anspruch genommen. Die überzogene Redezeit erhält Herr Jungclaus zusätzlich zu seinen verbleibenden 3,5 Minuten. Die übrigen Fraktionen überlegen bitte, ob es ihrerseits noch Redebedarf für zwei Minuten gibt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal begrüßen wir, dass durch unseren Antrag mehr Bewegung in das Thema gekommen ist, auch wenn wir uns das nicht ganz so heftig vorgestellt hätten und sich abzeichnet, dass wir für unseren Antrag leider keine Mehrheit finden.

Wie Sie sich denken können, geht uns der Antrag von Rot-Rot nicht weit genug. Es wird auf bereits laufende Maßnahmen verwiesen, die allerdings, wie man sieht, den gewünschten Erfolg bisher vermissen lassen. Eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem Thema findet jedenfalls nicht statt.

An der Stelle eine kurze persönliche Anmerkung. Ich bin im Kreisvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN MärkischOderland, und ich finde es geradezu beschämend, wie von manchen Verantwortlichen versucht wird, die schlimme Lage, in der die Menschen sich befinden, für parteipolitische Spielchen zu nutzen. Einige werden nicht müde, gefragt oder ungefragt zu behaupten, an Hochwasser, Biber und Wetter seien die Grünen schuld. Man könnte den Eindruck haben, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN hätten das Oderbruch 20 Jahre besetzt und nun an die Landesregierung übergeben. Ungeachtet der Tatsache, dass es einer Partei natürlich schmeichelt, wenn ihr nach einem Jahr mit 6 % im Landtag und zwei Abgeordneten im Kreistag eine derart große Verantwortung zugeschrieben wird, denke ich, dass eine solche Polemik gerade für die Vertreter, die dort seit 20 Jahren in Regierungsverantwortung stehen, ein Armutszeugnis ist.

Am FDP-Antrag finde ich sympathisch, dass er Berichte und konkrete Fristen fordert; leider folgt er aber auch, ohne zu differenzieren, dem liberalen Reflex aufzuschreien, wenn der Staat Regelungen aufstellt. Lieber Kollege Beyer, ich glaube nicht, dass sich ein Häuslebauer über seine Freiheit beim Stellen des Bauantrags freut, wenn er ein Jahr später seine sich im Keller befindliche Ölheizung unter Wasser stehen sieht. Er wird dann eher die fehlende Fürsorgepflicht der Genehmigungsbehörde kritisieren.

Eine sehr merkwürdige Auslegung unseres Antrags finde ich die von Frau Lieske genannte Wirtschaftsfeindlichkeit. Ich hätte gerade von einer Abgeordneten aus der Region erwartet, dass sie sich mit dem Thema etwas differenzierter auseinandersetzt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Landwirt die Wirtschaftlichkeit unseres Programms infrage stellt. Sie können ja mal jemanden fragen, dessen Gerstefelder unter Wasser stehen, was ihm lieber sei: seine versaute Ernte oder vielleicht mit einem neuen Nutzungskonzept errichtete Kurzumtriebsplantagen auf Grünland.

In einem stimmen wir parteiübergreifend überein: Bei allen Lösungsansätzen, die wir in unsere Überlegungen einbeziehen, ist die Beteiligung der Bevölkerung der wichtigste Aspekt für den Erfolg eines solchen Programms. Nur mit einem transparenten und partizipativen Prozess erreichen wir das notwendige Verständnis bei den Bewohnerinnen und Bewohnern des Oderbruchs. Da hätte ich mir gewünscht bzw. wünsche ich mir nach wie vor, dass unser Antrag an den Ausschuss überwiesen wird. Dem Antrag von Rot-Rot sowie dem der FDP können wir, wie Sie sich denken können, nicht zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Ich frage die Fraktionen: Besteht Bedarf, noch einmal zwei Minuten zu reden? Das sehe ich nicht.

Somit kommen wir zur Abstimmung. Ich bitte um etwas Konzentration, denn es ist ein längeres Procedere. Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drucksache 5/2670, Neudruck - auf Überweisung an den Ausschuss für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz. Wer dem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einer deutlichen Mehrzahl an Gegenstimmen ist der Antrag nicht überwiesen worden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag „Erstellung eines Oderbruchprogramms“ - Drucksache 5/2670, Neudruck der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Sache. Wer diesem Antrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? Bei einer Vielzahl von Enthaltungen ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir kommen nun zum Entschließungsantrag in Drucksache 5/2694, Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion DIE LINKE. Der Titel ist mit dem des Antrags identisch. Wer diesem Entschließungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Bei einer deutlichen Anzahl von Enthaltungen ist diesem Antrag dennoch entsprochen worden. Er ist angenommen.

Wir kommen viertens zum Entschließungsantrag in Drucksache 5/2697, Antrag der FDP-Fraktion „Aktionismus verhindern einen fachlichen Aktionsplan für das Oderbruch gemeinsam mit Experten erarbeiten“. Wer diesem Entschließungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Einige Enthaltungen.

Bei einer einzigen Stimme für diesen Antrag - tut mir leid für Sie, Herr Beyer - ist dieser Antrag sehr deutlich abgelehnt worden.

(Allgemeine Heiterkeit - Görke [DIE LINKE]: Keine Füh- rungskraft da!)

Meine Damen und Herren! Ich schließe Tagesordnungspunkt 12 und damit die heutige Sitzung. Ich hoffe, viele von Ihnen beim Empfang der Landespressekonferenz begrüßen zu dürfen. Einen schönen Feierabend!

Ende der Sitzung: 18.42 Uhr