Nur, man hätte darauf kommen müssen, seinen Horizont zu erweitern. Es hätte gereicht, nach Thüringen zu schauen; denn
dort ist ebendies geschehen - ohne jede Vorbedingung, ohne Vorreden. Meine Parteifreunde in Thüringen teilten mir mit, dass in der Thüringer SPD viele durchaus froh darüber sind, dass die FDP diesen Weg gegangen ist. Es wäre auch hier in Brandenburg möglich gewesen.
Frage: Was bleibt an Gründen eigentlich über? Richtig ist, dass es Schnittmengen zwischen SPD und Linke gibt. Richtig ist nach meinem Empfinden auch - wenn ich einfach nur die Parteiprogramme vergleiche oder höre, was heute hier gesagt wurde -, dass die Schnittmengen zwischen SPD und Linke größer sind, als sie es zwischen SPD und CDU waren. Das ist sicherlich so. Richtig ist auch, dass sich von den im Wahlkampf versprochenen und angekündigten Schnittmengen im Koalitionsvertrag wie in der Regierungserklärung nur Bruchteile wiederfinden. Vieles wurde schon beerdigt, bevor die Regierung ihren Job überhaupt angetreten hat.
Richtig ist es auch, wenn gesagt wird, dass die Linke eingebunden werden müsse, damit sie nicht dauerhaft in der Opposition ist, von wo aus sie viel versprechen kann und am Ende nichts halten muss. Richtig ist sicherlich auch, dass in Punkten, in denen es Differenzen zwischen SPD und Linkspartei gab, am Ende das Programm der SPD zum Zuge gekommen ist. Herr Ministerpräsident, das haben Sie gut gemacht. Es war in manchen Punkten das kleinere Übel und in manchen Punkten gut so, wie es gekommen ist. Das nehmen wir zur Kenntnis. Insofern viel Glück auf diesem Weg!
Die Bildungspolitik ist eines dieser Themen. Diesbezüglich wurde vor der Wahl von allen Seiten viel versprochen: mehr Lehrer, bessere Bildung, mehr Durchlässigkeit zwischen den Schulformen, mehr Chancengerechtigkeit, Stichworte wie: Es dürfe niemand zurückgelassen werden. Von den vielen Versprechen bleibt die Ankündigung, dass es 1 250 neue Lehrer geben soll. Vor der Wahl versprochen waren eigentlich zusätzliche Lehrer. Die 1 250 Lehrer werden neu eingestellt, wobei der Hinweis ausgelassen wird, dass 2 500 bis 3 000 Lehrer in den nächsten Jahren aus Altersgründen aus dem Beruf ausscheiden werden. Das heißt, wir werden zum Ende der Wahlperiode weniger Lehrer im Land Brandenburg haben als gegenwärtig. Das höchstgesteckte Ziel besteht darin, den Schlüssel der LehrerSchüler-Relation ungefähr gleich zu halten. Das ist keine in die Zukunft gerichtete Politik. Durch sie wird Bildung nicht nachhaltig und dauerhaft verbessert.
In den „Potsdamer Neueste Nachrichten“ vom heutigen Tage gibt es ein schönes Titelbild. Es zeigt demonstrierende Studenten mit einem Schild, auf dem steht: „Generation doof“. - Das ist der Eindruck, den die Studenten im Gepäck haben, wenn sie auf die Straße gehen. Die Demonstrationen und Proteste sind in vollem Umfang berechtigt.
Wir als FDP wollen Chancengerechtigkeit, nicht Gleichmacherei. Kinder sind unterschiedlich, und zwar von Anfang an. Was wir tun können, ist, Chancengerechtigkeit zu vergrößern, das heißt, auch denjenigen Chancen zu geben, die schlechte Startbedin
gungen haben. Aber wir müssen dabei auch immer die eigene Leistungsfähigkeit und den eigenen Leistungswillen im Blick haben.
