Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Regionalverkehr haben wir viel erreicht. Projekte wie der Prignitz-Express haben gezeigt, dass mit kurzen Fahrzeiten, Direktverbindungen, guten Anschlüssen und modernen Fahrzeugen auch im ländlichen Raum Menschen zum Umsteigen auf die Schiene bewegt werden können. Doch haben derlei Projekte noch viel zu wenig Priorität. Wie lange mussten wir Brandenburger etwa auf den Ausbau der Strecke Cottbus - Berlin oder gar Berlin Dresden warten und dafür kämpfen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen wieder ein Miteinander von DB, Eisenbahn-Bundesamt und Bahnindus
Alle müssen bei Planung und Bestellung an einem Strang ziehen, um wieder langfristig technisch zuverlässige und vor allem wetterfeste Züge bzw. Fahrzeuge aufs Gleis zu setzen.
Das war einmal das Markenzeichen des Deutschen Schienenfahrzeugbaus. Das sichert viele wichtige Industriearbeitsplätze auch hier in Brandenburg.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, insbesondere das Schienennetz braucht eine grundlegende Neujustierung: statt wenige teure Prestigeprojekte aus Beton für die entsprechenden Betonköpfe viele kleine Verbesserungen, mehr Geld für die Instandsetzung von Weichen, mehr Geld für Sicherheit und Sauberkeit auf den vorhandenen Bahnhöfen und Gleisen. Das macht den Betrieb zuverlässig, das ermöglicht einen flächendeckenden Taktverkehr mit kurzen Reisezeiten - nicht nur von Berlin-Hauptbahnhof nach Stuttgart, sondern auch von Schwedt nach Brandenburg an der Havel.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gerade ein älter werdendes Land ist auf einen gut funktionierenden öffentlichen Verkehr angewiesen. Wir brauchen wieder eine Bahn, bei der auch Seniorinnen und Senioren leicht eine Fahrkarte kaufen können und freundliches Personal beim Einsteigen hilft, kein „Thank you for travelling“, sondern Sicherheit, Sauberkeit, Service und pünktliche Züge. Das ist es, was die Fahrgäste wollen und worauf sie auch ein Anrecht haben - keine Bahndividende und kein Verscherbeln von Volksvermögen auf den internationalen Finanzmärkten. Wenn der Bund zu diesem Kurswechsel nicht in der Lage ist, dann muss man als Brandenburger überlegen, ob der Bund und die DB langfristig unsere richtigen Partner für den Schienenpersonenverkehr in diesem Land und in Berlin sein können. Wenn nicht, dann wäre das ein Armutszeugnis für ein Staatsunternehmen.
Zum Antrag der CDU: Frau Wehlan hat hier sehr ausdrücklich und auch sehr ausführlich begründet, warum wir diesen Antrag ablehnen, auch, Herr Genilke, weil er suggeriert, dass das Land hier ganz allein schuld ist. Im letzten „Spiegel“-Artikel von Herrn Ramsauer sieht er das anders: Er will im Bund umsteuern, und dabei hat er uns an seiner Seite.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es geht darum, dass der Schienenpersonenverkehr und der öffentliche Nahverkehr auf der Schiene in Berlin und Brandenburg sichergestellt werden müssen. Die Leute, die die S-Bahn und die Bahn benutzen, wollen damit zur Arbeit fahren, sie müssen zum Studium, zum
Lernen. Das sind die, die den gesellschaftlichen Reichtum erarbeiten. Da sorge ich mich nicht darum, dass die Dividenden der Bahn und die Gehälter der Vorstände gesichert sind.
Entschuldigen Sie bitte, Herr Beyer, Herr Genilke, ich habe mit keinem einzigen Wort die Interessen der Fahrgäste, der Passagiere von Ihnen hier erwähnt gehört,
die für etwas bezahlt haben, was sie nicht bekommen, die ihre Arbeitsstellen nicht erreichen, ihre Hochschulen nicht erreichen, ihre Prüfungen nicht machen können und bei denen Bewerbungsgespräche ersatzlos ausfallen. Das sind verpasste Chancen. Das ist eine völlig verfehlte Politik auf Kosten der Menschen in diesem Land. Und darum sollten wir uns gemeinsam sorgen.
- Dann können wir das gern wieder anders machen. Aber wenn die Unruhe in der CDU-Fraktion immer dann entsteht, wenn ich spreche, kann ich daran nur schwer etwas ändern.
Ich gehöre zu denen, die - wie Herr Holzschuher - persönliche Erfahrungen gesammelt haben. Ich wohne in dem betroffenen Gebiet und benutze zwischen Strausberg und Potsdam-Hauptbahnhof - wenn auch nicht täglich - Regionalverkehr und SBahn. An einem Tag standen die Menschen plötzlich da, und es fuhr nichts mehr. Insofern müssen wir neben der Erstellung eines verlässlichen Fahrplans mit den vorhandenen Fahrzeugen im Augenblick auch über Entschädigungsleistungen und Rückerstattungen für Abonnenten und Nutzer nachdenken, zum Beispiel über kostenfreie Nutzung. Es geht um Wiedergutmachung. Dafür haben der Deutsche-Bahn-Konzern und die Bundesregierung vorrangig Verantwortung zu tragen.
