Meine Damen und Herren, ich habe es eingangs schon gesagt und wiederhole es hier: Fragen der sozialen Balance, Fragen der Herstellung echter Chancengleichheit, Fragen der Ermöglichung von sozialem Aufstieg für alle, das sind die Fragen, die diese Regierungskoalition umtreiben müssen und auch umtreiben werden. Es sind die wichtigen Fragen, die darüber entscheiden, ob unsere Gesellschaft zusammenhält oder ob sie auseinanderfällt. Wenn sie auseinanderfällt, haben wir allesamt keine Zukunft, meine Damen und Herren.
Wir wollen dieses Land zusammenbringen und zusammenhalten, weil beides zusammengehört und einander bedingt. Genau deshalb bekennt sich die neue Landesregierung auf der einen Seite aus tiefer Überzeugung zur großen Errungenschaft des Sozialstaates. Aber auf der anderen Seite umfasst unser politischer Auftrag, so, wie wir ihn gemeinsam begreifen, weit mehr als die Linderung vorhandener Nöte und Defizite.
Wir bekennen uns - auch das sage ich, um jedem Missverständnis vorzubeugen - ohne Wenn und Aber zu einer nachsorgenden Sozialpolitik, wo immer sie auch nötig ist. Eine nachsorgende und regionale Nachteile mildernde Sozial- und Infrastrukturpolitik bleibt ohne Frage notwendig. Aber, meine Damen und Herren - und da sind wir uns einig -: Unser Blick richtet sich darauf, diese nachsorgende Sozialpolitik wo immer möglich durch eine vorsorgende Gesellschaftspolitik zunehmend überflüssig zu machen. Wir wollen an den Anfang, an die Ursachen, und wir wollen nicht am Ende bei der Reparatur viel Geld ausgeben, wo wir Menschen nicht mehr zufrieden und glücklich machen können. Am Anfang liegt die Quelle dessen, was wir erreichen wollen.
Moderne Sozialstaatlichkeit bedeutet immer stärker soziale Vorsorge und damit Investition in die Fähigkeit von Menschen. Ganz im Geiste des ostdeutschen Aufbruchs von 1989 zielt der zeitgemäße Sozialstaat auf die soziale, aber eben auch die ökonomische, kulturelle und politische Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um das solidarische Miteinander wirklich freier Menschen. Das ist das Ziel auch für die Entwicklung unseres Landes, meine Damen und Herren.
Vorsorgende Sozialgesellschaftspolitik betrifft alle Generationen, aber sie beginnt bei den Jüngsten. Zu einer solchen Politik gehört insbesondere die entschiedene Abkehr vom Prinzip des Aussortierens und der Auslese im Bildungssystem.
Die frühe Aussonderung von Kindern ist und bleibt ungerecht. Sie verbaut Entwicklungschancen und ist deshalb auch aus ökonomischer Perspektive widersinnig.
Meine Damen und Herren - ich hoffe, dass das auch die Kollegen von Schwarz und Gelb irgendwann begreifen -:
Es ist eben nicht so, dass die einen Kinder von Natur aus schlau sind und die anderen Kinder von Natur aus doof.
Warum das eine Kind pfiffig ist und das andere nicht und wie man die Bedingungen verbessern kann, damit mehr Kinder schlau werden und den Aufstieg schaffen können, das sind die Fragen, auf die wir in den kommenden Jahren Antworten geben müssen, wenn wir nicht wollen, dass dieses Land auseinanderfällt in erfolgreich Angekommene und dauerhaft Abgehängte. Das werden wir nicht zulassen, meine Damen und Herren.
Eben deshalb legt die neue Landesregierung allerhöchsten Wert auf Bildung. Von nichts hängt die Zukunft unseres Gemeinwesens im 21. Jahrhundert so sehr ab wie von den Fähigkeiten und Kenntnissen der Menschen. Gute Bildung darf deshalb so wenig wie irgend möglich von sozialer oder regionaler Herkunft abhängen. Dabei liegen uns besonders die Kinder und Jugendlichen am Herzen; denn jeder Euro, den wir bei ihnen investieren - inzwischen Allgemeingut -, wird sich später doppelt und dreifach auszahlen. Das ist die beste Vorsorge überhaupt.
Deshalb, meine Damen und Herren, werden wir die Netzwerke „Gesunde Kinder“ ausbauen, damit ein gesellschaftliches Klima des Hinschauens bei positiver Entwicklung von Kindern entsteht. Dabei ist uns besonders das Engagement der Ehrenamtlichen, die diese Netzwerke tragen, wichtig.
Ich will mich an dieser Stelle für die vielen Initiatoren, die diesen Gedanken geboren, in die Tat umgesetzt und in Brandenburg zu einem erfolgreichen Modell entwickelt haben, sodass es ein Exportmodell geworden ist, sehr herzlich bedanken. Sie haben für die kommende Generation etwas unschätzbar Gutes getan, meine Damen und Herren.
Wir werden deshalb die Kita-Betreuungsrelation bei den unter Dreijährigen von eins zu sieben auf eins zu sechs verbessern.