(Frau Große [DIE LINKE]: Es sagt doch niemand, dass wir sie alle gleichmachen wollen wie ein Quadrat!)
Was wir nicht tun können, ist, am Ende jedem Schüler einen Abschluss bzw. gleiche Abschlüsse zu garantieren, wie es in Berlin vorgeschlagen wird. Von dort kommen die kuriosesten Ideen, etwa, dass am Ende in einer Art Lotterie Gymnasialplätze verlost werden sollen.
Es heißt, Geld allein mache keine Bildung. Das ist richtig und völlig klar. Das Problem ist nur, dass bereits jetzt darauf hingewiesen wird, dass mehr Geld am Ende nicht zur Verfügung stehen wird. Es soll also mit weniger Geld eine bessere Bildung gefahren werden, und das mit insgesamt weniger Lehrern. Damit einher geht ein riesiger Anspruch, den Sie - teilweise im Koalitionsvertrag - manifestiert und erörtert haben. Jedoch gilt: Unterricht kann nur gut sein - Frau Kollegin Wanka hat es gesagt -, sofern er überhaupt stattfindet. Diese Gewähr fehlt nach wie vor. Da macht Bildung keinen Fortschritt, auch nicht mit dem Vertrag, wie er gegenwärtig vorliegt.
Ich will nicht alle Diskussionen im Vorfeld der Regierungsbildung wieder aufmachen, aber, meine Damen und Herren Minister, wenn ich mich auf der Regierungsbank umschaue, muss ich feststellen: Sie sind einfach zu viele an der Zahl. Wir als FDP hatten im Wahlprogramm die Möglichkeit einer Reduzierung der Ministerien vorgesehen. Wir bedauern, dass dieser Schritt nicht gegangen wurde. Es wäre keine große Hürde gewesen, nach dem Vorbild anderer Länder ein Kultusministerium zu bilden oder den Bereich Infrastruktur im Wirtschaftsministerium anzusiedeln.
Man kann einwenden: Was bringt das schon, ein Minister mehr oder weniger? Es ist nicht nur ein Minister weniger, sondern auch ein Staatssekretär, ein Referent des Ministers und des Staatssekretärs, ein Fahrer, eine Sekretärin weniger.
- Ja, Arbeitsplätze auf der Ministerbank. Das ist es, was hier geschaffen wird. Mehr steckt nicht dahinter.
Wenn man nur einmal auf die Spitze der Ministerien schaut, dann kommt ein netter siebenstelliger Betrag zustande. Diesen Betrag kann man umsetzen: Mit diesem Geld könnten die Stellen von 30 oder 40 Polizeibeamten erhalten werden, anstatt den Personalabbau im Polizeibereich in ungeahnter Art und Weise fortzusetzen.
Bezüglich der inneren Sicherheit sind zwei Sätze vorgebracht worden: Die Polizei solle in der Fläche präsent bleiben, und man wolle für eine bessere technische Ausstattung sorgen. Ich kann mir kaum vorstellen, dass das die Beamten dauerhaft zufriedenstellen wird. Im Polizeibereich gibt es hierzulande einen
der höchsten Krankenstände - jährlich über 30 Tage - bundesweit. Wenn alle Beamten gleichzeitig krank würden, bedeutete das einen mehr als vierwöchigen Ausfall der Polizei im Land Brandenburg. Bei der Polizei gibt es einen riesigen Beförderungsrückstau und eine damit verbundene Demotivation in allen Bereichen. Wenn Sie so weitermachen und den Beamten vermitteln, dass in den nächsten Jahren weitere 3 000 Beamtenstellen abgebaut werden sollen, dann ist der einzige Einbruch, den diese Polizei noch aufklärt, der des Winters. Mehr können wir von ihnen dann nicht mehr erwarten.
Wir brauchen beim Punkt Finanzen Generationengerechtigkeit. Dieser Aspekt wurde angesprochen, aber wie dies geschehen soll, ist nicht dargestellt worden.