Schuldzuweisungen ändern hier nichts. Deswegen habe ich mich, Herr Beyer, und auch liebe Kollegen von der CDU-Fraktion, über Ihren Entschließungsantrag sehr gewundert, in dem Sie sagen: Für die Bestellung ist hier ausschließlich das Land verantwortlich. - Ja, halten Sie es denn theoretisch für möglich, dass das, was wir jetzt vorfinden, von dieser oder von einer vorherigen Landesregierung tatsächlich bestellt worden ist? Ich halte das nicht für möglich.
Wenn hier geschrieben steht, dass winterfeste Fahrzeuge bestellt werden sollen, dann kann ich Sie zumindest noch einmal freundlich auf die Bahnindustrie verweisen. Der entsprechende Verband informiert über die Wintertauglichkeit der Bahntechnik. Es geht in der gegenwärtigen Situation vorrangig nicht um konstruktionsbedingte Mängel, sondern darum, dass in den letzten zehn Jahren die vorhandenen Züge und die Technik schlampig gewartet wurden.
Wer jetzt mit dem Finger auf die Industrie und auf die Hersteller der Bahnwaggons zeigt, der ruiniert den Ruf einer ganzen Branche, und zwar nur, weil er von seiner eigenen Verantwortung ablenken will. Deshalb sage ich: Es geht darum, dass von der Deutschen Bahn und der Bundesregierung sichergestellt werden muss, dass der Nahverkehr wieder funktionsfähig und qualitativ hochwertig ist. Es geht also um das Handeln. Dies müssen wir einfordern, und dabei ist es völlig wurscht, in welcher Verantwortung wir hier in diesem Parlament sitzen. Wenn es Ihnen um die Menschen geht, die jeden Morgen auf dem Bahnsteig stehen und nicht wegkommen, dann müssen Sie sich mit uns gemeinsam in dieser Frage an die Bundesregierung und an die Deutsche Bahn wenden.
Wenn es nicht um Schuldzuweisungen geht, dann geht es doch um Einsichten. Da muss ich leider wieder die Fraktionen der FDP und der CDU ansprechen. Herr Kollege Holzschuher hat gesagt: Ja, die Bahnreform, die Privatisierung war ein Fehler.
Der Börsengang geht den Menschen, den Nutzern an die Geldbörse und bringt der Deutschen Bahn Dividende. Das ist der falsche Weg. Das ist der falsche Weg! Diese Reform ist gescheitert. Es braucht die Reform dieser Reform. Es geht darum, dass öffentlicher Personennahverkehr zur Daseinsvorsorge gehört und dies eben nicht ein Wirtschaftsunternehmen ist, Herr Genilke, wie jedes andere auch.
Die Sicherung der Dividende in den letzten Jahren bedeutete: 2,5 Milliarden, 2 Milliarden. Nun sollen nach dem Willen Ihrer Regierung noch 500 Millionen im Jahr dazukommen. Darum aber geht es genau nicht, sondern es geht um einen sicheren und verlässlichen öffentlichen Personennahverkehr.
Wenn in den von Ihnen genannten Zitaten auf das Jahr 1966 zurückgegangen wird, lassen Sie mich abschließend sagen: Im Jahr 1966 fuhr, glaube ich, die S-Bahn noch - egal in welchem Verantwortungsgebiet. Die fuhr auch noch, als Herr Kohl regierte. Da hatten wir einen Spitzensteuersatz von 53 %,
jetzt liegt er bei 45 %. Es geht also um eine andere Finanz- und Steuerpolitik, die sicherstellt, dass die öffentlichen Aufgaben in diesem Land auch finanzierbar sind. Allein mit dem durch
schnittlichen Spitzensteuersatz der OECD-Staaten hätten wir im Bundeshaushalt pro Jahr 80 Milliarden Euro mehr. Damit hätten wir auch mehr Geld dafür, dass die Menschen in Brandenburg und Berlin umweltfreundlich, zukunftssicher und sozialverträglich von A nach B kommen, um ihre Arbeit machen zu können, und wären auf einem technischen Stand auf diesem Gebiet, der diesem Jahrhundert angemessen ist. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Rednerliste zum Tagesordnungspunkt 1 - Aktuelle Stunde - angelangt. Es liegt Ihnen der Entschließungsantrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 5/2696 vor. Wer diesem Entschließungsantrag folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei drei Enthaltungen wurde dieser Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich schließe damit den Tagesordnungspunkt 1 und begrüße zunächst unsere Gäste - Schülerinnen und Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums aus meiner schönen Abiturstadt Fürstenwalde. Herzlich willkommen und einen interessanten Vormittag für euch!
Wir beginnen mit der Frage 435 (Winterdienst im Land Bran- denburg), eingereicht von der Abgeordneten Gregor-Ness, gestellt von der Abgeordneten Kircheis.