Wir werden die Kita-Betreuungsrelation bei den unter Sechsjährigen von eins zu dreizehn auf eins zu zwölf verbessern. Wir wollen, dass Brandenburg nicht nur quantitativ, sondern Stück für Stück auch qualitativ eines der besten Kita-Netze Deutschlands bekommt. Wir werden dafür weitere Verbesserungen vornehmen, die Sprachförderung ausbauen und auch die Ausbildung der Kita-Erzieherinnen und hoffentlich zunehmend auch -erzieher verbessern.
Darum werden wir die Qualität unserer Schulen entscheidend verbessern. Wir werden 1 250 neue Lehrer einstellen, die Schüler-Lehrer-Relation konstant halten und den Schulen mehr Selbstständigkeit geben. Wir haben uns fest vorgenommen, die viel zu hohe Zahl der Schulabgänger bis 2015 zu halbieren. An dieser Stelle besteht dringender Handlungsbedarf, meine Damen und Herren.
- Schulabgänger ohne Abschluss, Entschuldigung. Es soll ja auch zur Fröhlichkeit beitragen. Leider halbiert sich die Zahl der Schulabgänger auch ohne unser Zutun, nämlich mangels Kinder.
Meine Damen und Herren! Wir werden dazu neue Wege einschlagen, um wirkliche Fortschritte zu erzielen. Wir werden die individuelle Betreuung der Schüler verbessern und vor allem Schüler mit Förderbedarf weitaus stärker in die Regelschulen einbeziehen. Was in den besonders erfolgreichen Bildungsnationen möglich ist, wird in Zukunft auch in Brandenburg möglich sein, weil es ein sinnvoller und ein guter Weg für die Kinder ist.
damit auch mehr Kinder aus einkommensschwachen Haushalten das Abitur machen können. Das Abitur darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen, meine Damen und Herren; deshalb ein Schüler-BAföG.
Wir werden die Berufsvorbereitung der Schüler verbessern, das Praxislernen ausbauen und die Kooperation zwischen Schulen und Unternehmen vertiefen.
Weil wir dies alles wollen, wird die Regierungskoalition in Brandenburg eines ganz sicher nicht tun: Wir werden keine Studiengebühren erheben; denn wir wollen mehr Studierende aus allen sozialen Schichten, nicht weniger.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir nehmen die Proteste der Studierenden ernst. Bei der Umsetzung des Bologna-Prozesses gibt es ganz offenkundig eine Reihe von ernsten Problemen. Viele Studentinnen und Studenten befürchten, durch die nicht immer optimale Komprimierung von Studiengängen nicht mithalten zu können. Wir wissen, dass die Bedingungen nach der Umstellung auf Bachelor und Master an den Hochschulen noch nicht optimal sind. Wir werden den Prozess der
Überprüfung der Studiengänge durch die Hochschulen intensiv und konstruktiv begleiten und werden uns für bessere Studienbedingungen einsetzen. Aber dies wird, wie die Wissenschaftsministerin schon gestern sagte, nicht ein Prozess sein, der in wenigen Tagen umgesetzt werden kann. Wir bitten deshalb um etwas Geduld, meine Damen und Herren.
Wir wollen Chancengleichheit für alle. Deshalb investieren wir in die Bildung - von Kita über Schule bis zur Hochschule. Aber gute Bildung erfordert, wie ein moderner, vorsorgender Sozialstaat überhaupt, mehr als nur Geld: Verantwortung und Gemeinsinn, Offenheit und Teamgeist, Kreativität und Entwicklung. Das alles entsteht nur in einer Atmosphäre des wirklichen Miteinanders.
Deshalb brauchen wir in unserem Land auch und besonders Zustimmung und Zuneigung noch mehr als bisher zu Kindern überhaupt. Zu dieser positiven Grundhaltung gehört die Einsicht, dass Kinder zusammengehören und jedes Kind von jedem anderen Kind auch lernen kann. Zu dieser positiven Einsicht gehört schließlich auch, dass Kinderlärm künftig kein Klagegrund mehr sein darf.
Deshalb wird die neue Regierungskoalition diese Geräuschkulisse, das Lachen und Lautsein spielender Kinder, durch Änderung der Immissionsschutzgesetzgebung privilegieren. Wir haben von diesem Geräusch zu wenig in unserem Lande, meine Damen und Herren, und nicht zu viel.
In das Zentrum einer Gesellschaft mit Gemeinsinn gehört auch die Kultur. Deshalb arbeitet die Regierungskoalition dafür, dass Kultur- und Bildungsangebote landesweit, auch in dünn besiedelten Regionen, erhalten werden. Ein kulturpolitischer Schwerpunkt bleibt dabei der Erhalt und die Sanierung der Preußischen Schlösser und Gartenlandschaft. Wir werden auch ich sage an der Stelle: endlich - das Deutsche Filmorchester Babelsberg dauerhaft finanziell absichern - es hat es verdient, meine Damen und Herren
Was ich für die Kultur gesagt habe, gilt in ähnlicher Weise für den Sport. Brandenburg war ein Sportland, ist ein Sportland, und wir wollen es auch bleiben. Die Regierung wird den Breitenund Spitzensport auch in Zukunft mit 15 Millionen Euro pro Jahr unterstützen; darauf kann sich der Sport des Landes verlassen. Wir werden im ländlichen Raum mit dem „Goldenen Plan Brandenburg“ den Ausbau von Vereinsstätten fortführen. Brandenburg bleibt ein Sportland, meine Damen und Herren.