Besonders interessant ist, dass bereits jetzt die Schuldigen ausgemacht werden, wenn das Versprochene am Ende nicht durchgehalten wird und grandios scheitert: Natürlich ist SchwarzGelb in Berlin schuld an jedem Scheitern, das hier in Brandenburg in den nächsten Jahren zu erwarten ist.
Da ist von Mindersteuereinnahmen die Rede. Herr Baaske hat einen Antrag eingebracht: 2,5 Milliarden Euro für die nächsten Jahre bundesweit. Rechnet man das auf die Länder um, so wären es nach dem Bevölkerungsschlüssel 75 Millionen Euro. Berücksichtigt man, dass die Steuerkraft Brandenburgs weit unterdurchschnittlich ist, dann sind wir im nächsten Jahr vielleicht bei 50 Millionen, vielleicht bei 35 Millionen Euro. Genau weiß es keiner, es sind Schätzungen. Wenn aber gleichzeitig in den nächsten Jahren über 40 Millionen Euro für den öffentlichen Beschäftigungssektor ausgegeben werden sollen, der es am Ende nicht bringt, dann können 35 Millionen Euro, die fehlen, keine Entschuldigung für eigenes Versagen sein. Nur, so wird es hier aufgebaut. Kollegin Wanka hat die 8 000 Stellen bereits umgerechnet. Ich bin noch einen Schritt weiter gegangen und habe Folgendes errechnet: Es macht pro Arbeitsstunde 50 Cent. Nach den Mindestlohnvorstellungen der SPD hieße das, dass 7 Euro zu diesen aus der Landeskasse bereitgestellten 50 Cent hinzukommen müssten. Nach den Vorstellungen der Linken wären es 9,50 Euro. Juristen nennen so etwas einen Vertrag zulasten Dritter. Das funktioniert generell nicht und wird auch an dieser Stelle nicht funktionieren. Wir können also nicht darauf hoffen, dass die versprochenen Stellen so entstehen werden.
Dann wird gesagt, sie sollten nicht im Widerspruch zu anderen, normalen Beschäftigungsverhältnissen stehen und diese nicht aushöhlen.
Da ist die Frage, wo im öffentlichen Beschäftigungssektor sie denn entstehen sollen. Möglicherweise in den Kommunen. Da ist die Rede von Tourismusprojekten, dass wir dann irgendwie 8 000 Scouts, Fremdenführer, Museumsführer haben werden. Das kann ich mir schwer vorstellen.
Natürlich wird es Kommunen geben, die mehr Geld haben - ich komme selbst aus einer solchen -, die sich solche zusätzlichen Beschäftigten, zusätzlichen Stellen leisten können. Das wird passieren. Aber das sind Stellen bzw. Beschäftigte, die gerade im Garten- und Landschaftsbau aktiv werden, die für öffentliche Ordnung, öffentliche Sauberkeit in den Kommunen eingesetzt werden und die genau dort eingreifen, wo es eine Vielzahl von Unternehmen gibt, die auf diesem Gebiet bereits tätig sind.
Das haben wir auch in der Gemeinde Kleinmachnow, unserer Nachbargemeinde. Dort gibt es einen riesigen Bauhof, der für die kleine Gemeinde Kleinmachnow viel zu groß ist. Selbstverständlich sind sie gern bereit, weitere Stellen zu schaffen, weitere Leute aufzunehmen, müssen aber sehen, wo diese dann beschäftigt werden. Das geschieht zum Beispiel in der Stadt Teltow, also über die Gemeindegrenzen hinweg. Das geschieht auch in unmittelbarer Konkurrenz zu eigenen kleinen Privatunternehmen, die darunter zu leiden haben und die öffentliche Aufträge verlieren, weil die öffentliche Hand glaubt, alles besser machen zu können, besser machen zu müssen, es besser hinzubekommen.
So funktioniert es eben nicht. Wenn gesagt wird, dass Brandenburg die Exporte in den letzten Jahren verdoppelt hat - das trifft zu -, so ist dies jedoch den Unternehmern und Arbeitnehmern in Brandenburg geschuldet, die diese Leistung erbracht haben, und nicht der Leistung der Landesregierung. Ihr Verdienst ist es gewiss nicht. Es ist der Fleiß vieler Einzelner.
Was wir nicht gehört haben, sind echte Projekte, die aufzeigen, wie es im ländlichen Raum in Brandenburg weitergehen soll. Es ist eben noch einmal angesprochen worden. Wir haben bereits jetzt die Situation, dass in vielen ländlichen Regionen der Landarzt tatsächlich nur noch im Fernsehen kommt. Da wäre die Frage, wie man das ändert, wie man das aufgreift, wie man für eine bessere ärztliche Versorgung sorgt.
Die Gemeindeschwester im Rahmen des Modellprojektes AGnES wird das nicht ausgleichen können, wenn es darum geht, dort für bessere Versorgung zu sorgen.
Richtig ist vieles von dem, was Sie, Herr Ministerpräsident, zur Energiepolitik gesagt haben. Wir sind in unserer Auffassung zum Thema Braunkohle relativ dicht beieinander. Wir brauchen die Braunkohle auf absehbare Zeit als einheimischen Energieträger, als Übergangstechnologie, die auch fortgeführt werden muss, um Versorgungssicherheit für das Land Brandenburg und sicher auch darüber hinaus zu gewährleisten.
Natürlich brauchen wir auch - wenn es eine Übergangstechnologie sein soll - ein Ausstiegsszenario und ein Programm, wie man in Zukunft anders vorgehen kann. Dazu gehören erneuerbare Energien jeder Schattierung. Auch hier ist klar, dass erneuerbare Energien nicht gegen die Menschen durchgesetzt werden können.
Die Volksinitiative gegen die Massenbebauung mit Windrädern ist angesprochen worden. Das ist genau ein solcher Punkt. Das sind relativ wenige, relativ einfache Forderungen, die dort aufgemacht worden sind, die zu einem größeren Konsens innerhalb der Gesellschaft beigetragen hätten, was die Neuerrichtung von Windrädern angeht. Ich kann nicht nachvollziehen, dass man diesen relativ einfachen Forderungen, die nicht einmal Geld gekostet hätten, nicht nachkommen kann, um dort zu
Hier ist von der Bodenreform die Rede gewesen. Es gibt die Bodenreform aus dem Jahre 1946 - das ist ein Thema. Ich wäre schon zufrieden gewesen, wenn wir mehr zur Aufarbeitung der Bodenreformaffäre gehört hätten, die sich erst vor wenigen Jahren in dieser Landesregierung, in diesem Hause zugetragen hat.
Und es wird weiter handwerklich gepfuscht. Wir werden gleich nach der Regierungserklärung ein Gesetz zur elektronischen Ausfertigung von Gesetzen behandeln, das hier eingebracht werden soll. Mit diesem Gesetz ist es bereits einmal schiefgegangen, weil man handwerkliche Fehler, die man hätte sehen müssen, einfach nicht gesehen hat. Es werden auch woanders Fehler gemacht; das ist keine Frage. Aber wenn darauf hingewiesen wird, dass sich Fehler andeuten, auftreten werden, sollte man dies auch zur Kenntnis nehmen. Genauso ist es jetzt wieder. Es gibt erneut den Hinweis, dass eben ein Gesetzentwurf, der vom Präsidenten des Landtages eingebracht wird, eigentlich kein Gesetzentwurf ist, weil kein Initiativrecht des Landtagspräsidenten vorliegt. Dieser Entwurf kommt eben nicht aus der Mitte des Hauses. Das ist eine besondere Situation. Darüber werden wir nachher reden. Also auch da wird der Pfusch weiterbetrieben.